Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Leine-Solling | Patrozinium: Martin | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Berka entstand wohl als fränkischer Stützpunkt im ausgehenden 8. Jh., ist aber erst 1105 bzw. um 1241/55 als Barce/Barke sicher urkundlich belegt.1 Der alte Zentralort war Sitz des Hauptgerichts der Gf. im Lisgau bzw. der Gf. von Katlenburg. Ks. Heinrich IV. überließ das Dorf 1094 dem letzten Gf. von Katlenburg, Dietrich III., zum freien Erbe.2 Nach dessen Tod (1105) wurde die Burg in ein Kloster umgewandelt. Vogtei und Gericht fielen an die Welfen und wurden 1322 auf Wiederkauf durch den Bf. von Hildesheim erworben, der Berka dem hildesheimischen Gericht Lindau unterstellte. Die Hildesheimer Bf. verpfändeten ihrerseits schon 1372 Berka mit Gericht, Dorf und Leuten an die unter Mainzer Oberhoheit stehenden von Hardenberg, später an die von Vreden. Nach der Einlösung des Pfands kam um 1434 die Hälfte in den Pfandbesitz der Mainzer Ebf., die andere 1492 an Dietrich von Hardenberg. Ab 1525 war Berka ganz im Besitz des Kurfürsten Albrecht von Mainz. 1643 kauften die Welfen Berka vom Hochstift Hildesheim zurück. Ein Vergleich mit dem Mainzer Ebf. bestätigte 1692 die braunschweig-lüneburgische Landesherrschaft (Amt Katlenburg/Katlenburg-Lindau, 1859 zum Amt Osterode).

Kirche, Ansicht von Nordosten

Kirche, Ansicht von Nordosten

Mit seiner um 800 gegründeten Taufkirche, einer der ersten Missionszellen in der Region, gilt Berka als eine der ältesten christlichen Gemeinden in Niedersachsen. Sie ist 1050 als Sitz eines der zwölf Erzpriester des Archidiakonats Nörten belegt, doch muss der Einfluss von Berka als Sendkirche schon vor 1300 wieder zurückgegangen sein. 1317 war es nachweislich kein Erzpriestersitz mehr, denn in diesem Jahr wird Ernestus plebanus in Elverdeshusen als archibresbyter sedis Berca bezeichnet.3 1337 war der Propst des Klosters Pöhlde Erzpriester der Sedes Berka.
Seit Anfang des 12. Jh. sind mehrere Geistliche aus Berka namentlich bekannt: 1105 bezeugte Richerus presbyter Barcensis die Bestätigungsurkunde des Mainzer Ebf. Ruthard für das Kloster Katlenburg. 1270/72 war Theodoricus viceplebanus in Barke. 1311 überließ Dominus Johannes viceplebanus in Barke seine Parochialeinkünfte zu Wannemagere, Wachenhusen und Brunkeshusen dem Kloster Katlenburg und erhielt dafür zwei Kotstellen zu Berka. Henricus de Hojersdorp, plebanus in berca, überließ 1329 alle seine Parochialeinkünfte zu Wannemagere, Wachenhusen und Brunteshusen dem Kloster im Tausch gegen zwei Kotstellen zu Berka.
1337 wurde die Kirche dem Kloster Katlenburg inkorporiert, unter der Bedingung, dass die Nonnen dort einen dem Archidiakon von Nörten zu präsentierenden Vikar unterhalten.4 1375 gewann der plebanus Hermannus de Naneyen in Berka einen Prozess beim Papst gegen das Kloster Marienrode. 1390 schenkten die Augustiner zu Einbeck die Brüderschaft ihres Klosters dem Kaland zu Berka.5 Dom. Eynhardus war 1390 Pleban in Berka und Mitglied des Kalands. 1460 wurde der Kaland zu Berka an die Aegidienkirche in Osterode verlegt. 1526 wurde der Klostersazellan von Katlenburg Johann Scrops vom Konvent zum Pfarrherrn in Berka bestellt.

