Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Harzer Land | Patrozinium: Servatius von Tongern | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Duderstadt ist das Zentrum des Untereichsfelds. Erstmals erwähnt wird Tutersteti in einer Schenkungsurkunde Kg. Heinrichs I., in der er sein Eigengut zu Quedlinburg, Pöhlde, Nordhausen und Duderstadt sowie die Pfalz Grone seiner Gemahlin Mathilde zur späteren Witwenversorgung überwies (927/29).1 Offenbar bestand nahe der heutigen St.-Servatii-Kirche im westlichen Teil der Stadt ein königlicher Hof, der nach Mathildes Tod in den Besitz ihres Sohnes Otto I. überging. Dessen Sohn Otto II. schenkte 974 Duderstadt mit allem Zubehör seiner Schwester Mathilde, der Äbtissin des St.-Servatius-Stifts in Quedlinburg. Die Verwaltung übernahmen Vögte bzw. Untervögte aus dem lokalen Adel.2 1236 verkaufte die Äbtissin Gertrud von Ampfurth Duderstadt an die Landgrafen von Thüringen, doch fiel es nach dem Absterben der ludowingischen Linie schon 1247 an Quedlinburg zurück und wurde dafür Hzg. Otto dem Kind von Braunschweig und Lüneburg zu Lehen gegeben.3 Bei der Landesteilung von 1291 kam Duderstadt an das Fsm. Grubenhagen. 1334/66 wurde es sukzessive dem Mainzer Ebf. verpfändet und blieb bis 1802 kurmainzischer Besitz. Neben dem herrschaftlichen Zentrum entstand im 9./10. Jh. im Bereich der heutigen Oberstadt eine Kaufmanns- und Handwerkersiedlung, die im 13. Jh. Stadtrecht erhielt.

Kirche, Ansicht von Nordosten, nach 1928

Kirche, Ansicht von Nordosten, nach 1928

Als Hauptort der gleichnamigen Mark war Duderstadt Sitz eines Erzpriesters der Archidiakonats Heiligenstadt. Eine Pfarrkirche muss schon sehr früh bestanden haben. Der älteste Kirchenbau, ein Vorläufer der heutigen (kath.) Oberkirche St. Cyriakus, war dem heiligen Martin geweiht. Ihre Gründung Mitte des 10. Jh. geht vielleicht auf die Kgn. Mathilde zurück. Servatius war die zweite Stadtkirche (Unterkirche) in Duderstadt. Sie bildet am Untermarkt den Abschluss der Marktstraße nach Westen. Der erste Bau wurde wohl in der ersten Hälfte des 13. Jh., wahrscheinlich vor 1238 noch unter quedlinburgischer Herrschaft errichtet. Darauf deutet u. a. das Patrozinium des heiligen Servatius von Tongern hin, der auch in Quedlinburg verehrt wurde. Vermutlich fand die Kirche ihren Platz an der Stelle der Kapelle des ehemaligen Königshofs. Namentlich erscheint sie zuerst 1291 (inferioris ecclesie scilicet beati Servatii).4 Ältester Teil der heutigen Kirche ist der um 1340/60 errichtete Ostchor, an den im 15. Jh. ein dreischiffiges Langhaus angebaut wurde. 1365 stiftete der Duderstädter Priester Johann Hemering in der Kirche einen Altar zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus und überließ das Patronatsrecht seinem Bruder Hermfried. Der Kirchenbau war auch Ausdruck städtischer Repräsentation und Teil eines neu konzipierten Stadtzentrums, dessen Seiten mit den beiden Kirchen abschließen sollten. St. Servatii war zunächst nur unselbständige Kapelle. Nach einem Stadtbrand (1424) wurde 1432 die sogenannte Benebenstadt als neues Siedlungsgebiet ausgewiesen. Da die St.-Cyriakus-Kirche als Hauptkirche weit im Osten der Stadt lag und die Einwohner des Westteils bei Feuer- oder Feindesgefahr an Sonn- und Feiertagen ihre Häuser nicht rechtzeitig erreichen konnten, wurde St. Servatius 1437 durch den Mainzer Ebf. Dietrich Schenk von Erbach zur zweiten Pfarrkirche erhoben. Nachdem sich die Stadt aber nicht wie erhofft ausdehnte, kam es nicht zu einer nachhaltigen Nutzung als Pfarrkirche. Für die geringe Einwohnerzahl war St. Cyriakus ausreichend.
Ab 1521 verbreiteten erste Prediger im Eichsfeld die luth. Lehre. Die luth. Ratsmehrheit lehnte 1524 zwei durch das Martinsstift in Heiligenstadt mit der Verwaltung der Pfarrei beauftragte Kapläne ab und forderte die Anstellung luth. Prediger. Indem das Martinsstift im Tausch gegen eine Kanonikerstelle das Patronatsrecht an den Mainzer Ebf. abtrat, wurde die altgläubige Seite zunächst gestärkt. Lutherische GD wurden durch den Landesherrn untersagt. Ein geordnetes ev. Kirchenwesen ist vor dem Augsburger Religionsfrieden (1555) in Duderstadt nicht nachweisbar. Ab 1556 jedoch war die öffentliche Verkündigung der neuen Lehre in Duderstadt allgemein. Seit 1559 wurde in beiden Stadtkirchen ev. gepredigt. Bis 1562 war der kath. GD vollständig verdrängt. 1574 ist ganz Duderstadt als luth. anzusehen. Die Gegenreformation der kurmainzischen Regierung setzte Ende des 16. Jh. ein, nachdem Ebf. Daniel Brendel von Homburg bei einer Visitation des Eichsfelds seine Rechte als Landesherr geltend gemacht hatte. Er forderte den Magistrat 1574 auf, beide Stadtkirchen wieder den Katholiken zu übereignen. Doch wurde ihnen zunächst nur die kleinere St.-Servatius-Kirche zur Verfügung gestellt. Die Hauptkirche St. Cyriakus blieb vorerst luth. und wurde erst 1579 nach Verschärfung der staatlichen Repression dem erzbischöflichen Kommissar Bunte übergeben. Beide Pfarreien wurden mit kath. Geistlichen besetzt, denen auch sämtliche Amtshandlungen ausschließlich zustanden. Die Lutheraner bemühten sich vergeblich um die Überlassung der Kapelle vor dem neuen Tor. Trotz Verbots bekannten sich die meisten Einwohner weiterhin zur luth. Lehre. Lutherische GD fanden in den unter adeligem Patronat stehenden Dörfern außerhalb der Stadt statt.

