Sprengel Stade, KK Bremervörde-Zeven | Patrozinium: Gallus (oder Johannes?)1 | KO: Keine Kirchenordnung
Orts- und Kirchengeschichte
Mit Thietmarus der Rothe ist Rhade erstmals in einer undatierten Urkunde aus der Zeit um 1219 als Herkunftsname belegt.2 Der Ort war Sitz der Adelsfamilie von Rhade bzw. Rahden, die ihre Güter in der zweiten Hälfte des 13. Jh. überwiegend als Lehen der Gf. von Oldenburg besaßen. 1336 verloren sie ihre Besitzungen an den Ebf. von Bremen.3 Rhade gehörte seither zum Erzstift Bremen, dem weltlichen Territorium der Bremer Erzbischöfe. Die Gerichtsbarkeit in der Börde Rhade lag seit dem Spätmittelalter beim adligen Gericht Hanstedt (Patrimonialgericht der Familie von Issendorff, Nieder- und hohe Gerichtsbarkeit).4 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) blieb das Gebiet der säkularisierten Hochstifte Bremen und Verden unter schwedischer Herrschaft (vereinigte Herzogtümer Bremen-Verden). Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) besetzte Dänemark 1712 die Hzm. Bremen und Verden und 1715 konnte das welfische Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) die beiden Territorien erwerben (1719 von Schweden gegen weitere Zahlung anerkannt). Das Patrimonialgericht Hanstedt war seit 1728 dem Amt Zeven zugeordnet.5 In französischer Zeit zählte Rhade im Jahr 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und kam dann an das Kaiserreich Frankreich (Département des Bouches du Weser, Arrondissement Bremen, Kanton Ottersberg, 1811–1814). Ab 1815 war Rhade, nun im Kgr. Hannover, erneut Teil des restituierten Patrimonialgerichts Hanstedt (geschlossenes Gericht); 1850 wurde es aufgehoben und Rhade kam zum Amt Zeven.6 Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel der Ort 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Rhade zum Kr. Zeven, der 1932 in den Lkr. Bremervörde eingegliedert wurde; dieser wiederum ging 1977 im Lkr. Rotenburg (Wümme) auf. 1974 wurde Rhadereistedt eingemeindet; im gleichen Jahr trat die Gemeinde der Samtgemeinde Selsingen bei. Zur Sozialstruktur des Kirchspiels schrieb der Ortspfarrer 1963: „Der größere Teil der Gemeinde lebt von der Landwirtschaft, jedoch haben sich auch in den größeren Dörfern viele Arbeiter, die entweder bei hiesigen Handwerkern oder aber auch in der Stadt tätig sin, angesiedelt.“7 Um 1810 lebten knapp 200 Menschen in Rhade, 1910 etwa 395 und 2023 knapp 1.080 (mit Rhadereistedt, 1810: 165, 1910: 280).
In einem Verzeichnis der Güter, die Conrad von Rhade als Lehen der Oldenburger Grafen besaß, ist um 1273/78 erstmals eine capellen in Rhode schriftlich belegt.8 Einige Jahrzehnte später besaß die ehemalige Kapelle den Status einer Pfarrkirche: 1336 verzichteten die Brüder Dithmarus, Lippoldus, Fridericus und Engelbertus de Rhade sowie Dithmarus’ Sohn Arnoldus auf ihre Rechte an den Gütern des Rhader Pfarrers (in bonis rectoris ecclesie in Rhade). In der Urkunde heißt es überdies, die genannte Kirche sei von ihren Vorfahren gegründet und dotiert worden (dicta ecclesia a primis progenitoribus est instaurata et dotata).9 Dementsprechend übte die Familie von Rahden das Patronat über die Rhader Kirche aus. In der Zeugenliste einer Urkunde aus dem Jahr 1359 ist erstmals der Name eines Pfarrer überliefert: her Johan van Hutflete, kerchere to Rode.10 1388 ist erneut ein Her kerkhere van Roede urkundlich belegt, sein Name bleibt jedoch ungenannt.11 Ein Güterverzeichnis der Pfarre Rhade, aufgestellt wohl um 1400 und überliefert in einer Abschrift aus der ersten Hälfte des 16. Jh., legt nahe, dass die Rhader Kirche dem hl. Gallus gewidmet war.12 In einem Protokoll aus dem Jahr 1437 hingegen ist „S. Johannes tho Rahde“ erwähnt.13 Zur Ausstattung der Pfarre gehörten „etwa elf bäuerliche Stellen mit ihren Abgaben […] außerdem […] noch verschieden Abgaben von einzelnen Höfen“.14 Das Güterverzeichnis erwähnt zudem eine Bruderschaft des Täufers an der Rhader Kirche (fraternitas sancti Johannis baptiste).
