Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Harlingerland | KO: Ostfriesische KO von 1716
Orts- und Kirchengeschichte
Urkundlich ist die Insel erstmals 1398 als Spickeroch belegt.1 Zusammen mit anderen ostfriesischen eylanden zählte sie seinerzeit zum Herrschaftsbereich der Häuptlingsfamilie tom Brok. Im Jahr 1448 war die Insel nachweislich besiedelt: Häuptling Ulrich Cirksena erwähnte in einer Urkunde aus diesem Jahr „myne[] undersaten uppe Spikeroch“.2 Spiekeroog war seinerzeit Teil des Harlingerlandes, in dem ab 1454 die Häuptlingsfamilie Attena regierte (Herren von Esens, Stedesdorf und Wittmund; ab 1532 als Lehen der Hzg. von Geldern).3 1540 erbten die Gf. von Rietberg das Territorium. Nach der Heirat von Walburgis von Rietberg († 1586) und Gf. Enno III. († 1625) im Jahr 1581 kontrollierten seit 1582 die ostfriesischen Grafen das Harlingerland. Mit dem Berumer Vergleich im Jahr 1600 kam das Gebiet endgültig an die Gft. Ostfriesland. Spiekeroog zählte zum Amt Esens, war aber, wie auch die übrigen ostfriesischen Inseln, nicht gänzlich in die Ämterverfassung integriert; die Inseln unterstanden „der uneingeschränkten Herrschaft des Landesherrn“.4 Der Übergang unter preußische Herrschaft im Jahr 1744 ließ die Ämterstruktur in Ostfriesland unverändert. In den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jh. erlebte Ostfriesland mehrere Herrschaftswechsel: Ab 1807 zählte Spiekeroog zum Kgr. Holland, ab 1810 zum Kaiserreich Frankreich (Département Ems-Oriental, Arrondissement Jever, Kanton Esens), ab 1813 wieder zum Kgr. Preußen und ab 1815 zum Kgr. Hannover. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Spiekeroog 1866 erneut an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählt die Insel zum Lkr. Wittmund. Ursprünglich lag das Dorf auf Spiekeroog im Westen der Insel; vermutlich nach der Allerheiligenflut 1570 wurde es weiter nach Osten verlegt.5 Badegäste lassen sich auf Spiekeroog seit Ende der 1820er Jahre nachweisen, 1846 findet sich erstmals die Bezeichnung Seebad. 1928 lag die Zahl der Gäste bei 6.100, 1988 bei 58.720.6 Seit 1972 ist Spiekeroog anerkanntes Nordseeheilbad.7 1964 gab der Ortspastor an: „Die meisten Familien leben vorwiegend vom Fremdenverkehr. Dieser bietet zur Zeit eine sichere Einnahmequelle“.8 Im Jahr 1821 lebten knapp 125 Menschen auf Spiekeroog, 1905 gut 240, 1939 fast 550, 1950 etwa 780 und 2022 rund 840.
