Frühere Gemeinde | KapG der KG Eimsen | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Urban1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

In einer Gandersheimer Urkunde aus dem Jahr 1039 ist ein Dorf namens Wedensen erwähnt, allerdings ist diese Urkunde möglicherweise eine spätere Fälschung.2 Das Reichsstift Gandersheim hatte vor 1334 die Herren von Steinberg mit dem Dorf belehnt, zudem besaß auch der Bf. von Hildesheim Rechte in Wettensen. Das Dorf zählte zum Amt Winzenburg des Hochstifts Hildesheim, die Niedergerichtsbarkeit lag bei den Herren von Steinberg.3 Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel das Amt Winzenburg an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel und kehrte erst 1643 unter stifthildesheimische Landesherrschaft zurück (Restitution des Großen Stifts). Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) zählte Wettensen zum Kanton Alfeld im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Ab 1815 gehörte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Winzenburg, das in den 1820er Jahren mit dem Amt Bilderlahe vereinigt wurde. Ab 1836 zählte Wettensen zum neuen Amt Alfeld. Nach der preußischen Annexion von 1866 blieb die Ämterstruktur zunächst bestehen und bei der Einführung der Kreisverfassung kam Wettensen 1885 zum Lkr. Alfeld. 1974 wurde das Dorf in die Stadt Alfeld eingemeindet. Wettensen war stets ein kleines Dorf, es hatte 1578 sechs, später nur noch fünf Höfe.4 1965 fasste der Ortspfarrer zusammen: „Fast ganz Wettensen – Flur und Häuser – gehören den 5 Bauern. […] Fast alle anderen Einwohner Wettensens sind Arbeiter – Industrie- und Landarbeiter – und wohnen meist in bauerneigenen Wohnungen.“5 Die Einwohnerzahl des Dorfes lag um 1810 bei 125, 1925 und 1965 bei 160 und 2017 bei 70.
Im 19. Jh. existierte eine jüd. Gemeinde in Wettensen, die ab 1830 einen Synagogenverband mit Groß und Klein Freden, Everode sowie Alfeld bildete, seit 1843 nur noch mit Alfeld. Anfang des 20. Jh. lebten keine Juden mehr in Wettensen.6 Zwei Kilometer nördlich des Ortes liegt ein bis 1880 genutzter jüd. Friedhof.7

Kapelle, Ansicht von Südwesten, um 1960

Kapelle, Ansicht von Südwesten, um 1960

Kirchlich gehörte Wettensen wohl schon in vorref. Zeit zu Eimsen. Wann das Dorf eine eigene Kapelle erhielt, ist nicht bekannt.8 Zusammen mit der Muttergemeinde Eimsen nahm Wettensen 1542/68 die luth. Lehre an, in den Visitationsprotokollen von 1542 und 1568 ist das Dorf nicht eigens genannt. In einer Beschreibung der luth. Dörfer im kath. Hochstift Hildesheim von 1730 ist Wettensen als „Filial von Eimsen“ aufgeführt.9
Wegen Baufälligkeit ließ die Gemeinde ihre Kapelle, einen kleinen Fachwerkbau mit Dachreiter, 1903/04 abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Den Bau finanzierten die fünf Hofbesitzer des Dorfes gemeinschaftlich, sie ist daher nicht Eigentum der Kirche („Bauernkapelle“10, „Privatkapelle der 5 Reiheleute“11). Bei der Visitation 1935 notierte der Alfelder Sup., die Bauern schienen bereit, „die Kapelle der Kirchengemeinde [Eimsen] als Eigentum zu überlassen, falls jährlich 12 Gottesdienste durch den Geistlichen in der Kapelle Wettensen gehalten werden, statt bisher 4.“12 Verwirklicht wurde dies jedoch nicht und seit Ende der 1960er Jahre bemühten sich der KV Eimsen und der KKV Alfeld erneut darum, für die Nutzung der Kapelle „eine auf längere Sicht befriedigende Lösung“ zu finden. Die Eigentümerinnen und Eigentümer, zusammengeschlossen in der Reiheleutegenossenschaft Wettensen, zeigten sich aber nicht bereit, das Gebäude der Gemeinde zu schenken.13 Stattdessen schloss die KG mit der Reiheleutegenossenschaft einen zehnjährigen Nutzungsvertrag ab.14

