Sprengel Osnabrück, KK Bramsche | Patrozinium: Georg1 | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Ansicht von Süden, 1983

Kirche, Ansicht von Süden, 1983

Das nördliche Osnabrücker Land wurde im Zuge der fränkischen Okkupation der Missionszelle Visbeck zugewiesen und mit dieser 855 durch Kg. Ludwig den Deutschen dem Kloster Corvey unterstellt.2 Von ihm ging der Bau der Taufkirche des Frenkigaus (wohl in Freren) aus. In Bippen, das im 7. Jh. aus einer Ansiedlung sächsische Höfe entstand, befand sich das Zentrum eines vermutlich dem Haupthof in Freren untergeordneten klösterlichen Villikationsverbandes, für dessen geistliche Versorgung auf dem Meierhof in Bippen eine dem heilige Georg geweihte Kirche errichtet wurde. Die (allerdings zweifelhafte) Überlieferung führt die Gründung auf die Gaugrafen Dodo I. oder Dodo II. († 993/996) zurück. Die Kirche erscheint bald nach 1100 in einer Notiz über die Einkünfte des Klosters Corvey als de ecclesiis […] Bipeheim.3 Um 1150 wird sie im Corveyer Fraternitätsbuch des Abts Wibald (1145-1158) unter den Kirchen genannt, über die die Abtei Corvey das Patronatsrecht ausübt.4

Kirche, Blick zum Altar, vor November 1955

Kirche, Blick zum Altar, vor November 1955

Um 1560 nahm Joachim Meyer als Pfarrer das luth. Bekenntnis an; ihm folgten im Pfarramt sein Sohn Johannes Meyer (um 1600) und sein gleichnamiger Enkel (amt. bis 1625, dann P. in Gehrde), der später angab, er habe „die Augsburgische Konfession rein und klar gepredigt“.5 P. Johannes Meyer übertrug die Pfarre auf seinen Bruder Joachim. Unter Bf. Franz Wilhelm von Wartenberg wurde die Kirche jedoch 1625 wieder den Katholiken überwiesen. Nach der Besetzung des Amts Fürstenau durch die Schweden wurde sie 1647 den Lutheranern zurückgegeben. Dabei blieb es nach Art. 21 der Capitulatio perpetua von 1650.
Seit September 2018 ist die KG Bippen pfarramtlich mit den KG Berge und Menslage verbunden.

Umfang

Aus der ursprünglich Parochie wurden Berge (1250) und vielleicht Schwagstorf (1264) abgetrennt, wobei die Zugehörigkeit des letzteres (eventuell auch zu Merzen oder Ankum) unsicher ist. 1823 bestand sie noch aus dem Dorf Bippen, den Bauerschaften (Klein) Bokern mit Harpke, Dalum mit Rumke, Hartlage mit Lulle, Lonnerbecke mit dem Landgut Lonne und der Sültemühle, Ohrte mit Bokel, Ohrtermersch und Vechtel mit Haneberg, sowie den ev. Einwohner der Bauerschaften Basum, Beste, Bockraden, Döthen, Druchhorn, Heseke, Holsten, Kettenkamp und Restrup (Ksp. Ankum).

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des Osnabrücker Domkantors (Ankum). – Nach der Reformation unterstand die Kirche der Aufsicht des Amts Fürstenau. Eine Insp.-Einteilung (mit zunächst wechselnden Suptur.-Sitzen) wurde im Fsm. Osnabrück erst 1821 eingeführt. Bippen kam zur 3. Insp., ab 1822 zur 4. Insp. (Badbergen), ab 1924 KK Badbergen, seit 1. April 1948 KK Bramsche.

Patronat

Bis zur Säkularisierung 1802 der Abt des Klosters Corvey; dann der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1915

Kirche, Grundriss, 1915

Dreijochige, in den ältesten Teilen romanische Saalkirche aus Raseneisenstein auf einem Sockel aus Feldsteinen. Ursprünglich viereckiger Chorabschluss mit Rundbogenfenster (12. Jh.). Das Schiff wurde 1490 erhöht und um einen 5/8-Chorschluss ergänzt. 1878 Errichtung eines Vorbaus für den Haupteingang. Ursprünglich flachgedeckt. Dreiseitige Emporenanlage (teilweise dat. 1695). Renovierung der Kirche 1955/56.

Turm

Quadratischer Turm aus Findlingsmauerwerk; abgeschlossen durch einen ins Achteck überführter Spitzhelm (1662) mit Kupfereindeckung.

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, November 1955

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, November 1955

Fenster

Zwei Altarfenster mit Glasmalereien (1954): Der barmherzige Samariter und der heilige Georg mit dem Drachen.

Ausstattung

Rokokoaltar mit Kreuzigungsgemälde und Standbildern der Apostel Petrus und Paulus, 1767 geschaffen von Bildhauer Jöllemann, die Figuren von Gerhard Georg Wessel (Osnabrück), in der Bekrönung Gottesname in hebräischen Buchstaben (JHWH), umgeben von Wolken- und Strahlenkranz, flankiert von zwei musizierenden Engeln. – Kanzel (zweite Hälfte 18. Jh.); in den Brüstungsfeldern Reliefdarstellungen der vier Evangelisten mit ihren Symbolen – Bentheimer Taufstein auf vier Löwenfüßen (12. oder 13. Jh.). – Skulptur Luthers (um 1800). – In den mittleren Füllungen der rückwärtigen Orgelempore Ölgemälde der Heiligen Matthias, Jakobus des Jüngeren, Petrus und Thomas. – Kronleuchter aus Gelbguss (1704, 1733). – Eicherner Opferstock.