Kirche, Blick zum Altar, vor 1915

Kirche, Blick zum Altar, vor 1915

Während des Dreißigjährigen Krieges kam es noch mehrmals zu einem Konfessionswechsel. Ab 1624 waren als Ratsherren nur noch Katholiken zugelassen. Feldgeistliche Tillys setzten 1626/27 gewaltsam den kath. Ritus durch. Nach der Besetzung der Stadt durch schwedische Truppen (1631) wurde vorübergehend wieder ev. gepredigt. Anfang 1633 überließ Gustav Adolf das Eichsfeld Hzg. Wilhelm von Weimar, der sich auch in kirchlichen Fragen als Rechtsnachfolger des Mainzer Ebf. sah und für sich die Jurisdiktion über den kath. und ev. Klerus in Anspruch nahm. Er setzte in Heiligenstadt ein Konsistorium ein, dem er die Aufsicht über die kirchlichen Angelegenheiten beider Glaubensgemeinschaften übertrug.5 1634 erließ er für Duderstadt eine KO. Die Insp. wurde dem 1632 aus Northeim nach Duderstadt berufenen ersten Prediger Carl Oeding übertragen. Mit dem Frieden von Prag (1635) kam das Eichsfeld wieder an Kurmainz. Die Kirchen wurden rekatholisiert, 1639 aber durch den schwedischen General Königsmarck noch einmal für die Lutheraner geöffnet. Bis auf ein kurzes kaiserliches Intermezzo (1641) verblieben die beiden Kirchen 1648 den Lutheranern. Nachdem im Westfälischen Frieden das Jahr 1624 als Normaljahr festgesetzt worden war, wurden die Stadtkirchen wieder den Katholiken zugesprochen. Dennoch blieb rund ein Drittel der Einwohner beim luth. Bekenntnis. Am 20. April 1651 wurde in St. Servatius der letzte ev. GD gefeiert. Die ev. Einwohner gingen seither in die GD in den Wintzingerodeschen Kirchen zu Tastungen und Wehnde. Im Schulwesen konnten sich die Evangelischen dagegen behaupten: 1659 beschloss der Stadtrat, an der Stadtschule zwei kath. und zwei ev. Lehrer anzustellen, eine Regelung, an der nach landesherrlicher Bestätigung (1660) bis 1806 festgehalten wurde.6
Im Frieden von Lunéville (1801) fiel das Eichsfeld an Preußen. Die preußischen Truppen wurden von der ev. Bevölkerung als „Befreier“ begrüßt. Die neue Regierung gestand 1803 die freie Religionsausübung zu. Ihre Forderung nach einer eigenen Kirche wurde dagegen nicht erfüllt. Nach einer Anweisung des Landrats sollte zunächst in ein Simultaneum in St. Servatius geschaffen werden. Das Vorhaben scheiterte aber am Widerstand der kath. Mehrheitsgruppe. Die Lutheraner ihrerseits lehnten den Alternativvorschlag eines Simultaneums in der Klosterkirche der Ursulinerinnen vor dem Stadttor ab.
Nach der preußischen Niederlage gegen Napoleon kam das Eichsfeld 1807 unter die Herrschaft des neu geschaffenen Kgr. Westphalen. Durch Dekret Kg. Jérômes vom 4. August 1808 wurde schließlich die Servatiuskirche den Lutheranern zugesprochen. Das Kirchenvermögen blieb den Katholiken, doch mussten ab 1809 keine Stolgebühren mehr an die kath. Pfarrer entrichtet werden. Als Ausgleich für das fehlende Vermögen erhielt die ev. Gemeinde ab 1811 jährliche Bezüge aus der Stadtkämmerei.

