Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Leine-Solling | Patrozinium: Matthäus | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Ellensen ist vermutlich das 826/876 genannte Hellonhusun der älteren Corveyer Traditionen.1 Sicher tritt es uns in schriftlichen Quellen erstmals im 13. Jh. als Ellenhusen entgegen. Das Dorf war Sitz der gleichnamigen Ritter von Ellenhusen, die einen befestigten Wohnsitz am Fuß des Lahbergs von den Gf. von Dassel zu Lehen hatten. Den Zehnten über das Dorf traten die Gf. an das Kloster Lippoldsberg ab, das im 14. Jh. im Besitz desselben war.2 Mit der Veräußerung der Gft. Dassel durch den letzten Gf. kam Ellensen 1310 unter die Herrschaft des Hochstifts Hildesheim (Amt Hunnesrück) und nach der Hildesheimer Stiftsfehde 1523 an die Welfen (Amt Erichsburg), die Ellensen 1643 an das Hochstift zurückgaben (wieder zum Amt Hunnesrück). 1802 an Preußen, 1807 Westphalen, 1815 Hannover. Das Amt Hunnesrück wurde 1817 mit dem Amt Erichsburg vereinigt und ging 1859 im Amt Einbeck auf. Ellensen hatte im ausgehenden 16. Jh. 31 Hausstellen. Durch stärkeren Zuzug von Köthnern und Brinksitzern stieg ihre Zahl bis Mitte des 19. Jh. auf etwa 50 an. Das Wirtschaftsleben dominierte die Landwirtschaft, bis zur Verkoppelung und Ablösung der bäuerlichen Lasten Mitte des 19. Jh. vor allem der Flachsanbau. Industrie war nicht vorhanden. Noch Anfang der 1970er Jahre waren über 40 Prozent der Einwohner in der Landwirtschaft beschäftigt. Seit 1974 ist Ellensen Ortsteil der Stadt Dassel.

Kirche, Ansicht von Südosten, 1953

Kirche, Ansicht von Südosten, 1953

Die Kirche in Ellensen gehört zu den ältesten des früheren Kreises Einbeck und dürfte zwischen 1000 und 1100 von den Dasseler Gf. erbaut und mit Grundbesitz ausgestattet worden sein. Zur KG Ellensen gehörten die Kapellen in Eilensen und Krimmensen (letztere vor 1588 untergegangen und ihr Grundbesitz in dem der Muttergemeinde aufgegangen): Gemeinsam mit Markoldendorf war Ellensen Sitz eines Kalands, der 1413 seine Übersiedlung nach Einbeck beschloss und darüber unter Vermittlung des Alexanderstifts einen Vertrag mit dem dortigen Kollegiatstift St. Marien abschloss. Pfarrer in Ellensen war in jenem Jahr Hermann Brawe, einer der Mitunterzeichner des Vertrags.3
1543 nahmen die Geistlichen des Amtes Erichsburg, darunter P. Heinrich Hasungen aus Ellensen, auf einer Versammlung in Dassel die neue ev. Lehre an. Nach dem Augsburger Interim zunächst rekatholisiert, erfolgte 1575 unter P. Heinrich Kreter/Kreit (amt. bis 1587) die endgültige Einführung des luth. Bekenntnisses. Unter den späteren ist besonders zu erwähnen: Johann Karl Friedrich Witting (amt. 1783–1800), nachher P. an St. Magni in Braunschweig, als Autor ethischer und theologischer Schriften (während seiner Zeit in Ellensen: Unterhaltung am Krankenbette, 1788; Über die Moralität des Spiels; Über das Kartenspiel, beide 1791; Practisches Handbuch für Prediger, 6 Bde., 1791–1798). Witting führte 1793 auch das Hildesheimer Gesangbuch und den hannoverschen Katechismus in Ellensen ein. P. Ferdinand Sievers (amt. 1892–1926) veröffentlichte eine Predigtsammlung unter dem Titel „Sei getrost! Verkündigung aus der Amtszeit“ (1927). Als Vorsitzender des Gesamtschulverbandes für die Ksp.-Gemeinden setzte er 1906 den Bau eines neuen Schulhauses durch. In der NS-Zeit war P. Nöldeke (amt. 1927–1936), Mitglied der NSDAP und aktiver Anhänger der DC. Bis 1935 gab es eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen NS-Stellen sowie GD und Veranstaltungen der DC, an denen sich die Gemeinde anfangs in großer Zahl beteilige. Der Gustav-Adolf-Frauenverein wurde 1933 in die NS-Frauenschaft überführt. Nach 1935 spielten die DC in der Gemeinde keine Rolle mehr. Die leitenden Personen zogen sich zurück und traten teilweise aus der Kirche aus. Der 1933 als DC-Einheitsliste gewählte KV trat 1937 geschlossen zurück. Unter P. Dirksen (ab 1937, Mitglied der BK) wurde eine gemeindliche Männer-, Frauen- und Jugendarbeit eingerichtet.

