Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Münden | Patrozinium: Aegidius1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Die St. Aegidienkirche im Südosten der Altstadt Hann. Mündens ist neben der Pfarrkirche St. Blasius (zur Stadtgeschichte siehe dort) die zweite mittelalterliche Kirche im Stadtgebiet. Ihr Pfarrsprengel umfasste seit 1733 den Süden der heutigen Altstadt und die Garnison; 1907 kam das ab 1882 entstandene Neumünden hinzu. Zur Sozialstruktur schrieb der Ortspastor 1942: „Die Gemeinde besteht aus Industriearbeitern, Beamten und Gewerbetreibenden.“2 1963 heißt es: „Die Gemeinde setzt sich aus Beamten, mittleren Angestellten, Kleinbürgern und vielen Arbeitern zusammen, dazu kommen viele Bundeswehrangehörige der hiesigen Garnison.“3

Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Über die Anfänge und die ursprüngliche Funktion der Kirche St. Aegidien herrscht keine Klarheit.4 Nach Heinemeyer sei eine „klösterliche Niederlassung an diesem Platz durchaus denkbar“, vielleicht habe die anfängliche Aufgabe der Kirche aber auch „im Rahmen der Armen und Krankenpflege“ gelegen.5 Als Pfarrkirche ist St. Aegidien in vorref. Zeit wahrscheinlich nicht anzusehen.6 Bei archäologischen Untersuchungen konnten die Grundmauern eines Kapellenbaus nachgewiesen werden, der vielleicht ins 12. Jh. zu datieren ist.7 Die ältesten Teile des heutigen Baus stammen etwa aus dem 14. Jh. (Chor und Kapelle unter dem Turm). Schriftlich ist die Aegidienkirche 1379 in einem Rechnungsbuch der Hzgn. Margarete von Berg († 1442) erwähnt, der zweiten Ehefrau Hzg. Ottos des Quaden († 1394); Kirchenjuraten lassen sich 1415 nachweisen.8 Ein Friedhof ist 1387 und 1418 belegt.9 Der erste namentlich bekannte Geistliche ist Tylemannus Hollench, der 1435 genannt wird als predicatoris altaris Sancti Laurentii et beate Maria Magdalene siti in Capella St. Egidii opidi Munden (Prediger des Altars des heiligen Laurentius und der heiligen Maria Magdalena, gelegen in der Kapelle St. Aegidien in der Stadt Münden).10 Der Laurentius-Altar befand sich im Turm der Kapelle (in turri capelle S. Egidii).11 Zudem ist ein Altar der Heiligen Aegidius und Valentinus belegt.12 Die Kapelle oder Kirche erscheint mitunter auch unter dem Namen St. Ilian oder St. Ottilien.13
In nachref. Zeit fanden wohl seit den 1580er Jahren keine Gottesdienste mehr in der Aegidienkirche statt; ihr Vermögen fiel an die Pfarrkirche St. Blasius.14 Als während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) kaiserliche Truppen unter Johann T’Serclaes von Tilly († 1632) Münden im Mai und Juni 1626 eroberten und plünderten, beschädigte die Explosion eines nahen Pulverturms die Aegidienkirche. Knapp sechs Jahrzehnte später begann 1684 der Wiederaufbau und die Kirche erhielt ein neues, vergrößertes Schiff. Der Turm wurde erst um 1729 vollendet, eine Orgel erhielt die Kirche 1824, einer Glocke erst 1873. Ab 1733 diente die wiederhergestellte St. Aegidienkirche als Pfarr- und Garnisonkirche, das Patronat über die Kirche lag beim Rat der Stadt. Ihr Pfarrsprengel umfasste gut 100 Häuser im Süden der Stadt Münden sowie die Schlossgarnison.15 P. Albert Diedrich Friese (amt. 1733–1759) war der erste Pfarrer der Aegidiengemeinde. Die Blasiusgemeinde hatte sich vergeblich gegen die Einrichtung einer zweiten Pfarrgemeinde in Münden gewehrt.
Der von Aufklärung und Rationalismus geprägte P. Franz Georg Ferdinand Schläger (amt. 1807–1815) gründete in Münden eine Industrieschule für arme Kinder, eine Knabenschule und eine Höhere Töchterschule. Nach Besichtigung dieser Schule soll Katharina von Württemberg, Kgn. von Westphalen († 1835), P. Schläger eine Stelle als Hofprediger angeboten haben.16
Von 1851 bis 1854 fanden in der Aegidienkirche auch die Gottesdienste der kleinen kath. Gemeinde Mündens statt.17 Wegen finanzieller Schwierigkeiten beschloss der KV von St Aegidien im 19. Jh. eine befristete Zusammenlegung mit der Gemeinde St. Blasius, um das Pfarrergehalt einzusparen. Zehn Jahre lang sollten jährlich nur noch vier Gottesdienste in St. Aegidien stattfinden. Nach Protesten aus der Gemeinde wurde der Plan aufgegeben.18 Mit der Umpfarrung des nach dem Bau der Fuldabrücke 1882 entstandenen Stadtteils Neumünden von der Blasius- in die Aegidiengemeinde vergrößerte sich 1907 der Pfarrbezirk.19 1904 hatte die Zahl der Gemeindeglieder bei knapp 750 gelegen, 1909 bei rund 1.250.20

