Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Nikolaus | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Coppenbrügge, als Cobbanbrug vor 1007 in einer Grenzbeschreibung der Diözese Hildesheim erstmals urkundlich erwähnt1, war seit 1281 Hauptort und Residenz der Gft. Spiegelberg. Die Gf. von Spiegelberg waren eines Stammes mit den Gf. von Poppenburg, die seit 1132 in den Zeugenlisten Hildesheimer Urkunden nachweisbar sind. Der Schwerpunkt ihres Besitzes lag zwischen Elze und Hildesheim. Gf. Bernhard II. nannte sich 1217 erstmals von Poppenburg und Spiegelberg. 1238 waren die Herren von Homburg im Besitz der Burg Spiegelberg. Man hat diesen Besitzwechsel wohl nicht zu Unrecht mit der im Jahre 1226 geführten und auf Veranlassung der von Ks. Friedrich II. beigelegten großen Fehde zwischen Bodo von Homburg und Bernhard von Spiegelberg in Verbindung gebracht. Die Burg scheint nicht wieder in den Besitz der Gf. zurückgekehrt und bald zerstört worden zu sein. Seit Ende des 13. Jh. war die spiegelbergische Residenz in Coppenbrügge. Mit dem Erlöschen des gräflichen Geschlechts 1557 fiel die Gft. Spiegelberg als erledigtes Lehen an das Fsm. Calenberg und kam unter Vorbehalt der Landeshoheit an eine den Spiegelbergern verwandte Nebenlinie der Gf. von Lippe. 1584/85 wurde sie den Gf. von Gleichen-Spiegelberg zu Lehen gegeben. Aufgrund eines Erbverbrüderungsrezesses zwischen Johann Ludwig Gf. von Gleichen und Ernst Casimir von Nassau von 1620 fiel sie 1633 an die Gf. von Nassau-Dietz, 1640 an die Fürsten von Oranien-Nassau. 1810 wurde die Gft. französisch besetzt und am 1. Januar 1812 dem Kgr. Westphalen (Kanton Münder) eingegliedert. Im Wiener Kongress an das Haus Oranien-Nassau restituiert wurde sie 1819 an das Kgr. Hannover verkauft und in das Amt Coppenbrügge umgewandelt.

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1910, Postkarte (Ausschnitt)

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1910, Postkarte (Ausschnitt)

Die ursprüngliche kirchliche Zugehörigkeit ist unsicher. Mutterkirche war möglicherweise Oldendorf (wie auch für das benachbarte Hemmendorf/Salzhemmendorf), doch kommen auch Spiegelberg, Wallensen oder Münder infrage. Vom mittelalterlichen Kirchenbau ist nur der romanische Turm erhalten, dessen älteste Teile auf die erste Hälfte des 11. Jh. datiert werden. Mit der Verlegung der Residenz und Verwaltung der Gft. Spiegelberg nach Coppenbrügge wurde die Nikolaikirche zu deren Hauptkirche.
Die Reformation wird um oder kurz vor 1540 durchgeführt worden sein. In diesem Jahr wird ein ev. Pfarrer Philipp Nagel erwähnt; um 1553 P. Johann Bodeker. Noch in der ersten Hälfte des 16. Jh. bestand in dem weiter nordöstlich gelegenen Dorf Dörpe (im calenbergischen Amt Lauenstein) eine zur Parochie Coppenbrügge gehörige Kapelle, die zur Zeit der Kirchenvisitation von 1588 bereits verfallen war.2 Durch einen Vergleich erhielten die Einwohner von Dörpe 1661 eigene Plätze in der Coppenbrügger Kirche. Die KapG ging in der KG auf.
Unter nassauischer Landesherrschaft amtierte in Coppenbrügge u. a. P. Adam Friedrich Ernst Jacobi (1769–1775, später sachsen-gothaischer Sup. und Konsistorialrat in Kranichfeld), der sich durch eine umfassende schriftstellerische Tätigkeit in Theologie und Kirchengeschichte, Philosophie und Naturkunde hervortat (u. a. Meßkunst für Kinder, 1765; Neueste holländische Kirchengeschichte, 1777; Geschichte der siebenjährigen Verwirrungen und darauf erfolgten Revolution der vereinigten Niederlanden, 1778; Zwölf Bibellehren oder Katechisationen über zwölf auserlesene Stücke der heiligen Schrift, 1776; Religion aus den Hauptstellen der Bibel, 1783; Die alte Geschichte der Grafschaft Spiegelberg, 1785; Allgemeine fassliche philosophisch-christliche Sittenlehre, 1796).3

