Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Petrus1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Röllinghausen ist schriftlich recht spät belegt. Es erscheint erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1386.2 Das Dorf war seit der ersten Hälfte des 15. Jh. im Besitz der Herren von Wrisberg, zunächst gemeinsam mit einer Familie Burmester: Wohl schon 1413 und erneut 1425 belehnte Bf. Magnus von Hildesheim Ernste Wristberge und Hinrike Burmester u. a. mit dem Dorf Rolingehusen samt Kirchlehn.3 Röllinghausen gehörte zum Amt Winzenburg im Hochstift Hildesheim. Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel auch das Amt Winzenburg an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel und kehrte erst 1643 unter stifthildesheimische Landesherrschaft zurück (Restitution des Großen Stifts). Im Winzenburger Erbregister von 1578 heißt es: „Das dorff Rölliehausen gehöret denen von Wrißberge mit dem Unter Gerichte im dorffe“, die höhere Gerichtsbarkeit lag beim Amt Winzenburg („Peinliche Halß Gerichte“).4 Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschluss von 1803 kam das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen gehörte Röllinghausen zum Kanton Alfeld im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Ab 1815 zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Winzenburg, das in den 1820er Jahren mit dem Amt Bilderlahe vereinigt wurde. Seit 1836 gehörte Röllinghausen zum Amt Alfeld. Nach der preußischen Annexion von 1866 blieb die Ämterstruktur zunächst bestehen. Bei der Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Röllinghausen zum Lkr. Alfeld. 1974 wurde das Dorf in die Stadt Alfeld eingemeindet. Im 15. Jh. lässt sich in der Röllinghausener Feldmark ein Steinbruch nachweisen. Die Nutzung der „roten Steinkuhle“ hatte Heinrich Burmester „zu Vorzeiten“, wie es 1486 heißt, der St.-Nikolai-Kirche in Alfeld überlassen.5 1489 ist von der „alten Steinkuhle“ und von der „neuen roten Steinkuhle“ die Rede. Ansonsten war Röllinghausen lange bäuerlich geprägt. 1947 setzte sich die Gemeinde zusammen aus etwa „1/5 Bauern, 4/5 Arbeiter und Angestellte, die entweder bei den Bauern oder in der Industrie Alfelds beschäftigt sind“.6 Die Neubaugebiete „Am Weinberg“ und „In der Steinkuhle“ ließen den Ort in der zweiten Hälfte des 20. Jh. in Richtung Alfeld wachsen. 1809 zählte Röllinghausen etwa 170 Einwohner, 1925 knapp 290 und 1951 gut 440. Bis zum Jahr 2002 war die Bevölkerungszahl auf gut 720 gestiegen, 2017 lag sie bei gut 590.