Kirche, Blick zum Altar, Fotograf: vielleicht P. Greve, Jöllenbeck, nach 1965

Kirche, Blick zum Altar, Fotograf: vielleicht P. Greve, Jöllenbeck, nach 1965

Ab 1911 war die Pfarrstelle an St. Aegidien mit der Superintendentur der Insp. Münden verbunden, die ihren Sitz seit 1859 in Hedemünden gehabt hatte. P. Rudolf Steinmetz (amt. 1911–1925) war der erste Sup. an St. Aegidien. Während der NS-Zeit hatte Sup. Johann Klaus Heinrich Köncke (amt. 1926–1950) Superintendenten- und Pfarramt inne. Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ gab er rückblickend an, er sei weder Mitglied der NSDAP noch der DC gewesen, habe vielmehr kirchenpolitisch zur Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft gehört.21 Dem 1933 neugewählten vierköpfigen KV gehörten drei Mitglieder der Bekenntnisgemeinschaft an sowie ein Deutscher Christ, der „nur auf Drängen der NSDAP in den Kirchenvorstand eingetreten“ war und sich „mehr u[nd] mehr von der Mitarbeit“ zurückzog. Die DC-Ortsgemeinde, anfangs betreut von P. Karl Ludwig Adolf Ernst-August Knoke (amt. 1930–1935) der Blasiusgemeinde, durfte die Aegidienkirche „auf Anordnung der Finanzabteilung“ mitunter für Taufen und Trauungen nutzen. Die Gemeinde führte auch ein eigenes Kirchensteuerkonto; ein kleiner Überrest der DC-Gemeinde bestand noch 1963 („Freie Christen“).22
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs diente St. Aegidius kurzzeitig als Kirche der britischen Truppen (1945/46).23 Die Zahl der Gemeindeglieder stieg in der Nachkriegszeit u. a. aufgrund des Zuzugs Geflüchteter stark an: 1942 hatte sie bei 1.800 gelegen, 1951 bei gut 2.800 und 1956 bei 3.600.24 Das Landeskirchenamt errichtete zum 1. Oktober 1955 eine zweite Pfarrstelle an der Aegidiengemeinde, die als erster P. Klaus Pfaffendorf (amt. 1956–1963) übernahm.25 LSup. Rudolf Detering (amt. 1936–1961) charakterisierte Münden 1956 als eine „typische südhannoversche Stadtgemeinde, womit gesagt sein soll, daß weite Kreise vom Indifferentismus erfaßt und bestimmt sind“.26 Im Zentrum von Neumünden eröffnete die KG 1962 einen Kindergarten; die ursprüngliche Planung sah vor, anschließend auch ein Pfarrhaus und ein Gemeindezentrum zu errichten (1963 beschloss der KV dafür den Kauf des Grundstücks, das südlich an den Kindergarten angrenzte).27
Im Zuge der Überlegungen zur kirchlichen Neuordnung der Stadt Münden hatte P. Johann Heinrich Meyer (amt. 1932–1963), Pastor an St. Blasius, 1962 vorgeschlagen, den Pfarrbezirk Neumünden zu verselbständigen und das verbleibende Gebiet der Aegidiengemeinde, einschließlich der Kirche, mit St. Blasius zu einer Innenstadtgemeinde zu vereinen: „Nur so ist wirtschaftlich und vor allem kirchlich die Existenz der ältesten Kirchengemeinde St. Blasii im Stadtzentrum seit 1280 zu erhalten“. Die Aegidienkirche würde sich als „zentrale Abendkirche und sehr gut als zentrale Stätte eines Kindergottesdienstes der Innenstadt“ anbieten, auch für „zentrale Passionsgottesdienste“.28 Als erster Schritt der Neugestaltung folgte 1964 die Verlegung der Superintendentur an die St. Blasiuskirche. Der nächste Schritt folgte erst 1974: Zur Gründung einer KG Neumünden – sie hätte den Namen Markus-KG erhalten – kam es nicht. Stattdessen schlossen sich die St. Blasien- und die St. Aegidiengemeinde zusammen und gründeten zum 1. Januar 1974 die „Ev.-luth. Stadtkirchengemeinde Münden“.29

