Frühere Gemeinde | Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Margareta1 | KO: Osnabrücker KO von 1652

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf Voxtrup, seit 1972 Stadtteil von Osnabrück, ist urkundlich erstmals als Vockestorp in einem Gerichtsschein aus der Regierungszeit Bf. Markwards von Osnabrück erwähnt, der dem Bistum von 1088 bis 1093 vorstand.2 Die Bauerschaft Voxtrup (mit Düstrup, Hickingen und Sandfort) gehörte seit Ende des 14. Jh. zum Amt Iburg des Hochstifts Osnabrück und kam 1814 zum Amt Osnabrück, zunächst im Kgr. Hannover und ab 1866 im Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählte Voxtrup zum Kr. Osnabrück. 1972 wurde der Ort in die Stadt Osnabrück eingemeindet. Die Bevölkerung des ursprünglich bäuerlichen Voxtrup setzte sich 1961 überwiegend aus Arbeiterfamilien zusammen (im Gemeindeteil Schölerberg lebten zudem Beamte der Post, Bundesbahn und Bundeswehr sowie „Angehörige gebildeter Schichten“). „Nach westfälischer Bauweise“, schrieb der Ortspfarrer, „liegen die Wohnungen weit verstreut, gemischt mit den Wohnungen der Katholiken.“3 Mittlerweile lässt sich Voxtrup als Wohngebiet in Stadtrandlage charakterisieren. Im Jahr 1821 lebten gut 600 Menschen in Voxtrup, 1905 gut 1.040 (davon 270 ev.), 1939 etwa 2.640, 1961 rund 4.110 und 2016 knapp 7.140.

Voxtrup, Barackenkirche, Zeichnung

Zeichnung der Barackenkirche und des Glockenturms in Voxtrup, 1950

Kirchlich gehörte Voxtrup seit 1147 zum Osnabrücker Kirchspiel St. Johann.4 Bis ins 20. Jh. hinein blieb der Ort überwiegend kath., die ev. Bevölkerung besuchte die Katharinenkirche und seit 1909 die neue Lutherkirche.5 Eine eigene kath. Kirche besaß der Ort seit 1934 (St. Antonius, Pfarre 1954). Mitte der 1920er Jahre war die Zahl der ev. Einwohner in Voxtrup auf etwa 800 gestiegen.6 P. Wilhelm Saalbach (amt. 1927–1960), Pfarrer an der Lutherkirche, hielt wöchentliche Bibelstunden in der ev. Schule und im Sommer Waldgottesdienste im Park von Gut Sandfort. Bereits 1931 existierten Pläne, in Voxtrup eine Kapelle zu errichten; sie scheiterten jedoch, nachdem der Gesamtverband der Katharinen- und der Luthergemeinde eine finanzielle Unterstützung abgelehnt hatte.7 Während der NS-Zeit durfte P. Saalbach keine Bibelstunden mehr in der Schule veranstalten.
Mit dem Zuzug Geflüchteter stieg nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Zahl der ev. Einwohnerinnen und Einwohner schnell an und lag 1946 bei etwa 1.400. Alle zwei Wochen versammelte die Gemeinde sich zu einem Gottesdienst in der Gaststätte „Rahenkamp“; da die ev. Schule zerstört worden war, hielt P. Saalbach die Bibelstunden in der kath. Schule. Im Oktober 1948 gründete sich ein Kapellenbauverein, der mit Unterstützung des Landeskirchenamtes einen Bauplatz erwarb. Hier stellte die Gemeinde „eine hadrian hut, eine Kirchenbaracke aus englischem Besitz“ auf, die ihr die britischen Truppen günstig überlassen hatten („Es war ein christmas present“).8 Zum 1. Oktober 1950 gründete sich die KapG Voxtrup und wenige Tage später weihte Lbf. Hanns Lilje die Margaretenkapelle ein.9 Für die drei Bronzeglocken, gestiftet von den Familien Borges und Ordas, hatte die Gemeinde neben der Notkirche einen kleinen, hölzernen Glockenturm errichtet. Drei Jahre später erhielt die Margaretenkapelle eine Orgel. Zum 1. April 1957 gründete sich schließlich die eigenständige „Ev.-luth. Margaretenkirchengemeinde Voxtrup“, zu der neben Voxtrup auch die östlichen Teile der Stadtteile Fledder und Schölerberg kamen (bislang Luther- bzw. Paulusgemeinde). Die neue KG wurde Mitglied im Gesamtverband Osnabrück.10 Die neu errichtete Pfarrstelle der Gemeinde übernahm P. Gottfried Hüttmann (amt. 1957-1965), 1961 hatte die KG 3.400 Gemeindeglieder.

Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Bereits im Jahr ihrer Gründung eröffnete die Gemeinde einen ev. Kindergarten (Kita Margareten, seit 2014 in Trägerschaft des KK Osnabrück).11 Der Bau der Kirche verzögerte sich – nicht zuletzt, da die KG während der Planungsphase sowohl das Baugrundstück als auch den Architekten wechselte.12 Nach der Grundsteinlegung im Dezember 1960 konnte die Gemeinde ein knappes Jahr später das Gemeindehaus einweihen und 1963 auch die Margaretenkirche. Kirchenbaracke und Glockenturm von 1950 ließ die Gemeinde abreißen, um Platz für die Neubauten zu schaffen. Schon bei der ersten Visitation der neuen Gemeinde im Herbst 1961 war absehbar, dass sich die gerade gegründete KG bald wieder verkleinern würde: Die östlichen Gebiete der Stadtteile Schölerberg und Fledder sollten an die geplante Lukasgemeinde fallen. Nach Gründung dieser neuen KG 1965 schrumpfte die Margaretengemeinde von 3.400 auf etwa 1.750 Gemeindeglieder, allerdings hatten sich viele Einwohnerinnen und Einwohner des fraglichen Gebiets zuvor zur Luthergemeinde gehalten. Der „Kern der Gemeinde“, so resümierte der Sup. des KK Osnabrück 1967 sei „zusammen geblieben und hat ein erfreuliches geistliches Leben entwickelt“.13 Auch Mitte der 1970er Jahre fällte der Visitator ein positives Urteil. Er schrieb u. a., der „Diakonie-Kreis der Voxtruper Gemeinde hat geradezu das, was man heute Modellcharakter nennt“; zudem liege die Gemeinde hinsichtlich des Gottesdienstbesuchs, der Abendmahlsgäste und der Spendenbereitschaft „an der Spitze im Kirchenkreis“.14
In den späten 1950er Jahren baute die Gemeinde eine Partnerschaft mit der KG Espenhain bei Borna in Sachsen auf; zudem wirkte sie aktiv in der seit 1981 gepflegten Kirchenkreispartnerschaft zwischen Osnabrück und Umfolozi (Südafrika) mit. Seit Mitte der 1990er Jahre bildeten die Gemeinden Luther, Margareten, Melanchthon und Lukas die Region Süd-Ost des KK Osnabrück. Sparmaßnahmen – Reduzierung von Pfarr- und Diakonenstellen – führten zu einer wachsenden Zusammenarbeit der vier Gemeinden, die 2009 in ihre Fusion zur „Ev.-luth. Südstadt-Kirchengemeinde in Osnabrück“ mündete.15

Umfang

Die Ortschaften Voxtrup, Düstrup und Gut Sandfort (seit 1972 Osnabrücker Stadtteil Voxtrup), einige Häuser von Nahne sowie die östlichen Teile der Stadtteile Fledder und Schölerberg.16 Die Gebiete in Nahne, Fledder und Schölerberg 1965 an neue Lukasgemeinde abgegeben; zur Margaretengemeinde gehörten seitdem die Gebiete östlich der Autobahn A 33.17

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1957 zum KK Osnabrück.

Kirchenbau

Viereckiger Stahlbetonbau mit stufig geschwungener Südwand und geschwungenem Flachdach, erbaut 1960-63 (Architekten: Heinz C. Däke †, Hans Pause, beide Osnabrück). Südfassade mit großen Fensterflächen, übrige Seiten fensterlos, Eingangsportal nach Norden. Im Innern holzverkleidete Decke; Westempore, darunter Taufkapelle. Innenrenovierung 2000.

