KapG der KG Hoheneggelsen | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

An einer steinernen Brücke über die Fuhse ließ Bf. Gerhard von Hildesheim während des letzten Viertels des 14. Jh. eine Burg zum Schutz der nordöstlichen Bistumsgrenze erbauen.1 Nach Auseinandersetzungen zwischen dem Bf. und dem welfischen Hzg. Friedrich, Fs. von Braunschweig-Wolfenbüttel, einigten sich beide 1393, dass der Buw […] vffe der fteynbrucken2 in bischöflichem Besitz blieb. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen Bf. Gerhard jedoch ein Jahr später, das Slot de Steynbrugghe an das Domkapitel zu verpfänden, das sie später weiterverpfändete.3 1425 übertrug Bf. Magnus von Hildesheim den Großteil der Go Eggelsen (Amt Peine) an die Burg Steinbrück und legte damit den Grundstein für das gleichnamige Amt.4 Während der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) eroberte Hzg. Heinrich der Jüngere, Fs. von Braunschweig-Wolfenbüttel, die bischöfliche Burg. Amt und Burg Steinbrück gehörten daraufhin für 120 Jahre zum Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel. Von 1535 bis zu seiner Hinrichtung 1537 war der Protestant und Lübecker Bgm. Jürgen Wullenwever auf Burg Steinbrück inhaftiert.5 Hzg. Julius ließ die Burg um 1573 ausbauen. Mit der Restitution des Großen Stifts im Jahr 1643 kamen Amt und Burg wieder zum Hochstift Hildesheim. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) gehörte Steinbrück zum Kanton Hoheneggelsen im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Im Jahr 1815 wurde das Amt Steinbrück, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder eingerichtet, 1859 ging es im Amt Marienburg auf. Seit der Annexion von 1866 wieder preußisch kam Steinbrück 1885 zum neuen Lkr. Marienburg (1946 Lkr. Hildesheim-Marienburg, 1977 Lkr. Hildesheim). Seit 1974 gehört der Ort zur Einheitsgemeinde Söhlde. Burg und Gut Steinbrück hatte die westphälische Regierung 1810 mit der Aufhebung des Hildesheimer Domkapitels in eine Staatsdomäne umgewandelt und verkaufte sie zwei Jahre später. 1862 erwarb die Klosterkammer Hannover die Domäne Steinbrück und übertrug sie 1938 an die Umsiedlungsgesellschaft der Hermann-Göring-Werke, später Salzgitter AG. Ab 1955 war die Burg im Besitz des KK Hoheneggelsen, der sie vor seiner Auflösung 1976 der KapG Steinbrück übertrug. Seit 2013 ist die Burg wieder in privater Hand.6 Um 1810 hatte Steinbrück knapp 100 Einwohner, 2017 gut 110.

Kapelle, Außenansicht, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juli 1958

Kapelle, Außenansicht, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juli 1958

Für die Steinbrücker Schlosskapelle war zunächst das Hildesheimer Domkapitel zuständig.7 Eine erste Einführung der luth. Lehre erlebte Steinbrück nachdem die Truppen des Schmalkaldischen Bundes den kath. Hzg. Heinrich den Jüngeren 1542 vertrieben hatten. Ein Jahr später erließ die Statthalterregierung des Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel, die Kfs. Johann Friedrich von Sachsen und Lgf. Philipp von Hessen eingesetzt hatten, die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles.8 Das Reformationswerk, begleitet von zwei Generalvisitationen 1542 und 1544, war jedoch nicht von langer Dauer: 1547 konnte Hzg. Heinrich zurückkehren und suchte sein Fsm. zu rekatholisieren. Sein Sohn und Nachfolger Hzg. Julius, der 1568 die Regierung übernahm, führte im gleichen Jahr wiederum die luth. Lehre ein, ließ die Gemeinden erneut visitieren und verkündete 1569 die später sogenannte Calenberger Kirchenordnung.9 Für das hauß Steinbruggen war 1568 P. Bartholomeus Weyhel (Barthold Weigel) zuständig, der auch Pfarrer in Hoheneggelsen und Bettrum war (amt. 1555–1586).10 Kurzzeitig war in den 1580er Jahren auch der Geistliche von Söhlde für Steinbrück zuständig.11 Ab 1589 besaß Steinbrück einen eigenen ev. Prediger; namentlich bekannt sind P. Bartholomäus Brogmann und P. Hermann Deneke (beide 1613).12 Nach der Restitution des Großen Stifts im Jahr 1643 übernahmen Jesuiten die kirchliche Versorgung Steinbrücks, die hier bereits zwischen 1629 und 1632 aktiv gewesen waren. Steinbrück wurde wieder kath.: das 1653 eingerichtete Pastorat versahen weiterhin die Jesuiten, bis Steinbrück in den 1660er Jahren einen eigenen kath. Ortsgeistlichen erhielt.13 Als Pfarrkirche diente bis zum Bau der Kirche Mariä Himmelfahrt (1786–1790) die Schlosskapelle. Für die Lutheraner in Steinbrück war nun das Pfarramt Hoheneggelsen zuständig.