Pfarrstellen

I: vorref., 1964 verlegt nach Münden, St. Blasius.30 – II: 1955, seit 1964 einzige Pfarrstelle.31

Umfang

Der südliche Teil der heutigen Altstadt Münden. Seit 1832 auch Laubach (KapG). Seit 1907 auch Stadtteil Neumünden.32

Aufsichtsbezirk
Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Archidiakonat Fritzlar (sedes Ditmold) der Erzdiözese Mainz.33GSuptur. Göttingen (1588/89–1600 Sitz in Münden, 1600–1608 in Uslar, ab 1609 in Göttingen) bzw. Spezialsuperintendentur über Stadt und Gericht Münden.34 Später bildeten die Pastoren der Stadt Münden ein Geistliches Ministerium; die beiden Mündener Parochien sind erst seit der ersten Hälfte der 1850er Jahre unter den Gemeinden der Insp. Münden bzw. Hedemünden aufgeführt.35 Ab 1924 KK Münden. – Seit 1911 war die Aegidienkirche Sitz der Insp. (1924: KK) Münden.36 Der KK Münden, der 1925 aus den Gemeinden Escherode, Gimte und Hilwartshausen, Hedemünden, Hemeln und Bursfelde, Landwehrhagen, Lutterberg, den beiden Mündener Gemeinden St. Blasien und St. Aegidien sowie Speele, Uschlag und Wiershausen bestand, vergrößerte sich 1929 um den aufgehobenen KK Dransfeld mit den KG Barterode, Bühren-Oberscheden, Dankelshausen, St. Johannis und St. Martini Dransfeld, Jühnde-Barlissen, Meensen und Varlosen.37 1964 wechselte der Sitz der Suptur. an die St. Blasius-Kirche.

Patronat

Im frühen 15. Jh. vielleicht die Stadt Münden („Ab 1400 tauchen in den Kämmereirechnungen der Stadt immer wieder Bau- und Reparaturmaßnahmen an der Aegidien-Kirche auf“).38 Ab 1733 der Rat der Stadt Münden. Patronatsrecht bei Verlegung der Superintendentur des KK Münden von Hedemünden an die Aegidienkirche eingeschränkt: Stadt wählt aus drei vom Konsistorium vorgeschlagenen Kandidaten einen aus. In einem Rechtsstreit zwischen Landeskirche und Stadt 1926/27 wurden die städtischen Patronatsrechte bestätigt.39 Zum Verfahren der Präsentation (nach Verlegung der Suptur. an die St. Blasiuskirche) heißt es 1967: „Pfarramtsbewerber wird vom Kirchenvorstand dem Patronat vorgeschlagen. Nach Abhaltung eines Kolloquiums zwischen Bewerber, Kirchenvorstand u[nd] Patronat präsentiert das Patronat den vom Kirchenvorstand vorgeschlagenen.“40 – Als Patronatsherrin zahlte die Stadt bis 1942 Zuschüsse zur Pfarrbesoldung und bis 1967 für Deputatholzlieferungen (1942 bis 1955 keine Zahlungen, später nachgezahlt).41

