Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Harzer Land | Patrozinium: Heilig Geist | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ortsname Hilkerode erstmals als Personenname belegt: Eine Urkunde aus dem Jahr 1294 nennt unter den Zeugen einen Bruno de Hideckerode.1 Das Dorf selbst ist in einer Urkunde von 1317 als Hiddekerode erwähnt, ausgestellt von Ilseke und Konrad von Hagen.2 Im Jahr 1392 verkauften die Brüder Hans, Otto und Heinrich von Hagen dem Rat der Stadt Duderstadt dat dorp Hiddekerode einschließlich Gericht und Vogtei, das sie und ihre Eltern bisher als Eigengut besessen hatten.3 Hilkerode wurde damit zu einem der Duderstädter Ratsdörfer. Duderstadt selbst, das Zentrum des Untereichsfelds, gehörte zum Territorium des Erzstifts Mainz; die Erzbischöfe hatten die Stadt zwischen 1334 und 1366 schrittweise von den welfischen Herzögen erworben (Fsm. Grubenhagen). Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 wurde das weltliche Territorium der Mainzer Erzbischöfe (Kurmainz) aufgehoben und Duderstadt fiel mit seinen Dörfern und den übrigen Orten des Eichsfelds an das Kgr. Preußen (Inbesitznahme bereits im Sommer 1802). In französischer Zeit zählte Hilkerode von 1807 bis 1813 zum Kanton Duderstadt im gleichnamigen Distrikt des Harzdepartements im Kgr. Westphalen. Mit den auf dem Wiener Kongress 1815 geschlossenen Verträgen kam Hilkerode an das Kgr. Hannover und gehörte nun zum Amt Duderstadt, nach dessen Auflösung 1859 zum Amt Gieboldehausen. Nach der Annexion von 1866 fiel das Gebiet wieder an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Hilkerode zum Kr. Duderstadt (1939: Lkr.), der 1973 weitgehend im Lkr. Göttingen aufging. Im gleichen Jahr wurde Hilkerode nach Duderstadt eingemeindet. Um 1810 lebten gut 470 Menschen in Hilkerode, 1900 gut 880 und 2019 knapp 970.
Ein Geistlicher in Hilkerode ist erstmals im Jahr 1327 belegt: In der Zeugenliste einer Urkunde ist ein domino Conemundo sacerdote de Hiddekerode genannt.4 Die Kirche und ihr Patrozinium Johannes der Täufer lassen sich 1422 nachweisen; die Urkunde nennt mit Anne Rypman und Petir Gyseler zudem zwei „Vormünder“ der Kirche.5 Nachdem Duderstadt das Dorf Hilkerode erworben hatte, übernahmen Vikare der Duderstädter Kirchen die pfarramtlichen Aufgaben in der Dorfkirche.
Seit den 1520er Jahren lassen sich luth. Prediger und Vikare in Duderstadt und seinen Ratsdörfern nachweisen.6 1558 besuchten Duderstädter Bürger „scharenweise“ den Gottesdienst in den Filialkirchen Hilkerode und Tiftlingerode und empfingen dort das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Das Pfarramt in Duderstadt übernahm im gleichen Jahr der Lutheraner P. Georg Strael (amt. 1558–1559) und um 1570 war die Bevölkerung des Eichsfelds größtenteils zur luth. Lehre gewechselt. Die gegenreformatorischen Bemühungen des Mainzer Erzbischofs setzten Mitte der 1570er Jahre ein und führte schließlich zu einer weitgehenden Rekatholisierung des Eichsfelds (in Duderstadt, das während des Dreißigjährigen Krieges erneut einige Zeit luth. war, konnte sich eine ev. Minderheit halten). Seit der ersten Hälfte des 17. Jh. lebten in Hilkerode, das seit 1575 Filialgemeinde von Rhumspringe war, „stets nur eine oder zwei Familien, die in ihren Häusern den evangelischen Gottesdienst feierten“.7