Zur vorref. Kirchengeschichte Spiekeroogs ist kaum etwas bekannt. Im Stader Copiar von 1420 ist die Insel nicht erwähnt, besaß seinerzeit also anscheinend keine Kirche. Im Jahr 1529 klagte Häuptling Balthasar Attena († 1540), feindliche Truppen hätten bei einem Überfall aus der „kerck Spiekeroch genomt de hilgen sacramente XIV hostien in dat sant geworpen un myt voeten getreden“ (wohl um 1524/25).9 Dies ist der älteste Beleg für eine Inselkirche. 1538 nahmen Bremer Truppen den Spiekerooger Pfarrer gefangen.10
Die ersten luth. Predigten im Harlingerland sollen die Pfarrer der Dörfer Burhafe, Dunum und Ardorf um 1525 gehalten haben.11 Der geldrische Statthalter Bernhard von Hackfort, der von 1532 bis 1538 in Esens aktiv war, bekämpfte die Ausbreitung der Reformation. Häuptling Balthasar Attena, der zum luth. Bekenntnis übergetreten war, setzte 1538 Magister Johann Fischbeck als Sup. seines Territoriums ein. Gemeinsam mit dem Wittmunder P. Johann Plücker (amt. nach 1511–1540) visitierte Sup. Fischbeck die Gemeinden des Harlingerlandes. Im Gegensatz zur Gft. Ostfriesland, wo sich ein Nebeneinander ref. und luth. Kirchspiele herausgebildet hatte, war die Reformation im Harlingerland allein luth. ausgerichtet. Die Patronate über die Pfarrstellen fielen dem Landesherrn zu – auch dies ein Gegensatz zur Gft. Ostfriesland, in der sich das Interessentenwahlrecht durchgesetzt hatte. Eine KO erhielt das Harlingerland erstmals 1573/74 von Gf. Erich von Hoya († 1575), der das Territorium seit seiner Heirat mit Armgard von Rietberg († 1584) im Jahr 1571 regierte. 1631 erarbeitete GSup. Michael Walther († 1662) eine neue KO für die luth. Gemeinden in der Gft. Ostfriesland, zu der das Harlingerland seit 1600 gehörte. Die 1716 veröffentlichte zweite Auflage dieser KO ist bis heute gültig.12
In seiner „General-Beschreibung des Harlingerlandes“ schrieb Balthasar Arend 1684, die Inselbewohner hätten früher „ihre Bräute nacher Werdum zur Kirchen bringen, auch ihre Kinder daselbst taufen lassen“ müssen.13 Da Spiekeroog 1538 noch einen eigenen Geistlichen besessen haben soll, ist diese Angabe wohl auf das spätere 16. Jh. zu beziehen, möglicherweise auf die Zeit nach der Allerheiligenflut 1570, als das Inseldorf vermutlich weiter nach Osten verlegt worden war: „Nach der Verlegung hatte das Dorf für Jahrzehnte keine Kirche mehr, es war klein und wohl sehr arm“.14 Arend berichtet zudem, die wenigen Inselbewohner – insgesamt 13 Haushalte – hätten mit Schulmeister Folkert im Jahr 1620 erstmals einen Lehrer angestellt, der „ihre Kinder unterrichtet und des Sonntags ihnen aus eine Postil das Evangelium fürgelesen“.15 Fünf Jahre später folgte der Bau eines Hauses, „darinnen gepredigt werden, ein Pastor wohnen und Schul gehalten werden konnte“.16 Der erste namentlich bekannte ev. Geistliche auf Spiekeroog ist P. Theodor Heinrich Jemannus (amt. 1630–1634). Zusammenfassend notierte Balthasar Arend über Langeoog und Spiekeroog: „weiln die Predigerdienste auf diesen Inseln fast schlecht und gering, so widerfähret diesen Predigern gemeiniglich die Gnade, daß sie von der hohen Herrschaft bald anders wohin zu ihrer Verbeßerung gesetzet werden, welche Hoffnung dann solche Prediger in solcher Einsamkeit unter ihren widersinnigen Zuhörern mehrmalen tröstet und aufrichtet“.17
Im Jahr 1696 zählte die Gemeinde Spiekeroog knapp 75 Menschen, die sich auf 18 Haushalte verteilten. In diesem Jahr wurde die kleine Inselkirche errichtet, die älteste erhaltene Kirche auf den ostfriesischen Inseln.18 Im Jahr 1713 folgte der Bau eines neuen Pfarrhauses, gleichzeitig verkaufte die Gemeinde das alte Schul- und Kirchhaus von 1625. In den Jahren 1807 bis 1822 war die Pfarrstelle der kleinen Inselgemeinde vakant. Seit 1822 erhielt die Pfarrstelle – ebenso wie jene auf den Inseln Juist, Norderney, Baltrum und Borkum – eine Zulage aus dem neu eingerichteten Kirchen- und Schulunterstützungsfonds.19
Aufgrund der wachsenden Zahl von Sommergästen lud der langjährige Inselpastor Ulfert Heinrich Janssen (amt. 1884–1931) etwa seit den 1890er Jahren während der Monate Juli und August sonntags sowohl zu einem Vormittags- als auch zu einem Abendgottesdienst ein.20 Spenden der Badegäste trugen auch zur Renovierung und Neugestaltung der Alten Inselkirche bei. P. Janssen setzte sich dafür ein, die kleine Kirche zu vergrößern und 1898 legte der Hannoveraner Architekt Karl Börgemann (1851–1938) zwei Entwürfe vor: Die Kirche sollte nach Westen verlängert werden und einen hohen Turm erhalten.21 Die Pläne scheiterten jedoch.22 Um 1910 entwarf P. Janssen einen Kirchenneubau im Stil eines Bauernhauses; das Gebäude sollte auch Wohnungen für Küster und Gemeindeschwester beherbergen. Auch diese Pläne kamen nicht zur Verwirklichung.23 Die Söhne von P. Janssen, Wilhelm und Theodor, gründeten 1926 einen Posaunenchor auf Spiekeroog.24 Seit 1931 fanden während der Sommermonate gelegentlich auch kath. Gottesdienste in der Inselkirche statt.