Kirche, Blick zum Altar, vor 1967

Kirche, Blick zum Altar, vor 1967

Fenster

Im Kirchenschiff fünf farbige Betonglasfenster zum Pfingstereignis (Apg 2); Tauffenster mit angedeutetem Christusmonogramm (alle 1963, Hans Sasse, Hannover; Erstlingswerk); im Altarraum bodentiefes Wabenfenster.

Turm

Freistehender Turm aus Stahlbeton, flaches Schmetterlingsdach, bekrönt mit Kreuz. Schallfenster nach Norden und Süden, oberhalb an allen vier Seiten Uhrziffernblätter.

Vorgängerbau

Hölzernes „Barackenkirchlein“18 mit Dachreiter, errichtet 1950 aus den Bauteilen einer Freizeitbaracke der brit. Truppen; daneben freistehender, offener Glockenturm (rund, mit schmaler, hoch ausgezogener Spitze; Architekt: Adolf Ide, Osnabrück). Abgerissen 1961. Im Dachreiter Turmuhr (Eduard Korfhage & Söhne, Buer).

Ausstattung

Altartisch aus Basalt mit hölzerner Mensa (1963, Helmut Rogge, Hannover). – Bronzekreuz an Altarwand (1967, Helmut Rogge, Hannover). – Schlichter Taufstein aus Basalt (1963, Helmut Rogge, Hannover), ursprünglich in Taufkapelle gegenüber dem Eingang, seit den 1990er Jahren im Altarraum. – Wandbild aus Metall und Textilien (1993, Norbert Labenz).

Orgel

Orgel

Orgel

Zunächst Harmonium. 1953 Kleinorgel in Kirchenbaracke aufgestellt, erbaut von Firma Rohlfing (Osnabrück), 6 I/P, im Manual mechanische Traktur, Schleiflade, im Pedal pneumatische Traktur, Taschenlade; 1963 verändert und auf der Empore der Margaretenkirche aufgestellt.19 Planung eines Orgelneubaus 1961-65.20 Neubau 2000, Martin ter Haseborg (Uplengen, Orgelbau in Ostfriesland GmbH & Co KG), 10 II/P mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Sechs LG, I: gis’, Inschrift: „Wir denken an eure Geduld in der Hoffnung“; II: a’, Inschrift: „Wir denken an eure Arbeit in der Liebe“; III: h’, Inschrift: „Wir denken an euer Werk im Glauben“ (alle Bronze, Gj. 1963, F. Otto, Bremen-Hemelingen), gestiftet von Dora Borges und Else Ordas; IV: cis’’; V: e’’; VI: fis’’ (alle Bronze, Gj. 1964, F. Otto, Bremen-Hemelingen). – Früherer Bestand: Drei LG: I: cis’’, Inschrift: „Glaube. Zum Gedächtnis an unsere lieben Eltern Gustav Borges und Elise Borges geb. Boes, gestiftet von Dora Borges, Walter und Else Ordas geb. Borges. Osnabrück 8. X. 1950“; II: e’’ Inschrift: „Hoffnung. Zum Gedächtnis an unseren lieben Bruder und Schwager Fritz Borges, gestiftet von Walter und Else Ordas geb. Borges. Osnabrück 8. X. 1950“; III: fis’’ Inschrift: „Liebe. Zum Gedächtnis an unseren lieben Sohn und Neffen Fritz Ordas, gestiftet von Walter und Else Ordas geb. Borges. Osnabrück 8. X. 1950“ (alle Bronze, Gj. 1950, F. Otto, Bremen-Hemelingen); aus klanglichen Gründen 1964 umgegossen zu jetzigen LG IV, V und VI.21

Weitere kirchliche Gebäude

Kindergarten (Bj. 2003, Vorgängerbau Bj. 1957). – Gemeindehaus, westlich an Kirche anschließend (Bj. 1961, abgesehen vom Gemeindesaal 2016 zu Kinderkrippe umgebaut). – Pfarrhaus (Bj. 1981, Vorgängerbau am Wellmannsweg Bj. 1957).

