Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Peine | Patrozinium: Trinitatis | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte

Die erste gesicherte Nennung von Ölsburg, heute Ortsteil der Gemeinde Ilsede, findet sich als Alispurc in einer undatierten Urkunde aus der Zeit zwischen 1065 und 1075.1 Für die tradierte Umwandlung einer ehemaligen Burganlage in ein Kollegiatstift, die Graf Altmann 1003 bestimmt haben soll, fehlen schriftliche Zeugnisse.2 Urkundlich nachweisbar sind die Pröpste des Stiftes erst seit Mitte des 12. Jh. Ölsburg war lange Zeit umstritten zwischen den hildesheimischen Bf. und den welfischen Hzg. (bei der welfischen Landesteilung von 1267 war die Propstei Ölsburg an das Fsm. Lüneburg gefallen), die beide Rechte an der Propstei besaßen. In der ersten Hälfte des 16. Jh. wurde Ölsburg mehrfach als zum Amt Peine des Hochstifts Hildesheim gehörig bezeichnet, aber seit Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) waren sowohl die weltliche Propstei (Stiftsgüter, die von den welfischen Hzg. zu Lehen gingen) als auch die geistliche Propstei (Stiftsgüter, die von den hildesheimischen Bf. zu Lehen gingen) in der Hand der Hzg. von Braunschweig-Wolfenbüttel.3 Seit 1571 bis zu ihrem Aussterben in männlicher Linie 1820 waren die Herren von Honrodt mit beiden Propsteien belehnt. 1643 wurde der Status von Ölsburg als Exklave des Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel im Hildesheimer Amt Peine festgeschrieben; Ölsburg gehörte als adliges Gerichtsdorf zum braunschweigischen Amt Lichtenberg. Von 1807 bis 1813 war Ölsburg Teil des Kantons Schwicheldt im Distrikt Hildesheim des Departements Oker im Kgr. Westphalen. 1814 kam Ölsburg zum Hzm. Braunschweig und gehörte zum Kreisgericht bzw. Amt Salder, seit 1850 zum Lkr. Braunschweig und seit 1941/42 zum Lkr. Peine. 1964 schlossen sich Ölsburg und Neuölsburg zur Gemeinde Ölsburg zusammen, 1971 wurde Ölsburg Ortsteil der Gemeinde Ilsede. Ölsburg war lange Zeit ein agrarisch geprägtes kleines Dorf. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. setzte ein sprunghaftes Wachstum ein, als die Ilseder Hütte (Erztagebau, Stahlproduktion, 1858–1983/95) in unmittelbarer Nachbarschaft die Arbeitersiedlung Neuölsburg errichten ließ. Viele Bauern verkauften ihre Höfe an die Ilseder Hütte und Ölsburg entwickelte sich zur Industriegemeinde.

Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Der erste schriftlich belegte Geistliche in Ölsburg war 1070 dominus Wilhelmus, für den sich Kg. Heinrich IV. bei Bf. Hezilo von Hildesheim einsetzte, letzterer möge ihn vom Bann lösen und ihm erlauben, in der Kirche zu Ölsburg Gottesdienst zu halten.4 Mit Iohannes plebanus wird 1258 ein weiterer Geistlicher genannt.5 Zudem ist mit prepositus Snellardus de Alesburg 1144 der erste Propst des Stiftes St. Caecilia in Ölsburg belegt.6 Für die angenommene Trennung des Stiftes in ein Säkularkanoniker- und ein Augustinerchorherrenstift fehlen allerdings schriftliche Nachweise.7 Das Stift scheint früh eingegangen zu sein und zwischen 1221 und 1246 übertrug der Hildesheimer Bf. die Vogtei über das Stift an die Kirche in Ölsburg.8 Die ehemalige Stiftskirche wurde Pfarrkirche. Die Reformation hielt Einzug, nachdem der Schmalkaldische Bund 1542 Hzg. Heinrich den Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel vertrieben hatte. Bei der kurze Zeit später erfolgten Kirchenvisitation war P. Heinrich Knochenhauer als prot. Pfarrer in Ölsburg.9 Bereits 1547 konnte Hzg. Heinrich der Jüngere seine Position zurück erlangen und erst nach seinem Tod 1568 konnte sich die Reformation endgültig durchsetzen. 1652 ließ die Gemeinde ein neues Pfarrhaus bauen, Kirchenbücher führten die Pfarrer seit 1655. Die ehemalige Stiftskirche St. Caecilia war 1749 baufällig und vor 1785 stürzte das Dach ein.10 Erst 1818 jedoch wurde ein Nachfolgebau errichtet, eine schlichte kleine Fachwerkkirche mit Dachreiter. Mit der Einpfarrung der Arbeitersiedlung Neuölsburg nach Ölsburg war die Kirche zu klein geworden und 1883 beschloss die KG einen Neubau. Dieser konnte jedoch erst in den Jahren 1898 bis 1900 verwirklicht werden. Die Ilseder Hütte unterstützte den Bau finanziell und die Bauleitung lag beim Baumeister der Hütte Schiller.