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, vor 1964

Kirche, Blick zum Altar, vor 1964

Kirche war Eigentum der Stadt (2006 gutachterlich festgestellt), die Aegidiengemeinde bzw. die Stadtkirchengemeinde hatte bis 2006 ein uneingeschränktes Nutzungsrecht; KGb 2008 verkauft an Bernd Demandt, 2019/20 erworben von der Stiftung St. Aegidien-Kirche.42 – Rechteckiger Saalbau mit eingezogenem, niedrigerem Rechteckchor und polygonaler Sakristei an Nordseite, Chor und Sakristei mittelalterlich (14. Jh.?), Schiff erbaut 1684. Satteldächer, an der Nordseite Querdach zum Turm. Bruchsteinmauerwerk, Ostgiebel des Schiffs Fachwerk; Strebepfeiler an Chor und Sakristei. Spitzbogige Fenster an Chor und Sakristei, Rundbogenfenster am Schiff. Rundbogiges Portal an der Westseite, darüber Medaillon mit Bauinschrift: „In honorme Dei opt[imi] max[imi] aedes haec sacra, quam in excidio civitatis huius Tilliano A[nn]o MDCXXVI feris tertie pentec[oste] facto turris vicina pulvere nitrato 4, non Jun. diruta prostaverat, restaurata est et ampliata MDCLXXXIV“ (Zu Ehre des besten und größten Gottes, ist dieses heilige Gebäude, das bei der am dritten Pfingsttage 1626 geschehenen Tilly’schen Zerstörung dieser Stadt vom benachbarten Pulverturm am dritten Juni niedergerissen wurde, wieder hergestellt und vergrößert worden im Jahr 1684); darüber Rundbogenfenster und Rundfenster im Giebel. An der Nordseite rundbogiges Portal, darüber Inschriftenstein „A[nn]o 1684“; daneben Treppe zum rundbogigen Turmeingang. Im Innern Kreuzrippengewölbe in Chor und Sakristei, Schlusssteine mit Reliefs: Christuskopf (Sakristei) sowie Pelikan, der seine Brust öffnet, um Junge zu füttern (Chor), Konsolen teilweise als Köpfe gestaltet; im Schiff holzverschalte Segmentbogentonne; Westempore; über dem Triumphbogen lateinische Bauinschrift mit zwei Chronogrammen: „TVrrIs VIs IgnIta propInqVae hanC obrVIt aeDeM [1626] restItVItqVe DeVs CLeMens pIVs atqVe benIgnVs [1684]“ (Des benachbarten Turmes feurige Gewalt zerstörte dies heilige Bauwerk [1626], und der gnädige, gerechte und gütige Gott hat es wieder hergestellt [1684]); in Nordostecke des Schiffs Wendeltreppe zum Turm. Wände rötlich gestrichen, Architekturelemente grau, Tonnengewölbe dunkel. Um 1730 Einbau hölzerner Emporen an Nord-, West- und Südseite. 1914 Innenrenovierung. 1945/46 Südempore abgebrochen. 1964/65 Renovierung (u. a. neues Deckengewölbe, Holzemporen an West- und Nordseite entfernt, neue Westempore).

Fenster

Figürliches Buntglasfenster im Chor (um 1930, Entwurf: Rudolf Schäfer, Rotenburg), gestiftet vom Stader GSup. und früheren Mündener Sup. Rudolf Steinmetz (amt. 1911–1925) zum Andenken an Kriegstote aus seiner Familie.

Turm

Über der Sakristei achtseitiger Turm, Bruchsteinuntergeschosse spätgotisch, die beiden verschieferten, auskragenden Fachwerkobergeschosse und die verschieferte geschwungene Haube mit geschlossener Laterne 1731. Haube bekrönt mit Kugel und Wetterfahne (Jahreszahl 1727), an der Westseite zwei Auslegestühle für Uhrschlagglocken. An den Fachwerkgeschossen rechteckige Schallfenster und Uhrziffernblätter nach Osten und Westen, im obersten Bruchsteingeschoss gekuppelte, spitzbogige Fenster (Biforien). 1877 Kirchturmuhr. 1925 neue Kirchturmuhr.