Kapelle, Blick zum Altar, um 1960

Kapelle, Blick zum Altar, um 1960

Der Status der Gemeinde war anscheinend lange unklar. Sie wählte keinen eigenen KapV, sondern entsandte stets Mitglieder in den KV Eimsen. Auch ein eigenes Vermögen besaß die Gemeinde nicht, da Kapelle und Friedhof Eigentum der fünf Hofbesitzer war. Weder das Landeskirchenamt noch der Ortspfarrer sahen Wettensen in den 1970er Jahren als eigenständige KapG an15 und auch in den älteren Visitationsberichten wird Wettensen nicht als solche bezeichnet. In den Gemeindeverzeichnissen der Landeskirche Hannovers war Wettensen bis Ende der 1980er Jahre hingegen stets als KapG aufgelistet.16 Mittlerweile wird Wettensen als Teil der KG Eimsen geführt.

Umfang

Das Dorf Wettensen.

Patronat

Herren von Steinberg, aber ohne Mitspracherecht bei Pfarrstellenbesetzung in Eimsen.17

Kirchenbau

Kleiner Rechteckbau mit polygonaler Apsis, erbaut 1904, finanziert von den Hofbesitzern in Wettensen. Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung, Satteldach, im Osten mit Krüppelwalm; rundbogige Fenster, die mittleren an den Längsseiten gekuppelt; rundbogiges Portal im Westen, darüber ein gekuppeltes Rundbogenfenster. Im Innern Holzdecke. Renoviert 1961.

Turm

Viereckiger, verschieferter Dachreiter über Westfassade mit rechteckigen Schallfenstern.

Ehemalige Kapelle, Außenansicht, vor 1929 (1903/04 abgerissen)

Ehemalige Kapelle, Außenansicht, vor 1929 (1903/04 abgerissen)

Vorgängerbau

Fachwerkbau mit polygonalem Chor. Satteldach mit Walm über dem Chor; Rechteckfenster; Dachreiter mit Zeltdach. Kanzelaltar. 1903 baufällig und abgerissen.18

Ausstattung

Altar mit neugotischem Retabel, Altarkreuz in mittlerer Nische. – Holzkanzel links vor der Apsis. – Holztaufe (1904 gestiftet).

Orgel

1896 stifteten Gemeindeglieder ein Harmonium.19

Geläut

Eine LG, cis’’, Inschrift: „Johann Hennig Bohden, Hermann Andreas Fischer, Johann Justus Griebo, Johann Engelhardt Bohden, zu Wettensen. Gos mich P. A. Becker in Hannover 1777“ (Bronze, Gj. 1777, P. A. Becker, Hannover).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 43 (EphA Alfeld).

Kirchenbücher

siehe Langenholzen

Literatur

A: Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 373–375; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 281–283.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 137.
  2. Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 282.
  3. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 602 und 608.
  4. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 373; Junker, Winzenburger Erbregister, S. 609: 1578 drei Ackerleute und drei Kotsassen.
  5. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen, Visitation 1965.
  6. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 238; Obenaus, Handbuch I, S. 110. 1846 hatte der Gemeindeverband insgesamt 20 Gemeindeglieder, 13 in Wettensen, 7 in Alfeld.
  7. Obenaus, Handbuch I, S. 111.
  8. Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 282: „schon vor der Reformation“.
  9. Evangelischer Kirchenstaat, S. 58.
  10. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen, Visitation 1959.
  11. Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 282.
  12. LkAH, A 9 Nr. 554, Visitation 1935.
  13. LkAH, B 2 G 9/Eimsen Bd. I, Bl. 136.
  14. LkAH, B 2 G 9/Eimsen Bd. I, Bl. 149 ff.
  15. LkAH, L 5h, unverz., Eimsen, Visitation 1977: „Wettensen ist keine Kapellengemeinde.“; LkAH, B 2 G 9/Eimsen Bd. I, Bl. 134: „eine Kapellengemeinde Wettensen gibt es nicht“.
  16. Verzeichnis 1946, S. 3; Verzeichnis 1959, S. 22; Verzeichnis 1966, S. 24; Verzeichnis 1981–1989, S. 97.
  17. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 375; Evangelischer Kirchenstaat, S. 58.
  18. Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 374; Abbildung bei Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 282.
  19. KABl. 1897, S. 61.