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1953

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1953

Wegen der Mainzer Landesherrschaft konnte sich die Reformation in Berka erst vergleichsweise spät durchsetzen (wohl kurz nach 1548). Das Recht zur Pfarrstellenbesetzung war zwischen der luth. Regierung des Fsm. Grubenhagen und der (kath.) Mainzer Administration des Eichsfelds strittig. Hzg. Ernst von Grubenhagen, der nach der Aufhebung des Klosters Katlenburg das Patronat an sich gezogen hatte, ließ 1558 Dietrich Adami, bisher Rektor zu Osterode, als luth. Prediger einsetzen (ging 1566 nach Salzderhelden). Ihm folgten Johann Faber (vorher Rektor in Einbeck, bis 1572) und ab 1579 (?) Johann Reußmeier. 1581 setzte die Mainzer Regierung wieder einen kath. Priester (Johann Schmer) ein. Obwohl die Bevölkerungsmehrheit sich zur neuen Lehre bekannte, fiel die endgültige Entscheidung zugunsten der Lutheraner erst im Dreißigjährigen Krieg. 1622 wurde das Amt durch Hzg. Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel besetzt. Der kath. Pfarrer Heinrich Kuhlemann flüchtete. Im gesamten Dorf lebten damals nur noch vier Katholiken. Die Gemeinde huldigte dem Hzg. und kaufte sich für 200 Taler von der Verpfändung los, womit sie wieder unter der unbestrittenen Landesherrschaft der Welfen (Fsm. Grubenhagen) stand. GD wurden vorläufig abwechselnd durch die Prediger des Amts Katlenburg übernommen, ehe die Pfarrstelle dauerhaft dem Katlenburger P. Sigismund Bergius übertragen wurde. 1627 folgte dessen Sohn (zugleich Nachfolger in Katlenburg) Christoph Bergius. Im Dezember 1647 wurde die KG Berka unter P. Johannes Beustershausen wieder verselbständigt. Bedeutung erlangte später P. Conrad Daniel Schumacher (in Berka nur 1771/72), der 1772 GSup. und Konsistorialrat in Bockenem wurde (Mitherausgeber des neuen Gesangbuchs für die ev. Einwohner des Fsm. Hildesheim). Von 1779 bis 1784 wurde die Pfarre durch den Katlenburger P. Johann Dietrich Lauenstein als Spezialvikar verwaltet. Die eingesparten Pfarreinkünfte wurden für den in dieser Zeit ausgeführten Neubau der St.-Martini-Kirche verwendet.
1908 wurde in der Gemeinde ein Posaunenchor gegründet. Bei der Trennung von Kirchen- und Schulvermögen (1910) blieb das alte Schulgebäude (errichtet 1735) im Eigentum der Kirche und wurde als Wohnhaus genutzt. Die Küsterdienste des Lehrers wurden 1919 abgelöst.
P. Kühner (amt. bis 1934) war kurzzeitig Mitglied der DC, dann der BK. Sein Weggang 1934 wurde von der Partei betrieben, was die Gemeinde stark beunruhigte. Offener Widerspruch trat jedoch nicht zutage. P. Palmer (ab 1937) war seit 1933 Mitglied des Notbunds. Die 1933 gewählten KV-Mitglieder waren alle NSDAP-Mitglieder, haben aber im kirchlichen Sinne gehandelt und später dem Druck zum Austritt aus dem KV widerstanden. Während die Jugendarbeit ab 1937 stark zurückging und schließlich ganz eingestellt werden musste, konnte sich die Frauenarbeit in einem kleinen Kreis halten. Eine eigene Männerarbeit gab es nicht. 1938 und 1939 fanden volksmissionarische Wochen statt. Die ev. Schulen wurden 1940 durch einen Gemeinderatsbeschluss in Gemeinschaftsschulen umgewandelt.
Die KG, die 1989 noch über 734 Gemeindeglieder verfügte6, wurde mit dem 1. Januar 2000 mit Elvershausen und Hammenstedt verbunden.7 Mit dem 1. Januar 2009 wurden die bereits pfarramtlich verbundenen KG sowie die KapG Marke zur Ev.-luth. Michaelis-KG Im Rhumetal in Katlenburg-Lindau vereinigt.8