Kirche, Ansicht von Südosten, Teilansicht, 1966, Postkarte

Kirche, Ansicht von Südosten, Teilansicht, 1966, Postkarte

In der NS-Zeit stand P. Hermann Lodemann (amt. ab 1937) auf der Seite der BK, während die DC seit 1933 die Hälfte der KV-Mitglieder stellten. Der KV blieb infolgedessen überwiegend inaktiv. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde in Coppenbrügge ein kirchlicher KiGa eingerichtet (1954, Neubau 1968, 1990/91 erweitert). Neben dem bei der Kirche gelegenen Pfarrhaus (Bj. 1798) und einem Pfarrwitwenhaus (später Teil des ev. KiGa) sowie einem Amtsträgerwohnhaus (Bj. um 1800) verfügt die KG über ein 1974/5 errichtetes Gemeindehaus (Bj. 1974/75). 2012 wurde in den Räumen der KG ein ev. Familienzentrum (evfa) eingerichtet.
Die Nicolaikirche wird seit der Entwidmung der kath. Kirche Maria Königin der Apostel (2012) auch von der kath. Gemeinde genutzt. Seit Juni 2014 ist sie als Radwegekirche anerkannt.
In Dörpe befindet sich ein zu gottesdienstlichen Zwecken genutzter Gemeindesaal im ehemaligen Schulhaus (Bj. um 1800, 1953 zum Gemeindehaus umgebaut). Das seit 1999 gleichfalls zu Coppenbrügge gehörige Dorf Marienau verfügt über eine kleine Kapelle, die in ihren Ursprüngen auf das wohl 1310 gegründete und in der zweiten Hälfte des 16. Jh. aufgegebene Kloster Marienau zurückgeht.
Zur Förderung der kirchengemeindlichen und diakonischen Arbeit wurde 2007 die St.-Nicolai-Stiftung errichtet.

Umfang

Der Flecken Coppenbrügge, das Dorf Dörpe und das Haus Ikenburg. Zum 1. Januar 1999 wurden die in der Ortschaft Marienau wohnenden Kirchenmitglieder aus der KG Lauenstein in die KG Coppenbrügge umgepfarrt.4

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Oldendorf der Diözese Hildesheim (vor 1329 mit dem Archidiakonat Elze vereinigt).5 – Als Teil der Gft. Spiegelberg stand Coppenbrügge nach der Reformation außerhalb der calenbergischen Insp.-Verfassung. In einem Rezess zwischen Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel als damaligem Regenten des Fsm. Calenberg und den Gf. von Gleichen wurde die geistliche Verfassung der Gft. näher bestimmt. Dem Sup. in Münder wurde eine eingeschränkte Mitwirkung bei der Einführung der P. in Coppenbrügge zugebilligt, die durch die Gf. von Gleichen bzw. später durch die Gf. von Nassau-Diez und Fürsten von Oranien-Nassau präsentiert, durch das fürstliches Konsistorium geprüft und ordiniert und durch die spiegelbergischen Beamten eingeführt wurden. Für das eingepfarrte (calenbergische) Dorf Dörpe oblag dem Sup. in Münder auch die Präsentation der Schullehrer und auf Verlangen die Prüfung der Katechumenen.6 Nach dem Übergang der Gft. Spiegelberg an Hannover (1819) und ihrer Überführung in das Amt Coppenbrügge wurde die KG in kirchlicher Hinsicht den benachbarten calenbergischen Ortschaften gleichgestellt und dem Sup. in Münder als geistlichem Kirchenkommissar unterstellt.7 Mit dem 1. Juni 1867 kam sie zur Insp. Oldendorf, deren Suptur.-Sitz durch Erlass vom 5. August 1913 nach Coppenbrügge verlegt wurde.8 Im Oktober 1913 wurde Christian Becker P. und erster Sup. der Insp. Oldendorf in Coppenbrügge (1936 im Ruhestand), 1936 bis 1951 war die Sup.-Stelle vakant und wurde durch den Sup. von Springe verwaltet. Der KK wurde mit dem 1. April 1947 um die aus dem aufgelösten KK Eschershausen ausgeschiedenen KG Bessingen, Bisperode und Harderode erweitert. Als der KV von Coppenbrügge 1948 die Trennung von Springe und Wiederbesetzung der Sup.-Stelle in Coppenbrügge beantragte, kam es um die Besetzung zu einem Konflikt zwischen KKV und LKA. Der Bürgermeister von Coppenbrügge lehnte im Namen der Einwohner den vom LKA vorgeschlagenen Kandidaten ab. Nach dessen Verzicht wurde 1951 P. Hustedt (Hemmendorf) zum Sup. ernannt; Hemmendorf blieb bis zur Auflösung des KK 1974 Sitz der Suptur. Mit dem Ruhestand des Sup. Gustav Steinmetz (1969) wurde das Amt des Sup. nicht mehr besetzt. Die Vertretung übernahm ab 1972 Sup. Albers aus Elze. Mit dem 1. März 1974 wurde die Suptur. aufgehoben und in den KK Elze eingegliedert9 (ab 1. Januar 1975: KK Elze- Coppenbrügge). Zum 1. Januar 2005 wurde die KK Elze- Coppenbrügge und Bockenem-Hoheneggelsen zum KK Hildesheimer Land vereinigt10, seit 1. Januar 2011 Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.

