Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Heilig Geist (ab 1722) | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

In der Zeugenliste einer Urkunde des Hildesheimer Bf. Bruno aus dem Jahr 1160 findet sich der Name Heinricus de Storinge.1 Dies ist der älteste schriftliche Nachweis für die Existenz des Dorfes. Wesentlicher Grundbesitzer im Störy war das Kloster Lamspringe.2 Das Dorf gehörte zum hildesheimischen Amt Wohldenberg, das nach 1275 aus dem ehemaligen Gebiet der Grafen von Wohldenberg hervorgegangen war.3 Nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel das gesamte Amt Wohldenberg an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel und wurde erst 1643 mit der Restitution des Großen Stifts wieder hildesheimisch. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Territorium des Hochstifts Hildesheim 1803 an Preußen. In der Zeit des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) gehörte Störy zum Kanton Bockenem des Distrikts Goslar im Okerdepartement. Danach kam das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Wohldenberg, das 1852/59 im Amt Bockenem aufging. Nach der Annexion Hannovers 1866 wieder preußisch, gehörte Störy seit 1885 zum Kr. Marienburg (1946 Lkr. Hildesheim-Marienburg, 1977 Lkr. Hildesheim). Das Dorf wurde 1974 nach Bockenem eingemeindet. Störy, ebenso wie seine Nachbardörfer Hary und Bönnien, blieb lange landwirtschaftlich geprägt; noch 1968 resümierte der Sup., trotz „industriell tätiger Bevölkerung“ und „Vertriebenenzuzug“: die „maßgebende Schicht in den Dörfern ist bislang immer noch die bäuerliche“.4 Ein Wandel trat in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ein.5 Störy hatte 1810 gut 250 Einwohner, 1848 gut 360, 1939 noch knapp 210 und 2011 etwa 230.6