Während der NS-Zeit hatte P. Heinrich Reimers (amt. 1931–1941) das Pfarramt Spiekeroog inne. Er war neben seinem Pfarramt als Historiker aktiv und publizierte zur ostfriesischen Geschichte; u. a. hatte er 1930 die zitierte „General-Beschreibung des Harlingerlandes“ von Balthasar Arend herausgegeben. Zu den Auseinandersetzungen zwischen Deutschen Christen und Hannoverscher Bekenntnisgemeinschaft nahm P. Reimers keine Stellung, „weder für noch wider war von ihm ein Ton zu hören“.25 Über den 1933 neu gewählten heißt es im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“, er habe sich „durchweg aus durchaus kirchlich gesinnten auf dem Boden des ev.-luth. Bekenntnisses stehenden Männern“ zusammengesetzt.26 Im Bericht zur Visitation 1939 merkte der Esenser Sup an, einer der Kirchenvorsteher, der „Amtswalter in der NSDAP war, hat sein Amt in der Partei zur Verfügung gestellt, als man ihm zumutete, sein Kirchenvorsteheramt niederzulegen“.27 Allerdings sei mittlerweile „die Einigkeit stark geschädigt, die früher ein Ruhm der kleinen Inselbevölkerung war“. Während der Sommermonate fanden sonntags weiterhin zwei Gottesdienste statt, bei günstigem Wetter auch „in den Dünen […] weil die Kirche die Zuhörer nicht faßt“.28 Nach der Emeritierung von P. Reimers im Jahr 1941 blieb die Pfarrstelle vakant.
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter und der Einrichtung von Altersheimen stieg die Zahl der Gemeindeglieder von geschätzt 360 im Jahr 1939 auf rund 800 im Jahr 1946 an.29 Mit dem Ostgeistlichen P. Rudolf Sauerbrei (amt. 1946–1950, bis 1948 Pfarrverweser) erhielt die Gemeinde wieder einen eigenen Geistlichen. In der Nachkriegszeit erlebte Spiekeroog „durch den Aufschwung des Bades eine stürmische Entwicklung“.30 In den Unterlagen zur Visitation 1958 gab P. Ernst Arfken (amt. 1956–1965) an, wegen der mittlerweile über den Sommer hinaus ausgedehnten Saison sei die Kirche von „Anfang April bis Anfang Dezember überfüllt“. Erneut beschäftigte sich die Gemeinde mit der Planung eines Kirchenneubaus, der nun auch tatsächlich zur Ausführung kam: 1960/61 entstand nach Plänen des Emdener Architekten Hans Eschebach (1909–1982) die sogenannte Sommerkirche (auch Neue Evangelische Kirche); in ihrer äußeren Form erinnert sie ab ein friesisches Bauernhaus. Die Alte Inselkirche ließ die Gemeinde 1963 renovieren und nutzt sie ebenfalls weiter als Gottesdienststätte. Als dritte Kirche auf der Insel kam 1970 die kath. St.-Petrus-Kirche hinzu.31
Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche nahm die ev.-luth. KG Spiekeroog Kontakte zur Kirchgemeinde Leipnitz (südöstlich von Leipzig) auf.32 In den 1970er Jahren unterhielt die KG zeitweise einen kleinen ev. Kindergarten.33 Nördlich der Neuen Evangelischen Kirche ließ die Gemeinde 1980 ein Gemeindehaus errichten, das in den 1990er Jahren auch eine Bibliothek und einen Eine-Welt-Laden beherbergte.34 Im Bericht zur Visitation 1994 heißt es, auf Spiekeroog gebe es „nach wie vor viele Kur- und Erholungsheime. Von diesen wiederum sind viele in kirchlicher Trägerschaft“, deren Gäste „einen erheblichen Anteil der Urlaubergemeinde“ stellten.35
Im Jahr 2007 gründete sich die „Spiekerooger Stiftung. Evangelische Stiftung zum Erhalt und zur Förderung des kirchlichen Lebens auf Spiekeroog“. Satzungsmäßig fördert sie alle Bereiche „die dem kirchlichen Auftrag, also dem christlich verstandenen Gemeinwohl dienen“.36 Die Stiftung finanziert auch die Pfarrstelle mit.
