Frühere Gemeinde | KapG der KG Löwenhagen | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Münden | Patrozinium: nicht bekannt1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf ist schriftlich zuerst als Immesin in einer Urkunde erwähnt, die auf das Jahr 1093 datiert ist, bei der es sich jedoch um eine Fälschung aus der zweiten Hälfte des 12. Jh. handelt.2 Die gefälschte Urkunde diente dazu, den Güterbesitz des Klosters Bursfelde zu sichern. Der erste echte Beleg stammt aus dem Jahr 1207: Gf. Albert III. von Everstein († 1217) und Gfn. Agnes übertrugen dem Kloster Lippoldsberg u. a. den Zehnten von Immessen sowie Land in Immessen.3 Das Kloster Bursfelde besaß zwei Höfe in Imbsen, das Kloster Lippoldsberg einen.4 1521 verpfändete Hzg. Erich I. zu Braunschweig-Lüneburg († 1540) „seinen freien Hoff und das dorff zu Impsen“ an die Familie von Stockhausen, die nachweislich seit der ersten Hälfte des 14. Jh. Besitz in Imbsen hatte.5 Das ehemalige Gut (seit 1869 Rittergut) liegt am Westrand des Dorfes. Die Familie von Stockhausen hatte auch die Gerichtsbarkeit in Imbsen inne (geschlossenes Patrimonialgericht). In französischer Zeit zählte Imbsen von 1807 bis 1813/14 zum Kanton Dransfeld im Distrikt Göttingen des Leinedepartements im Kgr. Westphalen. Danach gehörte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, erneut zum Patrimonialgericht Imbsen und kam nach dessen Aufhebung zum 2. Januar 1841 zum Amt Münden.6 Ab 1852 zählte Imbsen zum kurzlebigen Amt Dransfeld, das 1859 wieder im Amt Münden aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover kam Imbsen 1866 zum Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 war das Dorf Teil des Lkr. Münden, der 1973 im Lkr. Göttingen aufging. Im gleichen Jahr schlossen sich Ellershausen vorm Wald, Imbsen, Löwenhagen und Varlosen zur Gemeinde Niemetal zusammen. Zur Sozialstruktur Imbsens schrieb der Ortspastor 1961: „Imbsen hat nur einige selbständige Bauernhöfe. Die Bevölkerung arbeitet in der Hauptsache auf dem Gut, in einer kleinen Holzfabrik, in benachbarten Steinbrüchen und als Maurer und Arbeiter in Göttingen und Dransfeld. Imbsen ist in unserer Parochie das Arbeiterdorf.“7 Um 1810 lebten gut 150 Menschen in Imbsen, 1939 rund 280, 1950 fast 400 und 2016 etwa 460.