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1959

Kirche, Ansicht von Südwesten, 1959

Als 1936 die Suptur. in Markoldendorf aufgehoben wurde, wurde dort die zweite Pfarrstelle eingezogen und der P. von Ellensen mit der Versehung von Amelsen beauftragt. 1944 wurde die Pfarrstelle ganz aufgehoben und die KG Amelsen zum 1. Oktober 1944 unter dem gemeinsamen Pfarramt in Ellensen mit der KG Ellensen verbunden.4 Es kam aber nicht zu einem wirklichen Zusammenwachsen der beiden Gemeinden. Die Amelser lehnten den Zusammenschluss von Anfang an ab und bevorzugten die frühere Verbindung mit Markoldendorf.5 Am 1. April 1958 wurde deshalb die pfarramtliche Verbindung mit Amelsen wieder gelöst.6 Zum 1. Januar 1975 wurden die KG Ellensen und Mackensen aufgehoben. Ihre Pfarrstellen wurden vereinigt und als zweite Pfarrstelle in die St.-Laurentii-KG Dassel eingegliedert.7 Das letzte Pfarrhaus von Ellensen (Bj. 1870) wurde 1978 in Privathand veräußert.
Mit dem 1. Januar 2003 wurden die Einwohner von Eilensen, Ellensen und Krimmensen zur KapG Ellensen in Dassel zusammengeschlossen und in die KG Markoldendorf umgepfarrt.8

Umfang

Die Dörfer Eilensen, Ellensen, Hoppensen und Krimmensen.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Nörten (Sedes Markoldendorf9) der Erzdiözese Mainz. – 1588 zur neu gebildeten Insp. Uslar; mit der politischen Rückgliederung an das Hochstift Hildesheim 1642 zur Insp. Insp. Alfeld.10 1800 an die neu errichtete Insp. (1924: KK) Markoldendorf, die mit dem 1. Oktober 1936 in den KK Einbeck eingegliedert wurde. Seit 1. Januar 2001 KK Leine-Solling.

Patronat

Kollatur (Besetzungsrecht) und ius patronatus (Patronatsrecht und Unterhaltungspflicht) wurden im 13. Jh. von den Gf. von Dassel an die Herren von Ellenhusen verliehen. Nach dem Verkauf der Rest-Gft. Dassel an das Hochstift Hildesheim erfolgte die Belehnung jeweils durch den Bf. Mit dem Erlöschen der von Ellenhusen (Christian von Ellenhusen, † 1327) traten die von Oldershausen als Erben des Guts Ellensen in deren Rechte ein. In einem Lehnregister der Herrschaft Everstein aus dem 14. Jh. wird Johann von Oldershausen als Inhaber des Kollationsrechts in Ellensen bezeichnet.11 Am 1. Mai 1481 wurden durch den Hildesheimer Bf. die von Oldershausen als Besitzer des Ritterguts Förste mit dem kerklehne belehnt.12 Der 1717 von Jobst Adam von Oldershausen beantragte Tausch des Patronats gegen das der Universität Helmstedt zustehende Patronat über die Kirche in Düderode wurde durch die herzogliche Regierung abgelehnt. Letzter Inhaber des Guts Förste war Landrat a. D. Hans von Oldershausen († 1956), der schon 1937 von seinem Präsentationsrecht keinen Gebrauch mehr gemacht hat. Nach seinem Tod wurde das Gut Förste veräußert. Wegen des zweifelhaften Rechtscharakters (dingliches oder Familienpatronat) vereinbarten das LKA und der Vertreter der Familie von Oldershausen 1959, dass das Patronatsrecht bis zu einer grundsätzlichen Entscheidung der Synode über die Patronatsfrage durch die Synode ruhen solle.13 Endgültiger Verzicht 1977.14