Kapelle, Blick zum Altar, 1958

Kapelle, Blick zum Altar, 1958

Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs und mit der Aufsiedelung der ehemaligen Domäne Steinbrück stieg die Zahl der ev. Bevölkerung. Ende Dezember 1946 konnte der Hoheneggelser P. Hans Meyer-Roscher (amt. 1933–1977) erstmals zu einem ev. Gottesdienst in die kath. Kirche in Steinbrück einladen.14 1954 entwarf Konsistorialbaumeister Ernst Witt Pläne zum Umbau des ehemaligen Zwingers der Burg, des Kehrwiederturms, zu einer Kapelle. Im gleichen Jahr bewilligte der Hannoversche Gustav-Adolf-Verein einen Bauzuschuss (teil der Diasporagabe) und das Landeskirchenamt genehmigte das Vorhaben. Am 13. Dezember 1956 konnte Landesbischof Hanns Lilje die Kehrwiederkirche einweihen.15 Zum 1. April 1957 gründete sich dann innerhalb der KG Hoheneggelsen die KapG Steinbrück.16 Im gleichen Jahr stiftete die Ilseder Hütte AG zwei Glocken für die Kehrwiederkirche.17
Um den Abriss der Burgreste zu verhindern hatte der KK Hoheneggelsen 1955 auch Burggelände und gebäude übernommen. Vor Auflösung des KK ging beides in das Eigentum der KapG Steinbrück über.18 Schon 1980 heißt es im Visitationsbericht, die Burg sei „eine erhebliche Baulast“ für die Gemeinde.19 Im Jahr 1990 gründete sich der „Förderverein Burg Steinbrück e. V.“, der sich um den Erhalt der Burg bemüht. Der seit 2010 geplante und 2013 erfolgte Verkauf der Burg führte zu Spannungen zwischen Förderverein und KapG.
Zusammen mit der Muttergemeinde Hoheneggelsen gehört die KapG Steinbrück seit September 2004 zum Gemeindeverband Söhlde, zu dem außerdem die Gemeinden Bettrum, Feldbergen, Himstedt, Mölme (KapG), Nettlingen und Söhlde zählen.20

Kapellenbau

Annähernd runder Bau, errichtet 1573 als Zwinger der Burg Steinbrück, 1956 von Ernst Witt zu Kirche umgebaut. Bruchsteinmauerwerk, Eingang an Westseite, hohes 16-seitiges Zeltdach mit verkupferter Laterne, bekrönt mit Kugel und Kreuz; Glockenstube im Dachgeschoss, Gutsuhr der Domäne Steinbrück.21 Inschriftenstein mit Jahreszahl 1573 in Außenmauer: „Der Kerweder bin ich genant Hertzog Julius Herzoge tho Brunswick und Lunenborg bin ich bekannt. Sein Forstliken Gnaden haben mich lasen bauwen. Wer mich angreiffet konnte em gherevwen den ich bleibe in allem standfastlich wie einen steinern muir.“22 Im Innern Kuppel mit Oberlicht, Sakristei hinter Altarraum. 1992/93 Sanierung nach versuchter Brandstiftung.