Patronat

1481 werden die Gf. von Spiegelberg erstmals als Inhaber des Patronatsrechts genannt; später die jeweiligen Besitzer der Gft. Spiegelberg (bis 1819), dann der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, 1966

Kirche, Blick zum Altar, 1966

Am KGb in Coppenbrügge fanden 1564 und 1575 unter Hermann Simon Edelherrn zur Lippe und Gf. von Spiegelberg-Pyrmont Erneuerungsarbeiten statt (Jahreszahlen an Turm und Chor). Der unregelmäßige 5/8-Chor mit Rippengewölbe wurde 1575 durch den Baumeister Cord Tönnis aus Hameln neu erbaut (inschriftlich dat.). 1642 wurde die Kirche durch französische Truppen geplündert und ausgebrannt. Das Schiff wurde 1670 unter der in Vormundschaft für ihren minderjährigen Sohn regierenden Gfn. Albertina von Nassau-Diez abgebrochen und als einschiffige, verputzte Bruchsteinsaalkirche im frühbarocken Stil mit Eckquaderung und schlichten, rechteckigen Fenstern neu aufgebaut. Flache Putzdecke. Der Innenraum wird durch eine dreiseitig umlaufende Empore gegliedert. Eine Jugendstiltür wurde 1917 durch den Coppenbrügger Kaufmann Ernst Feuerhake gestiftet. 1930 Ausmalung durch Prof. Curdt (Braunschweig). 1957/58 umfassende Renovierung unter der Leitung des Architekten Focke (Hameln). Die ehemalige Herrenprieche im Chorraum wurde entfernt, die Treppentür der Herrenprieche durch ein hohes Fenster ersetzt, die Emporen im Schiff verkleinert.

Fenster

Im Chor Buntglasfenster mit den Reformatoren Luther und Melanchthon sowie den Aposteln Petrus und Paulus (1917, gestiftet von Ernst Feuerhake). Nicolaifenster (Bf. Nikolaus mit den drei Jünglingen), Glaswerkstätten Ewald Klein (Hamburg) 1975.

Turm

Querrechteckiger Westturm, im Kern romanisch. Rundbogige Schallöffnungen wohl des 12. Jh. Ins Achteck überführter, verschieferter Spitzhelm. Im Turm wurde eine Taufkapelle eingerichtet.

Ausstattung

Altar mit frühbarockem Retabel, gestiftet 1685 durch den Gft.-Direktor Adolf Ludwig Tappe und seine Frau Agneta, geb. Höcker. Im Mittelbild die Einsetzung des heiligen Abendmahls, auf den Seitenflügeln Anbetung der Hirten und Kreuzigung, auf der Predella eine Ölbergszene. Im oberen Teil die Auferstehung. – Hölzerne Kanzel mit Schalldeckel (1673). – Sandsteintaufe (Mitte 16. Jh.).11 – Steinernes Epitaph für den jung verstorbenen Gf. Simon zur Lippe († 1559). – Epitaph für den Sohn des Hans Ernst von Züll (1674).

