Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Vitus1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist das Dorf erstmals im 9. Jh. erwähnt: Im Verzeichnis der Schenkungen (Traditionen) an das Kloster Corvey, aufgeschrieben zwischen 826 und 876, sind zwei Besitzungen in Hemmonthorpe genannt.2 Im Jahr 997 übertrug Ks. Otto III. Hemmondorp an das Damenstift St. Cosmas und Damian in Essen.3 Um 1300 ist Hemmendorpe mehrfach im Homburger Lehnregister genannt4 und rund einhundert Jahre später ist es im Homburger Güterverzeichnis unter den Dörfern der Vogtei Lauenstein (advocacia Lowensteyne) eingeordnet.5 Lauenstein hatte zum Herrschaftsbereich der Spiegelberger Gf. gehört, die das Gebiet Anfang des 13. Jh. an die Herren von Homburg verloren. Die Homburger trugen die Vogtei Lauenstein 1247 dem Hzg. von Braunschweig-Lüneburg zu Lehen auf und als sie 1409 in männlicher Linie ausgestorben waren, fiel die Herrschaft Homburg als erledigtes Lehen zurück an Hzg. Bernhard von Braunschweig-Lüneburg. 1432 kam das Gebiet an das neue welfische Teilfsm. Calenberg, 1433 als Pfandbesitz an den Bf. von Hildesheim, der das Amt Lauenstein seinerseits weiter verpfändete (u. a. 1493 an die Herren von Saldern).6 Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel Hemmendorf zusammen mit den übrigen Dörfern des Amtes Lauenstein wieder an das Fsm. Calenberg (Kernlande Hannover), wo es – abgesehen von einigen Jahren während des Dreißigjährigen Krieges – bis Anfang des 19. Jh. blieb. In der ersten Hälfte des 17. Jh. erhielt Hemmendorf Fleckenrechte (u. a. 1625 Braurecht, 1629 Marktrecht für drei Märkte pro Jahr); das älteste Bürgerbuch setzt 1644 ein.7 Seit 1810 gehörte Hemmendorf zum französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) und war Hauptort des gleichnamigen Kantons im Distrikt Rinteln (1810 Distrikt Hameln genannt) des Departements Leine. Ab 1815 war Hemmendorf wieder Teil des Amtes Lauenstein, zunächst im Kgr. Hannover und nach der Annexion von 1866 im Kgr. Preußen (von 1852 bis 1855 gehörte das Dorf zum Amt Coppenbrügge). Bei Einführung der Kreisverfassung kam der Ort 1885 zum neuen Kr. Hameln (1922 Lkr. Hameln-Pyrmont). Seit 1973 ist Hemmendorf Ortsteil des Fleckens Salzhemmendorf. Das zuvor eher landwirtschaftlich geprägte Dorf wandelte sich im 20. Jh.: 1956 arbeiteten etwa 75 Prozent der berufstätigen Bevölkerung in der „näheren und weiteren Industrie“ im Umkreis Hamelns und Hannovers.8 Nördlich des historischen Ortskerns entstand ein Neubaugebiet. Um 1810 lebten gut 750 Menschen in Hemmendorf, 1971 rund 950 und 2016 etwa 735.