Kirche, Blick zum Altar, um 1960, Postkarte

Kirche, Blick zum Altar, um 1960, Postkarte

Am 4. September 1808 fand in St. Servatius der erste luth. GD seit 1651 statt. Für die Ausstattung der Kirche stifteten noch im Herbst Gemeindeglieder einen Taufstein sowie Altargerät und Paramente. Die KG zählte rund 1.200 Glieder. Erster P. wurde Adolf Benjamin Marks (amt. 1808–1815, nachher Prof. und Universitätsprediger in Halle). Trotz des früheren Widerstandes kam es bald zu einem einvernehmlichen Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten. 1815 wurde eine „Simultane Eichsfeldische Bibelgesellschaft“ zum Zweck der Bibelverbreitung unter allen Bewohnern des Eichsfeldes gegründet, von der sich allerdings die kath. Geistlichkeit später wieder zurückzog. Am 9. Januar 1816 wurde die Stadt Duderstadt mit den untereichsfeldischen Ämtern an das Kgr. Hannover abgetreten. Nachdem Bemühungen um Übergabe eines Teils des ehemaligen Kirchenvermögens und um Unterstützung bei der Besoldung der Geistlichen vergeblich blieben, wurde die Zahlung des Pfarrergehalts von der Regierung übernommen. Wegen des weiterzweigten Pfarrbezirks wurde schon Mitte des 19. Jh. die Anstellung eines Hilfspredigers in Erwägung gezogen. Die in den Jahren 1857 und 1848 sowie 1861 und 1863 zwischen KV und Kirchenregierung stattgefundenen Verhandlungen waren indessen ergebnislos. Erst 1893 wurde dem P. für die bessere geistliche Versorgung der in den Außenortschaften der Parochie wohnenden Lutheraner ein Kollaborator beigeordnet. Im gleichen Jahr erfolgte die Gründung des Posaunenchors. Der Orsteil Westerode erhielt 1900/01 eine kleine Kapelle, in der alle zwei Wochen Gottesdienste stattfanden.
Die P. Stünkel (bis 1936) und Rehkopf (ab 1936) waren seit ihrer Gründung Mitglied der BK. Auch die in Duderstadt tätigen Hilfsgeistlichen gehörten der BK an. Die DC versuchten mehrfach, in die Gemeinde einzudringen, doch verhinderte der KV alle Veranstaltungen. BK-GD fanden häufiger mit reger Beteiligung aus der eigenen Gemeinde und aus dem Umland statt. Die Vernetzung der BK in Duderstadt reichte über die Grenzen hinweg bis in die Kirchenprovinz Sachsen. Der Kirchenkampf hatte sonst keine größeren Auswirkungen. Die Gemeindearbeit erlitt durch die NS-Zeit dagegen Einbußen. Der Jungmännerbund wurde 1936 aufgelöst, der Jungmädchenbund 1937. Die Frauenarbeit hielt sich im sogenannten Marthaverein unter Leitung der Gemeindeschwester bis 1940. 1942 erfolgte die Aufhebung der Bekenntnisschulen und Bildung von gemischten Knaben- und Mädchenvolksschulen. 1942 wurde in der ehemalige Luisenschule ein ev. KiGa eingerichtet (1967 in einen Neubau in der Kolpingstraße umgezogen).
1956 wurde die Heilig-Geist-KG Hilkerode aus der Servatius-KG ausgegliedert. Seit dem 1. Oktober 2000 sind beide Gemeinden pfarramtlich verbunden.7 2019 verkaufte die Gemeinde die Kapelle seit 1993 ungenutzte Kapelle in Westerode.
Seit Januar 2024 gehört die Gemeinde zur „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Eichsfeld“.8