Im Zeitalter der Reformation regierte mit Ebf. Christoph von Braunschweig-Lüneburg (amt. 1502–1558) zunächst ein entschiedener Gegner der luth. Lehre im Stift Bremen (und gleichzeitig im Stift Verden). Trotzdem fasste der Protestantismus während seiner Regierungszeit Fuß in den Gemeinden des Erzstifts.15 Ebf. Christophs Bruder und Nachfolger in beiden Bistümern, Ebf. Georg (amt. 1558–1566), duldete den neuen Glauben. Der Bremer Ebf. Heinrich III. von Sachsen-Lauenburg (amt. 1567–1585) schließlich war Protestant, verfolgte jedoch eine vorsichtige Kirchenpolitik; zur Einführung einer ev. Kirchenordnung kam es während seiner Amtszeit nicht. Im Erzstift Bremen hat sich, zugespitzt formuliert, „eine allmähliche Reformation“ vollzogen, „die meistens auf Gemeindeebene begann“.16
Die Pfarre Rhade war in der ersten Hälfte des 16. Jh. im Besitz von P. Johann Caroli, Hofprediger des Bremer Ebf. Christoph. Er versah den Pfarrdienst in Rhade nicht selbst, sondern hatte ihn dem Kaplan Hermann von Angelbeck übertragen. Nachdem P. Caroli gestorben war, übernahm P. Hermann von Angelbeck (amt. bis 1565) das Pfarramt; er gilt als der erste luth. Prediger in Rhade.17 Sein Nachfolger, P. Jost Beer (amt. 1566–1585), übte das Pfarramt ebenfalls nicht selbst aus; den Pfarrdienst in Rhade versah der ehemalige Mönch Hadrianus Bogelius, der erstmals 1570 als Pastor in Rhade genannt ist.18 Das Pfarramt hatte er seit 1586 inne (bis 1608).
Auch in nachref. Zeit behielt die Familie von Rahden das Patronatsrecht über die Rhader Kirche; für die Belehnung mit den Pfarrgütern „verlangten die Patronatsherren von jedem neuen Amtsinhaber hohe Geldzahlungen, ein im Erzstift und späteren Herzogtum Bremen einmaliger Fall“.19 Bei P. Christopher Bogelius später Crachtboegel (amt. 1606/08–1625), der das Pfarramt von seinem Vater übernahm, betrug diese Lehnware 140 Reichsthaler.20 Gleichzeitig sagte Patron Johann von Rhade zu, die Pfarre nach Crachtboegels Tod seinem Sohn, falls „der darzu tüchtig wäre“ zu übertragen oder – sollte „dar kein Sohn vorhanden sein“ – seinem Schwiegersohn.
Der 1647 eingestellte Küster Gerd Beye ist gleichzeitig der erste namentlich bekannte Lehrer des Kirchspiels.21 Sein Name ist auch auf der ehemaligen Rhader Glocke aus dem Jahr 1649 genannt, die heute in Hanstedt hängt. Gleichzeitig mit Küster Beye trat auch P. David Petri (amt. 1647–1673) sein Amt an. Der Turm der Kirche lag seinerzeit in Trümmern; die Gemeinde sammelte bereits zur „reaedification des verwüsteten abgebranten Thurms“ und 1649 war er wiederhergestellt und erhielt ein neues Geläut aus drei Glocken.22 Im Jahr 1691 zerstörte ein Dorfbrand auch das Pfarrhaus und vernichtete Dokumente des Pfarrarchivs.23
In die Amtszeit von P. Hinrich Otersen (amt. 1750–1773) fiel 1768/69 der Neubau der Kirche. Die mittelalterliche Vorgängerin befand sich in einen Zustand, „daß alle Ausbesserung daran vergebens war, und sie täglich einen jähen Einsturz drohete“.24 Am Sonntag Judica 1769 weihte die Gemeinde ihre neue Kirche ein.25 Ende des 18. Jh. zählte die Parochie Rhade etwa 1.000 Gemeindeglieder.26 Bereits 1811 brannte sie vollständig aus; das Feuer, ausgelöst durch einen Blitzeinschlag, zerstörte zudem einen Großteil des Dorfes. P. Christian August Caulier (amt. 1803–1834) entwarf den Wiederaufbauplan für das Dorf Rhade.27 Wohl 1815 begannen die Arbeiten zum Wiederaufbau der Kirche und am Reformationstag 1817 (31. Oktober) konnte die Gemeinde ihr neues Gotteshaus einweihen.