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1937

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1937

Von 1950 bis 1970 war Hemmendorf Sitz der Suptur. des KK Coppenbrügge9, zu dem folgende Gemeinden zählten: Bessingen (mit Behrensen), Bisperode (mit Diedersen), Brünnighausen und Bäntorf, Coppenbrügge, Deinsen und Marienhagen, Esbeck (mit Deilmissen und Dunsen), Harderode (mit Bremke), Hemmendorf, Lauenstein, Oldendorf und Benstorf, Osterwald, Salzhemmendorf sowie Wallensen (mit Capellenhagen, Fölziehausen, Levedagsen, Ockensen, Thüste und Weenzen). Die Suptur. blieb 1970 unbesetzt und 1974 wurde der KK Coppenbrügge in den KK Elze eingegliedert. 1975 erhielt dieser den Namen KK Elze-Coppenbrügge.10
In vorref. Zeit war Hemmendorf keine eigenständige Pfarrgemeinde. Das Dorf gehörte zum Kirchspiel Oldendorf (Archidiakonatssitz). Hemmendorf besaß allerdings seit der zweiten Hälfte des 12. Jh. eine eigene Kapelle, zu deren Gründung sich eine Urkunde erhalten hat. Im Jahre 1166 erlaubte Bf. Hermann von Hildesheim dem Corveyer Abt Konrad, dem Advokaten Unarch und allen Menschen aus Hemmendorf eine Kapelle zu errichten (amicus noster ecclesie Corbeiensis abbas dominus Conradus et fidelis noster Unarch advocatus et totus populus de Hemmenthorp licentiam a nobis petiverunt capellam ibi edificandi).11 In dem neuen Gotteshaus kam die Gemeinde nur zusammen, um die Messe zu feiern. Für Taufen, Beerdigungen und alle anderen Amtshandlungen mussten die Hemmendorfer weiterhin nach Oldendorf. Die Kapelle von 1166 ersetzte die Gemeinde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. durch einen Neubau.12 Später hatte das Dorf einen eigenen Vikar.13

Kirche, Blick zum Altar, 1937

Kirche, Blick zum Altar, 1937

Zusammen mit der Muttergemeinde Oldendorf nahm Hemmendorf vermutlich um 1540 die luth. Lehre an, da Burchard von Saldern, Pfandbesitzer des Amtes Lauenstein, seinerzeit selbst zum Luthertum übergetreten war und die Reformation möglicherweise im gesamten Amtsgebiet durchgesetzt hatte.14 Offiziell führte Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen als Vormund ihres minderjährigen Sohnes den neuen Glauben im Fsm. Calenberg ein: Sie erließ 1542 eine von Antonius Corvinus verfasste Kirchenordnung und sandte 1543 unter Corvinus’ Leitung Visitatoren in die einzelnen Kirchengemeinden.15 Diese stellten fest, dass die beiden Tochtergemeinden Oldendorfs – Solt und hemmendorp – mittlerweile stark gewachsen waren und ein Pfarrer allein die Dörfer daher nicht versorgen könne. Also verfügten sie, dass „die kirche zu Hemmendorf ein eigen phar sein und pleiben“ solle.16 Die Geschichte der eigenständigen Kirchengemeinde Hemmendorf beginnt also mit der Reformation. Antonius Corvinus berief wohl den damaligen Hemmendorfer Vikar Mevers oder Meurus (amt. 1534–1549) zum ersten luth. Pfarrer des Dorfes.17 Elisabeths Sohn, der als Erich II. 1545 die Regierung übernahm, trat 1547 zum Katholizismus über, konnte aber in seinem Fsm. keinen generellen Glaubenswechsel erzwingen: Die Calenbergischen Stände setzten 1553/55 die Beibehaltung der Lehre Luthers durch. Nach Erichs Tod fiel das Fsm. Calenberg 1584 an Braunschweig-Wolfenbüttel, Hzg. Julius führte seine 1569 aufgestellte KO auch hier ein und entsandte 1588 wiederum Visitatoren in die calenbergischen Gemeinden.18 In Hemmendorf wirkte seinerzeit P. Johannes Vornkalius (amt. 1582–1598), der zwar studiert hatte, aber nicht Theologie.19 Im Jahre 1588 erhielt der Kirchturm einen neuen Turmhelm, an die Arbeiten erinnerte bis 1955 eine Inschrift über der Tür: Quae prius ingentem turris minitata ruinam, Atque molae fimilis ventorum flatibus actae, Ante fuit longa nunc cuspide fortior extat, Renovata Anno Christi 1588 B. B. A. W. (Was lange lag als wäre es Ruine, die Windesbrausen zu einer Mühle gemacht, der Turm ist herrlich und neu erstanden im Jahre 1588 seit Christi Geburt).20