Flügelaltar

Flügelaltar

Vorgängerbauten

Kapellenbau, vielleicht 12. Jh., Fundamente 1964 ergraben. Etwa sechs Meter breit, neun Meter lang, Ostschluss unklar.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar mit gemaltem Flügelretabel (um 1530, Meister des Mündener Passionsaltars), Öl auf Holz, im Hauptfeld Kreuzigungsgemälde, in den Seitenflügeln vier Szenen der Passionsgeschichte: Garten Gethsemane, Dornenkrönung, Grablegung, Auferstehung; auf den Außenseiten der Seitenflügel vier Szenen aus dem Leben Jesu (anderer Meister): Mariä Verkündigung, Anbetung der Könige, Christi Geburt, Beschneidung Christi; in der Predella Abendmahlsgemälde (18. Jh., Johannes Sarazin), Öl auf Leinwand, flankiert von gemalten Blumenvasen; nach Entwidmung der Kirche in St. Blasius aufgestellt.43 – Moderne Kanzel (1965, Helge Michael Breig, Hannover). – Moderner, quaderförmiger Taufstein (1965, Siegfried Zimmermann, Hannover), im Sockelbereich Ecken ausgespart, so dass ein kreuzförmiger Fuß entsteht. – Hölzernes Kruzifix (erste Hälfte 15. Jh.), farbig gefasst. – Gemälde „Kreuzabnahme“ (1686, Kopie nach Peter Paul Rubens), Öl auf Leinwand, gestiftet 1833 vom Mündener Maler Eduard Scharlach.44 – Altarplatte in der Sakristei (16. Jh.?), verziert mit fünf Weihekreuzen.45 – Grabplatte (1596?), ohne Namen.46 – Gedenktafel für die im Deutsch-französischen Krieg 1870/71 getöteten Soldaten des Hessischen Pionier Bataillons No. 11. – Außen: Mehrere Grabplatten (17. Jh./18. Jh.), u. a. für Dr. Eisenbart, Inschrift: „Alhir ruhet in Gott d[e]r weiland Hochedle Hocherfahrne Weltberühm[te] Herr Herr Joh[ann]. Andreas Eisenbart Königl[ich] Grosbritannisch[e]r und Churfürstl[ich] Braunsch[weig]-Lüneb[urgische] Brivilegirte Landartzt wie auch Königl[ich] Breussischer Raht und Hofoculiste von Magdeborg. Geborn Anno 1661 Gestorben 1727 d[en] 11. Novemb[ris] Aetatis 66 Jahr“.47 – Ehemalige Ausstattung: Monumentales Gemälde „Die Bergpredigt“ (1933, Heinrich Pforr), Öl auf Leinwand, etwa 9 x 3 Meter, angebracht an der Stirnseite des Schiffs oberhalb des Triumphbogens zum Chorraum; dargestellt sind zahlreiche Einheimische aus Münden und Umgebung; 1964 nach Umgestaltung des Deckengewölbes abgenommen, ab 1989 in der St. Matthäuskirche.48

Kirche, Blick zum Altar, 1955

Kirche, Blick zum Altar, 1955

Orgel

Orgelneubau 1824.49 Orgelneubau 1914, ausgeführt von Faber & Greve (Salzhemmendorf), 44 (davon 27 Transmissionen) II/P, pneumatische Traktur, Fabersche Transmissionslade (Multiplexorgel). Orgelneubau unter Verwendung vorhandenen Pfeifenmaterials, in mehreren Bauabschnitten ausgeführt von Rudolf Janke (Göttingen), Bauabschnitt I 1961/62, 10 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Bauabschnitt II 1962/63, 18 II/P; Bauabschnitt III 1972, 20 II/P. Nach Entwidmung der Kirche im Jahr 2006 verkaufte die Stadtkirchengemeinde die Orgel 2008 an die kath. Pfarrkirchenstiftung „St. Maria Königin des Friedens“ in Lindau-Zech.

Geläut

Drei LG, I: b’, Inschrift: „Es werden ihn sehen alle Augen!“; II: des’’, Inschrift: „Meine Augen haben deinen Heiland gesehen“; III: es’’, Inschrift: „Aller Augen warten auf dich“ (alle Bronze, Gj. 1973, Petit & Gebrüder Edelbrock, Gescher), alle Glocken tragen zudem die Inschrift: „Sankt Aegidius-Kirche Münden 1973“; LG 2014 ausgebaut und verkauft an die KG Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern), dort in der Kirche Stolzenberg aufgehängt. Zwei SG, I: c’’’; II: es’’’ (Stahl, Gj. 1880, Bochumer Verein). – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. 1873), gegossen aus einem 1870/71 erbeuteten französischen Geschütz, wohl im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgeben. 1925 neues Geläut angeschafft, I: f’; II: as’; III: b’ (alle Eisenhartguss, Gj. 1925, Ulrich & Weule, Bockenem & Apolda), 1972 stillgelegt, 1973 durch Bronzeglocken ersetzt.