Kirchenbau

Schlichter, verputzter Bruchsteinbau mit geradem Ostschluss. U-förmige Empore. Die mittelalterliche Kirche wurde in der Osterwoche 1626 bei der Brandschatzung des Dorfes durch kaiserliche Truppen im Innern weitgehend zerstört. 1683 wurde sie notdürftig wiederhergestellt und der baufällige Turm ausgebessert. Aus dieser Zeit stamme der östliche Teil des Gebäudes mit drei Fensterachsen. 1728 erfolgte eine grundlegende Renovierung und Vergrößerung des Kirchenraums. Dabei wurden auch die bisherigen schießschartenartigen Öffnungen an der Südseite des Schiffs durch je drei größere Fenster an beiden Langseiten ersetzt. 1844–47 wurden Kirche und Kirchturm noch einmal vollständig umgebaut und um eine Achse nach Westen erweitert (inschriftliche Datierung über dem Türsturz: 1844). 1896 (Neuvermalung, neue Fenster) und 1934 Innenrenovierungen. 1977 Gesamtsanierung.

Turm

Über dem Westgiebel ein vierseitiger Dachreiter mit Eternitbehang unter Zeltdach, 1844 erneuert.

Ausstattung

Die Ausstattung mit dem klassizistischen Kanzelaltar und der Südempore stammt von der Renovierung und Vergrößerung der Kirche 1844. Die Nordempore ist wohl älter.15 – Hölzerner Opferstock (dat. 1658).

Kirche, Blick zur Orgel

Kirche, Blick zur Orgel

Orgel

Die erste Orgel für die Kirche baute 1753 Johann Conrad Müller (Hildesheim). P. Furtwängler legte 1838 einen Kostenvoranschlag für die Reparatur des Instruments (damals 6 I/–) vor.16 Eine neue Orgel erhielt die Kirche wohl 1844. Weitere Neubauten 1895/96 durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover), mit 11 II/P17, pneumatische Traktur; sowie 1957 hinter dem alten Prospekt durch Firma Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck), 9 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. In beiden Fällen wurde älteres Pfeifenmaterial wieder verwendet.

Geläut

Drei LG, I: dis’’; II: fis’’; III: gis’’ (alle Bronze, Gj. 1952, Gebrüder Rincker, Sinn18). – Früherer Bestand: Eine geborstene Glocke war 1785 in Hildesheim umgegossen worden. 1861 waren zwei Glocken vorhanden.19 Nachdem eine Glocke beim Trauergeläut für die Ksn. Augusta 1890 gleichfalls geborsten war, gab die Gemeinde 1891 bei J. J. Radler & Söhne (Hildesheim) zwei neue LG in d’’ und fis’’ in Auftrag, von denen die kleinere in fis’’ 1917 abgeliefert und 1923 ebenfalls durch J. J. Radler & Söhne ersetzt wurde.20

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarr- und Küsterhaus wurden im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt. Neubau des Pfarrhauses 1677 und – nach erneuter Brandzerstörung – 1784. 1870 Neubau als Massivbau an anderer Stelle (1978 verkauft. Das alte Pfarrhaus wurde 1953/54 wurde zum Gemeindehaus (Wichernhaus) ausgebaut.