Kirche, Blick zur Orgel, 1936

Kirche, Blick zur Orgel, 1936

Die älteste Kirchenrechnung stammt aus dem Jahr 1635, die Kirchenbücher der Gemeinde beginnen 1642. Im Jahre 1703 stürzte während eines Sturms der Turmhelm auf das Kirchenschiff. „Weil die Kirche gantz zerfallen, das noch stehende gemäuer diese Zeit jedoch vom Regen ganz verdorben, und eingeweichet, die Kirche ohnedem ganz unförmlich, das nicht der 4te Teil der Zu Hörer nach dem Altar sehen kan, dieselbe unserer Gemeinde und sämtliche eingepfarrten zu klein, und ein neues oberwerk auf das alte Gemäuer uns mehr kosten würde, als wenn auf einer neuen Mauer was gebauet würde“, entschied sich die Gemeinde für einen Neubau des Kirchenschiffs.21 Zu den Eingepfarrten zählten mittlerweile auch die Bewohner des im späten 16. Jh. gegründeten Dorfes Osterwald. 1705 konnte P. Friedrich Moritz Rentorff (amt. 1690–1737) das neue Gotteshaus einweihen. Ende des 17. Jh. lässt sich erstmals eine jüdische Familie in Hemmendorf nachweisen.22 Mit fünf bis sieben, überwiegend ärmeren Familien lebte im 19. Jh. in Hemmendorf die größte jüdische Bevölkerung im Amt Lauenstein. Sie schloss sich 1843 der Synagogengemeinde Salzhemmendorf an, besaß aber bis 1859 noch einen eigenen Betraum in Hemmendorf. Die letzten drei jüdischen Einwohnerinnen des Dorfes wurden 1942 deportiert.23
Das Dorf Osterwald erhielt 1894 den Status einer KapG innerhalb der KG Hemmendorf und bekam 1903 zudem einen eigenen Geistlichen.24 Faktisch war Osterwald damit eine eigene Gemeinde, wenn die formale Trennung auch erst 1954 vollzogen wurde.25 Die Hemmendorfer Pfarrstelle war seit dem Weggang von P. Christoph Friedrich Wilhelm Karl Waldemar Rieschel (amt. 1925–1932) vakant, der 1933 neu gewählte KV „bestand aus Parteimitgliedern [NSDAP]“26. Nach der Visitation 1936 urteilte der Sup., die Gemeinde sei „unkirchlich ohne etwa unchristlich sein zu wollen“. Hemmendorf fehle das Entscheidende, nämlich „dass ein Geistlicher in und mit der Gemeinde lebt“.27 Der Versuch, einen Ruheständler als Pastor für Hemmendorf zu gewinnen, scheiterte. Bei der Visitation 1942 erörterten KV und Sup. den Plan, die Pfarrstellen von Osterwald und Hemmendorf zu verbinden, wobei der Stelleninhaber im Winter in Hemmendorf und im Sommer in Osterwald wohnen sollte.28 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt die Gemeinde 1946 jedoch schließlich wieder einen eigenen Pfarrer, der das Dorf allerdings schnell wieder verließ. Ihm folgte P. Hans Hustedt (amt. 1947–1961), der in Hemmendorf eine „planmäßige Aufbauarbeit, im Zusammenhang mit Erneuerung der Kirche“29 betrieb. Dazu gehörte neben der Sanierung des Kirchengebäudes auch die Neugestaltung des Kirchplatzes (Gefallenendenkmal) und die Einrichtung der „Hemmendorfer Kulturkreise“, einer zweiwöchentlichen Veranstaltungsreihe, in der „über alle Fragen des Dorfes und des Landes gesprochen […wurde], häufig mit Lichtbildern, immer mit Möglichkeiten zur Aussprache“.30 Rückblickend meinte Hustedt knapp ein Jahrzehnt später, man hätte in Hemmendorf 1947 vor der „echten Fragestellung, ob die Kirche im Dorf noch mit dazugehören sollte, oder nicht“31 gestanden. Nach Einschätzung des LSup. hatte P. Hustedt 1956 „das hoffnungslos zerrüttete Dorf zur Gemeinschaftsarbeit willig und die Kirche wieder zum Mittelpunkt des Dorfes gemacht“.32 P. Hustedt war seit 1951 auch Sup. des KK Coppenbrügge.33

