Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Holzminden-Bodenwerder | Patrozinium: Martin | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte

Eschershausen liegt in der Börde zwischen den Höhenzügen von Hils, Ith und Vogler und entstand als Siedlung wohl zur Zeit der Sachsenkriege im 8. Jh. Die ältere Forschung identifizierte es mit dem 891 in den Corveyer Traditionen genannten Astiershusen. Als erste sichere Nennung kann für das Jahr 1054 die Vita Godehardi herangezogen werden. Der Ort gehörte zum ostfälischen (Unter-)Gau Wikanavelde und war um 1100/35 Zentrum einer von den Hildesheimer Bf. begründeten und geförderten Kolonie flämischer Siedler.1 Bf. Bernhard von Hildesheim bestätigte 1133/37 im sogenannten Eschershäusener Vertrag deren Rechte und legte damit die Grundlage für die spätere Kolonisation unter Hägerrecht. Die Herrschaftsrechte brachten im 12. Jh. die Edelherren von Homburg an sich, die 1183 und um 1250 von den Hildesheimer Bf. mit der Homburg belehnt wurden und in ihrem Schutz eine weitgehend selbständige Territorialherrschaft etablieren konnten. 1409 fiel das Homburger Erbe an die Welfen (Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel, Amt Wickensen). Unter ihrer Herrschaft wurde Eschershausen 1580 Flecken, 1761 Stadtflecken mit Zivilgerichtsbarkeit (das Obergericht verblieb beim Amt Wickensen). 1833 bestätigte Hzg. Wilhelm von Braunschweig die seit der ersten Hälfte des 17. Jh. überlieferten Gerechtsame und verlieh Eschershausen formal das Stadtrecht.

Kirche, Ansicht von Südosten, 1953

Kirche, Ansicht von Südosten, 1953

Vermutlich war Eschershausen ursprünglich einziges Pfarrdorf im Wikanaveld.2 Die Gründung der Primariatpfarre ist vielleicht im Zusammenhang mit der Anlage der flämischen Kolonie zu sehen. Die Erwähnung von Archipresbytern zu Eschershausen (Eklevus, Archipresbyter, 1179/80) lässt für das 12. Jh. auf die Existenz eines Sendgerichts schließen.3 1198 beauftragte Papst Innozenz III. den Dekan, Propst und Cellerar von Paderborn, einen Streit zwischen dem Kloster Amelungsborn und dem Priester H. in der Pfarrei Eschershausen über den Neubruchzehnten und andere Abgaben zu untersuchen und zu entscheiden.4 Vielleicht ist H. der 1207 als sacerdos de eschershusen genannte Hermann.5 Weitere vorref. Geistliche waren: Hedenricus (1228); Philippus (plebanus, 1246)6; Wilbrand de Insula/vom Werder (Pfarrer in Eszershusen, 1253)7; Henricus plebanus in Escherhusen (8. Juni 1266 als Zeuge in einer Urkunde Bf. Ottos I. für das Andreasstift)8; Heinrich (Pfarrer, 1338)9 und 1419 Konrad Zykenen, Pfarrer in Esschen (wohl Eschershausen).10

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1948

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1948

Die Einführung der Reformation wurde 1542 durch die Okkupationstruppen des Schmalkaldischen Bundes vollzogen. Im Visitationsprotokoll wird 1542/44 Johann Bryll als Pastor verus genannt.11 Nach der Rückkehr Heinrichs des Jüngeren (1547) wurde die Pfarre vermutlich rekatholisiert. Endgültig setzte sich das luth. Bekenntnis mit dem Regierungsantritt Hzg. Julius 1568 durch. Die fortlaufende Series pastorum ist erst ab 1567 (P. Johannes Plumbius, zunächst noch als mercenarius; bis 1579) überliefert.12
Die heutige Diakonatpfarre wurde 1382 durch die Brüder Heinrich, Gevert und Borchard von Homburg als Vikarie an der zu Eschershausen gehörenden Kapelle in Lüerdissen gegründet und im Zuge der Reformation nach Eschershausen verlegt. Als Inhaber des Diakonats wird 1566 Wilhelm Höwel genannt, der Dompfarrer in Hildesheim war und auch nach Übertragung der Pfründe in Eschershausen blieb. Wann die Stelle von Lüerdissen nach Eschershausen wechselte, ist unsicher. Jedenfalls war schon Ende des 16. Jh. der Kaplan von Lüerdissen zugleich Opfermann (Küster) der Kirche in Eschershausen. Seit Mitte des 17. Jh. versah er nur noch den Pfarrdienst als zweiter P. in Eschershausen.13
Die KG Eschershausen wurde zum 1. Oktober 1942 von der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche umgegliedert. P. Spangenberg, der während der NS-Zeit in Eschershausen amtierte, verhielt sich im Kirchenkampf neutral. Eine kurze Aktivität der DC im Ort schlief bald wieder ein. Der KV wurde 1933 durch DC besetzt, stellte seine Tätigkeit aber wenig später ein, so dass ein Ersatzgremium aus kirchlich gesinnten Gemeindegliedern berufen wurde. Die Jugendarbeit wurde 1933 eingestellt, die Männerarbeit nach Kriegsausbruch. Im Gemeindesaal fanden in der Kriegszeit auch kath. GD statt.
1987 wurde die Sozialstation Eschershausen-Delligsen-Grünenplan eröffnet.
Mit dem 1. Februar 2001 wurde die KG Dielmissen und Eschershausen unter einem gemeinschaftlichen Pfarramt verbunden. Mit dem 1. April 2003 wurden die KG Eschershausen, Dielmissen und Vorwohle pfarramtlich verbunden.14 Seit Januar 2023 gehört die KG Eschershausen zum verbundenen Pfarramt der Region Ost im KK Holzminden-Bodenwerder, das überdies die Gemeinden Amelungsborn, Bevern, Dielmissen, Deensen-Arholzen, Heinade, Stadtoldendorf, Vorwohle und Wangelnstedt umfasst.