Pfarrstellen

I: Vorref., 1652 aufgehoben, erneuert 1808. – II: 1893 Einrichtung einer Pfarrkollaboratur, ab 1. Juli 1950 Pfarrstelle.9 – III: 1. Februar 1955; 1. Juli 1956 auf die KG Hilkerode übergegangen, 1. Oktober 2000 aufgehoben.10

Umfang

Die luth. Einwohner von Duderstadt und den umliegenden Ortschaften (das Amt Duderstadt mit Ausnahme von Seulingen), die durch Verfügung vom 13. Januar 1858 nach Duderstadt eingepfarrt wurden. 1908 umfasste der Bezirk die Ortschaften Obernfeld, Hilkerode, Mingerode, Langenhagen, Fuhrbach, Brochthausen, Gerblingerode mit Forsthaus Lindenberg, Breitenberg mit Forsthaus Hübenthal, Tiftlingerode, Immingerode, Westerode, Werxhausen, Nesselröden mit Forsthaus Nesselröder Warte, Gut Herbigshagen mit Forsthaus Rote Warte, Esplingerode und Desingerode.11 Mit dem 1. Juli 1956 wurden die luth. Einwohner der Ortschaften Hilkerode, Breitenberg, Brochthausen, Fuhrbach und Langenhagen aus der KG Duderstadt ausgepfarrt und zur KG Hilkerode zusammengeschlossen.

Aufsichtsbezirk

Durch Verfügung vom 5. Dezember 1816 zur Insp. (1924: KK) Herzberg. Seit 2. Februar 2013 zum KK Harzer Land.

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, vor 1873

Kirche, Grundriss, vor 1873

Dreischiffige, sechsjochige Hallenkirche mit 5/8-Chorschluss. Das Mauerwerk besteht aus Sandstein aus der Nähe des Dorfs Brehme. Einwölbung 1510–25 (Chor und nördliches Seitenschiff mit Kreuzgewölbe, Mittelschiff mit Sterngewölbe und südliches Seitenschiff mit aufgelöstem Gewölbe). Aus der gleichen Zeit stammt wohl die an der nördlichen Seite angebaute Sakristei. 1908 wurde der Bau durch den Architekten Alfred Sasse (Linden/Hannover) erneuert. Bei einem Brand (17. Juni 1915) wurden Teile des Turms und die barocke Innenausstattung zerstört. 1974–77 und 2009–11 Sanierung der Kirche.

Fenster

Sieben Chorfenster mit figürlicher und symbolischer Darstellung (u. a. Advents-, Weihnachts-, Karfreitags-, Oster- und Pfingstfenster, 1917). Reformationsfenster im Südschiff: Luther mit aufgeschlagener Bibel und seinen Wirkungsstätten (1917).

Turm

Der quadratische Westturm wurde in der ersten Hälfte des 16. Jh. errichtet (Dehio). 1928 durch die Stadt als Eigentümer erneuert (Architekt: Karl Siebrecht, Hannover), gegenüber dem früheren Bau erhöht und mit einem achteckigen Helm zwischen aufragenden kupfergedeckten Ecken versehen. Den Fries unter Helm und Wetterhahn schuf Klara Gerlach. Das Turmuntergeschoss erhielt eine Gedächtnishalle für die im Krieg gefallenen Gemeindeglieder. Die Kirche verfügte früher auch über einen kleinen Chorturm, der um 1856 wegen Baufälligkeit abgetragen wurde.