Ansicht der Kirche von Südosten, 2009

Ansicht der Kirche von Südosten, 2009, Foto: Dieter Rüdiger, CC BY-SA 3.0 de

Ende des 13. Jh. errichteten die Dorfbewohner mit Erlaubnis des Bf. von Hildesheim eine Kapelle, die St. Adrian gewidmet war. Bf. Siegfried übertrag das Patronatsrecht über die neue capelle in Storinge 1296 dem Kloster Lamspringe.7 1323 gehörte der Kaplan Dietrich in Störy zu den Stiftern des Kalands in Bockenem.8 Eine Urkunde aus dem Jahr 1352 nennt wiederum einen Geistlichen der Kapelle in Storinghe, allerdings ohne Namen.9
Zur Zeit der Reformation war Störy Teil des welfischen Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel und erlebte damit eine erste Einführung der neuen Lehre 1542, nachdem die Truppen des Schmalkaldischen Bundes Hzg. Heinrich den Jüngeren vertrieben hatte. Die Statthalterregierung, die Lgf. Philipp von Hessen und Kfs. Johann Friedrich von Sachsen eingesetzt hatten, beauftragte Johannes Bugenhagen, Martin Görlitz und Antonius Corvinus damit, die Gemeinden des besetzten Fsm. zu visitieren und die Pfarrer zu begutachten; 1543 erschien die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles, die Corvinus und Görlitz verfasst hatten; 1544 fand eine weitere Generalvisitation statt.10 Störy war seinerzeit eine Tochtergemeinde (filia) von Bockenem, die Kommende besaß ein Johann Kramer.11 1547 konnte der kath. Hzg. Heinrich der Jüngere nach Wolfenbüttel zurückkehren und begann mit der Rekatholisierung seines Fsm. Heinrichs Sohn und Nachfolger Hzg. Julius, der 1568 die Regierung übernahm, führte im gleichen Jahr erneut die luth. Lehre im Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel ein, ordnete wiederum eine Visitation an und erließ 1569 die später sogenannte Calenberger Kirchenordnung.12 1568 war P. Hermannus Schifer als mercenarius für Störy zuständig, er war gleichzeitig auch Pfarrer in Groß Ilde und Klein Ilde sowie in Evensen.13 Zwischen 1600 und 1625 etablierte sich dann die pfarramtliche Verbindung der drei Gemeinden Störy, Hary und Bönnien. Seit P. Nikolaus Panzerbitter (amt. 1626/27–1642) lässt sich diese Verbindung kontinuierlich belegen, Pfarrsitz war durchgehend in Hary.14 Eine Schule ist in Störy erstmals 1639 nachweisbar.15 Mit der Restitution des Großen Stiftes wurde das luth. Störy 1643 wieder hildesheimisch und hatte mit dem Bf. von Hildesheim nun einen kath. Landesherrn.
Im 18. Jh. war die Pfarrstelle der drei Gemeinden über drei Generationen in der Hand der Familie Beuermann: zunächst hatte P. Joachim Melchior Beuermann (amt. 1701–1748) die Pfarre inne, ihm folgte sein Sohn P. Joachim Ludolf Beuermann (amt. 1748–1789) und diesem wiederum sein Sohn Dietrich Julius Beuermann (amt. 1790–1821). Nacheinander ließen die Beuermanns die Kirchen der drei Gemeinden erneuern: 1722 in Störy, 1753/54 in Hary und 1801 in Bönnien. Eine Inschrift am Kanzelaltar in Störy erinnert an den Neubau und nennt auch das neue Patrozinium des Gotteshauses: „Anno 1722 ist diese Kirche gebaut und den 4. Advent von Pastor Melchior Beuermann eingeweihet und die H[eilig] Geist Kirche genennet worden“.16
In der zweiten Hälfte des 20. Jh. erlebten die drei Gemeinden häufige Pastorenwechsel.17 Zum 1. Januar 1972 hob das Landeskirchenamt die kleine KG Störy auf und pfarrte ihre Mitglieder in die KG Hary ein.18

Umfang

Das Dorf Störy.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Bockenem der Diözese Hildesheim. – Um 1544 Insp. Bockenem. 1570 zur neuen Insp. Baddeckenstedt. Seit etwa 1650 Insp. der Ämter Wohldenberg und Bilderlahe (ohne festen Superintendentursitz).19 1807 Insp. Bockenem, Sitz der Suptur bis 1817 in Nette, dann in Sehlde.20 1833 zur neu organisierten Insp. (1924: KK) Bockenem.

Patronat

Ab 1296 das Kloster Lamspringe (bis 1803).

Kirchenbau
Ansicht der Kirche von Süden, 1908

Ansicht der Kirche von Süden, 1908

Rechteckige, verputzte Saalkirche, erbaut 1722–24. Satteldach, Rechteckfenster, zwei Strebepfeiler an Ostwand. Im Innern flachgewölbte Decke, Westempore (getragen von zwei geschnitzten Pfeilern) und Ostempore (Aufgang zur Kanzel). Renovierung 1974–76, Sanierung und statische Sicherung 2003–06.

Turm

Gedrungener Westturm, wohl 15. Jh. (bei Sanierung 2003 eingemauerte Balken auf 1450 datiert).21 Verschiefertes Walmdach mit achteckigem Dachreiter, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne.

Vorgängerbau

Adrianskapelle, erwähnt 1296, etwa fünf Meter kürzer als heutiger Bau, wohl mit halbrunder Apsis im Osten.22

Ausstattung

Kanzelaltar (1722), Abendmahlsbild in Predella, an Kanzelwandungen und daneben Figuren Christi und der vier Evangelisten, Kanzel flankiert von zwei mit Girlanden umwundenen korinthischen Säulen sowie Figuren des Moses und Johannes des Täufers, Schalldeckel von zwei Engeln gehalten, im gesprengten Giebel Gottvater und Christus mit Siegesfahne.