Seit 1822 feiert die Gemeinde Rhade jährlich am 10. August einen Lobetagsgottesdienst, da der Ort am 10. August 1821 ein schweres Unwetter ohne Schaden überstanden hatte.28 Im Jahr 1881 konstituierte sich im Kirchspiel Rhade ein Missionsverein, der „durch freiwillige Gaben das segensreiche Werk der Hermannsburger Mission“ erhalten und fördern wollte.29 Lobetag und Missionsfest wurden spät6er verbunden.30 P. Ernst Heinrich Georg Cammann (amt. 1882–1909) zählte 1887 zu den Mitgründern des Posaunenchors Rhade (1989: „Der Posaunenchor war schon immer in Rhade ein[e] Säule der Gemeinde“).31 1906 vergrößerte sich das Gemeindegebiet um die Ortschaft Ostereistedt mit Wennebostel und Schohöfen (vorher KG Selsingen).32 1913 wechselte Karlshöfenerberg zur KG Gnarrenburg (1949 folgte auch Karlshöfen, da der Weg nach Gnarrenburg kürzer war als der nach Rhade).33 Im Jahr 1919 richteten Kirchengemeinde und kirchlicher Frauenverein eine Gemeindeschwesternstation ein, in der die Diakonisse Charlotte Dürre aus Lübeck arbeitete.34
Währen der NS-Zeit hatte P. Friedrich Johann Annacker (amt. 1909–1945) das Pfarramt Rhade inne. Kirchenpolitisch gehörte er nach den Angaben im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ zur Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft.35 Zur Neuwahl des KV 1933 heißt es, die NSDAP habe „eine harmlose Wahlversammlung“ veranstaltet, die keinen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis gehabt habe: „Drei Kirchenvorsteher (nicht Pg.) wiedergewählt; von den 4 neugewählten 3 Pg., 1 Nicht-Pg. Deutscher Christ war keiner.“36 Die kirchliche Schwesternstation übernahm die NSV.
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder von 2.200 im Jahr 1939 auf 3.500 im Jahr 1949 an und sank bis 1957 auf 2.635. 37 In der Nachkriegszeit übernahm die KG erneut die Trägerschaft der Schwesternstation (1974 fusioniert mit Schwesternstation Selsingen). Die Gemeinde war seit 1959 Mitglied im Ev.-luth. Förderverband für das Martin-Luther-Krankenhaus Zeven.38 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche hatte die St.-Gallus-KG Rhade in den 1950er Jahren Kontakte zur Kirchgemeinde Tannenbergsthal im Vogtland geknüpft; ab 1990 lebte die Partnerschaft wieder auf.39
Nach der Visitation 1949 hatte der Sup. des KK Bremervörde angemerkt, „Hermannsburger Frömmigkeit“ sei in Rhade noch weithin verbreitet und die KG sei neben Selsingen die kirchlichste im Aufsichtsbezirk; es gelte „in dieser Hermannsburger Gemeinde jetzt in der vierten Generation das Erbe der Väter zu wahren und zu verlebendigen“.40 1981 heißt es: „Im gottesdienstlichen Geschehen schlägt das Herz der Rhader Kirchengemeinde“; Die „üblichen Formen der Gemeindearbeit – wie Jugendgruppen- und Männerarbeit“ hingegen waren „schwach ausgebildet“.41 P. Ernst Schönbohm (amt. 1948–1982) verstand den „Gottesdienst als Deutsche Messe“, trug Chorhemd und Stola über dem Talar und hatte für die Osternachtgottesdienste einen liturgischen Chor gegründet (Schola).42 Während der Amtszeit von P. Bernd Feise (amt. 1982–1987) sang die Schola in jedem Gottesdienst, zu dem stets eine Abendmahlsfeier gehörte. P. Feise führte den weißen Talar (Albe) mit Kasel und Stola ein und das sonntägliche Abendmahl war auch Mitte der 1990er Jahre noch üblich.43 Mit Hauskreisen und Jugendarbeit intensivierte sich Ende der 1980er Jahre die gemeindliche Arbeit außerhalb des Gottesdienstes; 1990 gründete sich ein Förderkreis für ev. Jugendarbeit.44