Umfang

Das Dorf Berka.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Nörten (Sedes Berka Ecclesia archipresbyterialis) der Erzdiözese Mainz. – Unterstand nach Einführung der luth. Lehre zunächst der Suptur./GSuptur. des Fsm. Grubenhagen und kam bei der Reorganisation der kirchlichen Strukturen 1708 zur neu errichteten Insp. Osterode, später (vor 1778) zur Insp. Einbeck und wurde 1794/95 in die neu errichtete Insp. Katlenburg umgegliedert; nach deren Auflösung zum 1. Dezember 1868 an die Insp. (1924: KK) Osterode.9 1. Januar 1951 in den KK Hohnstedt-Northeim umgegliedert10 (ab 1. Oktober 1958 KK Northeim, mit dem 1. Januar 2001 im KK Leine-Solling aufgegangen).

Patronat

Das Patronat wurde 1337 durch Balduin von Trier als Administrator des Ebm. Mainz gegen Überlassung des Patronats von St. Marien zu Osterode und Zahlung von 100 Mark zur Erwerbung von Duderstadt an das Kloster Katlenburg übertragen. Nach der Aufhebung des Klosters Katlenburg 1534 die Hzg. von Braunschweig-Grubenhagen/der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juni 1951

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juni 1951

Das mittelalterliche KGb, ein flachgedeckter Saalbau, wurde 1630 grundlegend renoviert, der Turm in der ersten Hälfte des 17. Jh. erneuert. Nach Abbruch des alten Baus entstand 1779/84 der heutige spätbarocke Fachwerksaalbau auf einem massiven Unterbau aus Bruchsteinen. Das Schiff wird innen durch eine u-förmige Empore gegliedert und über dem Mittelschiff von einer Halbtonne überspannt. 1896 Neuausmalung durch Adolf Oppermann. Grundlegende Renovierung 1950. Bei einer weiteren Renovierung (1992/93) wurde u. a. die Erstausmalung aus dem Jahr 1779 freigelegt.

Turm

Im Westen ein älterer, im Sockelgeschoss wohl spätmittelalterlicher gedrungener Turm mit Fachwerkobergeschoss und achtseitiger verschieferter Laterne mit geschweifter Haube.

Ausstattung

Blockaltar mit mittelalterlicher Mensa; dahinter eine klassizistische Kanzelaltarwand (um 1785). – Pokalförmiger Taufstein, Kessel wohl vorref., mit ergänztem Sockel und Taufschale/Deckel. – Lesepult (18. Jh.). – Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs (1921).

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juni 1951

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juni 1951

Orgel

Neubau (erste Orgel in Berka) 1852 durch August von Werder (Höckelheim), 11 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen (1922 ersetzt). 1976 Instandsetzung durch Albrecht Frerichs (Göttingen). 1996 Restaurierung durch die Orgelbauwerkstatt Werner Bosch (Niestetal). – Denkmalorgel (eines der wenigen original überlieferten Instrumente August von Werders).

Geläut

Drei LG, I: es’; II: ges’; III: as’ (alle Stahl, Gj. 1946, Bochumer Verein). – Zwei SG, I: a’’; II: cis’’’ (beide Eisenguss, Gj. 1917, J. F. Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Möglicherweise ging ein älteres Geläut im Dreißigjährigen Krieg verloren. Jedenfalls beschaffte die KG 1649 in der Amtszeit von P. Johann Beusterhausen (1647–1675) drei neue Glocken, die in Hannover gegossen wurden. Die größte wurde 1841 durch A. Bock (Einbeck) umgegossen (Schlagton e’) und 1942 zu Rüstungszwecken abgeliefert, die mittlere 1828 durch Gebrüder Schmidt (Hildesheim) und erneut 1880 umgegossen und bereits 1917 zusammen mit der kleineren abgeliefert. Für die beiden 1917 abgegebenen LG beschaffte die KG 1924 eine Ersatzglocke in f’ der Gebrüder Radler (Hildesheim), die 1942 ebenfalls eingeschmolzen wurde. Von 1942 bis 1946 verfügte die Gemeinde über eine Leihglocke aus Gieboldehausen. 1946 beschaffte sie das neue Stahlgeläut des Bochumer Vereins. – Zwei SG waren seit mindestens 1783 in Gebrauch; sie wurden 1917 eingeschmolzen und noch im gleichen Jahr durch Eisenglocken der Firma J. F. Weule ersetzt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrwitwenhaus, 1865 verkauft.