Kirche, Blick zur Orgel

Kirche, Blick zur Orgel

Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs war auch die Zahl der Katholiken im Kirchspiel gestiegen. Bis zum Bau einer eigenen Kirche (1961 in Lauenstein) nutzte die kath. Gemeinde die ev. Kirche in Hemmendorf. 1971 richtete die KG einen Kinderspielkreis ein. Im Jahr 1970 verlor die Gemeinde den Sitz der Suptur., erhielt jedoch gleichzeitig die Zusage, dass „die Gemeinde weiterhin ständig mit einem Pastor versorgt wird“.34 1978 blieb die Pfarrstelle dennoch unbesetzt und als seit 1981 auch das benachbarte Osterwald vakant war, schlug der KKV vor, beide Gemeinden zukünftig gemeinsam betreuen zu lassen. 1983 wurde daher die Hemmendorfer Pfarrstelle wieder besetzt und der Stelleninhaber hatte Osterwald mitzuversehen. Eine weitere Umstrukturierung folgte anderthalb Jahrzehnte später, als sich 1998 die Arbeitsgemeinschaft der Ev.-luth. Kirchengemeinden Benstorf, Hemmendorf, Oldendorf, Osterwald, Lauenstein und Salzhemmendorf gründete.35 Aus ihr ging 2004 der „Ev.-luth. Gemeindeverband Saaletal“ hervor, dem sich 2014 auch die KG Wallensen anschloss.36 Inhaltlich, personell und finanziell wollen die KG des Gemeindeverbandes eng zusammenarbeiten, um ihre gemeindlichen Aufgaben besser erfüllen zu können. Innerhalb des Gemeindeverbandes bilden Hemmendorf und Lauenstein zusammen einen Pfarrbezirk. Die „Ev.-luth. Stiftung Saaletal“, 2003 in Hemmendorf gegründet, unterstützt das kirchliche Leben im Gemeindeverband. Unter Aufhebung des Gemeindeverbandes gründeten die sieben Gemeinden zum 1. Januar 2024 die „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Saaletal“.37

Umfang

Der Flecken Hemmendorf (mit der Hemmendorfer Heide), das Dorf Osterwald (ab 1894 KapG, 1954 ausgepfarrt und eigenständige KG)38 sowie das Landgut Voldagsen (bis 1947, dann KG Lauenstein)39.

Aufsichtsbezirk

Als Tochtergemeinde Oldendorfs Teil des Archidiakonats Oldendorf der Diözese Hildesheim.40 – Unterstand 1542 bis 1556 dem LSup. des Fsm. Calenberg, 1564 wohl dem Sup. der Ämter Gronau, Poppenburg und Lauenstein.41 1588/89 zur neuen Insp. Gronau, 1636 zur Insp. Münder.42 Von 1760 bis 1769 bestand in Salzhemmendorf eine eigene Suptur. für das Amt Lauenstein (II. Mündersche Insp.).43 1794 zur neuen Insp. Oldendorf, deren Sitz 1913 nach Coppenbrügge verlegt, seitdem Insp. (1924: KK) Coppenbrügge44 (1936–46 vom Sup. des KK Springe verwaltet, ab 1950 Sitz in Hemmendorf). KK Coppenbrügge 1974 in KK Elze eingegliedert, 1975 umbenannt in KK Elze-Coppenbrügge.45 Nach dessen Vereinigung mit KK Bockenem-Hoheneggelsen ab 1. Januar 2005 KK Hildesheimer Land.46 Nach dessen Vereinigung mit KK Alfeld seit 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.47