Kirche, Blick zum Altar, um 1960, Postkarte

Kirche, Blick zum Altar, um 1960, Postkarte

Ausstattung

Die Kirche erhielt in nachref. Zeit eine barocke Ausstattung mit acht Altären. Der Barockaltar von Andreas Georg Kersten (1710–1714) wurde beim Brand 1915 vernichtet. Erhalten blieben nur das Altarbild des Hauptaltars (Kreuzigung), das im neuen Rahmen an der Ostseite des nördlichen Seitenschiffs aufgehängt wurde, sowie zwei Standbilder (der Auferstandene und Christus als guter Hirte; beide jetzt an der Westwand über der Empore). Neuer Altar mit einer vierteiligen Jugendstil-Altarwand; darauf die Symbole der Evangelisten, beiderseits betende Engel und in der Mitte ein schwarzes Kreuz (1925/28). – Jugendstil-Kanzel (1917), auf der Stütze Reliefs der Apostel Jakobus, Petrus, Paulus und Johannes, an der Kanzelbrüstung Porträtmedaillons von weiteren Aposteln. – Sechseckige, farbig gefasste, barocke Taufe aus Lindenholz (nach 1714). – An der Brüstung der Orgelempore 15 Tafelbilder von Prof. E. Jordan (Hannover) mit biblischen und kirchengeschichtlichen Themen (im südlichen Seitenschiff Abraham, Mose, David und Jesaja; im nördlichen Seitenschiff Petrus und Paulus, Bonifatius und Luther; in der Mitte Christus und die Seligpreisungen). – Epitaph der Duderstädter Familie von Wehren (dat. 1383) an der nördlichen Chorwand. – Gemälde „Christus in Gethsemane“ und „Die Verspottung Christi“ (im nördlichen Seitenschiff). – Gemälde des P. Benjamin Marks im Altarraum. – Gemälde Luthers an der Emporenbrüstung.

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1915

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1915

Orgel

Eine Orgel wird in St. Servatius 1566 erstmals erwähnt. Neubau ab 1771 durch den Orgelbauer Johann Michael Kahlert (Duderstadt), wohl 24 II/P (HW, OW). 1810 Reparatur und Änderung der Disposition durch den Orgelbauer Deppe (Nordhausen). Die Orgel wurde 1840 durch den Magistrat dem Ursulinenkloster überlassen und 1841 nach Osterhagen verkauft. 1840 Neubau in St. Servatius durch Friedrich Knauf (Großtabarz), 42 III/P (HW, OW, HintW).12 Einweihung 11. Oktober 1840. Die Knauf-Orgel wurde beim Brand der Kirche 1915 zerstört. Neubau 1929 durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover) nach Dispositionsentwurf von Christhard Mahrenholz (eines der ersten Instrumente der Orgelbewegung), 34 III/P (HW, BW, UW), pneumatische Traktur, Taschenladen.13 Wegen der technischen Schwächen des pneumatische Systems und Alterserscheinungen wurde das Werk 1974/77 durch Jürgen Ahrend (Leer-Loga) neu gebaut; 28 III/P (HW, OW, BW). Die Finanzierung erfolgte durch eine Stiftung des Unternehmers Max Näder. 2012 Reinigung durch den Orgelbauer Martin Wurm (Neustadtgödens).

Geläut

Fünf LG, I: d’; II: f’; III: g’; IV: b’; V: c’’ (alle Bronze, Gj. 1957, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). – Eine SG: f’’ (Bronze, Gj. 1975, Glockengießerei Heidelberg). – Früherer Bestand: Seit dem ausgehenden Mittelalter umfasste das Geläut zwei LG, deren ältere wohl aus dem 14. Jh. stammte und die jüngere (vermutlich von Andreas Botger) inschriftlich auf 1496 datiert war. Zwei SG befanden sich außen an der Ostseite des Turms. Alle vier wurden beim Brand 1915 zerstört. Von zwei neuen Bronze-LG der Firma F. Otto (Bremen-Hemelingen) in c’ und es’ (Gj. 1928) wurde die größere 1942 zu Rüstungszwecken abgegeben. Um eine bessere Abstimmung mit dem Geläut der kath. St.-Cyriakus-Kirche zu erreichen, wurde 1957 das gesamte Geläut neu gegossen (Glockenweihe am 12. Februar 1957). Die verbliebene Glocke von 1928 wurde an die Münster-KG in Einbeck (Einbeck, Alexandri) verkauft. Nach dem Ankauf einer weiteren SG (1975) wurde die bisherige als LG V in das Geläut eingereiht.14