Kapelle, Blick zum Altar, um 1953

Kapelle, Blick zum Altar, um 1953

Kirchlich gehörte das Dorf Imbsen ursprünglich wohl zu Dransfeld. Die Kapelle in Imbsen, so heißt es 1757 in einem Aktenstück, mit dem die Familie von Stockhausen ihren Patronatsanspruch untermauern wollte, sei angeblich „allererst während der Pfandschaft von denen von Stockhausen fundiret“, das hieße also nach 1521.8 Allerdings ist schon 1444 ein – namentlich nicht genannter – Pleban in Imszen belegt.9 Eine Anmerkung Protokoll der Visitation 1588 deutet ebenfalls auf ein höheres Alter hin: Die Kapelle sei „vor zwanzig Jahren verfallen“ und Melchior von Stockhausen habe das Kirchengut eingezogen. Er solle „von sich geben, was er genommen und mit den Leuten trachten, daß die Kapelle wieder erhoben möge werden“.10 Neben Imbsen zählten auch Varmissen und Bördel als Tochtergemeinden zu Dransfeld; die Einwohner*innen dieser beiden Filialdörfer mussten zum Gottesdienst in die Stadt kommen, aber „den Imbsern muß der Pfarrherr folgen“.
Aus der ersten Hälfte des 17. Jh. sind verschiedene Reparaturarbeiten an der Kapelle Imbsen belegt. Anscheinend handelte es sich um einen Fachwerkbau, der einen Turm oder Dachreiter besaß.11 Als einziges Ausstattungsstück dieser Kapelle hat sich der Taufstein erhalten, der die Jahreszahl 1601 trägt.
Wohl im Jahre 1624 verlegte das Konsistorium das Dorf Imbsen vom Kirchspiel Dransfeld in das Kirchspiel Löwenhagen, weil die Patronatsfamilie von Stockhausen hier eine eigene Pfarre einrichten wollte.12 Das Vorhaben scheiterte 1638 endgültig und seitdem versah der jeweilige Pastor von Varlosen die Gemeinde Löwenhagen und deren nunmehrige Tochtergemeinde Imbsen. Im Protokoll der Visitation 1646 heißt es, P. Henning Noltenius (amt. 1627–1657) predige „einen Sonntag zu Varlosen und Stockhäusischen Dörfern [i. e. Löwenhagen und Imbsen] immer abwechslungsweise, den andern Sonntag zu Varlosen und Ellershausen“.13
Seit 1658 war die Verbindung der beiden Kirchspiele vertraglich geregelt. P. Georg Palm (amt. 1657–1682) sollte jeden Sonntag entweder in Löwenhagen oder in Imbsen predigen.14 Bei der Visitation 1675 beklagte er die mangelnde Bereitschaft der vier Dorfschaften, einen Gottesdienst im Nachbarort zu besuchen: „Denn an welchem Ort des Nachmittags der Gottesdienst nicht gehalten wird, von dem Ort kommen keiner oder ja gar wenige dahin, wo der Gottesdienst zu sein pflegt.“15 Es sei „viel erbaulicher und nützlicher“ gewesen, merkte er zudem an, als sich vor 1658 „an Buß-, Fast- und Bettagen […] Prediger und sämtliche Gemeinen an einem Ort und zwar alhier zu Varlosen versammelt“ hätten.16 Seit der zweiten Hälfte des 17. Jh. bestand eine gemeinsame Kirchspielschule für Löwenhagen und Imbsen. Schulmeister Jochen Jacob unterrichtete 1675 insgesamt 21 Kinder (15 Jungen, 6 Mädchen), zehn seien der Schule bislang ferngeblieben (4 Jungen, 6 Mädchen).17
Schon 1822 wurde die Kapelle in Imbsen als baufällig beschrieben, 1850 bezeichnete der Kirchenvorstand eine Instandsetzung des Gebäudes als „minder zweckdienlich“, da die Kapelle einer „durchgreifenden Reparation in allen ihren Teilen bedarf“.18 Nachdem der alte Bau abgetragen worden war, entstand 1861/62 der bis heute erhaltene neuromanische Kapellenbau, finanziert aus dem Kapellenvermögen.19 Nach Verzicht der Patronatsfamilie auf etwaige Ansprüche ist die Kapelle seit 1920 Eigentum der Kapellengemeinde. Wie schon im 17. Jh. findet sich auch in den Visitationsberichten der zweiten Hälfte des 20. Jh. die Klage über die „geringe Bereitschaft der Gemeindeglieder, aus ihrem Dorf herauszugehen“.20
Nachdem sich die vier Dörfer des verbundenen Kirchspiels Varlosen-Löwenhagen 1973 zur politischen Gemeinde Niemetal zusammengeschlossen hatten, sprachen sich die Kirchen- und Kapellenvorstände, die seit den 1960er Jahren in der Regel gemeinsam tagten, für eine analoge Fusion im kirchlichen Bereich aus. Der Sup. des KK Münden befürwortete das Vorhaben in seinem Bericht über die Visitation 1975.21 Die neue „Ev.-luth. St. Michaelis-Kirchengemeinde Niemetal“ gründete sich schließlich zum 1. Januar 1982.22

Umfang

Imbsen.