In den 1930er Jahren wohnten in Hilkerode „nur etwa 10 evangelische Christen“.8 Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des zweiten Weltkriegs stieg ihre Zahl auf rund 300 (1958); sie gehörten zur KG Duderstadt und wurden zunächst von Ostgeistlichen versorgt (P. Heymann, später P. Rosenfeld). Zum 1. Februar 1955 richtete das LKA Hannover eine dritte Pfarrstelle in der Gemeinde Duderstadt ein, die ihren Sitz in Hilkerode hatte.9 Erster Inhaber war P. Siegfried Beyer (amt. 1955–1984). Die Pfarrstelle ging anderthalb Jahre später, zum 1. Juli 1956, auf die neugegründete KG Hilkerode über, zu deren Gemeindegebiet auch Breitenberg, Brochthausen, Fuhrbach und Langenhagen gehörten.10 In diesem Gebiet lebten 1958 etwa 4.230 Katholiken und etwa 530 Protestanten.11 Die ev. Gemeinde bestand „fast ausschließlich aus Heimatvertriebenen, die aus den verschiedensten Gebieten des deutschen Ostens stammen. Sehr viele waren vor der Vertreibung selbständige Landwirte. Heute sind die meisten arbeitsfähigen Männer entweder in den Fabriken der Umgebung oder im Straßenbau tätig. Auch viele Frauen arbeiten in Fabriken. Im übrigen ist der Anteil an Altersrentnern sehr groß.“12
Auch nach der ersten Visitation der jungen KG 1958 betonte der Sup. des KK Herzberg die Heterogenität der auf fünf Dörfer verteilten Gemeinde: „Vom entfremdeten Breslauer oder Stettiner Großstädter bis zum gläubig-frommen Wolhyniendeutschen ist beinahe jede Abstufung vertreten.“13 Zudem waren weder Kirche noch Gemeinderäume vorhanden, was den Gemeindeaufbau zusätzlich erschwerte. Zum Gottesdienst versammelte sich die ev. Gemeinde in den kath. Kirchen in Hilkerode und den vier Außendörfern, jeweils nach Ende der kath. Messen. Knapp dreieinhalb Jahre nach ihrer Gründung schließlich konnte die KG Hilkerode zusammen mit Lbf. Hanns Lilje (amt. 1947–1971) Ende Oktober 1959 ihre neue Heilig-Geist-Kirche einweihen. Sie steht am östlichen Ortsrand Hilkerodes. Den Bau hatte der Gustav-Adolf-Verein finanziell unterstützt. Seit April 1960 zählen auch die beiden Orte Rüdershausen und Rhumspringe zur KG Hilkerode.14 Dadurch vergrößerte sich die Zahl der Gemeindeglieder auf etwa 900 (1964). Obwohl Männer-, Frauen-, Jugend- und sonstige Gemeindearbeit weitgehend fehlten, war die Gemeinde Hilkerode nach Einschätzung des Herzberger Sup. zu einer „lebendigen Kirchengemeinde“ mit regem Gottesdienstbesuch zusammengewachsen.15 Aus den Außendörfern fuhren sonntäglich von der Gemeinde gemietete Privatbusse zur Kirche in Hilkerode (aus Rhumspringe und Rüdershausen nur alle zwei Wochen). 1978 betonte der Sup., dieser Buszubringerdienst müsse mit Unterstützung der Landeskirche „unter allen Umständen aufrechterhalten bleiben“.16
Seit Ende der 1970er Jahre laden ev. und kath. Gemeinde am Weltgebetstag der Frauen in Hilkerode zu einem ökumenischen Gottesdienst ein.17 Als eine Bereicherung des Gemeindelebens empfand der Sup. die Einrichtung eines Gesprächskreises, wie er im Bericht zur Visitation 1983 anmerkte. Wesentlich für die KG Hilkerode sei weiterhin ihre Diasporasituation: Ihre Gemeindeglieder lebten „verstreut und zum Teil vereinzelt in ihren Dörfern“, der Gottesdienst sei „die stärkste integrierende Kraft“, es habe sich „ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickelt“ und ihre Gemeindeglieder seien aufgrund der Nachbarschaft zu den kath. Gemeinden immer wieder genötigt, „ihren eigenen Glauben zu reflektieren“.18
Mit Pn. Astrid Schwerdtfeger (amt. 1986–1995) übernahm erstmals eine Pastorin ein Pfarramt im Eichsfeld.19 In ihre Amtszeit fiel die Gründung eines Kirchenchors (1987). Angesichts sinkender Gemeindegliederzahlen wandelte das LKA Hannover die Hilkeroder Pfarrstelle 1996 in eine Dreiviertelstelle um.20 Seit Oktober 2000 ist Hilkerode pfarramtlich mit Duderstadt verbunden; die Hilkeroder Pfarrstelle wurde aufgehoben, der Sitz der zweiten Duderstädter Pfarrstelle jedoch vorerst nach Hilkerode verlegt.21 Duderstadt und Hilkerode gehören zur Region Eichsfeld im KK Harzer Land. Seit Januar 2024 sind beide Gemeinden Teil der „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Eichsfeld“.22