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1936

Kirche, Grundriss, 1936

Breitrechteckiges Schiff mit vierseitigem Chorschluss, erbaut 1704–05. Satteldach, über dem Chor abgewalmt; verputztes Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung; Treppe an Nordseite des Chores mit Zugang zu Gemeinderaum (Voldagser Treppe, ursprünglich Zugang zu Prieche der Familie von Münchhausen, Gutsherren in Voldagsen)48; Rechteckfenster am Langhaus zweigeschossig angeordnet; Eingänge an Nord- und Südseite, darüber Inschriften: „Eccles. V: Bewahre deinen Fvss wenn dv zvm Havse Gottes gehest vnd komm dass dv hörest. 1705.“ (Nordseite) und „Jac. 1. Seyd Thater des Worts vnd nicht Hörer allein 1705“ (Südseite). Im Innern flache Decke, u-förmige Emporenanlage; Mosaik an Altarwand: Christus als Weltenherrscher, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten (Löwe, Adler, Stier, Mensch), entworfen von Hans-Gottfried von Stockhausen (Eßlingen). 1796 und 1853/54 Renovierung Innenraum. 1955–57 Gesamtrenovierung und Umbau (Architekt Franz Focke, Hameln; Chorraum abgetrennt, und Zwischendecke eingezogen: Erdgeschoss mit Sakristei und Heizungsanlage, Obergeschoss mit Gemeinderaum, 1957: Mosaik an neuer Altarwand). Innenrenovierung 1989.

Turm

Leicht langrechteckiger Westturm mit Zeltdach und verschiefertem Dachreiter aus achtseitiger Laterne und hohem, schlank ausgezogenen, haubenartigen Helm, bekrönt mit Kugel, Wetterfahne und Kreuz. Unterbau zweite Hälfte 13. Jh., oberer Teil 1588 erneuert, wegen Einsturzgefahr 1786 wiederum erneuert.49 Verputztes Bruchsteinmauerwerk, kleine Rechteckfenster; im Glockengeschoss gekuppelte, rechteckige Schallöffnungen, Westportal. Turmhalle mit Kreuzgratgewölbe. Turmhelm Dezember 1703 bei Sturm herabgestürzt, 1903 und 1954/55 erneuert; Turm 1995 neu verputzt; 1997 Turmbekrönung erneuert.

Vorgängerbau

In der zweiten Hälfte des 13. Jh. errichtet, langrechteckiges Schiff, eingezogener Rechteckchor (Grabungsbefund 1954). Innenraum 1640 renoviert.50 Kirchenschiff 1703 durch herabstürzenden Turmhelm schwer beschädigt.51

Ausstattung

Sandsteinaltar, Mensa mit vier Weihekreuzen und Reliquiengrube (vielleicht 13. Jh.).52 – Taufstein (zweite Hälfte 16. Jh.), rundes Becken auf dünnem Schaft, an der Beckenwandung ornamentales Flachrelief.53 – Ebenerdige Kanzel (1955/56). – Mehrere Grabsteine, einige 1954 bei Kirchenumbau ausgegraben54, seit 1955 in Turmhalle: Clamer Bock von Northolz († 1583) und Ehefrau Anna Kunigunde von Oppershausen; Amtmann Olrich Olriches († 1598); Ilsabe Piggen, Olrich Olriches Seliger eliche Hausfrawe; Catharina Benneken, Hinrich Schmelers Ehe Fravw († 1627); K. von Nordholz, Asmus v. Mandelslo zvr Coppelen hinterlassene Wi[t]we († 1640); Dorothea Bock von Nordholz († 1645); Hedwig Anna Bock von Nordholz († 1645); Organist Barthold Knoken († 1649) und Ehefrau Anna Mueth; Pfarrer Henningus Meyer († 1673), Inschrift: „Anno 1683 ist Wolehr Wvrdiger vnd wolgelahrter Her Hennigvs Meyer alhie vber 43 Iahr gewesener Pastor selig in Christo entschlafen seines Alters 70 Iahrs“; Pfarrer Justus Vilter († 1690), Inschrift (Übersetzung): „War der Anfang meines Lebens Sorgen, Arbeit, Kummer, Schmerz, brachte mir mein Lauf viel Tränen, brach er mir am Schluß das Herz. Willst du wissen was als Elend als das Größte auf mich kam: Wahrheit fand in diesen Zeiten wenig, die ihr zugetan. Was das Schicksal mir versagte, bot des Höchsten Gunst mir an, alles Leid ward überwunden in dem Schoß von Abraham. Ewges Gut kann ich genießen, lebend, wie ich hier geglaubt, muss das Grab den Leichnam geben voller Leben an dem Tag, welchen Jesus nennen mag. Liebster Leser lebwohl.“55; Catharina Mollers, Ehefrau des Hermann Gesen († 1697); unbekannter Ritter (17. Jh.); Dietrich Rentzhausen (†1701); Regina A. Maria Pfeffers, Ehefrau des Johann Heinrich Rentzhausen († 1715); Johann Heinrich Rentzhausen († 1740); Pfarrer Johann Christian Armbrecht († 1767), Inschrift: „Hie ruhet das was sterblich war von dem weil. Hochwolehr wurdigen u. hochgelahrten Herrn Johan Christian Armbrecht gewesenen 29 iährigen treufleisigen Seelsorger zu Hemmendorf geb. den 9. Nov. 1707. Gest. den 17. Jul. 1767. Seines Alters 59 Iahr 8 Mon.“; Hinrich Moller. Ehemalige Ausstattung: Kanzelaltar, Kanzelkorb zwischen gedrehten Säulen, Dreiecksgiebel (Altar 1955 entfernt).