Friedhof

Ursprünglich kirchlicher Friedhof bei der Aegidienkirche, schriftlich nachgewiesen 1387 und 1418.50 1882 kommunaler Friedhof in Neumünden angelegt, FKap (Bj. 1883). Neuer städtischer Friedhof nordöstlich der Stadt Hann. Münden.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1733–1759 Albert Diedrich Friese. – 1759–1769 Ernst August Pardey. – 1769–1776 Georg Friedrich Krohne. – 1777–1782 Hermann Wilhelm Hackenburg. – 1782–1789 Magister Paul Kaspar Dürr. – 1790–1802 Daniel Ludwig (Ludolf) Dörrien. – 1803–1806 Rudolf Wilhelm Friedrich Illing. – 1807–1815 Franz Georg Ferdinand Schläger. – 1818–1857 Johann Christian Karl Busse. – 1857–1866 Georg Karl Rudolf Meyer. – 1866–1868 Georg Wilhelm Christian Fraatz. – 1869–1886 Karl Heinrich August Ohnesorge. – 1887–1910 Wilhelm Heinrich Johann Meyer. – 1911–1925 Lic. Rudolf Karl Ludwig Steinmetz. – 1926–1950 Johann Klaus Heinrich Köncke.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 155–156

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 6 Nr. 5668–5677 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1606Digitalisat, 1607Digitalisat, 1608Digitalisat, 1609Digitalisat, 1610Digitalisat, 1611Digitalisat, 1612Digitalisat (Visitationen).

Kirchenbücher
Grabplatte für Dr. Eisenbart, Postkarte

Grabplatte für Dr. Eisenbart, Postkarte

Taufen: ab 1733
Trauungen: ab 1733
Begräbnisse: ab 1733
Kommunikanten: ab 1772, Erstkommunikanten: 1822–1875
Konfirmationen: ab 1736 (Lücken: 1763–1782, 1791–1875)