Kapellenbau – Westerode
Westerode Kapelle

Kapelle Westerode, Blick von Südosten, 2010, Foto: Jan Stubenitzky (Dehio), CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Seit 1993 ungenutzt, 2017 entwidmet, seit 2018 Privateigentum, 2019 als Raum der Stille neu eröffnet.15 Neugotischer, dreiachsiger Backsteinbau mit Polygonapsis, ausgerichtet nach Norden, erbaut 1900/01 (Architekt: Otto Bollweg, Hannover). Satteldach. Steinsichtiges Mauerwerk mit hellen Putzflächen. An den Längsseiten Strebepfeiler, dazwischen große Spitzbogenfenster; an der Apsis zwei zweibahnige Spitzbogenfenster mit schlichtem Backsteinmaßwerk. Im Innern offener, trapezförmiger Dachstuhl im Schiff, Kreuzrippengewölbe in Apsis; kleine Südempore. 2019 Sanierung.

Turm

Vierseitiger Südturm. Gestufter, verschieferter Pyramidenhelm mit Glockengeschoss, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn. Zwei Spitzbogenfenster nach Süden, spitzbogiges Portal nach Süden.

Ausstattung

Hölzerner Altar mit neugotischen Verzierungen am Stipes. – Niedrige, lesepultartige Holzkanzel.

Geläut

Eine LG, g’’ (Bronze, Gj. 1903, Firma Ulrich, Apolda).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1524–1525 Magister Johann Brandenburg. – 1549–1559 Friedrich Krugk. – 1554–1566 Johann Zellmann. – 1558 Kaspar Schmidt. – 1558–1559 Georg Strael. – 1558–1574 und wieder 1579 Magister Nikodemus Veilmering (Wylmering). – 1574–1579 Magister Johann Stael. – 1559, 1562–1574, und 1599 (?) Konrad Graff. – 1573–1577 Rudolf Iring. – 1598–1599 Konrad Fabritius. – 1632 Magister Martin Frantzius. – 1632–1636 Magister Bartholomäus Pein. – 1631–1636 Magister Finkelthaus (Finkelhaus). – 1635–1637 (?) Magister Karl Oeding (Oething, Ording). – 1639–1641, 1642–1652 Georgius Georgii (Gregorii). – 1808–1815 Benjamin Adolf Marks. – 1817–1847 Gustav Karl Wilhelm Gruppe. – 1848–1861 Friedrich Gehrich. – 1862–181878 Adolf Friedrich Beermann. – 1879–1899 Karl Albert Otto Brauns. – 1910–1913 Henry Gustav Christian Grashoff. – 1913–1925 Karl Otto Heinrich Bruno Müller. – 1925–1929 Albert Heinrich Wilhelm Theodor Laasch. – 1930–1936 Georg August Franz Alexander Martin Stünkel. – 1936– Gottfried Richard Bernhard Rehkopf.
Hilfsgeistliche: 1893–1894 Wilhelm Christian Alexander Georg Lauenstein. – 1895–1897 August Robert Albert Paul Rauterberg. – 1897–1900 Franz Friedrich Wilhelm Bernhard Bulmahn. – 1900–1901 Karl Wilhelm Arthur Meyer. – 1901–1902 Adolf Armin Eduard Küster. – 1902–1904 Ernst August Alfred Schröder. – 1905–1907 Gottfried Maria Mirow. V 1907–1908 Johann Karl de Witt. – 1908–1910 August Theodor. – 1910–1915 Heinrich Alfred Eberhard Wilhelm Dunker. – 1915–1916 Hermann Kurt Wehrhahn. – 1916 Heinrich Karl Gerhard von Ancken. – 1918–1921 Heinrich Bernhard Thräde. – 1921 Gerhard Georg Karl Otto Gehrke. – 1923–1925 Albert Heinrich Wilhelm Theodor Laasch. – 1925 Kurt Hubert August Pabst. – 1925–1926 Paul Johann Walter Firnhaber. – 1926–1928 Lic. Georg Hoffmann. – 1928–1930 Klaus Heinrich Friedrich Bartels. – 1930–1931 Kurt Rudolf Hans Wilhelm Dargel. – 1931–1932 Immanuel Ludwig Johannes Georg Rabe. – 1933–1934 Hans Adolf Friedrich Ernst Paul Beensen. – 1934–1935 Karl Friedrich Wilhelm Nolte. – 1935–1936 Günther Marr. – 1936–1938 Heinz Wortmann. – 1938 Rudolf Martin Hans Hauser. – 1939– Hans Heinrich Harms.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 214–216