Kirche, Blick zur Orgel, nach 1966

Kirche, Blick zur Orgel, nach 1966

Orgel

In den 1690 gab der KV bei dem Orgelbauer Klausing (Bielefeld) eine neue Orgel mit neun Stimmen in Auftrag, die durch den Bildhauer Jöllemann mit Schnitzereien für den barocken Prospekt versehen wurde. Die Aufstellung erfolgte 1696 vermutlich auf einer Chorempore. Nach dem Bau des monumentalen Altars wurde der Orgelprospekt diesem aufgesetzt und der Spieltisch auf die Empore hinter dem Altar verlegt.6 Die nötigen Umbauarbeiten nahm 1766/67 Heinrich Wilhelm Eckmann (Quakenbrück) vor.7 Um 1875/79 baute die Gebrüder Rohlfing (Osnabrück) auf der Westempore ein neues Werk. 1926 Umbau (u. a. Erneuerung des Prospekts), 14 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1966 Neubau des Werks durch Firma Detlef Kleuker (Bielefeld-Brackwede), 16 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. Orgelweihe 12. Juni 1966. Das leerere Barockgehäuse von 1696 über dem Altar ist erhalten und steht unter Denkmalschutz.8

Geläut

Vier LG, I: e’ (Bronze, Gj. 1526); II: a’ (Bronze, Gj. 1957, Gebrüder Rincker, Sinn); III: h’ (Bronze, Gj. 1957, Gebrüder Rincker, Sinn); IV: d’’ (Bronze, Gj. 1526). – Früherer Bestand: Im Zweiten Weltkrieg wurden zwei LG abgeliefert, von denen die kleinere nach dem Krieg zurückkehrte. 1957 Ergänzung um zwei neue Glocken.

Weitere kirchliche Gebäude

Das um 1700 erbaute Pfarrhaus wurde 1945 vollständig zerstört. Neubau 1949/51, 1951 um einen Konfirmandensaal erweitert. – Gemeindehaus (ehemalige Volksschule), 1967 erweitert. Umbau 1986. – 1975 richtete die KG im ehemaligen Küsterhaus einen KiGa ein, der 1987 in Räume der neuen Dorfschule verlegt wurde.

Friedhof

Am nördlichen Ortsrand. 1950 und 1968 erweitert. FKap (Bj. 1968). In Trägerschaft der KG.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1560 Joachimus Meyer. – Um 1600 Johannes Meyer. – 16..–1625 Johannes Meyer. – Ihm folgten bis 1647 Katholiken. – 1647–1675 Matthias Kemna. – 1676–1690 Theodor Jütting. – 1690–1728 Johann Eberhard von Kampff (Campe, Campen). – 1728–1762 Christoph Bernhard Varenhorst. – 1762–1822 Johann Hermann Varenhorst. – 1822–1850 Johann Christoph Bernhard Hermann Varenhorst. – 1850–1858 August Durlach. – 1859–1874 Albert Christian Haspelmath. – 1875–1896 Gustav Wilhelm Theodor Flebbe. – 1896–1925 Carl Wilhelm Ferdinand Rose. – 1926–1948 Ludwig Amandus Marius Johannes Lüdemann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 97

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 3 Nr. 65–66 (Kons. Osnabrück, Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 40 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 838–843 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 2793Digitalisat (Visitationen); A 12e Nr. 47Digitalisat(GSup. Hannover); D 106 (EphA Bramsche).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1690 (Lücken: 1710, 1711; unvollständig: 1690–1709)
Trauungen: ab 1690 (Lücken: 1736–1760, 1818, 1819; unvollständig: 1735)
Begräbnisse: ab 1690 (Lücken: 1702, 1704, 1727, 1736–1761, 1853–1872)
Kommunikanten: ab 1777 (Lücken: 1801–1908)
Konfirmationen: ab 1728 (Lücken: 1732–1762, 1798–1814, 1851–1875)

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 224; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 47 f.

B: Bippen. Geschichte und Gegenwart, Bippen 1993; Herbert Bolz u. a.: Chronik der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bippen (Ms. im LkAH), o. O. [1954]; Die Kirche in Bippen, in: Am heimatlichen Herd 2 (1951), S. 15 f.; Ilsetraut Lindemann: Historische Figuren am Altar der Kirche in Bippen von dem Bildhauer Gerhard Georg Wessel, in: Osnabrücker Land 1989, S. 256–260.


Fußnoten

  1. Nach Meyer, Pastoren III, S. 11: Johannes der Täufer oder Georg.
  2. MGH DD LdD 73 [Digitalisat].
  3. Osnabrücker UB I, Nr. 219.
  4. Osnabrücker UB I, Nr. 279.
  5. Wöbking, Konfessionsstand, S. 84.
  6. Johannes Sommer: Was man nicht aufgeben sollte, in: Kirche im Dorf, 3/1958, S. 145 f.
  7. Dobelmann, Orgelbauer, S. 91.
  8. LKA G 9 B/Barkhausen (Liste der denkmalgeschützten Orgelprospekte im Sprengel Osnabrück, Stand Februar 1991).