Kirche, Blick zur Orgel

Kirche, Blick zur Orgel

Orgel

1755 Neubau durch unbekannter Orgelbauer (vielleicht Müller, Hildesheim12) mit 25 klingenden Stimmen, mechanische Traktur, Schleifladen. 1881 durch P. Furtwängler & Söhne (Elze) mit mechanischer Traktur und Kegelladen erneuert. Die Orgel hatte laut Meldebogen 1944 noch 21 klingende Stimmen auf zwei Manualen. 1959 Neubau unter Wiederverwendung alten Pfeifenmaterials (12 Reg. aus der Orgel von 1755, vier von 1881) durch Firma Emil Hammer (Arnum), 24 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. Der barocke Prospekt von 1755 mit geschnitztem Schleierwerk ist erhalten. Instandsetzung 1980 durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen), 1994 durch die Orgelwerkstatt F. Schmidt (Langenhagen).

Geläut

Drei LG, I: es’ (Bronze, Gj. 1690, J. H. Becker & J. H. Lampe, Hildesheim); II: f’ (Stahl, Gj. 1950, Bochumer Verein); III: as’ (Stahl, Gj. 1950, Bochumer Verein). – Zwei SG, I: g’’ (Bronze, Gj. 1506), II: b’’ (Bronze, Gj. 1982, Karlsruher Glockengießerei). – In Dörpe: Zwei LG, I: g’’ (Bronze, Gj., 1955, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg; Inschrift zur Erinnerung an den 1943 gefallenen Conrad Marahrens; II: c’’’ (Bronze, Gj. 1679).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1544, 1548 Philipp Nagel. – 1553, , 1557, 1564 Johann Bodeker. – 1576–1596 Hermann Gecken (Geckius, Gechius). – 1596–1625 Magister Johann Magdeburg. – 1627–1632 Johann Noltenius. – 1632–1644 Johann Heinichen. – 1644–1674 Conrad Dedekind. – 1674–1691 Nikolaus Lossius. – 1692–1722 Conrad Hermann Lossius. – 1723–1731 Johann Wilstach. – 1731–1749 Peter Wilhelm Lossius. – 1749–1758 August Anton Reinecke. – 1758–1762 Christian Günther Rautenberg. – 1762–1768 Franz Hermann Lueder. – 1769–1775 Adam Friedrich Ernst Jacobi. – 1775–1790 Ernst Friedrich Lueder. – 1791–1794 Johann Georg Börries. – 1795–1824 Friedrich Daniel Steinhaufen. – 1822–1825 Ludwig Erņst Jakob Evers. – 1825–1854 Georg Heinrich Soltmann. – 1855–1882 Hermann Diedrich Friedrich Wilhelm Deneken. – 1882–1912 Friedrich August Otto Lindenberg. – 1913–1936 Christian Louis Becker. – 1937– Hermann Alfred Adolf Eduard Lodemann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 177, ebd. III, S. 15

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1911–1934 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 1562–1568 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 407Digitalisat (Visitationen); D 22a (EphA Coppenbrügge).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1644 (unvollständig: 1731)
Trauungen: ab 1644 (unvollständig: 1749)
Begräbnisse: ab 1645 (unvollständig: 1771)
Kommunikanten: ab 1823 (Lücken: 1825–1833)
Konfirmationen: ab 1730 (Lücken: 1735, 1736, 1749, 1751–1753, 1755, 1756, 1759–1762, 1777, 1782–1787, 1789)

Literatur & Links

A: Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont I, S. 136–142; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 368; Huck, Archidiakonat Elze, S. 28; Köhler & Gelderblom, Dorfkirchen, S. 192–196; Puhrsch, KK Elze-Coppenbrügge.
B: Irmgard Netter: Die Nikolaikirche zu Coppenbrügge, [Coppenbrügge] 1972.
Internet: Familienkunde Niedersachsen: Pastorenliste (.pdf); Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 40. Vgl. auch: Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 57.
  2. Netter, S. 22.
  3. Rotermund, Das gelehrte Hannover II, S. 439–442.
  4. KABl. 1998, S. 211.
  5. Puhrsch, KK Elze-Coppenbrügge, S. 18.
  6. Schlegel, Kirchenrecht I, S. 444–447.
  7. LkAH, D 22a, Gen. A 140.
  8. KABl. 1913, S. 51.
  9. KABl. 1974, S. 115.
  10. KABl. 2005, S. 5–7.
  11. Mathies, Taufbecken, S. 119.
  12. LkAH, B 2 G 9 B/Coppenbrügge I, Bl. 50 (Gutachten von P. Drömann, 18.01.1958).