Friedhof

Kath. Friedhof, erste Beerdigung 1935.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 9 Nr. 674-678 (Amt für Bau- und Kunstpflege); L 5f Nr. 24, 29, 311, 940 (LSuptur. Osnabrück); S 11a Nr. 8186 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1957
Trauungen: ab 1957
Begräbnisse: ab 1957
Konfirmationen: ab 1957

Früher siehe Osnabrück, Luther.

Literatur

A: Poppe-Marquard, Kirchenchronik, S. 196–199; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 36; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 263–264.
B: Festschrift zur Einweihung der Evangel.-luth. Margaretenkirche in Voxtrup am 20. Oktober 1963, hrsg. vom Kirchenvorstand der Evangelisch-lutherischen Gemeinde der Margaretenkirche, Osnabrück 1963; Voxtrup 1088–1988. Berichte aus der Zeit seiner Entwicklung, hrsg. vom Bürgerverein Voxtrup e. V., Quakenbrück 1988, bes. S. 287–289 und 309–310; Wilhelm Saalbach: Die Entstehung der Kapellengemeinde Voxtrup, 1955 (Typoskript, 8 S., in: LkAH, L 5f, Nr. 29, Visitation 1955).

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Der Antrag des KapV zur Namensgebung der Margarethenkapelle (1951) nimmt Bezug auf die Märtyrerin Margareta von Antiochia († 307), LkAH, B 2 G 9, Bl. 94–95. In der Festschrift zur Einweihung der Margaretenkirche (1963) heißt es hingegen: „Der Name der ‚Margaretenkirche‘ wurde aus dem biblischen Gleichnis von der köstlichen Perle (Matth. 13, 45 und 46) gewählt. In der altgriechischen Sprache heißt ‚Margarites‘ die Perle.“, Festschrift, S. 8.
  2. Osnabrücker UB I, Nr. 203; der Gerichtsschein ist als Abschrift des 14. Jh. erhalten. Vgl. auch Voxtrup, S. 14 f. (Abb. und Übersetzung).
  3. LkAH, L 5f, Nr. 24 (Visitation 1961); der Sup. nannte die Margaretengemeinde eine „dörflich-halbstädtische Gemeinde“.
  4. Osnabrücker UB I, Nr. 276.
  5. Voxtrup, S. 287.
  6. Zur Gründungsgeschichte der KapG Voxtrup vgl. Saalbach, sowie Festschrift, S. 7 ff.
  7. Rückblickend schrieb P. Saalbach 1955: „Dabei war Geld hinreichend vorhanden. Es ist unverständlich und unverzeihlich, dass einer aufstrebenden Gemeinde, die damals schon, prozentual gesehen, den besten Kirchenbesuch von allen Osnabrücker Gemeinden stellte, nicht geholfen wurde nach Gal. 6,2“ (Saalbach, S. 2).
  8. Saalbach, S. 3.
  9. KABl. 1950, S. 84.
  10. KABl. 1957, S. 53.
  11. Festschrift, S. 9; Koch, Heimat, S. 108 f. (dort: 1956).
  12. LkAH, L 5f, Nr. 24 (Visitation 1961), im KV gab es daher „Interessenkämpfe, welche die Zusammenarbeit außerordentlich belasteten“. Vgl. auch ebd., Nr. 940.
  13. LkAH, L 5f, Nr. 24 (Visitation 1967); mit den Änderungen 1965 sei die „den Wohnverhältnissen entsprechende Grenzfestsetzung“ erreicht worden. Vgl. auch ebd., Visitation 1961.
  14. LkAH, L 5f, Nr. 24 (Visitation 1974).
  15. KABl. 2008, S. 251 f.
  16. KABl. 1957, S. 53.
  17. KABl. 1965, S. 204.
  18. Sup. Heinrich Grimm, LkAH, L 5f, Nr. 29 (Visitation 1953).
  19. LkAH, B 2 G 9 B/Osnabrück, Voxtrup Bd. I, Bl. 45; LkAH, L 5f, Nr. 24 (Visitation 1974).
  20. LkAH, B 2 G 9 B/Osnabrück, Voxtrup Bd. I, Bl. 17 ff.
  21. LkAH, B 2 G 9 B/Osnabrück, Voxtrup Bd. I, Bl. 44.