Seit 2005 unterstützt die „St. Gallus Stiftung im Kirchspiel Rhade“ das kirchliche Leben in den Kirchspieldörfern.45
Umfang
Rhade sowie Balkenwede, Ehebrock, Flötenkiel, Forstort Anfang (bis 1934 teilweise KG Gnarrenburg46) Glinstedt, Hanstedt, Ostrhade und Rhadereistedt, außerdem Ostereistedt mit Schohöfen und Wennebostel (bis 1906 KG Selsingen47). Bis 1949 auch Karlshöfen (dann zur KG Gnarrenburg).48 Bis 1913 auch Karlshöfenerberg (dann zur KG Gnarrenburg).49
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Sottrum der Diözese Verden.50 – Seit der Gründung des Kons. Stade 1651/52 gehörte Rhade zur Präpositur Zeven-Ottersberg. Bei der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden kam Rhade 1827 zur Insp. Zeven, Sitz der Suptur war nacheinander in Zeven (1828–1832), in Rhade (1832–1834), in Selsingen (1835–1874) und ab 1874 fest in Zeven.51 1924 KK Zeven, dieser 1940 aufgehoben und eingegliedert in den KK Bremervörde52, etwa 1957 umbenannt in KK Bremervörde-Zeven.
Patronat
Familie von Rahden, 1722 in männlicher Linie ausgestorben. Erbtochter Margarethe Dorothea Maria von Rahden (1715 verheiratet mit Simon de Monbrun, 1736 verheiratet mit Adam Ernst von der Decken) übte das Patronat noch 1750 aus.53 1752 verkaufte die Familie das Patronat an Johann Friedrich von Mackphail auf Gut Hanstedt; Seither befand sich das Patronat in der Hand des jeweiligen Gutsbesitzers.54 1815/16 verkauften die Besitzer des Gutes Hanstedt das Patronat an das Konsistorium Stade und es fiel damit an den Landesherrn (bis 1871).55
Kirchenbau
Rechteckige, fünfachsige Saalkirche mit Sakristeianbau im Osten, erbaut 1815–17 (auf den Grundmauern des Vorgängerbaus). Satteldach, nach Osten abgewalmt, ebenso über der Sakristei. Verputztes Ziegelmauerwerk. Segmentbogige Sprossenfenster an den Längsseiten. Rechteckportal nach Süden, Sonnenuhr an der Südwestecke. An der Sakristei Rechteckfenster und Eingang nach Osten. Im Innern verputztes, segmentbogiges Tonnengewölbe, u-förmige, geschwungene Emporenanlage auf hölzernen Säulen. An der Ostwand figürliches Relief (1964) „Ausgießung des Heiligen Geistes“. 1963/64 Renovierung und Umgestaltung Innenraum, u. a. Emporen im Altarraum entfernt, Kanzelaltar entfernt.
Turm
Neuromanischer, vierstöckiger Westturm, kupfergedeckter Helm mit vierseitigem Ansatz und achtseitig ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn, erbaut 1844.56 Backsteinmauerwerk, gegliedert mit Ecklisenen und Gesimsen, verziert mit Blendnischen. Im Glockengeschoss nach Norden, Süden und Westen je ein dreiteiliges, rundbogiges Schallfenster in Rundbogennische, im Westen und Süden mit Uhrziffernblatt davor; nach Osten Rundbogenöffnung mit Uhrschlagglocke. Im dritten Geschoss je ein Kreisfenster nach Norden, Süden und Westen, im zweiten je ein zweiteiliges Rundbogenfenster in Rundbogennischen, im Erdgeschoss rundbogige Blendnischen nach Norden und Süden, Rundbogenportal nach Westen. 1888 neue Turmuhr (J. F. Weule, Bockenem). 1895 Schäden nach Blitzeinschlag. 1956/57 Neudeckung Turmhelm (Kupfer).