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1960

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1960

Die Urkunde mit dem Erstbeleg des Dorfes behandelt einen kirchlichen Landerwerb: Ein Hans Grube verkaufte dem Pfarrer Dietrich und der Kirche zu Röllinghausen 1386 zwei Hufen Land bei Limmer.7 Gut einhundert Jahre später ist 1489 das Patrozinium St. Petrus belegt. Gleichzeitig werden der verstorbene Pfarrer Clawes zu Rollihusen und der Pfarrer Conrad Ebeling genannt.8 Der Priester Ludolphus Becker, Kleriker des Stifts Halberstadt, richtete 1524 für sich und seine Eltern eine Memorienstiftung an der Kirche in Röllinghausen ein.9 Über Bauzeit und Aussehen der alten St.-Petri-Kirche ist nichts bekannt.
Als Dorf im Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel erlebte Röllinghausen eine erste Einführung der Reformation, nachdem die Truppen des Schmalkaldischen Bundes 1542 den kath. Hzg. Heinrich den Jüngeren vertrieben hatten. Lgf. Philipp von Hessen und Kfs. Johann Friedrich von Sachsen setzten eine Statthalterregierung ein, die noch im gleichen Jahr die Gemeinden und ihre Pfarrer visitieren ließ, 1543 die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles verkündete und 1544 eine weitere Visitation anordnete.10 Der Geistliche von Röllinghausen hieß seinerzeit P. Cunradt Bertram (amt. bis 1576); er war gleichzeitig auch Pfarrer in Föhrste.11 1547 konnte Hzg. Heinrich nach Braunschweig-Wolfenbüttel zurückkehren und begann damit, sein Fsm. zu rekatholisieren. Hzg. Julius jedoch, sein Sohn und Nachfolger, führte nach seiner Regierungsübernahme 1568 erneut die luth. Lehre ein, sandte wiederum Visitatoren aus und erließ 1569 die später sogenannte Calenberger Kirchenordnung.12 In Röllinghausen und Föhrste hatten sich die Verhältnisse in diesen Jahren anscheinend nicht geändert. Als Pfarrer nennen die Protokolle der Visitation P. Conradus Weitram, der auch die Tochtergemeinde Gerzen zu versorgen hatte und „desgleichen auch noch ein pfarr zu versehen, Rellinghausen“. Die Visitatoren charakterisierten den Pfarrer als Senex non malus, sed tollerabilis (ein Greis, nicht schlecht, sondern erträglich).13 Er feiere den Gottesdienst noch nach kath. Ritus (Celebravit.).14 Einen eigenen Pfarrer hatte die Gemeinde nach der Reformation nicht mehr: P. Johann Barthauer (amt. 1596–1600) war gleichzeitig Pfarrer in Meimerhausen, am 5. Dezember 1602 wurde der Langenholzener P. Esaia Peine (amt. 1602–1656) in die Pfarre Röllinghausen eingewiesen15 und 1657 der Säcker P. Justus Ulrici (amt. 1657–1686).16 Die Ausstattung der Pfarrstelle reichte nicht aus, um einen Pfarrer und seine Familie zu ernähren. In einer Beschreibung der luth. Dörfer des Hochstifts Hildesheim – seit 1643 (Restitution des Großen Stifts) hatte Röllinghausen mit dem Bf. von Hildesheim einen kath. Landesherrn – heißt es über die Gemeinde: „Es ist dieses eine Mutter-Kirche, und kein Filial, weil dieselbe aber schlecht von Revenuen ist, so hat der Herr Patronus dieselbe öffters der Pfarre zum Sack, als filiam transeuntem, citra tamen praejudicium unionis, beygelegt“ (als Tochtergemeinde übertragen, ohne aber eine Vereinigung vorwegzunehmen).17 Seit 1734 war Röllinghausen pfarramtlich mit dem östlich auf der anderen Seite von Alfeld gelegenen Eimsen verbunden (abgesehen von einer kurzen Unterbrechung zwischen 1753 und 1758: seinerzeit mit Petze).18 Anfang des 18. Jh. ist mit Melchior Funke auch der erste Dorflehrer in Röllinghausen belegt.19
Am 11. Mai 1806 schlug ein Blitz in die alte Röllinghauser Kirche ein, die daraufhin völlig abbrannte. Das Feuer zerstörte auch die Glocken. „Diese alte Kirche stand unten im Dorf, wo der Pfarrgarten ist.“20 Der Patron der Kirche, Freiherr von Görtz-Wrisberg finanzierte zu einem großen Teil den Neubau, den die Gemeinde im November 1810 einweihen konnte. 1858 brach, wiederum nach einem Blitzeinschlag, ein Feuer im Kirchturm aus, das jedoch gelöscht werden konnte.

Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Kirche, Blick zum Altar, um 1960

Seit 1923 blieb die Pfarrstelle Eimsen-Röllinghausen unbesetzt, und die Pfarrer der KG Limmer übernahmen die Versorgung der beiden Dörfer und der zu Eimsen gehörenden KapG Wettensen.21 Bei der Visitation 1941 bemängelte der Sup, dass in Röllinghausen von gut 280 Gemeindegliedern „oft nur 1 bis 3 Personen“ zum Gottesdienst kämen.22 Sechs Jahre später visitierte der LSup. Rudolf Detering die Gemeinde selbst und stellte fest: „Not tut eine intensive geistliche Betreuung“.23 Aber erst 1954 trennte das Landeskirchenamt das große „Doppelkirchspiel“.24 Mit dem Ostpfarrer und Spätheimkehrer P. Joachim Schnabel (amt. 1954–1976) erhielten Eimsen und Röllinghausen wieder einen eigenen Pfarrer. Das Pfarrhaus stand in Alfeld. Die pfarramtliche Verbindung mit Eimsen bestand bis 1989, dann wechselte Röllinghausen zum näher liegenden Pfarramt Föhrste, mit dem seit 1960 auch die KG Imsen verbunden war.25 Das Landeskirchenamt richtete 1991 eine halbe Pfarrstelle mit Sitz in Röllinghausen ein.26 Seit 2007 hatte der Pfarrverbund nur noch eine Pfarrstelle27 und 2009 teilte sich das Kirchspiel wieder auf. Röllinghausen ging eine pfarramtliche Verbindung mit der St.-Nikolai-KG Alfeld ein.28

Umfang

Röllinghausen.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Alfeld der Diözese Hildesheim.29 – Um 1542/44 zur Suptur. Alfeld, 1569 zur Suptur. Dietrichholtensen (Wrisbergholzen).30 Ab 1651/52 Spezialinsp. des GSup. Alfeld (Insp. Alfeld, 1924 KK Alfeld). Seit 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld.31

Patronat

Persönliches Patronat der Herren von Wrisberg (seit 18. Jh. Freiherren von Görtz-Wrisberg, seit 1817 Gf. von Schlitz genannt von Görtz und von Wrisberg, kurz Gf. von Görtz-Wrisberg), die das Kirchlehen seit 1413/25 als Lehen der Bf. von Hildesheim besaßen.32 Patronat erlosch mit Verzicht des Gf. Georg von Görtz im April 1954.33

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, vor 1929

Kirche, Grundriss, vor 1929

Rechteckige Saalkirche aus verputztem Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung aus rotem Sandstein, erbaut 1808-10. Satteldach, im Osten mit Walm; Rechteckfenster. Im Innern flachgewölbte Bretterdecke; u-förmige Emporenanlage, teilweise an der Decke aufgehängt. Innen- und Außenrenovierung 1956 und 1960. Sanierung 2017.

Turm

Risalitartig vorspringender Dachreiter im Westen. Turmhelm mit viereckigem Ansatz und hoher, achteckig ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne; Turmhelm und Glockengeschoss verschiefert, rechteckige Schallöffnungen, Westportal. Turmsanierung 1955.

Vorgängerbau

1806 nach Blitzeinschlag abgebrannt.

Ausstattung

Kanzelaltarwand (um 1810), Kanzel zwischen zwei Säulen, über Giebel Gottesauge im Strahlenkranz, seitliche Durchgänge.

Orgel

1833 erste Orgel gekauft, 1858 bei Blitzeinschlag zerstört.34 1884 Neubau von Robert Knauf (Bleicherode), 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen und Abgabe zu Kriegszwecken. 1960 Reparatur und Dispositionsänderung, ausgeführt von Lothar Wetzel (Hannover). 2018 repariert und erweitert auf 7 I/P, Sauer & Heinemann Orgelbau (Höxter).