Umfang

Hilkerode sowie Breitenberg, Brochthausen, Fuhrbach und Langenhagen. Seit dem 1. April 1960 auch Rhumspringe und Rüdershausen (vorher KG Wollershausen).23

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1956 zum KK Herzberg. Seit 1. Januar 2013 KK Harzer Land.24

Kirchenbau

Schlichter Rechteckbau, an der Südseite mit Gemeindehaus- und Sakristeianbau, errichtet 1958/59 und 1988 (Entwurf: Walter Blaich, Hildesheim). Knickdach. Längsseiten hell verputzt, Giebelseiten mit hellen Kalksteinklinkern verkleidet. Rechteckfenster an Längs- und Giebelseiten. An der Nordwand neben Turm und Haupteingang Inschrift: „O Land, Land, Land, Höre des Herrn Wort“. Nebeneingang nach Osten (Sakristei). Im Innern holzverschaltes Tonnengewölbe; Westempore; an der Ostwand Kreuzförmiges Wandbild mit Agnus Dei (1959). Im Westteil Gemeinderaum (kann zum Kirchsaal hin geöffnet werden). 1988 Gemeindehausanbau an Südseite errichtet. 1998 Mauerwerkssanierung. 2016 Neugestaltung Innenraum.

Turm

An der Nordseite vierseitiger, mit hellen Kalksteinklinkern verkleideter Turm mit Satteldach, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn. Je ein rechteckiges Schallfenster nach Osten und Westen, je zwei nach Norden und Süden. Uhrziffernblätter nach Norden und Westen. Nach Westen Haupteingang mit zweiflügeliger Bronzetür.

Ausstattung

Schlichter Tischaltar aus Natursteinblöcken (Harzer Dolomit). – Schlichte, leicht erhöhte Kanzel. – Schlanker Taufstein (1959).

Orgel

Ende 1960 Kauf einer fast neuen Orgel, erbaut Anfang 1960 von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 4 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Instrument eigentlich für Kapelle des Johanniter-Krankenhauses in Gronau gebaut, dort nicht abgenommen, weil „vorher eine ander Disposition vereinbart war und das Instrument sich für den nur kleinen Kirchensaal als zu laut herausgestellt hat“.25 2021 Instandsetzung, Firma Werner Bosch (Niestetal).

Geläut

Drei LG, I: c’’, Inschrift: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Matth. 28/20“; II: d’’, Inschrift: „Amen, ja komm, Herr Jesu. Offb. 22/20“; III: f’’, Inschrift: „Im Anfang war das Wort. Joh. 1/1“ (alle Bronze, Gj. 1959, Firma Rincker, Sinn), alle Glocken tragen überdies die Inschrift: „Evangelisch-lutherische Kirche Hilkerode“ und als Bild das Christusmonogramm.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1956, um 2015/16 verkauft).

Friedhof

In Hilkerode und Rüdershausen kirchliche Friedhöfe in Trägerschaft der kath. Pfarrei St. Sebastian Rhumspringe. – Kommunale Friedhöfe in Breitenberg, Brochthausen, Fuhrbach und Langenhagen (Stadt Duderstadt). – Kommunaler Friedhof in Rhumspringe (Samtgemeinde Gieboldehausen).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 1399 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 8129 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1956
Trauungen: ab 1956
Begräbnisse: ab 1956
Kommunikanten: ab 1956
Konfirmationen: ab 1956
Früher: siehe Duderstadt.

Literatur

A: Gemeindebuch KK Herzberg, S. 39–40; Kirchen KK Herzberg, S. 46–47; Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 204–205; Opfermann, Eichsfeld, S. 141.
B: Rudolf Diedrich: Das Dorf Hilkerode. Eine historisch-politische und sozio-ökonomische Beschreibung, Duderstadt 1999; Reinhold Robert Kiermayr: Der Verlauf der Reformation und Gegenreformation in Duderstadt [Arizona State University 1982].


Fußnoten

  1. UB Teistungenburg I, Nr. 30. Vgl. insgesamt und zur Zuordnung vermeintlich älterer Belege: Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 204; Diedrich, S. 23 f.
  2. UB Duderstadt, Nr. 16. Vgl. auch Diedrich, S. 27.
  3. UB Duderstadt, Nr. 195: „…dat dorp Hiddekerode unde alle wat wie dar hebbin, myd alle den rechtin, vryheiden, wonheiden, gevellin, dat gerichte myd voghedie, dienste unde myd allir slachten nut, also dar von aldere togehort hefft unde noch tohored in veldem in holtem in dorppe, in watir unde in weide, unde also unse eldern und wie dat dorp hiddekerode unde die gude wynther gehat hebbin, frye, eygen, ledich und los…“. Vgl. auch Diedrich, S. 51 ff. (mit Übersetzung der Urkunde).
  4. UB Walkenried I, Nr. 1022.
  5. UB Duderstadt, Nr. 258; StadtA DUD Rep. 1 Nr. 178; Diedrich, S. 70 f.
  6. Diedrich, S. 70 ff.; speziell zu Duderstadt: Kiermayr, S. 120 ff.
  7. Diedrich, S. 77 und S. 211 f.
  8. Gemeindebuch KK Herzberg, S. 39; vgl. auch Diederich, S. 383 und S. 405.
  9. KABl. 1955, S. 9.
  10. KABl. 1956, S. 85.
  11. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1958.
  12. Gemeindebuch KK Herzberg, S. 39.
  13. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1958.
  14. KABl. 1960, S. 63.
  15. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1964.
  16. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1977.
  17. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1983.
  18. LkAH, L 5c, unverz., Hilkerode, Visitation 1983.
  19. Diedrich, S. 435.
  20. KABl. 1996, S. 111.
  21. KABl. 2000, S. 113.
  22. KABl. [in Vorbereitung].
  23. KABl. 1960, S. 63.
  24. KABl. 2012, S. 344 f.
  25. LKA, G 9 B/Hilkerode, Bl. 3.