Fenster
Rundes Buntglasfenster in der Turmhalle. Vorgängerbauten: Mittelalterliche Kirche, erwähnt 1336, rechteckiger Saalbau. 1649 Kirchturm erneuert oder neu errichtet.57 Vor 1700 Turmuhr angeschafft.58 1720 neuer Außenanstrich (rotbraun).59 1748 Turm erneuert (Jahreszahl in Wetterfahne), achteckig, im oberen Teil Fachwerk.60 1768 Kirche wegen Baufälligkeit abgebrochen.61 1768/69 neue Kirche errichtet (Architekt: Johann Ludolph Grüttner, Bremen), 44 Fuß breit, 80 Fuß lang, „hat einen gewölbten getäfelten mit Gips überzogenen Boden, der Fußboden ist unter den Stühlen mit Feldsteinen gepflastert, und in den Gängen mit Fliesen belegt“.62 1811 Kirche ausgebrannt.
Ausstattung
Blockaltar. – Leicht erhöhte Holzkanzel mit polygonalem Kanzelkorb. – Sandsteintaufe (1964), achtseitiges und kelchförmiges Becken, runder Schaft. – In der Turmhalle Wandrelief mit Inschrift: „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten. Er ist nicht hier. Er ist auferstanden“. – Ehemalige Ausstattung: Kanzelaltar (1870), gestaltet nach dem Kanzelaltar der 1768/69 erbauten Kirche; 1964 entfernt.63
Orgel
Beim Neubau der Kirche 1768/69 Orgelempore erbaut, aber keine Orgel.64 1853 Bau der ersten Orgel, ausgeführt von Peter Tappe (Verden), 10 I/P, mechanische Traktur, Patentladen, eingeweiht am 15. August 1853; Instrument gestiftet von den Gebrüdern Möller (New York).65 1881 Umbau und Erweiterung, Johann Hinrich Röver & Söhne (Stade), 13 II/P, mechanische Traktur, Registerkanzellenladen.66 1907 Erweiterung des Oberwerks um vier Register, P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 17 II/P, mechanische und pneumatische Traktur, Registerkanzellenladen. Um 1953 Orgelneubau, ausgeführt von Paul Ott (Göttingen), 24 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen, Pfeifenmaterial von 1853 wiederverwendet. 2004 Instandsetzung, Harm Kirschner (Weener)
Geläut
Fünf LG, I: e’, Christusglocke, Inschrift: „Ich bin das A und O, der Anfang und das Ende. Ja, ich komme bald, Amen, ja komm Herr Jesu“; II: a’, Betglocke, Inschrift: „Betet ohne Unterlaß“; III: h’, Sterbeglocke, Inschrift: „Trachtet nach dem, was oben ist“; IV: d’’, Trauglocke, Inschrift: „Dienet dem Herrn mit Freuden“; V: fis’’, Taufglocke, Inschrift: „Aus Gnade seid ihr selig geworden“ (alle Bronze, Gj. 1958, Firma Rincker, Sinn). Eine SG, h’’ (Bronze, Gj. 1958, Firma Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: Angeblich eine LG (Bronze), zwischen 1554 und 1571 abgegeben an das Kloster Zeven, dafür zwei LG (Bronze) aus dem Kloster erhalten.67 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) drei neue Glocken gegossen (Bronze, Gj. 1649, Claudius Voilo und Gottfried Baulard, Lothringen), Glocken in Rhade gegossen,, I: Inschrift: „Anno Christi 1649. Ad templum domini sponte properate fideles vos etenim clara voce sonante voco“ (Im Jahre Christi 1649. Eilt willig zum Tempel des Herrn, ihr Gläubigen, denn ich rufe euch mit lauter und schallender Stimme) und „Sooft ihr meine Stimme hört, verfüget euch an diesen Orth, besuchet gerne Gottes Haus: weh der muthwillig bleibet aus. Maister Claudius Voito et Maister Gottfried Baulard aus Lothringen me fecerunt“; II: Inschrift etwa: „Anno 1649 sind diese beiden Glocken wieder umbgegossen. Maister Claudius Voito et Maister Gottfried Baulard. Ecce hoc anno utraque campana salvatore auxilia ne vice tertia renovatur“ (vielleicht: Siehe, diese beiden Glocken sind mit Hilfe des Heilands zum dritten Mal erneuert)68; III: Inschrift: „Anno Domini 1649 hat das Kirchspiel Rhade auf des Pastoren Befordervng avch die dritte Glocke giessen lassen, den aller gvten Dinge sint drey. H[err] David