Orgel

Orgel

Orgel

Orgelprospekt teilweise barock, Erbauer unbekannt; Orgelwerk ursprünglich wohl nur einmanualig, mehrfach erneuert, Reparatur Neubau 1854.56 Neubau 1911, Firma Faber & Greve (Salzhemmendorf) 35 (davon 21 Transmissionen) II/P, pneumatische Traktur, Fabersche Transmissionslade. Neubau 1966, ausgeführt von Firma Schmidt & Thiemann (Hannover), 13 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen, außerdem vier Reg. vakant; Aufteilung in HW, BW und Pedal ergab sich „aus dem vorhandenen alten Gehäuse“.57 1970 ein vakantes Reg. ergänzt, 14 II/P, Firma Schmidt & Thiemann (Hannover).58 1984 zwei Reg. ergänzt, Firma Schmidt & Mappes (Hannover), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Drei LG, I: e’, Inschrift u. a.: „O Rex glorie Christe veni in pace. Nikel Thomas Teichgraff Georgen Megereis Teichgeschworn Kirchvater Georgen Wvnderlich Georgen Preuvs Peter Basener Adam German Albertvs Wegiersky Arch Stvmensis Parochus Kiaenisdorf. Im Namen Iesv Christe flos ich Johannes Brevtelt gos mich Anno 1670“, O König der Ehren Christus, komme in Frieden, (Bronze, Gj. 1670, Johan Breutelt, Danzig), Patenglocke aus Königsdorf, Kr. Marienburg in Westpreußen, seit 1952 in Hemmendorf, 1955 festgestellt, das Glocke wegen „Anschlag des Klöppels gegen die stillstehende Glocke“59 gesprungen ist, 1964 geschweißt von Firma Lachenmeyer (Nördlingen); II: gis’, Inschrift: „Verleih uns Frieden gnädiglich Herr Gott zu unseren Zeiten“; III: h’, Inschrift: „Dienet dem Herrn mit Freuden“ (beide Bronze, Gj. 1965, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). Eine SG, cis’’ (Bronze, Gj. 1796, Johann Christoph Weidemann, Hannover). – Früherer Bestand: Eine große LG, Inschrift: „En ego campana nunquam praenuncio vana, ignem vel bellum, festum vel, funus honestum. H. Hen[ning] Grot[scurdt] Past[or]. Jost. Ben. Pet. Diac. Ca. Lut. Vog. Anno Domini 1603. M. Joachim Schrader F.“ Glocke bin ich und rede niemals was ohne Bedeutung, ist es nicht Feuer und Krieg, so Fest oder Leichenbegängnis in Ehren (Bronze, Gj. 1603, Joachim Schrader, Hannover)60, umgegossen zu einer LG (Bronze, Gj. 1787, Johann Friedrich Altenburg, Sachsenhagen), wohl im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Eine kleine LG (Bronze).61 Drei neue LG, I: dʼ, Christusglocke; II: fʼ, Lutherglocke; III: aʼ, Corvinusglocke (alle Bronze, Gj. 1928, Firma Radler, Hildesheim), I und II im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben; III bei Anschaffung der neuen Glocken 1964/65 in Zahlung gegeben. Eine SG (Bronze), 1796 umgegossen zu jetziger SG.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. um 1820). – Gemeindehaus (ehemalige Pfarrscheune, Bj. um 1750, umgebaut 1964). – Amtsträgerwohnhaus (Bj. 1963/64).