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2429–2447 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 498, 501 u. 506 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 1864–1874 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 485Digitalisat, 486Digitalisat, 487Digitalisat, 488Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 155 (Orgelsachverständiger); D 98 (EphA Herzberg); S 1 H III Nr. 416 (Kirchenkampfdokumentation).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1809
Trauungen: ab 1809
Begräbnisse: ab 1809
Kommunikanten: ab 1809
Konfirmationen: ab 1809

Frühere Eintragungen in den Kirchenbüchern der katholischen Gemeinden.

Literatur

A: Gemeindebuch KK Herzberg, S. 36–39; Kirchen KK Herzberg, S. 59–63; Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 101, Nr. 88; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Duderstadt, S. 135–138.
B: Hans-Reinhard Fricke und Hermann Tallau: Die St. Servatiuskirche – ein Duderstädter Baudenkmal. Dokumentation zu einer Fotoausstellung 2008 anlässlich „200 Jahre ev. Pfarrkirche St. Servatius“, [Duderstadt 2008]; F. J. Gebhardt: Blicke in die ev. Religions- und Kirchengeschichte zu Duderstadt, Göttingen 1817; Vinzenz Gerlach: Die Duderstädter Pfarrkirchen. St. Cyriakus, St. Servatius, Duderstadt 1979; Karlheinz Goldmann: Die Duderstädter Kirchenordnung von 1634, in: ZGNK 43 (1938), S. 240–245; Henry Grashoff: Festschrift zur Jahrhundertfeier der ev.-luth. Gemeinde zu Duderstadt, Duderstadt 1908; Reinhold Robert Kiermayr: Der Verlauf der Reformation und Gegenreformation in Duderstadt [Arizona State University 1982]; B. Müller: Zur Erinnerung an die Wiederherstellung der St. Servatiuskirche zu Duderstadt nach dem Brande am 17. Juni 1915, Duderstadt 1917; Hans Otte: „Segensvoll für den Einzelnen und die Gesellschaft“. Die Anfänge der St.-Servatius-Kirche in Duderstadt als evangelische Pfarrkirche 1808, in: Eichsfeld-Jahrbuch 16 (2008), S. 141–164; Torsten Rudolph: Die Glockenbestände der Duderstädter Kirchen im Einzelnen, in: Aus der Duderstädter Glockengeschichte, [Duderstadt 2011], S. 44 f.; Martin Stünkel: Die St. Servatiuskirche zu Duderstadt im Wandel der Jahrhunderte, Duderstadt 1935; Johann Wolf: Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt, Göttingen 1803.


Fußnoten

  1. MGH DD H I 20 [Digitalisat]; UB Eichsfeld, Nr. 7 und 8. Vgl. auch Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 51.
  2. Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Duderstadt, S. 91.
  3. UB Eichsfeld, Nr. 320.
  4. UB Eichsfeld, Nr. 681.
  5. Goldmann, S. 241.
  6. Otte, S. 147.
  7. KABl. 2000, S. 113.
  8. KABl. [in Vorbereitung].
  9. KABl. 1950, S. 37.
  10. KABl. 1955, S. 9; KABl. 1956, S. 85; KABl. 2000, S. 113.
  11. Grashoff, S. 51.
  12. Reinboth, Knauf, S. 124–127.
  13. Jäger, Mahrenholz, S. 313 f.
  14. Rudolph, S. 44 f.
  15. Siehe: LKA Hannover, Pressemitteilung, siehe auch michael-schmutzer.de.