Patronat

Familie von Stockhausen.23 Mit der Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen Kirchengemeinde Imbsen Fideikommissbesitzer Bodo Börries von Stockhausen vom 12. Februar 1920 verzichtete letzterer auf alle Ansprüche am Kirchengebäude in Imbsen und löste seine Patronatspflichten durch eine Zahlung von 20.000 Mark ab. Umgekehrt verzichtete der Kirchenvorstand „auch für die Zukunft auf alle Ansprüche vermögensrechtlicher Art, die sie auf Grund des bestehenden Patronats gegen den jetzigen Fideikommissbesitzer oder dessen Rechtsnachfolger, sowie gegen spätere Fideikommissbesitzer haben könnte, insbesondere auf solche aus einer etwaigen Kirchenbaulast, sodass der jeweilige Patron als solcher auf Grund des Patronatsrechts zu irgendwelchen Vermögensleistungen nicht mehr verpflichtet ist.“24 Mit Aufhebung der KapG Imbsen zum 1. Januar 1982 erlosch das Patronat.25

Kirchenbau

Neuromanischer Rechteckbau mit Halbkreisapsis, ausgerichtet nach Ostnordosten, erbaut 1860/61. Satteldach. Sandsteinquadermauerwerk. An den Längsseiten je fünf rundbogige Sprossenfenster, die drei mittleren gekuppelt; Apsis mit drei rundbogigen Sprossenfenstern. An der Westseite risalitartiger Vorsprung mit rundbogigem Säulenportal, Konsolensturz, im Tympanon Α und Ω sowie Christusmonogramm, darüber Inschriftentafel: „Erbauet vom Kirchen-Patron Bodo v[on] Stockhausen. 1861“ und Rundfenster. Im Innern flache Decke, Westempore. 1920 Kirchengebäude mit Einwilligung Bodo Börries von Stockhausens als Eigentum der KapG ins Grundbuch eingetragen.26 1957 Renovierung.

Turm

Über dem Westgiebel schlanker, vierseitiger Dachreiter, verschiefertes Kreuzdach mit achtseitiger Spitze, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne (Jahreszahl „1976“). An jeder Seite eine rundbogige Schallöffnung, darüber runde Blendnische.

Vorgängerbau

Vermutlich Fachwerkbau, in der ersten Hälfte des 17. Jh. nachweisbar. 1822 als baufällig beschrieben, 1851 als zu klein und zu dunkel.27 1860 abgebrochen.

Ausstattung

Hölzerner Blockaltar mit seitlichen Schranken und Holzretabel; Retabel aus querrechteckiger Predella und hochrechteckigem Aufsatz mit Dreiecksgiebel, bekrönt mit Kreuz, im Bildfeld Kruzifix (ähnliches Retabel in Varmissen). – Hohe Holzkanzel mit polygonalem Kanzelkorb. – Taufstein (1601), sechsseitiges, kelchförmiges Becken auf neuerem Schaft und Fuß, am Becken sechs Engelsköpfe sowie Inschrift: „Idel Greving dedit Anno 1601. Ivrgen Tollen, Pagel Klinghen. In der Apos[tel]geschich[te] amb II Ca[pitel] Thut Bvsse vnd lasse sich eiin iglicher tevfen avf den Namen Ihesv Christi zvr Verge[bvng] der S[vnden]“.28 Taufstein nach Kirchenneubau nicht in die neue Kirche übernommen, Fuß und Schaft später zerschlagen, Becken seit 1927/28 im Garten des Lehrers aufgestellt, seit 1952 wieder in der Kirche.29

Orgel

Neubau 1878, ausgeführt von Folkert Becker (Hannover), 6 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 2014 Instandsetzung, Werner Bosch (Kassel). Denkmalorgel (unverändert erhalten).