Orgel, Zustand April 1976

Orgel, Zustand April 1976

Orgel

1858/59 Neubau der Gebrüder Euler (Gottsbüren), 10 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen und Abgabe zu Kriegszwecken, später durch Zinkpfeifen ersetzt. Orgel 1978 restauriert, Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen). Instandsetzung und Einbau neuer Zinnprospektpfeifen 2005/06, Orgelbaufirma Sauer & Heinemann (Höxter). Denkmalorgel.

Geläut

Zwei LG, I: bʼ, Inschrift: „Verleih uns Frieden gnädiglich. Anno 1962“; II: cʼʼ Inschrift: „O Land, Land, höre des Herrn Wort. Jeremia 22,29. Anno 1962“ (beide Bronze, Gj. 1963, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). 1967 schrieb der Glockenrevisor „Dies Geläut ist das schönste im Ambergau“.23 – Früherer Bestand: 1784 zwei LG erwähnt. Eine Lg (Bronze, Gj. 1800, Heinrich Albrecht Bock, Einbeck), im Juli 1918 zu Kriegszwecken abgegeben. Eine LG, Inschrift u. a. „Wir rufen euch durch unseren Klang: Bringt eurem Schöpfer Dank“ (Bronze, Gj. 1816), 1942 zu Kriegszwecken abgegeben. Eine LG (Eisen, Gj. 1919, Firma Weule, Bockenem) und eine LG (Eisen, Gj. 1946) 1962 abgenommen und durch heutige Bronzeglocken ersetzt.24

Friedhof

Alter Friedhof rund um die Kirche, neuer Friedhof am Nordostrand des Dorfes ebenfalls Eigentum der Kirchengemeinde.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 4860–4863 (Pfarroffizialsachen); B 18 Nr. 239 (Orgelsachverständiger); D 44 (EphA Bockenem); S 11a Nr. 7080 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1853
Trauungen: ab 1853
Begräbnisse: ab 1853
Kommunikanten: ab 1804 (Lücken: 1812–1814, 1834, 1835, 1858–1875)

Taufen, Trauungen, Begräbnisse vor 1853 und Konfirmationen siehe Mutterkirche Hary.

Literatur

A: Blume, Beiträge, S. 158–160; Günther, Ambergau, S. 545–546; Meyer, Pastoren I, S. 467–468; Pape, Schaper, S. 282–283, 474; Siebern/Kayser, KD Kr. Marienburg, S. 185–186.
B: Hermann Amling u. a.: Dorfchronik von Hary, Störy, Bönnien, Bockenem 1989; Herbert Philipps: Das Dorf Störy, Bockenem 2005.


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 320.
  2. Günther, Ambergau, S. 545.
  3. Petke, Grafen von Wöltingerode-Wohldenberg, S. 468 ff.
  4. LkAH, L 5h, unverz., Hary, Visitation 1967.
  5. LkAH, L 5h, unverz., Hary, Visitation 1991.
  6. Amling u. a., S. 9; Philipps, S. 29.
  7. UB HS Hildesheim III, Nr. 1095.
  8. Buchholz, Bockenem, S. 47. Weitere Stifter kamen u. a. aus Nette, Bönnien und Hary.
  9. UB HS Hildesheim V, Nr. 471.
  10. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  11. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 196.
  12. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 5 und 83 ff.
  13. Spanuth, Quellen, S. 283.
  14. Amling u. a., S. 59 f.
  15. Amling u. a., S. 51.
  16. Zit. bei Amling u. a., S. 67.
  17. Amling u. a., S., 77 f.
  18. KABl. 1972, S. 3.
  19. Meyer-Roscher, Streiflichter, S. 123.
  20. LkAH, A 6 Nr. 7263.
  21. Philipps, S. 52.
  22. Amling u. a., S. 67.
  23. LkAH, L 5h, unverz., Hary, Visitation 1973.
  24. Amling u. a., S. 81 f.