Petri Pastor, Cordt Schroder, Clavs Bockman, Gevert Kvcks, Hinrich Brehovet Ivraten. Gerdt Beye Cvster“, Glocke I und II bei Kirchenbrand 1811 zerstört, Glocke III kam um 1819 nach Hanstedt (sie wurde im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, nicht eingeschmolzen, 1948 zurückgegeben und hängt seitdem wieder in einem Glockenträger in Hanstedt).69 Zwei LG (beide Bronze, Gj. 1819, Anton Keller, Tostedt), I: Inschrift: „Christian August Caulier Pastor. H. Denker, I Wintien, L. Vagts Iuraten Anno 1819“ und „Ein wildes Feuer gab dir Tod, ein edlers gab dir wieder Leben. Nun sollst du oft zu unserm Gott das Herz in stiller Andacht heben, versammeln sollst du die Gemeine, dasz sie in Liebe sich vereine zum Lobgesang, zum frommen Sinn, zum Trost wenn alles welkt dahin, einstimmen sollst du in die Klänge der Witwe, der Verweisten Schmerz, doch dasz ihr Herz nicht ganz verzage sollst du es ziehen himmelwärtz“; II: Inschrift: „Christian August Caulier Pastor. H. Denker, I. Wintien, L. Vagts Iuraten Anno 1819“ und „In templum domini sponte properate fideles vos etenim clara voce sonante voco“ (Eilt willig zum Tempel des Herrn, ihr Gläubigen, denn ich rufe euch mit lauter und schallender Stimme); große Glocke im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, kleine Glocke umgegossen zu einer neuen LG (Bronze, Gj. 1930), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.70 Eine LG, g’ (Bronze, Gj. 1923, Firma Radler, Hildesheim), 1959 beim Guss des neuen Geläuts eingeschmolzen und wiederverwendet. Eine SG (Bronze), wohl im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. – Außerdem sind 1942 jeweils eine Glocke aus Glinstedt, Karlshöfen und Rhadereistedt zu Rüstungszwecken abgegeben worden, sie wurden nicht eingeschmolzen und 1948 zurückgegeben; Glocke Glinstedt (Bronze, Gj. 1496), Inschrift: „anno d[o]m[ini] m cccc xc vi gardrut ik hete“, Glockenträger bei der Feuerwehr; Glocke Karlshöfen, b’’ (Bronze, Gj. Anfang 19. Jh., Johann Philipp Bartels II (?), Bremen), Inschrift: „Bartels Bremen“, Glockenträger bei der Feuerwehr; Glocke Rhadereistedt (Bronze, Gj. 1753, Johann Philipp Bartels, Bremen), Inschrift: „Anno 1753 hat das Dorfschaft Rahdereisted diese Glocke avs ihren eigenen Mitteln machen lassen. Iohan Philip Bartels in Bremen“, Feuerwehrhaus.71
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1953). – Gemeindehaus (Bj. 1969; Vorgängerbau: Bj. nach 1811, ehemaliges Pfarrhaus, erster Ziegelbau in Rhade, 1969 abgerissen).72
Friedhof
Ehemaliger kirchlicher Friedhof bei der Kirche, etwa seit 1914 überwiegend geschlossen, letzte Beerdigung 1958.73 Kommunaler Friedhof im Süden von Rhade, angelegt 1912, FKap (Bj. 1985). Kommunale Friedhöfe in Glinstedt, Hanstedt und Rhadereistedt, angelegt 1912. Kommunaler Friedhof in Ostereistedt.
Liste der Pastoren (bis 1940)
Erste Hälfte 16. Jh. Johannes Carolus (Carl).74 – Spätestens 1545–1565 Hermann von Angelbeck.75 – 1566–1585 Jost Beer. – 1586–1608 Hadrian Bogelius (versah den Pfarrdienst mindestens seit 1570).76 – 1606–1625 Christopher Bogelius, später Crachtboegel (erstmals 1614 belegt).77 – 1626–1646 Christopher Crachtboegel. – 1647–1673 David Petri. – 1673–1704 Georg Evering. – 1704–1718 Peter Bauch. – 1718–1749 Johann Balthasar Riefenstahl. – 1750–1773 Hinrich Otersen. – 1774–1802 Michael Wilhelm Behn. – 1803–1834 Christian August Caulier. – 1834–1849 Johann Georg Friedrich Zinn. – 1849–1881 Georg Carl Friedrich Waßmann. – 1882–1909 Ernst Heinrich Georg Cammann. – 1909–1945 Friedrich Johann Annacker.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 301–302 (mit Korrekturen nach Bachmann, S. 165 ff.)