Umfang

Zur Parochie gehören die KapG Holzen, Lüerdissen/Oelkassen und Scharfoldendorf.

Aufsichtsbezirk
Kirche, Blick zur Orgel, 1948

Kirche, Blick zur Orgel, 1948

Archidiakonat Wallensen der Diözese Hildesheim (noch 1542). – Nach der Reformation kam Eschershausen 1569 zur neu begründeten Suptur. (Insp.) Halle der Generaldiözese Alfeld. Mit der Abtretung Alfelds an das Hochstift Hildesheim (1642) wurde die GSuptur. zunächst aufgehoben und bei der Neuorganisation der Aufsichtsbezirke 1648 die Insp. Halle und Holzminden zur Generaldiözese Holzminden zusammengefasst. Der Sitz der Spezial-Insp. wurde 1653 nach Stadtoldendorf verlegt. Eschershausen wurde 1787 von der Insp. Stadtoldendorf in die Insp. Halle umgegliedert und dort Sitz der Suptur. 1803 kam es wieder zurück nach Stadtoldendorf, mit Aufhebung der Insp. Stadtoldendorf im April 1914 zur Insp. Halle-Ottenstein (mit Suptur. in Heyen ab 1920). 1935 wurde die Propstei Eschershausen gebildet, die vom Umfang her der alten Insp. Halle entsprach (Sitz in Bisperode). Nach Übergang an die hannoversche Landeskirche (1942) KK Eschershausen. Am 1. April 1947 wurde der der KK Eschershausen aufgehoben. Eschershausen kam zum neuen KK Bodenwerder15 (1. Januar 1999 mit dem KK Holzminden zum KK Holzminden-Bodenwerder vereinigt).

Patronat

Für die Primariatpfarre stand das Patronatsrecht dem Bf. von Hildesheim zu. Vermutlich ging es mit der Säkularisierung des bischöflichen Tafelguts 1802 auf den preußischen Staat über, der es ab 1866 durch die Regierung in Hannover und später den dortigen Oberpräsidenten wahrnehmen ließ. Mit dem Übergang der KG an die hannoversche Landeskirche erloschen und durch das geltende Pfarrbestellungsrecht ersetzt.16 – Die Diakonatspfarre wurde nach dem Wickenser Erbregister von 1580 durch das Ksp. vergeben, später durch den Landesherrn.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?)

Kirche, Blick zum Altar, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?)

Der mittelalterliche Kirchenbau stürzte 1736 teilweise ein. Der daraufhin errichtete Neubau wurde Pfingsten 1746 eingeweiht. Fünfachsige, rechteckige Saalkirche aus Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung, ursprünglich verputzt. Dach an der Ostseite abgewalmt. Rundbogige Fenster mit Sandsteingewänden. Innen durch hölzerne Stützen in drei Schiffe gegliedert. Verschalte Decke, in der Mitte als Tonnengewölbe, an den Seiten flachgedeckt. U-förmige Emporenanlage. Im Westen eine zweite Empore für die Orgel. Die Kirche wurde 1967/71 grundlegend renoviert und dabei u. a. die Emporenanlage verkürzt und die frühere Wickenser Prieche beseitigt. Die Ausmalung erfolgte nach historischem Vorbild durch Kirchenmaler Nauwald aus Holzminden.

Turm

Massiver, eingerückter Westturm mit Pyramidendach.

Ausstattung

Barocke Kanzelaltarwand (nach 1751). – Grabdenkmäler für die Amtmänner zu Wickensen Heinrich Julius Freyenhagen († 1744) und seine Frau Otilia Augusta von Lippe († 1734) sowie August Philipp Freyenhagen († 1762). Ursprünglich auf der Wickenser Prieche, bei deren Abbruch 1970/71 an die Ostwand zu beiden Seiten des Altars versetzt.