Friedhof

Am Lahberg. Eigentum der KG.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1542–15.. Heinrich Hasungen. – 1575–1595 Heinrich Cret. – 1596 Magister Johann Leger. – 1597 Heinrich Blockaus (Bloetjius, Bloetzaeus). – 1598–1624 Johannes Pressun. – 1624–1633 Ernst Berthold Viselius. – 1633–1634 Konrad Becker. – 1634–1641 Johann Ilse(n). – 1641, 1645 Andreas Schmiedichen. – 1676–etwa 1700 Justus Berthold Henze. – 1702–17.. Christoph Daniel Schnelle (Scheele?). – 1706–1719 Daniel Andreas Rein(e)mann. – 1719–17.. Karl Heinrich Raht. – 1724–1766 Theodor (Dietrich) Jakob Timäus. – 1767–1783 Franz Julius Burmeister. – 1783–1800 Johann Karl Friedrich Witting. – 1800–1821 Jakob Heinrich Martin Lieffers. – 1821–1837 Karl Christoph Konrad Ebert. – 1837–1856 Friedrich Wilhelm Apel. – 1856–1892 George Gade. – 1892–1926 Ferdinand Sievers. – 1927–1936 Georg Hermann Martin Nöldecke.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 249–250

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2986–2997 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 2168–2171 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 610Digitalisat, 611Digitalisat, 612Digitalisat (Visitationen); D 45 b (EphA Einbeck); D 92 (PfA Ellensen); S 1 H III Nr. 411 (Kirchenkampfdokumentation).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1598 (Lücken: Feb. 1631–1676, 1698–Okt. 1706, 1719)
Trauungen: ab 1598 (Lücken: Feb. 1631–1676, 1698–Okt. 1706, 1719)
Begräbnisse: ab 1598 (Lücken: Feb. 1631–1676, 1698–Okt. 1706; unvollständig: 1719, 1720, 1721)
Kommunikanten: ab 1613 (Lücken: 1626–1802, 1846, 1847, 1857–1870)
Konfirmationen: ab 1601 (Lücken: 1602–1605, 1607, 1610, 1615, 1619, 1623, 1626–1719, 1724–1782, 1801–1821)

Literatur

A: Niklaus, KK Einbeck, S. 41 f.
B: Hans Mirus: Chronik der Stadt Dassel. Von der Grafschaft bis zur Gebietsreform 1974, Hildesheim 1981, S. 217–223.


Fußnoten

  1. Mönchslisten I, § 248; Mönchslisten II, S. 210. Vgl. auch Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 86.
  2. Desel, Kloster Lippoldsberg, S. 132.
  3. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 529.
  4. KABl. 1944, S. 58.
  5. LkAH; G 1/Ellensen, Bl. 4 (KKV Einbeck an LKA, 22.10.1949).
  6. KABl. 1958, S. 47.
  7. KABl. 1975, S. 5.
  8. KABl. 2003, S. 14 f.
  9. Kayser, Registrum II, S. 281.
  10. Meyer-Roscher, Streiflichter, S. 123.
  11. Ohainski, Lehnregister, S. 64.
  12. Upmeyer, Herren von Oldershausen, S. 256.
  13. LkAH, B 2 G 15/Ellensen.
  14. Mirus, S. 217 f.
  15. LkAH, B 2 G 9 B/Ellensen, Bl. 99 (Vermerk, 31.03.1971).
  16. LkAH, D 92, Nr. 5131.
  17. LkAH, D 92, Nr. 5131.
  18. Hardege, Glockenneuerwerbungen, S. 45; LkAH, B 2 G 9 B/Ellensen, Bl. 96 (Bericht über die amtliche Glockenrevision in der Kirche St. Matthäi zu Ellensen am 07.05.1963).
  19. LkAH, D 92, Nr. 510.
  20. LkAH, D 92, Nr. 51301.