Kirche, Blick zum Altar

Kirche, Blick zum Altar

P. Otto Holtorf (amt. 1936–1948, 1940–1945 Soldat) war seit 1931 Mitglied der NSDAP und stellte bei der Visitation 1946 fest, es habe in Ölsburg zwischen 1933 und 1945 „offene Kirchenfeindschaft durch radikale Kreise der Partei“11 gegeben. Eine KV Wahl fand 1933 nicht statt, da sich KV und Ortsgruppenleitung der NSDAP auf eine Liste geeinigt hatten, 1934 gründete sich eine Ortsgruppe der DC.12 Zum 1. Oktober 1942 wechselte die KG Ölsburg von der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig zur Ev.-luth. Landeskirche Hannovers13 und gehörte seit dem 1. April 1943 zum KK Peine.14
Mit der Neuordnung der KK in der Region Peine wurde Ölsburg 1965 Sitz einer Suptur. In den folgenden Jahren baute die KG zwei neue Pfarrhäuser und das alte Pfarrhaus erfuhr einen Umbau zum Gemeindehaus. 1971 öffnete der ev. KiGa. 1999 fusionierte der KK Ölsburg mit dem KK Peine und Ölsburg wurde 2000 mit Bülten pfarramtlich verbunden. 2016 schlossen sich die KG Ölsburg und Gadenstedt zum Kirchengemeindeverband Ölsburg-Gadenstedt zusammen.15

Pfarrstellen

I: vorref., 1965–1998 Sup. – II: 1966–1999.16

Umfang

Das Dorf Ölsburg, später auch Neuölsburg.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Groß Solschen der Diözese Hildesheim. – 1569 Suptur Niederfreden (bis 1574 mit Sitz in Ölsburg) im Fsm. Braunschweig. 1700 Oberfreden oder Lichtenberg. 1733 und etwa 1775 Burgdorf, 1792 Lichtenberg. 1876-1933 Insp./KK Wendeburg(-Timmerlah), 1933 KK Braunschweig. 1942 aus der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig ausgegliedert und zur Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, dort seit 1. April 1943 KK Peine.17 Zum 1. Oktober 1965 umgegliedert in den bisherigen KK Groß Solschen, der gleichzeitig in KK Ölsburg umbenannt wurde, Sitz des Sup. war Ölsburg.18 Dieser KK ging zum 1. Januar 1999 im KK Peine auf.19 – Zum KK Ölsburg zählten die KG Adenstedt (Ilsede), Berkum, Bierbergen, Clauen, Gadenstedt, Groß Bülten, Groß Ilsede, Groß Lafferde, Handorf (Peine), Hohenhameln, (Klein) Bülten, Klein Lafferde, Lengede, Mehrum, Münstedt, Oberg, Rosenthal, Schwicheldt, Soßmar und Solschen sowie seit 1976 auch Harber.