Kirche, Blick zur Orgel, 1948

Kirche, Blick zur Orgel, 1948

Orgel

Vor 1701 wohl Neubau durch Andreas Schweimb (Einbeck).17 1771 Neubau durch Johann Christoph Hüsemann (Wolfenbüttel), 20 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1838 Reparatur durch Heinrich Schaper (Alfeld). 1909 Neubau des Werks im Gehäuse von Hüsemann durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 28 (29), davon eine Transmission im Pedal aus dem SchwW, II/P (HW, SchwW), pneumatische Traktur, Taschenlade.18 1971 Umbau durch Firma Emil Hammer (Arnum), dabei im zweiten Manual um ein Reg. verkleinert auf 28 (davon eine Transmission) II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen. 1999 von Franz Rietzsch (Hiddestorf) restauriert.

Geläut

Drei LG, I: f’ (Eisen, Gj. 1950, J. F. Weule, Bockenem); II: as’; III: b’ (beide Eisen, Gj. 1949, J. F. Weule, Bockenem). – Frühere Glocken: Laut Corpus bonorum von 1751 hatte die KG eine Bürgerglocke (gegossen von M. Johann Pock) und eine zweite Glocke von Christian Ludwig Meyer aus Braunschweig (Gj. 1722). Von den drei Bronzeglocken wurden zwei (I: Gj. 1777, J. Conrad Grete, Braunschweig; II: Gj. 1867) im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen und erst 1949/50 ersetzt. Die verbliebene LG in es’’ (Bronze, Gj. 1588, vielleicht die 1751 genannte Bürgerglocke) wurde zwischen 1957 und 1963 nach Holzen abgegeben.

Friedhof

Ursprünglich bei der Kirche (ältester Beleg aus dem 15. Jh.). 1765 Neuanlage im Süden der Stadt am alten Postweg nach Stadtoldendorf (heute Stadtbergstraße), genutzt bis 1871. Das Grundstück wurde 1940 verkauft. Einige Grabmäler sind erhalten und wurden auf den Kirchhof verbracht. 1871 Neuanlage eines Friedhofs nördlich der Stadt an der Scharfoldendorfer Straße/Hauptstraße. Der älteste Teil war Eigentum der KG, Erweiterungen von 1902 und 1919 kommunal. 1951 wurde westlich der Scharfoldendorfer Straße ein neuer städtischer Friedhof eröffnet und später erweitert (jetzt in Trägerschaft der Samtgemeinde).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 3262 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 2316–2320 (Pfarrbestallungsakten); A 12f Spec.Esc 145Digitalisat(Visitation); D 25 (EphA Bodenwerder).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1695
Trauungen: ab 1695
Begräbnisse: ab 1695
Kommunikanten: ab 1862
Konfirmationen: ab 1750, Nichtlutheraner: 1877 (Lücken: 1752–1772, 1774–1780, 1789–1814)

Glashütte

Taufen: 1744–1823
Trauungen: 1745–1821 (Lücken: 1782–1784, 1810, 1813)
Begräbnisse: 1751–1850 (Lücken: 1824–1836)
Konfirmationen: 1759–1821 (Lücken: 1817–1819)
Ao. von Eschershausen. Im Übrigen in der Mutterkirche Holzen.

Literatur

A: Steinacker, BKD Kr. Holzminden, S. 268–274; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 454; Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig I, S. 183 f.
B: Ferdinand Cohrs: Zwei Urkunden, die Gründung der Diakonatpfarre in Eschershausen betreffend, in: ZGNK 5 (1900), S. 449–456; Wilhelm Mundt: Raabestadt Eschershausen. Gegenwart und Vergangenheit, Eschershausen [1977]; Andreas Reuschel: Vom Gottesacker zum Landschaftspark. Die Friedhöfe in Eschershausen, in: Jahrbuch für den Landkreis Holzminden 31 (2013), S. 125–134.


Fußnoten

  1. Cohrs, S. 456.
  2. Brüning/Schmidt, Historische Stätten, S. 142.
  3. Machens, Archidiakonate, S. 41 f.
  4. Schwarz, Papsturkunden, Nr. 3.
  5. UB HS Hildesheim I, Nr. 617.
  6. Cal. UB XI, Wülfinghausen I, Nr. 30.
  7. UB HS Hildesheim II, Nr. 921.
  8. UB S Hildesheim I, Nr. 299.
  9. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 196.
  10. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 605.
  11. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 230.
  12. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 230, Anm. 475; Seebaß/Freist, Pastoren I, S. 81.
  13. Cohrs, S. 449–456.
  14. KABl. 2003, S. 49 f.
  15. KABl. 1947, S. 13.
  16. LKA, G 15/Eschershausen.
  17. Ihlemann, Orgelbauer Einbeck, S. 95 und 121 f.
  18. LKA, G 9 B/Eschershausen, Bl. 7 (Bericht über die Orgelrevision am 18.05.1957).