Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Peine | Patrozinium: Georg | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Soßmar wird erstmal schriftlich erwähnt in der Dotationsurkunde Bf. Bernhards von Hildesheim für das Kloster St. Godehard, das er gegründet hatte. In dieser Urkunde von 1146 wird Landbesitz in Sutherem (iuxta Hamele) aufgezählt, also in Soßmar bei Hohenhameln.1 Diese in den mittelalterlichen Quellen gängige Ergänzung ermöglicht es, das Dorf von anderen mit ähnlichen Namen (Sottmar, Sorsum) zu unterscheiden.2 Soßmar gehörte zum Amt Peine des Hochstifts Hildesheim. Aufgrund der Bestimmungen im Reichsdeputationshauptschluss kamen die Gebiete des Hochstifts 1803 an Preußen. Von 1807 bis 1813 war Soßmar Teil des Kantons Hohenhameln im Distrikt Hildesheim des Departement Oker im Kgr. Westphalen. Danach gehörte das Dorf wieder zum Amt Peine, nun im Kgr. Hannover und kam 1852 zum kurzlebigen Amt Hohenhameln, das bereits 1859 wieder im Amt Peine aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover 1866 wurde Soßmar erneut preußisch und kam 1885 zum neugegründeten Lkr. Peine. Der Ort ließ sich 1974 in die Großgemeinde Hohenhameln eingemeinden. Das an einer Straßengabelung gelegene Dorf hatte 1664 knapp 250 Einwohner, 1803 und 1848 jeweils gut 600 und 1905 knapp 700. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Einwohnerzahl bei 1.230, 1961 bei etwa 750 und 2016 bei gut 770.

Kirche, Ansicht von Nordosten

Kirche, Ansicht von Nordosten

Zur vorref. Kirchengeschichte von Soßmar ist nur wenig bekannt, Geistliche des Dorfes sind urkundlich nicht fassbar. In der Pfarrchronik, die P. Karl Heinrich Ruhkopf (amt. 1754–1773) 1767 anlegte, heißt es: „Nach der Nachricht, die man unter dem Boden der alten Kirche in lateinischer Mönchsschrift verfaßet, laß, muß man urtheilen: die Capelle sey im Jahre 1214 erbauet.“3 Explizit erwähnt wird die Kirche in einer Urkunde aus dem Jahr 1328, mit der ein Rostocker Bürger dem Kloster Maria Magdalena in Hildesheim Land in villa dicta Zocerem übertrug. Dabei ist von einem Hof gegenüber der Kirche die Rede (ad curiam in opposito ecclesie).4 Der Turm der heutigen Kirche stammt aus dem 14. Jh. In Folge der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) musste Bf. Johannes IV. das Amt Peine 1526 an die Stadt Hildesheim verpfänden. Als der Schmalkaldische Bund 1542 den braunschweigischen Hzg. Heinrich den Jüngeren verdrängt hatte und der Rat der Stadt Hildesheim unter dem Schutz des Bundes das prot. Bekenntnis annahm, wurde damit auch Soßmar luth. Als erster prot. Pfarrer ist P. Johann Sodemann (amt. 1550–1559) belegt. Von 1556 bis 1603 war das Amt Peine im Pfandbesitz des Hzg. Adolf von Schleswig, der 1561 eine Kirchenordnunge in baiden gerichten, Steurwoldt und Peine erließ.5 In dieser Zeit lassen sich Bauarbeiten an der Kirche in Soßmar belegen, denn unter der Orgelempore ist ein alter Fachwerkbalken der 1767 abgerissenen Kirche verbaut, der die Jahreszahl 1579 trägt sowie die Inschrift Si Deus pro nobis, quis contra nos (Wenn Gott für uns ist, wer ist gegen uns). 1603 konnte der Hildesheimer Bf. das Amt wieder einlösen, musste dabei jedoch auf die Bedingung eingehen, den Lutheranern ihre freie Religionsausübung zu lassen. Soßmar war fortan also ein luth. Dorf unter einem kath. Landesherrn, im 16. und 17. Jh. beanspruchte Braunschweig-Wolfenbüttel allerdings die geistliche Jurisdiktion über die luth. Gemeinden.6 Während des Dreißigjährigen Krieges bemühte sich der Hildesheimer Bf. trotz anderslautender Zusagen verstärkt darum, das Amt Peine zu rekatholisieren. Um 1628 ließ er die luth. Pfarrer in den Dörfern des Amtes absetzen. Seine gegenreformatorischen Versuche endeten 1633, als Truppen des braunschweigischen Hzg. Friedrich Ulrich die Stadt Peine eroberten. Soßmar erhielt mit P. Johann Theodor Neumeyer (amt. 1633–1642) wieder einen luth. Pfarrer und blieb auch nach der Restitution des Stifts 1643 luth.