Patronat

Die Patronatsrechte lagen 1568 bei der geistlichen Propstei, Inhaber von 1571 bis 1820 Familie von Honrodt. Ab 1820 Hzg. von Braunschweig und Lüneburg als Landesherr, seit 1929 in Verbindung mit Ilseder Hütte.20 Die genauen Patronatsverhältnisse und die damit im Zusammenhang stehenden Baulastverpflichtungen waren nicht immer klar. Ein Teil der Baulastverpflichtung war mit dem Besitz des Gutes Lichtenberg bei Salder verknüpft, das der Hzg. zum 1. Januar 1940 an die Reichswerke Herman-Göring (Großdeutsche Umsiedlungsgesellschaft m. b. H.) verkaufen musste. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges lagen Patronat und Baulast bei der Ilseder Hütte und der Umsiedlungsgesellschaft Watenstedt-Salzgitter als Besitzerin des Gutes Lichtenberg. Die Umsiedlungsgesellschaft trug ein Drittel der kirchlichen „Bau- und Besserungskosten“, die Ilseder Hütte 14,68 Prozent. Diese Verteilung der Baulasten erkannten Landeskirchenamt und Ilseder Hütte 1952 als Rechtsstand an, ebenso die Verknüpfung des Patronats mit dem Besitz des Gutes Lichtenberg (dingliches Patronat) und die Mitwirkung der Ilseder Hütte an der Präsentation des Ölsburger Geistlichen.21 Angesichts der Aufsiedelung der Domäne Lichtenberg lösten sowohl die Umsiedlungsgesellschaft als auch die Ilseder Hütte zum 1. Januar 1962 ihre Baulastverpflichtungen ab, und das Landeskirchenamt hob das Patronat auf.22

Kirchenbau

Nordnordöstlich ausgerichteter neugotischer Bau, 1898–1900 errichtet (Hüttenbaumeister Schiller, Architekt Mühmler, Architekt Lieban); rot verblendeter Backsteinbau über Sandsteinsockel, weiße Eckquaderung, Satteldach mit kleinen Dachgauben, eingezogener, etwas niedrigerer 5/8 Chor; breite Spitzbogenfenster am Langhaus. Im Innern Kreuzrippengewölbe, steinerne Empore an Südsüdwestwand, zwei schmale Seitenschiffe; 1922 mittleres Chorfenster zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs neugestaltet. 1951 schlichtere Neuausmalung.

Turm

Querrechteckiger Turm im Südsüdwesten mit Walmdach und kupfergedecktem Dachreiter, zwei flankierende Treppentürmchen; 1966 Dachreiter saniert, 1990 ebenfalls; 2015 Kirchturmsanierung nach Sturmschäden.

Vorgängerbauten

Stiftskirche St. Caecilia, unter dem nicht identifizierbaren Propst von Dudingen gebaut, 1749 verfallen: kleiner Rechteckbau mit dreiseitigem Chorschluss im Westen und Osten, dachreiterartiger Turm im Westen, im Innern Kanzelaltar und L-förmige Empore.23 1818 (Datierung Wetterfahne) durch einfaches Fachwerkhaus mit Walmdach und zentralem Dachreiter ersetzt.24

Ausstattung

Gemauerter Altar mit Holzaufsatz. – Holzkanzel. – Steintaufe. – Ölgemälde mit Abendmahlsszene.

Kirche, Blick zur Orgel

Kirche, Blick zur Orgel

Orgel

Neubau 1974/75 durch Emil Hammer (Hemmingen) unter Wiederverwendung von Teilen der alten Orgel, 19 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; ein Reg. zunächst vakant, Prospekt aus der Martini-Kirche in Stadthagen (1909); 1988 vakantes Reg. ergänzt; Restaurierung 2013 durch Orgelbaufirma Christoph Grefe (Bülten). Vorherige Orgel Neubau 1900 durch Furtwängler und Hammer (Hannover), 14 II/P, pneumatischer Traktur, Taschenladen, Prospektpfeifen anscheinend im Ersten Weltkrieg abgegeben; 1951 Reparatur und Umdisponierung, 15 II/P; Zustand 1969 als „sehr schlecht“ eingestuft und Neubau empfohlen.25 In der Vorgängerkirche stand eine 1869 gebaute Orgel von Richter (Vechelde), 7 I/P. Zum nachgewiesenen Vorgängerinstrument sind keine Details bekannt.