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 2 Nr. 1268–1281 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 6978–6980 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 359 (CB); A 9 Nr. 2578
, 2579
, 2738
(Visitationen); B 2 G 9 Nr. 2583, 3449 (Baupflege und Bauwesen); D 94 (EphA Bremervörde-Zeven); L 5g Nr. 278, 879 (LSuptur. Stade); S 09 rep Nr. 1991 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7524 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1751
Trauungen: ab 1751
Begräbnisse: ab 1751
Kommunikanten: ab 1837 (Zahlenregister: 1751–1836)
Konfirmationen: ab 1782 (Lücken: 1839–1875)
Literatur & Links
A: Komm und sieh, S. 52–57; Ehrhardt, Reformation, S. 241–242; Mithoff, Kunstdenkmale V, S. 89; Roth, Beschreibung, S. 208–209 [Digitalisat]; Siebern/Wallmann/Meyer, KD Kr. Verden, Rotenburg, Zeven, S. 204–206; Talkenberger, Quellen, S. 316–317; Topp, Tappe, S. 59.
B: 800 Jahre Dorf Rhade, Zeven 1981, bes. S. 40–45; Elfriede Bachmann: Hanstedt und die Börde Rhade im Landkreis Rotenburg (Wümme) (= Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der Ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden 15), Stade 2000; Hans Gerdes: Rhade Chronik, Rhade 1994, bes. S. 117–147; Bernd Ulrich Hucker: Urkunden und Regesten der Edelherren von Rhade, in: Stader Jahrbuch 1971, S. 50–100; Johann Hinrich Pratje: Nachricht von der Börde Rhade und der Kirche daselbst, in: Altes und Neues aus den Herzogthümern Bremen und Verden 2 (1770), S. 51–102 [Digitalisat].
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Kirchhof, Kirchenanlage.
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Gallus: Hucker, Nr. 51; Pratje, S. 84 (Beylage X). Vgl. auch Bachmann, S. 29. Johannes: Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 131.
- Bremisches UB I, Nr. 189 [Digitalisat]; zur Datierung: Hucker, Nr. 1, Anm. Z.
- Bachmann, S. 26 26 f.; Hucker, S. 50.
- Bachmann, S. 30 f. und S. 114 ff.; Lehe, Herzogtum Bremen, S. 144.
- Ubbelohde, Repertorium, Teil 1, S. 28.
- Gesetz-Sammlung 1850, Nr. 52, S. 207 f. (Gesetz über die Gerichtsverfassung, 08.11.1850, § 8) [Digitalisat].
- LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitation 1963).
- Hucker, Nr. 10; Oncken, Lehnsregister [Digitalisat]. Vgl. auch Bachmann, S. 28 ff.
- Hucker, Nr. 27; Pratje, S. 70.
- Hucker, Nr. 37.
- Hucker, Nr. 48.
- Hucker, Nr. 51; Pratje, S. 84 (Beylage X). Vgl. auch Bachmann, S. 29.
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 131; Freiherr von Hammerstein: Die ältesten Gerichte im Stifte Verden, nebst einem Anhange, das alte Recht im Gohgerichte Verden betreffend, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 20 (1854), S. 60–183, hier S. 176 [Digitalisat].
- Bachmann, S. 28 f.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7, resümiert: „beinahe das ganze Erzstift“ wurde lutherisch; Otte ist vorsichtiger und hält fest, es bleibt „für diese Jahre weiterhin schwierig zu beurteilen, ob der einzelne Prediger evangelisch predigte oder altgläubig“, da die Pfarrer – nicht zuletzt mit Blick auf Erhalt der eigenen Pfründe – mitunter „zweideutig“ agierten (Dannenberg/Otte, Reformation, S. 32). Für einen knappen Überblick zur Reformation im Erzstift Bremen vgl. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7 ff. sowie die Beiträge in Dannenberg/Otte, Reformation.
- Dannenberg/Otte, Reformation, S. 38.
- Pratje, S. 65; Bachmann, S. 165.
- Bachmann, S. 166; zu den Auseinandersetzungen zwischen P. Beer und P. Bogelius vgl. ebd.
- Bachmann, S. 28; Pratje, S. 65.
- Pratje, S. 66 und S. 92 (Beylage XIV). Dort auch die folgenden Zitate.