Umfang
Insel Spiekeroog
Aufsichtsbezirk
Von 1631 bis 1643 unterstand Spiekeroog dem luth. Coetus in Esens und ab 1643 unmittelbar dem luth. Konsistorium in Aurich. Mit dem Erlass der Insp.-Ordnung für das Fsm. Ostfriesland kam die Gemeinde 1766 zur 7. luth. Insp. (Amt Esens; zwischen 1804 und 1818 umbenannt in 8. Insp., 1859/60 wieder 7. Insp.).37 1924 KK Esens. Der KK Esens schloss sich mit dem KK Wittmund zum 1. Januar 1974 zum neuen KK Harlingerland zusammen.38
Patronat
Der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau – Alte Inselkirche
Kleiner Rechteckbau mit Anbau im Westen, errichtet 1696. Satteldach, Ostgiebel bekrönt mit Kreuz; Anbau mit Pultdach. Backsteinmauerwerk, Giebeldreiecke verbrettert; geböschte Stützpfeiler an den Längsseiten. An den Längsseiten je drei segmentbogige Fenster, an der Ostseite zwei. Eingangsportal an Südseite des Anbaus. Im Innern flache Holzdecke, in der Mitte erhöht, bemalt mit Sternenhimmel; Querbalken (ursprünglich Deckenbalken) mit Inschriften: vom Schiff aus: „Heilig, Heilig, Heilig ist der Herr Zebaoth“ und „Alle Lande sind deiner Ehre voll“, von Altar aus: „Jesus Christus gestern und heute“ und „Derselbe auch in Ewigkeit“; im Deckenausbau Karo-Felder mit biblischen Symbolen (Kreuz, Herz, Anker, Palme, Lilie, Harfe); Wände vertäfelt und ornamental bemalt; Ostwand mit zwei Pilastern und gemaltem Spitzbogen mit Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen“; Westempore, Brüstungsfelder floral bemalt. 1840 Ost- und Westemporen eingebaut. Im 19. Jh. Westanbau errichtet (u. a. für Gemeindeboot).39 1901 Neugestaltung, u. a. Wände mit Holz vertäfelt, Decke erhöht, Neuausmalung (Maler Heinrich Sanders). 1963 Renovierung, u. a. östliches Fenster der Nordwand wieder geöffnet, Nordostempore entfernt. 1981–82 Sanierung.
Fenster
Im Osten zwei ornamental gestaltete Buntglasfenster mit den Symbolen der vier Evangelisten (1891), gestiftet von Badegästen (Prof. Carl Hammer, Prof. Ludwig Schleiermacher, Apotheker Dr. Paul Elliesen, alle Nürnberg). An der Südseite ein Buntglasfenster mit Bild einer Hansekogge (1896), Inschrift: „Gest[iftet] z[um] 200 Jahr Jvbilävm der Kirche v[on] Dr. H. Krvse in Bveckebvrg“. An der Südseite zwei ornamental gestaltete Buntglasfenster mit den Wappen Luthers und Melanchthons (1896), gestiftet von Brauereibesitzer von Waldthausen (Lübbecke). An der Nordseite zwei ornamental gestaltete Buntglasfenster (um 1901, Hans Hammer, München).