Kanzelaltar

Kanzelaltar

Mitte des 17. Jh. war die Pfarre in Soßmar im Vergleich mit den übrigen Gemeinden des Amtes Peine recht üppig mit Land ausgestattet,7 zudem heißt es 1730 über das Dorf, es „wohnen daselbst wollhabende Leute“8, was ebenfalls dem Einkommen des Pfarrer zu Gute kam. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. errichtete die Gemeinde ein neues Kirchenschiff, am 12. März 1767 feierte sie die Grundsteinlegung, am 27. Mai das Richtfest.
Während der NS-Zeit war P. Richard Ulrich (amt. 1934/35–1947) Pfarrer in Soßmar. Er war zunächst Mitglied der DC, trat jedoch Ende 1934 aus und wandte sich später der BK zu. Nach Umwandlung der ev. Schule in eine Gemeinschaftsschule (1938) bot P. Ulrich kirchlichen Ersatzunterricht an. Im Visitationsbericht 1936 heißt es zusammenfassend: „Die Gemeinde Sosmar ist im hiesigen Kirchenkreise wohl die beste.“9 Dazu trug auch der Freundeskreis der Herrnhuter Brüdergemeine bei, der bis 1958 in Soßmar bestand.10 Ab 1953 versorgte der Pfarrer von Soßmar auch die dauervakante Pfarrstelle in Bierbergen und zum 1. November 1984 wurden die beiden KG pfarramtlich verbunden.11 1998 wurde das gemeinsame Pfarramt auf eine halbe Stelle reduziert und gleichzeitig für dauervakant erklärt. Seit 1. August 2004 sind die KG Soßmar und die KG Bierbergen pfarramtlich mit der St.-Briccius-KG Adenstedt verbunden, die gemeinsame Pfarrstelle der beiden KG wurde dabei aufgebhoben.12

Umfang

Das Dorf Soßmar und die Prüßmühle (bis Anfang des 20. Jh.).

Aufsichtsbezirk

Um 1500 Archidiakonat Hohenhameln der Diözese Hildesheim. – 1561 Insp. Peine, zeitweise ohne Sup. 1652 entstand die kurzlebige Suptur. Dungelbeck, zu der Soßmar gehörte,13 später unterstand Soßmar dem Geistlichen Ministerium des Amtes Peine, dem jeweils ein Pastor des Bezirks, der Senior, vorstand.14 Erst nach Aufhebung des Hochstifts Hildesheim (1803) wurde die Insp. Peine wieder eingerichtet. Bei Teilung dieser Insp. kam Soßmar 1827 zur neuen Insp. (ab 1924: KK) Groß Solschen. Zum 1. Oktober 1965 in den KK Peine umgegliedert.15

Patronat

Um 1481 Hzg. Wilhelm von Braunschweig.16 Später der Bf. von Hildesheim (bis 1803) bzw. der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1938

Kirche, Grundriss, 1938

Barocker Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss und östlich abgewalmtem Mansarddach, erbaut 1767; flache Segmentbogenfenster, Eingänge im Süden und Norden, darüber Sandsteintafeln mit Bauinschrift: „Bischof u Fürst war Friedr. Wilhel., von der Gemeinde bestelt Bauherr E. S. C. Hoijer, Mauer Meist Ant. Wend 1767 – Pastor Carl Heinr. Ruhkopf aus Hil. him., Opr. mn. Jo. Conr. Peters, Altarlut Hans. Hir. Köhler, Es Wilh. Lauenstein Ao 1767“. Im Innern verputztes, flaches Holztonnengewölbe mit stuckiertem Deckenmedaillon ohne Ausmalung; u-förmige Empore, Priechen rechts und links des Altarraums. 1952 Neuausmalung des Innenraums. Sanierung 2013–16.

Turm

Gedrungener, gotischer Westturm aus Bruchsteinmauerwerk mit quadratischem Grundriss, 14. Jh., Glockengeschoss mit hohen, gekuppelten Schallöffnungen, möglicherweise 15. Jh., hoher, achteckig ausgezogener Turmhelm mit flacherem, quadratischem Ansatz (19. Jh.), Auslegestuhl für Uhrschlagglocke nach Osten.

Vorgängerbau

Möglicherweise Fachwerkbau um 1579. Zum Aussehen der 1328 erwähnten Kirche ist nichts bekannt.

Ausstattung

Mittelalterliche Sandsteinmensa auf gemauertem Stipes (teilweise mit Holzverschalung). – Breitausladender barocker Kanzelaltar, dreiachsiger architektonischer Aufbau mit Pilastergliederung, über dem Giebel bekrönende Figur des auferstandenen Christus; geschwungener Kanzelkorb mit Darstellungen der Kreuzigung und der Evangelisten, vom gleichen Maler (Stummer) stammt das Abendmahlsbild unterhalb der Kanzel, datiert 1771; die Seitenachsen niedriger mit geschwungenem Abschluss, flachbogige Türen, darüber Tafelbilder (Aaron, Moses). – Sandsteintaufe (1770). – Reformationsgedenkfahne (1817).