Friedhof

Ehemaliger kirchlicher Friedhof rund um die Kirche, eingeebnet, 1958 neu gestaltet. Neuer kirchlicher Friedhof 1876 am Westrand des Dorfes angelegt, Ende der 1940er Jahre erweitert. FKap. (Bj. 1967).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1534–1549 St. Meurus. – 15..–15.. (3 Jahre) Heinrich Bock. – 15.. –1582 Caspar Meyer. – 1582–1598 Johannes Vornkalius (Vornkal). – 1599–16.. Henning Groscurdt. – 1619–16.. Magister Hermannus Bertram (Bartrami). – 1627–1673 Henning Meyer. – 1673–1690 Justus Vilter. – 1690–1737 Friedrich Mauritius Rentorf. – 1738–1767 Johannes Christianus Armbrecht. – 1767–1776 Georg Ludwig Gladbach. – 1777–1807 Dietrich Ambrosius Eckstein. – 1809–1826 Levin David Geise. – 1826–1834 Friedrich August Karl Schinke. – 1834–1856 Karl Gehrich. – 1857–1872 Franz Friedrich Christian Koch. – 1873–1887 Heinrich Ludwig Gallenkamp. – 1887–1903 Karl Georg Justus Philipp Greve. – 1903–1916 Georg Karl August Eicke. – 1919–1921 Friedrich Karl August Doebner. – 1921–1924 Paul Ludwig Theodor Brokate. – 1925–1932 Christoph Friedrich Wilhelm Karl Waldemar Rieschel.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 488–489, ebd. III, S. 26

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 5208–5226 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 3546–3554 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1036Digitalisat, 1037Digitalisat, 1038Digitalisat (Visitationen); D 22a (EphA Coppenbrügge); E 5 Nr. 504 (Konsistorialbaumeister); S 2 Witt Nr. 3 (Fotosammlung); S 11a Nr. 7198 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1650
Trauungen: ab 1642 (Lücken: 1643, 1644)
Begräbnisse: ab 1642
Kommunikanten: ab 1839 (unvollständig: 1839; Zahlenregister: 1840–Okt. 1849)
Konfirmationen: ab 1739 (Lücken: 1767–1793, 1796–1807, 1836–1846, 1853–1856)

Literatur

A: Baring, Descriptio Salae, S. 192–214; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 687; Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont I, S. 295–301 und II, Abb. 354–357; Köhler & Gelderblom, Dorfkirchen, S. 152–153; Meyer, Pastoren I, S. 488–489.

B: Die Vituskirche in Hemmendorf, Hameln [1957]; Albert Heise: Flecken Hemmendorf. Hemmendorf im Spiegel der Geschichte. Chronik 1 bis 1802, [Hemmendorf] ²1995 und Chronik 2 1803–1918, [Hemmendorf] 1996; Hans Hustedt: Unsere neue Kirche! Ein Tatsachenbericht aus einer Dorfgemeinde, Ms., 27 S., 1956 (in: LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956).