Geläut

Zwei LG, I: a’ (Bronze, Gj. 2013, Firma Rincker, Sinn); II: c’’ (Bronze, Gj. 1935, Fa. Radler, Hildesheim). – Früherer Bestand: Eine LG, b, Inschrift: „Den 11. May 1806 zerstöhrte ein Gewitter Kirche Turm u[nd] Glocken und 1808 lies mich die Gemeinde Röllinghausen neu giessen von H. A. Bock in Ei[n]beck.“ und „Wir rufen Euch durch unsern Klang, kommt bringt dem grossen Schöpfer dank.“ (Bronze, Gj. 1808, H. A. Bock, Einbeck), 1928 noch vorhanden, vermutlich im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Eine LG (Bronze) im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.35 Eine LG a’ (Eisenguss, Gj. 1951, Firma Weule, Bockenem), zählte zu den „Provisorien der Notzeit, da Glockenbronze seinerzeit schwer zu beschaffen war“, 2013 wegen Rostbefall abgenommen und durch LG I ersetzt.36 Eisenglocke jetzt vor der Kirche aufgestellt.

Friedhof

Kirchlicher Friedhof bei der Kirche, 1970 erweitert.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1568 Curdt Wartenstidt. – 1596–1600 Johann Barthauer.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 318

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2757–2758 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 9 und 12 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 2054–2068 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 552Digitalisat, 553Digitalisat, 554Digitalisat (Visitationen); D 43 (EphA Alfeld); S 11a Nr. 7497 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1611 (Lücken: 1649, 1657–1728)
Trauungen: ab 1611 (Lücken: 1649, 1657–1728)
Begräbnisse: ab 1611 (Lücken: 1649, 1657–1728)
Kommunikanten: ab 1803 (Lücken: 1818–1828)
Konfirmationen: ab 1820

Mutterkirche Eimsen. Taufen, Trauungen, Begräbnisse 1611–1656 in den Kirchenbüchern von Langenholzen.

Literatur

A: Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 361–366; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 250–252; Meyer, Pastoren II, S. 318.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 131.
  2. Hartmann, Regesten I, Nr. 9.
  3. Hartmann, Regesten I, Nr. 37. 1413 genannt bei Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 362. Vgl. auch Hartmann, Regesten I, Nr. 126 (1497, Wiederbelehnung durch Bf. Berthold II. von Hildesheim); Hartmann, Regesten II, Nr. 38 (1524, Wiederbelehnung durch Hzg. Heinrich den Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg); Hartmann, Regesten II, Nr. 285 (1569 Wiederbelehnung durch Hzg. Julius von Braunschweig-Lüneburg).
  4. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 625.
  5. Hartmann, Regesten I, Nr. 101.
  6. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen-Röllinghausen, Visitation 1947.
  7. Hartmann, Regesten I, Nr. 9.
  8. Hartmann, Regesten I, Nr. 107 und 108; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 250.
  9. Hartmann, Regesten II, Nr. 18 und Nachtrag Nr. 25.
  10. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  11. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 225 und 226.
  12. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 5 und 83 ff.; Butt, Herrschaft, S. 58 ff.
  13. Spanuth, Quellen, S. 277 f.
  14. Meyer, Pastoren II, S. 318, nennt für 1568 P. Curdt Wartenstidt.
  15. Hartmann, Regesten III, Nr. 24.
  16. Hartmann, Regesten III, Nr. 419.
  17. Evangelischer Kirchenstaat, S. 64.
  18. Meyer, Pastoren II, S. 318.
  19. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 365.
  20. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 364.
  21. Meyer, Pastoren I, S. 236.
  22. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen-Röllinghausen, Visitation 1941.
  23. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen-Röllinghausen, Visitation 1947.
  24. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen-Röllinghausen, Visitation 1953.
  25. KABl. 1989, S. 33.
  26. KABl. 1991, S. 14.
  27. KABl. 2007, S. 195.
  28. KABl. 2009, S. 80 f.
  29. Kleinau, Neuer Text, S. 89.
  30. Reller, Kirchenverfassung, S. 112, 168 und 226.
  31. KABl. 2011, S. 70 ff.
  32. Hartmann, Regesten I, Nr. 37. 1413 genannt bei Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 362.
  33. LKA, G 15/Eimsen.
  34. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 364.
  35. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 364.
  36. LKA, G 9 B/Röllinghausen, Bl. 67