Turm
Über dem Westgiebel offener, hölzerner Dachreiter mit hohem, achtseitigem Kupferdach, erbaut um 1850/51.40 Bekrönt mit Kugel und Schwan.
Vorgängerbauten
1525 Kirche vorhanden, im ehemaligen Westdorf. Um 1625 Kirchen- und Schulhaus im neuen Ostdorf errichtet.
Ausstattung
Kastenförmiger Holzaltar mit neugotischem Retabel (um 1890), Sägearbeit, im Hauptfeld Gemälde des segnenden Christus’ (Maler Engels, Berlin); Altar 1963 durch älteres Retabel ersetzt, 1982 wieder aufgestellt. – Hölzerner Kanzel mit Schalldeckel (16. Jh.), polygonaler Kanzelkorb; Wandungen mit rundbogigen Doppelarkaden, bemalt mit floralen Motiven; Inschrift am Schalldeckel: „Din Wort is miner Voete Lvchte vnde ein Licht vp minem Wege. Psalm CXIX. Dat Wort vnseres Gades blivet ewichlich. Esai“; Inschriften am Kanzelkorb: „So iemandt myn Wort wert holden, der wert den Dodt nicht sehen. Johann V“ und „Salich sind de dat Wort Gades hören vnde bewahren Lucas XI“. – Pietà (15. Jh.), Holz, farbig gefasst; angeblich von einem Schiff der spanischen Armada von 1588.41 – Ehemaliges Altarbild (um 1700, Tafelgemälde), Abendmahlsdarstellung, darunter Inschriftentafel mit Einsetzungsworten des Abendmahls; bis etwa 1890 Altarbild, erneut von 1963–1982. – Sieben Tafelgemälde mit Aposteldarstellungen (um 1635), niederländische Bauernmalerei; die ursprünglich zwölf Gemälde 1883 an die Gesellschaft für Bildende Kunst und vaterländische Altertümer in Emden verschenkt, die sieben noch vorhandenen seit den 1930er Jahren wieder auf Spiekeroog; zeitweise an der Emporenbrüstung.42 – Opferstock (1676), Holz mit Metallbeschlägen. – Votivschiff (1790), gestiftet (und wohl gebaut) von den Schiffern Harm Ufken und Onnke Onnken (Kirchenvorsteher). – Votivschiff (1842), gestiftet (und wohl gebaut) von Steuermann Hilrich Sanders. – Kastengestühl.
Orgel
1837 kleine Orgel erworben, erbaut von Johann Gottfried Rohlfs (Esens), finanziert aus Bergeanteil eines Ende Dezember 1836 vor Spiekeroog gescheiterten Schiffs (mit Öl beladen).43 1883 Harmonium erworben. 1892 Orgelneubau, ausgeführt von Johann Diepenbrock (Norden), 6 I/aP, mechanische Traktur, Kegelladen. Orgelneubau 1961, ausgeführt von Rudolf Janke (Bovenden), 5 II/aP, mechanische Traktur, Schleifladen; Instrument aufgestellt ebenerdig an Nordseite des Altarraums (seit 1963).
Geläut
Eine LG, zwischen es’’ und e’’ (Bronze, Gj. 1851, Hero van Bergen und Claudius Fremy IV, Stiekelkamperfehn), Inschrift: „Gegossen für die Gemeinde Spiekeroog Anno 1851 durch H. van Bergen und Fremy zu Stiekelkamperfehn“; Glocke 2014 repariert, Firma Lachenmeyer (Nördlingen). – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. um 162544). Diese oder eine spätere Glocke nach Bau des Dachreiters zur jetzigen LG umgegossen.45
Kirchenbau – Neue Evangelische Kirche
Rechteckbau, im Westen geschwungener Innenhof mit überdachtem Umgang, errichtet 1960/61 (Architekt: Hans Eschebach, Emden). Weit herab gezogenes Satteldach, nach Osten abgewalmt. Backsteinmauerwerk. Westliche Giebelseite mit großem Fenster, im unteren Bereich bodentiefe Fensterfront zum Innenhof; querrechteckige Fenster an den Längsseiten. Eingang an der Nordwestecke. Im Innern offener Dachstuhl mit holzverschalten Deckenflächen.