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 110.
  2. Mönchslisten I, § 206 und 252; Mönchslisten II, S. 191 und 212 f.; Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 58. Zur Datierung: Mönchslisten I, S. 75 ff.
  3. MGH DD O III 242 [Digitalisat].
  4. Ohainski, Lehnregister, S. 72, Nr. 6, S. 73, Nr. 14 und S. 79, Nr. 77.
  5. Ohainski, Lehnregister, S. 25.
  6. Schwabe, Hausbuch Lauenstein, S. 1 f.; Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 49 und 118 f.
  7. Heise I, S. 63 und 69.
  8. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956.
  9. Hustedt, S. 7 f.
  10. KABl. 1974, S. 115; KABl. 1975, S. 4.
  11. UB HS Hildesheim I, Nr. 339; Heise I, S. 23 ff.
  12. Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont I, S. 295.
  13. Baring, Descriptio Salae, S. 202.
  14. Jarck, Kirchengeschichte Lauenstein, S. 172 f. [S. 18 f.]; Heise I, S. 45.
  15. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.; Butt, Herrschaft, S. 47 ff.
  16. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 360.
  17. Baring, Descriptio Salae, S. 203; Meyer, Pastoren I, S. 488.
  18. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 83 ff.; Butt, Herrschaft, S. 65 ff.
  19. Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 218 f.
  20. Zit. und übersetzt bei Heise I, S. 52.
  21. Zit. bei Heise I, S. 103 (Brief der Gemeinde an das Konsistorium).
  22. Gelderblom, Juden, S. 117; Obenaus, Handbuch II, S. 1336–1344.
  23. Gelderblom, Juden, S. 149 f. Von den während der NS-Zeit erzwungenen Hausverkäufen jüdischer Eigentümer profitierten der Hemmendorfer Bürgermeister und verschiedene Hemmendorfer Bauernfamilien, vgl. Gelderblom, Juden, S. 140 ff. Der 1938 zerstörte jüdische Friedhof „mußte nach dem Einmarsch der Alliierten 1945 wieder in Ordnung gebracht werden“, LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956.
  24. KABl. 1894, S. 23; KABl. 1903, S. 31.
  25. KABl. 1954, S. 73.
  26. LkAH, S 1 H III Nr. 112, Bl. 9.
  27. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1936.
  28. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1942. Hustedt, S. 2.
  29. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956.
  30. Hustedt, S. 11.
  31. Hustedt, S. 5.
  32. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956.
  33. Hustedt, S. 7 f.
  34. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1984.
  35. KABl. 1998, S. 174 f.
  36. KABl. 2004, S. 65 f.; KABl. 2014, S. 66 ff. und 68.
  37. KABl. [in Vorbereitung].
  38. KABl. 1954, S. 78.
  39. KABl. 1947, S. 42.
  40. Kleinau, Neuer Text, S. 93.
  41. Butt, Herrschaft, S. 50 und 65.
  42. Schlegel, Reformationsgeschichte II, S. 646 und 519.
  43. Puhrsch, KK Elze-Coppenbrügge, S. 62.
  44. KABl. 1913, S. 51.
  45. KABl. 1974, S. 115; KABl. 1975, S. 4.
  46. KABl. 2005, S. 5 ff.
  47. KABl. 2011, S. 70 ff.
  48. Heise I, S. 104.
  49. Heise I, S. 51 f. und 193 ff.
  50. Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont I, S. 295.
  51. Heise I, S. 102; Baring, Descriptio Salae, S. 204 f.
  52. Heise I, S. 30.
  53. Mathies, Taufbecken, S. 129
  54. Hustedt, S. 16
  55. Vituskirche, [S. 6]; Heise I, S. 89 f.
  56. Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont I, S. 295: Heinrich Schaper (Hildesheim) und Ph. Furtwängler (Elze). Laut Heise II, S. 194 ff. gaben Furtwängler und Schaper Kostenvoranschläge ab und die Gemeinde entschied sich für Schaper. Weder in Pape, Schaper noch in Pape/Schloetmann, Hammer sind für diese Zeit Arbeiten an der Hemmendorfer Orgel erwähnt.
  57. LkAH, B 2 G 9 B/Hemmendorf Bd. I, Bl. 111–112.
  58. LkAH, B 2 G 9 B/Hemmendorf Bd. I, Bl. 121b.
  59. LkAH, L 5h, unverz., Hemmendorf, Visitation 1956; Poettgen, Glockengießer, S. 7.
  60. Baring, Descriptio Salae, S. 206 f.; Heise I, S. 104 f.
  61. Heise II, S. 241.