Geläut

Zwei LG, I: e’’ (Bronze, Gj. 1958, Heinrich Kurtz, Stuttgart); II: g’’ (Bronze, Gj. 1794, Georg Christian Carl Henschel, Kassel), Inschriften: „[…] Stockhausen“ und „[…] Henschel Cassel vor die Gemeinde Imbsen 1794“. – Früherer Bestand: Eine große LG (Bronze), zu Rüstungszwecken abgegeben.

Friedhof

Alter Friedhof bei der Kapelle, nach Eintragungen im Kirchenbuch genutzt mindestens 1680 bis 1852.30 Neuer Friedhof am Ostrand des Dorfes, angelegt 1881, Eigentum der Realgemeinde, noch 1961 in kirchlicher Verwaltung, 1968 nicht mehr, FKap (Bj. 1962).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 1493 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7686 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Gemeindebuch KKV Münden, S. 75–77; Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 219–220; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Münden, S. 219–220.

B: Joachim Jünemann: Imbsen im Niemetal 1093–1993, 1993.


Fußnoten

  1. Jünemann, S. 37 und S. 143, weist auf den Flurnamen Johannisanger hin, der jedoch erst 1806 oder 1808 belegt ist.
  2. Mainzer UB I, Nr. 385. Zum Ortsnamen vgl. Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 219 f., die u. a. auf Schwierigkeiten bei der „Abgrenzung zu Imbshausen, Kr. Northeim, und † Immedeshusen, Kr. Goslar“ hinweisen.
  3. Spilcker, Everstein II (Urkundenbuch), Nr. XXIX. Zum Kloster Lippoldsberg siehe „Benediktinerinnenkloster Lippoldsberg, Gemeinde Wesertal“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/kl/id/7765> (Stand: 29.11.2021).
  4. Jünemann, S. 98 ff.
  5. Jünemann, S. 54 f. und S. 56.
  6. Jünemann, S. 82. Zur Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit im 19. Jh.: Hindersmann, Adel, S. 169 ff.
  7. LkAH, L 5c, unverz., Varlosen, Visitation 1961.
  8. Zit. bei Jünemann, S. 36.
  9. UB Hilwartshausen, Nr. 287.
  10. Dies und das folgende Zitat: Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 165 mit Anm. 2.
  11. Vgl. Jünemann, S. 35.
  12. Jünemann, S. 32 f. Vgl. Wilhelm Lotze: Geschichte der Stadt Dransfeld nebst der launigen Historie von den Hasenmelkers un Asinusfräters, Münden 1878 [Digitalisat online], S. 30.
  13. Kayser, Generalvisitation Gesenius, S. 169. Weiter heißt es: „Würde nun den von Stockhausen solches difficultiren, ist zu attendiren, daß Imbsen principaliter an die Danckelshäuser [sic!, gemeint ist wohl Dransfelder] Gemeinde gehörig und er derowegen auf diesen Posten nicht so hoch zu dringen.“
  14. Joachim Jünemann: Kirchenjubiläum 1792–1992 Löwenhagen, Löwenhagen 1992, S. 11.
  15. Althaus, Generalvisitation II, S. 115.
  16. Althaus, Generalvisitation II, S. 115.
  17. Althaus, Generalvisitation II, S. 119.
  18. Jünemann, S. 40 f. (Zitat: S. 41).
  19. Jünemann, S. 41.
  20. LkAH, L 5c, unverz., Varlosen, Visitation 1968.
  21. LkAH, L 5c, unverz., Varlosen, Visitation 1975.
  22. KABl. 1982, S. 13 f.
  23. Jünemann, S. 36.
  24. LkAH, B 2 G 15/Imbsen, Bl. 1c.
  25. KABl. 1982, S. 13 f.
  26. LkAH, B 2 G 15/Imbsen, Bl. 1b.
  27. Vgl. Jünemann, S. 35 und S. 40 f.
  28. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 263 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di066g012k0026308.
  29. LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 471, Bl. 6 und Bl. 25.
  30. Jünemann, S. 46.