Geläut

Drei LG, I: cis’; II: e’; III: g’ (alle Stahl, Gj. 1922, Bochumer Verein). – Früherer Bestand: Um 1900 waren zwei LG vorhanden, „von langgestreckter Form, ohne Schmuck – nur Kranz und Schlagring durch je zwei kleine Erhöhungen ausgezeichnet – und sehr alt“26, Verbleib unbekannt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (ehemalige Superintendentur, Bj. 1966, eingeschossiger Massivbau). Gemeindehaus (ehemaliges Pfarrhaus, Bj. 1965, zweigeschossiger Massivbau, Sanierung sowie An- und Umbau zu Gemeindehaus 1998/99). Gemeindehaus (ehemaliges Pfarrhaus, Bj. um 1900, zweigeschossiger Fachwerkbau auf Bruchsteinsockel, Umbau 1968, Verkauf Ende 1990er Jahre).

Friedhof

Kommunaler Friedhof in kirchlicher Unterhaltung, westlich des alten Ortskerns (Feldweg/Fontaneweg), FKap Alter kommunaler Friedhof Neuölsburg (Gerhard-Lukas-Str./Burgstr.), bei Siedlungsbau angelegt, FKap (Bj. 1929). 1979 letzte Beisetzung auf dem alten kirchlichen Friedhof (Burgstr./An der Fuhse).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 14 Nr. 7–13 (LKA Wolfenbüttel); D 21 (EphA Ölsburg/Groß Solschen); D 97 (EphA Peine); S 1 H III Nr. 317 Anhang (Kirchenkampfdokumentation); S 11a Nr. 7922 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1655
Trauungen: ab 1655
Begräbnisse: ab 1655
Kommunikanten: ab 1812
Konfirmationen: ab 1744 (Lücken: 1778)

Literatur

A: Ahrens, KK Ölsburg, S. 7–26 und 29–30; Boetticher, Ortsverzeichnis Lkr. Peine, S. 169–172; Dolle, Klosterbuch III, S. 1115–1118; Meier, BKD Kr. Braunschweig, S. 285–289; Pape/Schloetmann, Hammer, S. 109 und 185; Pape, Orgeln Kr. Peine, S. 40–41.

B: Arbeitskreis 1000 Jahre Ölsburg (Hg.): Chronik Ölsburg. 1003–2003, Ölsburg 2003, bes. S. 124–149; Kirchenvorstand der ev.-luth. Trinitatis Kirchengemeinde Ölsburg (Hg.): Festschrift – 100 Jahre Kirchweih Trinitatis-Kirche Ölsburg, Ölsburg 2000.


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 109.
  2. Dolle, Klosterbuch III, S. 1115 f.
  3. Dolle, Klosterbuch III, S. 1116.
  4. UB HS Hildesheim I, Nr. 109.
  5. StA Wolfenbüttel 7 Urk 46, zit. bei Boetticher, Ortsverzeichnis Lkr. Peine, S. 170.
  6. MGH DD HdL 6 [Digitalisat].
  7. Dolle, Klosterbuch III, S. 1116.
  8. UB HS Hildesheim II, Nr. 35.
  9. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 144.
  10. Arbeitskreis, S. 128.
  11. LkAH, L 5h, unverz., Ölsburg, Visitation 1946.
  12. Chronik der Kirchengemeinde, zit. in LkAH, S 1 H III Nr. 317 Anhang.
  13. KABl. 1943, S. 1–3.
  14. KABl. 1944, S. 7.
  15. KABl. 2016, S. 72.
  16. KABl. 1965, S. 258; KABl. 2000, S. 13.
  17. KABl. 1944, S. 7.
  18. KABl. 1965, S. 258.
  19. KABl. 1998, S. 212.
  20. Meier, BKD Kr. Braunschweig, S. 286. Zum Folgenden LKA, G 15/Oelsburg, Bl. 1 , 6–9 und passim; LkAH, L 5h, unverz., Ölsburg, Visitation 1946.
  21. LKA, G 15/Oelsburg, Bl. 58–60.
  22. LKA, G 15/Oelsburg, Bl. 99–101c.
  23. Arbeitskreis, S. 64 f.
  24. Meier, BKD Kr. Braunschweig, S. 287.
  25. LkAH, L 5h, unverz., Ölsburg, Visitation 1969.
  26. Meier, BKD Kr. Braunschweig, S. 287.