Fenster
Nach Westen großes Buntglasfenster mit Dreieckssturz (Jesu Einzug in Jerusalem); im Altarraum kleineres Buntglasfenster (Sturmstillung); an den Längsseiten querrechteckige Buntglasfenster (1960/61, Heinz Lilienthal, Bremen-Lesum).
Turm
Vor der Nordwestecke vierseitiger Turm, nach oben hin verjüngt, einbezogen in Umgang des Innenhofs. Vierseitiges Pyramidendach, bekrönt mit Kugel und Schwan. Backsteinmauerwerk. Im Glockengeschoss je eine hochrechteckige Schallöffnung.
Ausstattung
Tischaltar, zweiteiliger, gemauerter Stipes, Mensa aus Sandstein. – An der Altarwand Mosaik (1960/61), Christus sowie die fünf törrichten und die fünf klugen Jungfrauen. – Leicht erhöhte Kanzel, polygonaler Kanzelkorb mit Wandungen aus Holz. – Schlichte Sandsteintaufe.
Orgel
Orgelneubau 1964/65, Rudolf Janke (Bovenden), 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen, vier der Register lediglich Diskant; Instrument aufgestellt rechts vor dem Altarraum.
Geläut
Fünf LG, I: h’ (Bronze, Gj. 1961, Gebrüder Bachert, Bad Friedrichshall-Kochendorf); II: cis’’ (Bronze, Gj. 1952, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg); III: dis’’ (Bronze, Gj. 1961, Gebrüder Bachert, Bad Friedrichshall-Kochendorf); IV: fis’’ (Bronze, Gj. 1961, Gebrüder Bachert, Bad Friedrichshall-Kochendorf); V: gis’’ (Bronze, Gj. 1961, Gebrüder Bachert, Bad Friedrichshall-Kochendorf). Zwei SG, I: ais’’ (Bronze, Gj. 1963, Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei Carl Metz); II: h’’ (Bronze, Gj. 1963, Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei Carl Metz); SG hingen ursprünglich in den östlichen Schallöffnungen, um 2012/13 abgenommen. – Früherer Bestand: Eine SG, a’’ (Bronze, Gj. 1963, Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei Carl Metz), 1979 nach Eschede, KK Celle, als SG ausgeliehen (Dauerleihgabe). Eine SG, e’’ (Bronze, Gj. 1921, Gebrüder Bachert, Kochendorf), Teil des Glockenspiels, dass die fünf LG und drei SG der Kirche seit 1963 bildeten (vollständige H-Dur-Tonleiter), Glocke wohl seit 1963 auf Spiekeroog; Glockenspiel 1977 nicht mehr in Funktion; Glocke 2012/13 abgenommen, 2015 verkauft an die St.-Georg-KG Freden, dient dort als SG.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1959). – Gemeindehaus (Bj. 1980).
Friedhof
Ehemaliger kirchlicher Friedhof bei der alten Inselkirche, genutzt bis etwa 1911, Grabsteine des 18. Jh. erhalten. – Drinkeldodenkarkhoff, nördlich des Gemeindehauses, 1854 angelegt, nachdem das Auswandererschiff Johanne vor Spiekeroog gesunken war. Kirchlicher Dünenfriedhof, gut 250 Meter nordwestlich der alten Inselkirche, angelegt 1911, FKap.