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KKV Münden, S. 8–12; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 640; Fouquet u. a., Residenzstädte I, Teil 1, S. 241–244 [online]; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Münden, bes. S. 135–136.
B: Karl Brethauer: Neumünden, in: ders.: Münden. Gesammelte Aufsätze, Bd. I, Hann. Münden 1983, S. 93–94; Martin Czichelski: Königshof Münden (= Sydekum-Schriften zur Geschichte der Stadt Münden 41), Hann. Münden 2016; Martin Czichelski: Mündener Kirchenbau-Historik am Beispiel von Sankt Blasius (= Sydekum-Schriften zur Geschichte der Stadt Münden 39), Hann. Münden 2013, bes. S. 19–22; Birgit Franz, Helmut Drewes & Walter Krings (Hg.): Neue Konzepte für die Aegidienkirche in Hann. Münden, Holzminden ²2009; Karl Heinemeyer: Die Gründung der Stadt Münden. Ein Beitrag zur Geschichte des hessisch-sächsischen Grenzgebietes im hohen Mittelalter, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 23 (1973), S. 141–230, bes. S. 186 ff.; Waltraud Kock: Die Geschichte der St. Aegidien-Kirche, [Hann. Münden, um 2007] [in der Bibliothek des Kunstreferats der Landeskirche Hannovers]; Jörg H. Lampe: Franz Georg Ferdinand Schläger (1781–1869). Ein sozial engagierter Geistlicher zwischen Aufklärung und Frühliberalismus, in: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 95 (1997), S. 299–328; Johann Dietrich von Pezold: Die St. Aegidienkirche, in: Johann Dietrich von Pezold: Geschichte an den drei Flüssen. Streiflichter in die Vergangenheit der Stadt Hann. Münden an Werra, Fulda und Weser, Hann. Münden 2001.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Altar.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 161, ebd. II, S. 76 f.
  2. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1942.
  3. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1963.
  4. Pezold, S. 24, zieht einen Zusammenhang zwischen einem Vorgängerbau St. Aegidiens und dem nicht klar lokalisierten Königshof Münden in Betracht.
  5. Heinemeyer, S. 188 f.
  6. Heinemeyer, S. 186 f. mit Anm. 259.
  7. Czichelski, S. 19. Heinemeyer, S. 187 f.: vor 1400.
  8. Beides nach Kock, [S. 3], (beides ohne genaue Quellenangabe).
  9. Heinemeyer, S. 188; NLA HA Cop. in Nr. 1/0130.
  10. Quentin, S. 54, Nr. 2.
  11. Würdtwein, Diocesis Moguntina III, S. 528.
  12. Würdtwein, Diocesis Moguntina III, S. 528.
  13. Pezold, S. 24.
  14. Kock, [S. 3].
  15. Kock, [S. 4].
  16. Lampe, S. 306.
  17. Kock, [S. 7].
  18. Kock, [S. 2].
  19. Kock, [S. 7]; KABl. 1907, S. 62. Zu Neumünden vgl. knapp: Brethauer, S. 93 f.
  20. LkAH, A 9, Nr. 1612 (Visitationen 1904 und 1909).
  21. LkAH, S 1 H III Nr. 419, Bl. 27. Die folgenden Zitate ebd.
  22. LkAH, S 1 H III Nr. 419, Bl. 28. Siehe zum Kirchensteuersonderkonto auch LkAH, S 1 H III Nr. 419a; LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1963.
  23. Kock, [S. 7].
  24. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitationen 1942 und 1951.
  25. KABl. 1955, S. 90.
  26. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1956.
  27. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1963.
  28. LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Blasien, Visitation 1962. Vgl. auch LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1963.
  29. KABl. 1974, S. 25. Siehe auch LkAH, L 5c, unverz., Münden, St. Aegidien, Visitation 1972.
  30. KABl. 1964, S. 12.
  31. KABl. 1955, S. 90.
  32. KABl. 1907, S. 62.
  33. Demandt, Fritzlar, Nr. 411,I (S. 557).
  34. Steinmetz, GSup. Göttingen I, S. 109.
  35. Vgl. Hannoverscher Staatskalender 1851, S. 393 und ebd. 1853, S. 561.
  36. KABl. 1911, S. 29.
  37. KABl. 1929, S. 1.
  38. Kock, [S. 3].
  39. LkAH, B 2 G 15/Münden, St. Blasien (Tasche). Anlass des Rechtsstreits war die Berufung Johann Klaus Heinrich Könckes (amt. 1926–1950) auf die Superintendenturpfarre ohne Mitwirkung der Stadt.
  40. LkAH, B 2 G 15/Münden, St. Aegidien, Bl. 103a (Feststellungsbogen über die Patronatsverhältnisse, 15.09.1967).
  41. LkAH, B 2 G 15/Münden, St. Aegidien, Bl. 89 (Vergleich zwischen Stadt und den KG St. Aegidien und St. Blasien über Besoldungszuschüsse und Holzlieferungen, 03.06.1955). Die Stadt hatte die Zahlungen 1942 eingestellt, da „nach einem Erlaß des Herrn Reichsministers für die kirchlichen Angelegenheiten eine Beteiligung der politischen Gemeinden an der Aufbringung des kirchlichen Bedrafs [sic] nicht mehr aufrecht erhalten werden könne“, ebd., Bl. 5 (Schreiben des LKA Hannover an Bgm. Münden, 15.07.1942 [Abschrift]).
  42. Siehe: https://www.st-aegidien-kirche.de, 04.04.2022. Zu Umbau und Umnutzungskonzepten vgl. Franz Drewes & Krings, S. 9 ff. Zur Frage Eigentum und Instandhaltung vgl. auch LkAH, B 2 G 15/Münden, St. Aegidien, Bl. 75 ff.
  43. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 156 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0015608.
  44. Kock, [S. 6].
  45. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 261 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0026104.
  46. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 232 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0023203.
  47. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 430 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0043009; DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 431 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012k0043106.
  48. Kock, [S. 6].
  49. Kock, [S. 6].
  50. Heinemeyer, S. 188; NLA HA Cop. in Nr. 1/0130.