- Zur Schulgeschichte: Gerdes, S. 133 ff. (dort die falsche Jahreszahl 1637 von Pratje, S. 95, übernommen, vgl. Bachmann, S. 170).
- Pratje, S. 99; Gerdes, S. 121; Bachmann. S. 188 ff.
- Bachmann, S. 180; LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 8].
- Pratje, S. 67.
- Beschreibung der Einweihungsfeier bei Pratje, S. 68 f. Entwurfszeichnung des Neubaus: NLA ST Karten Neu Nr. 01038/1 [mit Digitalisat].
- LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 9].
- Gerdes, S. 119.
- Gerdes, S. 123.
- Gerdes, S. 130.
- LkAH, L 5g, unverz., Rhade, Visitation 1989.
- Gerdes, S. 126; LkAH, L 5g, unverz., Rhade, Visitation 1989 (Zitat).
- KABl. 1906, S. 42.
- KABl. 1913, S. 31; KABl. 1949, S. 85. Vgl. auch LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitation 1936): „Die Eltern der Kinder in Carlshöfen stellen immer wieder die Anträge, daß ihre Kinder Kinderlehre u. Konfirmandenunterricht in Gnarrenburg besuchen dürften, immer mit der Begründung, daß die Wege nach Rhade (7-7½ km) zu weit wären, während die Wege nach Gnarrenburg nur (5-4½ km) lang wären.“ Vgl. auch ebd. (Visitation 1949).
- Gerdes, S. 129 f.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 25. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 25.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 25; LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitationen 1949 und 1957).
- Gerdes, S. 124.
- Gerdes, S. 120 f.; LkAH, L 5g, unverz., Rhade, Visitation 1989. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitation 1949).
- LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitation 1981).
- LkAH, L 5g, Nr. 278 (Visitation 1981); Gerdes, S. 120.
- LkAH, L 5g, unverz., Rhade, Visitationen 1989 und 1995; Gerdes, S. 120.
- Gerdes, S. 120; LkAH, L 5g, unverz., Rhade, Visitation 1995.
- KABl. 2006, S. 11.
- KABl. 1934, S. 173.
- KABl. 1906, S. 42.
- KABl. 1949, S. 85.
- KABl. 1913, S. 31.
- Burchhardt u. a., Bistum Verden, S. 34 f.
- LkAH, D 94 (Bestandsbeschreibung).
- KABl. 1940, S. 80 f.
- Bachmann, S. 182. Pratje, S. 100 (Beylage XVIII).
- Bachmann, S. 184; LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 9].
- Bachmann, in: 800 Jahre, S. 15.
- Gerdes, S. 123 (800 Jahre, S. 43: um 1855).
- Gerdes, S. 121.
- Bachmann, S. 187.
- Bachmann, S. 181.
- LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 13]. Entwurfszeichnung: NLA ST Karten Neu Nr. 01040 [mit Digitalisat].
- Grundriss der alten Kirche mit nicht ausgeführtem Neubauentwurf: NLA ST Karten Neu Nr. 01038/2 [mit Digitalisat].
- LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 9]. Entwurfszeichnungen des Neubaus: NLA ST Karten Neu Nr. 01038/1 [mit Digitalisat], Nr. 01038/3, Nr. 01038/4.
- Schönbohm, in: 800 Jahre, S. 40; Gerdes, S. 122 f. (Abb.: ebd., S. 125).
- LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 10]: „Die Prieche dazu [für die Orgel] ist bei dem Bau der Kirche vorgerichtet worden.“
- Topp, Tappe, S. 59; Schönbohm, in: 800 Jahre, S. 43.
- Skiebe, Röver, S. 53.
- Bachmann, S. 168.
- LkAH, A 8, Nr. 359 [Digitalisat, Aufnahme 13 f.].
- Bachmann. S. 188 ff.
- Schönbohm, in: 800 Jahre, S. 43.
- LKA, G 9 B, Rhade Bd. I, S. 1 ff.
- Schönbohm, in: 800 Jahre, S. 43; Gerdes, S. 123.
- Bachmann, S. 337; Gerdes, S. 145 ff.
- Hucker, Nr. 51, Anm. A.
- Hucker, Nr. 51, Anm. A: Hermann Angelbecke wurde von Lippold von Rhade (1528–1545) belehnt.
- Bachmann, S. 166.
- Bachmann, S. 167.