Liste der Pastoren (bis 1940)
1630–1634 Theodor Heinrich Jemannus. – Nach 1634 Valentinus … – 1647 Hajo Ihnen. – 1647–1648 Magister David Wagentrotz. – 1648–1675 Hajo Ihnen. – 1675–1680 Heinrich von Ravensberg. – 1681–1687 Johannes Robe. – 1687–1688 Heinrich Christian Dücker. – 1688–1712 Gerhard von Langen. – 1712–1713 Paul Erich Colditz. – 1713–1718 Erdmann. – 1718–1728 Johann Hinrich Brüggemeyer. – 1728–1736 Johann Rudolph Hagius. – 1735–1750 Johann Martin Kühn. – 1750–1771 Adrian von der Mark. – 1771–1783 Georg Christian Menssen. – 1783–1784 Michael Pelster. – 1784–1794 Hillard Christian Coß. – 1795–1805 Hermann Gerjets. – 1806–1807 Peter Christian Schultz. – 1822–1827 Joachim Albertus Molter. – 1827–1837 Friedrich Wilhelm Heinen. – 1837–1845 Diedrich Anton von Nordheim. – 1845–1849 Ulfert Heinrich Janssen. – 1849–1859 Johann August Hieronymus Doden. – 1859 Karl Friedrich Ennen. – 1860–1863 Franz Karl Eberhard Kruse. – 1863–1867 Dr. Heinrich Karl Eduard Harms. – 1868–1874 Folkert Janssen Folkerts. – 1874–1876 Uptet Janssen Siuts. – 1876–1883 Johann Volkmar Nellner. – 1884–1931 Ulfert Heinrich Janssen. – 1931–1941 Dr. Louis Carl Heinrich Reimers.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 383–384
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 5 Nr. 223 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 7710–7712 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 126, 402 (CB); A 9 Nr. 2818 (Visitationen); A 12d Nr. 116, 434 (GSuptur. Aurich); D 54 (EphA Esens); L 5i, Nr. 85, 183, 322, 323, 556, 787, 831 (LSuptur. Aurich); S 09 rep Nr. 2044 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7648 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1721 (Lücken: 1804, 1813, 1814; unvollständig: 1749)
Trauungen: ab 1719 (Lücken: 1811–1814, 1821, 1822)
Begräbnisse: ab 1750 (Lücken: 1812–1814)
Kommunikanten: ab 1718 (Lücken: 1746–1750, 1811–1817, 1821)
Konfirmationen: ab 1809 (Lücken: 1811–1822, 1824, 1825, 1828; Erstkommunikanten: 1718–1820 [Lücken: 1785, 1787, 1788, 1791, 1793–1798, 1800, 1803–1819])
Literatur & Links
A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1214; Fastenau, Bau- und Kunstdenkmäler IV, S. 230–233, S. 277; Houtrouw, Ostfriesland II, S. 407–410; Kaufmann, Orgeln Ostfrieslands, S. 215; Mithoff, Kunstdenkmale VII, S. 176; Meyer, Pastoren II, S. 383–384; Otte/Rohde, Ostfriesland II, S. 536–542; Rauchheld, Glockenkunde, S. 57; Reershemius, Predigerdenkmal, S. 463–465; Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 200–208; Voß & Hafner, Prediger-Denkmal, S. 27–30.
B: Joachim Breithaupt, Carsten Heithecker, Meppe Popken, Manfred Rebstadt & Konrad Sauerbeck: Alte Inselkirche Spiekeroog. 1696–1996, Wittmund ³2001; Walter Deeters: Heinrich Reimers, in: BLO III, S. 351–358 [Digitalisat]; Heiko Janssen: Die Alte Inselkirche auf Spiekeroog. Betrachtungen, Esens, um 1981; Ludwig Janssen: Die Familien der Kirchengemeinde Spiekeroog (1669–1958) (= Ostfrieslands Ortssippenbücher 2), Aurich 1961 (ND Aurich 2009); Johann Meyer-Deepen: Spiekerooger Kirchenbaupläne um die Jahrhundertwende in: Ostfreesland. Kalender für Jedermann 67 (1984), S. 162–165; H. Meyer-Deepen & M. P. D. Meijering: Spiekeroog, Spiekeroog um 1970; Ernst Richter: 300 Jahre Insel- und Schifferkirche Spiekeroog, in: Harlinger Heimatkalender 47 (1996), S. 37–44; Peter Roterberg: Die Nordseeinsel Spiekeroog. Vom Fischerdorf zum Nordseeheilbad Hamburg ²1989.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Ausstattung Kirche; Historische Ortsdatenbank für Ostfriesland (https://bibliothek.ostfriesischelandschaft.de/hoo/): Ortsartikel Spiekeroog (.pdf).