Orgel, nach 1961

Orgel, nach 1961

Ausstattung

Schlichter Altar. – Taufstein mit kelchartigem Becken auf Rechtecksockel. – Lesepult (anstelle der ursprünglichen Kanzel rechts des Altars).

Orgel

1961 Neubau von Emil Hammer (Hannover), 4 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1502).23

Geläut

Zwei LG, I: cʼʼ, Kehrwiederglocke, Inschrift: „Kehret wieder, spricht der Herr, so will ich mein Antlitz nicht gegen euch verstellen. Denn ich bin barmherzig und will nicht ewiglich zürnen (Jer 3,12)“; II: esʼʼ, Friedensglocke, Inschrift: „Die Erlösten des Herrn werden wiederkehren mit Jauchzen, und ewige Freude wird auch ihrem Haupte sein (Jes 51,11)“ (beide Bronze, Gj. 1957, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg), Stiftung der Ilseder Hütte.24 Zwei SG, I: h’’; II: e’’’ (Bronze).25

Weitere kirchliche Gebäude

Küsterhaus (Bj. um 1800).26 – Burg Steinbrück (Bj. zweite Hälfte 14. Jh.), vor Auflösung des KK Hoheneggelsen in Besitz der KapG übergegangen, 2013 an Privatperson verkauft.

Friedhof

Ev. Friedhof neben der Kirche, 1957/58 angelegt. Eigentum der KapG.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1613 Bartholomäus Brogmann. – 1613 Hermann Deneke.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 407

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 28 (EphA Hoheneggelsen).

Literatur

A: Blume, Beiträge, S. 22–24; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1248; Meyer, Pastoren II, S. 407; Pape/Schloetmann, Hammer S. 166; Siebern/Kayser, KD Kr. Marienburg, S. 178–185.
B: Fritz Garbe: Im Schatten der Wehrkirche, Geschichte der Kirche und Gemeinde zu Hoheneggelsen, Hildesheim 1964, bes. S. 88–99; Hans Meyer-Roscher: Steinbrück in Geschichte und Gegenwart, Hildesheim ³1981.

GND

1075766788, Ev.-luth. Gemeindeverband Söhlde.


Fußnoten

  1. Kruppa/Wilke, Bistum Hildesheim 4, S. 542.
  2. Sudendorf, UB VII, Nr. 195.
  3. Sudendorf, UB VII, Nr. 322.
  4. Sudendorf, UB IX, Nr. 54,4; Meyer-Roscher, 400 Jahre, S. 143; Bertram, Bistum Hildesheim I, S. 393.
  5. Garbe, S. 91 ff.
  6. Meyer-Roscher, S. 15 ff. und 34 f.
  7. Meyer, Pastoren II, S. 407.
  8. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  9. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 5 und 83 ff.
  10. Spanuth, Quellen, S. 285.
  11. Meyer, Pastoren II, S. 407.
  12. Siebern/Kayser, KD Kr. Marienburg, S. 181; Meyer, Pastoren II, S. 407; Garbe, S. 94.
  13. Bertram, Bistum Hildesheim, S. 69; Siebern/Kayser, KD Kr. Marienburg, S. 181; Meyer-Roscher, S. 15.
  14. Meyer-Roscher, S. 34.
  15. Meyer-Roscher, S. 35.
  16. KABl. 1957, S. 53
  17. Garbe, S. 96 ff.
  18. LkAH, L 5h, unverz., Hoheneggelsen, Visitation 1967 und Visitation 1980.
  19. LkAH, L 5h, unverz., Hoheneggelsen, Visitation 1980.
  20. KABl. 2004, S. 158.
  21. Meyer-Roscher, S. 36.
  22. Siebern/Kayser, KD Kr. Marienburg, S. 185.
  23. Pape/Schloetmann, Hammer S. 166.
  24. Garbe, S. 96 ff.; LkAH, L 5h, unverz., Hoheneggelsen, Visitation 1974.
  25. LkAH, L 5h, unverz., Hoheneggelsen, Visitation 1992.
  26. LkAH, L 5h, unverz., Hoheneggelsen, Visitation 1986.