Friedhof

Ursprünglich auf dem Kirchhof (1858 aufgegeben, 1888 entwidmet). Neuanlage 1857 am südöstlichen Ortsrand (Lange Reihe). Jetzt in Trägerschaft der Gemeinde Katlenburg-Lindau. FKap (Bj. 1965/66).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1558–1566 Dietrich Adami. – 1566–1572 Johann Faber. – 1572 (?)–1581 Johann (oder Jakob) Reußmeier. – Von da ab blieb die Pfarre bis 1647 in katholischen Händen. – 1647–1675 Johann Beusterhausen. – 1675–1704 Christoph Peter. – 1704–1747 Heinrich Balthasar Bleidorn. Pfarrgehilfe vermutlich zu seiner Zeit: Christ. Heinrich Kücheroda. – 1747–1766 Henning Christoph Stein (oder Stephan). – 1766–1770 Johann Friedrich Eickemeyer. – 1771–1772 Konrad Daniel Schumacher. – 1772–1779 Laurentius Jakob Schwanke. – 1784–1817 Johann Peter Kranold. – 1818–1831 Heinrich Dietrich Eberwein Bergmann. – 1832–1873 Johann Georg Bernhard Wuth. – 1873–1887 Ernst Georg Landsberg. – 1888–1890 Franz Karl Friedrich Wecken. – 1891–1906 Georg Christian Meyer. – 1906–1910 Theodor Reinhold Wilhelm Borchers. – 1911–1918 Ernst August Hermann Kahle. – 1919–1934 Gerhard Rudolf Kühner. – 1935–1936 Georg Gustav Tomfohrde. – 1937– Ottomar Georg Christian Werner Palmer.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 84–85

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 855–875 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 721–734 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 48Digitalisat(CB); A 9 Nr. 184Digitalisat, 185Digitalisat, 186Digitalisat, 187Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 93 (Orgelsachverständiger); D 47 (EphA Osterode).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1744
Trauungen: ab 1750
Begräbnisse: ab 1749
Kommunikanten: ab 1819
Konfirmationen: ab 1819 (Lücken: 1827–1875)

Kriegsverluste: Taufen 1647–1743, Trauungen: 1648–1749, Begräbnisse 1647–1748, Kommunikanten 1647–1818

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 214; Kämmerer/Lufen, Denkmaltopographie Lkr. Northeim, S. 132; Kayser, Inspektion Osterode, S. 49–56; Weigand, Heimat-Buch, S. 191–197.
B: Willi Bode, Rudolf Brodhun und Jürgen Dracklé: Die evangelische St.-Martini-Kirche Berka, ein sehr alter historischer Mittelpunkt, Duderstadt 1999; Das Dorf Berka, in: Neues hannoversches Magazin, 16 (1806), Sp. 1445.


Fußnoten

  1. Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 52.
  2. Dorf Berka, Sp. 1445.
  3. Kayser, Registrum I, S. 268.
  4. Max, Grubenhagen II, S. 112.
  5. Max, Grubenhagen II, S. 112.
  6. LkAH, L 5c, unverz., Berka, Visitation 1989.
  7. KABl. 2000, S. 39 f.
  8. KABl. 2009, S. 89–91.
  9. LkAH, D 45a, Gen. A Har 140.
  10. KABl. 1951, S. 5.