Orgel, 1952

Orgel, 1952

Orgel

1775 Neubau durch Johann Conrad Müller (Hildesheim), möglicherweise 11 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen.17 1876 und 1878 Dispositionsänderung durch Heinrich Schaper (Hildesheim). 1913 Neubau des Werks hinter dem historischen Prospekt durch Faber & Greve (Salzhemmendorf), 20 (davon 3 Transmissionen) II/P, pneumatische Traktur, Membranladen. 1950 und 1959 Änderung der Disposition nach neobarockem Klangideal durch E. Palandt & Sohnle (Hildesheim. 1967 Neubau des Werks unter Erhalt des historischen Gehäuses durch Hermann Eule Orgelbau (Bautzen), 10 ½ I/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 346). Das Barockgehäuse ist erhalten.

Geläut

Drei LG, I: dis’, mit Relief des hl. Georg zu Pferde (Bronze, Gj. 1653, M. Jacob Korber, Hildesheim); II: fis’ (Bronze, Gj. 1962, F. W. Schilling, Hildesheim), gestiftet von August Fründt zum Andenken an seine im Zweiten Weltkrieg gefallenen Söhne; III: cis’’, mit Medaillon des hl. Georg zu Pferde (Bronze, Gj. 1633, Heinrich Borstelmann, Braunschweig). Eine SG h’’ (Bronze, Gj. 17. Jh., vermutlich Jobst Heinrich Lampen, Hildesheim).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1910, zweigeschossiger Massivbau). – Gemeindehaus (Bj. 1964, eingeschossiger Massivbau)

Friedhof

Rund um die Kirche, im Eigentum der KG.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1550–1559 Johann Sodemann (oder Soelemann). – 1559–1590 Heinrich Leverkühn (Leverkone). – 1590–1599 Hermann Behling. – 1599–1621 Petrus Weber. – 1621–1627 Christian König. – 1633–1642 Johann Dietrich (Theodor) Neumeyer (Niemeyer). – 1642–1656 Ambrosius Eckstein. – 1656–1684 Henning Auhagen. – 1684–1723 Johann Joachim Wolters. – 1724–1753 Johann Bernhard Kratz. – 1754–1773 Karl Heinrich Ruhkopf. – 1774–1826 Friedrich August Wilcke. – 1826–1852 Friedrich Heinrich Grumbrecht. – 1852–1870 Dr. phil. Friedrich Wilhelm Hermann Söltner. – 1870–1874 Friedrich Karl Christian Grußendorf. – 1874–1886 Ernst Wilhelm Palandt. – 1886–1898 Paul Dietrich Otto Gehrke. – 1899–1908 Karl Friedrich Bernhard Adam Arnold Richard Peix. – 1909–1934 Karl Ludwig Johannes Heidemann. – 1935– Albert Wilhelm Georg Richard Ulrich.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 380

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 10523–10535 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 819 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 7682–7688 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 2166Digitalisat, 2167Digitalisat, 2168Digitalisat, 2169Digitalisat, 2170Digitalisat (Visitationen); D 21 (EphA Ölsburg/Groß Solschen); S 11a Nr. 7002 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1723 (Lücken: 1814, 1815; unvollständig: 1806, 1807, 1809, 1810, 1813)
Trauungen: ab 1724 (Lücken: 1775–1802; unvollständig: 1803–1815)
Begräbnisse: ab 1724 (Lücken: 1776–1802, 1813–1815; unvollständig: 1774, 1775, 1804–1812)
Kommunikanten: ab 1827
Konfirmationen: ab 1819 (Lücken: 1826)

Verzeichnis der in Soßmar geborenen Kinder 1806–1820

Literatur

A: Boetticher, Ortsverzeichnis Lkr. Peine, S. 213–216; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1213; Jürgens u. a., KD Kr. Peine, S. 178–182; Meyer, Pastoren II, S. 380; Mahr, Orgelbauer Müller, S. 372–378; Pape, Orgeln Kr. Peine, 52 f.; Pape, Palandt, S. 181 f.; Pape, Schaper, S. 252 f.; Rose, Aufklärung, S. 20 ff.
B: Heinrich Munk: Soßmars Geschichte lebt in der Kirche. Der Kirchturm ist schon über 600 Jahre alt, in: Der Heimatspiegel 16 (1967), S. 5–6.


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 239.
  2. Boetticher, Ortsverzeichnis Lkr. Peine, S. 213.
  3. Zit. bei Jürgens u. a., KD Kr. Peine, S. 178.
  4. UB HS Hildesheim IV, Nr. 1026.
  5. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,2,1, S. 769 ff.
  6. Bertram, Bistum Hildesheim II, S. 304.
  7. Dürr, Politische Kultur, S. 171.
  8. Evangelischer Kirchenstaat, S. 123.
  9. LkAH, L 5h, unverz. Soßmar, Visitation 1936.
  10. LkAH, L 5h, unverz. Soßmar, Visitation 1962.
  11. KABl. 1984, S. 93.
  12. KABl. 2004, S. 116.
  13. Evangelischer Kirchenstaat, S. 130.
  14. Meyer-Roscher, Streiflichter, S. 123.
  15. KABl. 1965, S. 258.
  16. Kleinau, Neuer Text, S. 87.
  17. Mahr, Orgelbauer Müller, S. 374.