GND
10129199-1, Ev.-Luth. Kirchengemeinde (Spiekeroog); 4436045-9, Inselkirche (Spiekeroog).
Website der Kirchengemeinde (22.09.2023)
Weitere Bilder
Fußnoten
- Ostfriesisches UB I, Nr. 167. Vgl. auch Meyer-Deepen & Meijering, S. 51 ff.
- Ostfriesisches UB I, Nr. 597.
- Ostfriesisches UB I, Nr. 692. Vgl. Salomon, Geschichte, S. 142 ff.
- König, Verwaltungsgeschichte, S. 194 ff., zu Spiekeroog bes. S. 204.
- HOO, Artikel Spiekeroog; Meyer-Deepen & Meijering, S. 39.
- HOO, Artikel Spiekeroog; Meyer-Deepen & Meijering, S. 121 ff.; Roterberg, S. 80.
- Roterberg, S. 26.
- LkAH, L 5i, Nr. 322 (Visitation 1964).
- Zit. bei Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 202, Anm. 2. Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 9.
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 9; Meyer-Deepen & Meijering, S. 54.
- Vgl. zum Folgenden: Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 357 ff.; Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 155 f.
- Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 321. Die ostfriesischen Landesherren führten die KO von 1631 jedoch nie verbindlich für alle Gemeinden ein.
- Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 203.
- Meyer-Deepen & Meijering, S. 54.
- Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 202.
- Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 202.
- Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 209.
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 11.
- Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 433.
- Meyer-Deppen, S. 162.
- Entwürfe: Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 32; Meyer-Deppen, S. 163 f.
- Meyer-Deppen, S. 164: „Der große Turm, so argumentierte man, erdrückt die kleine Kirche und nimmt ihr den vertrauten Stil. Auch […] werden nur 50 Sitzplätze gewonnen, die langfristig sich wieder als zu wenig erweisen werden.“
- Entwurf: Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 34; Meyer-Deppen. S. 165.
- Rotenberg, S. 44 f.
- Deeters, S. 351 ff. [online].
- LkAH, S 1 H III, Nr. 1013, Bl. 10. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- Dies und das folgende Zitat: LkAH, L 5i, Nr. 85 (Visitation 1939).
- LkAH, L 5i, Nr. 85 (Visitation 1939).
- LkAH, S 1 H III, Nr. 1013, Bl. 10; LkAH, L 5i, Nr. 85 (Visitation 1946). Die Zahlen zu 1939 variieren stark: Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ ist 360 angegeben, P. Reimers nannte in den Unterlagen zur Visitation 1939 „etwa 450“ (mit Kurbediensteten: 525), vgl. LkAH, L 5i, Nr. 85 (Visitation 1939).
- LkAH, L 5i, Nr. 322 (Visitation 1958).
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 35 ff.; Roterberg, S. 34.
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 41. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- LkAH, L 5i, Nr. 322 (Visitation 1976).
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 39.
- LkAH, L 5i, Nr. 323 (Visitation 1994).
- Satzung der Spiekerooger Stiftung, §2,2 (http://spiekeroogerstiftung.de/wp/?page_id=66, 26.09.2023).
- Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 684.
- KABl. 1974, S. 34.
- Meyer-Deepen & Meijering, S. 70.
- LkAH, A 8, Nr. 402 [Digitalisat, Aufnahme 7].
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 23; Richter, S. 39; Janssen, Inselkirche, S. 10; Meyer-Deepen & Meijering, S. 54 f. Auch die Kanzel und die Apostelbilder sollen laut mündlicher Überlieferung von einem Schiff der Armada stammen, was jedoch eher fraglich erscheint.
- Breithaupt, Heithecker, Popken, Rebstadt & Sauerbeck, S. 23.
- Kaufmann, Orgeln Ostfrieslands, S. 215.
- Reimers, Arends Landesbeschreibung, S. 202.
- LkAH, A 8, Nr. 402 [Digitalisat, Aufnahme 7].