Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hameln-Pyrmont | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Börry ist schriftlich erstmals als Burgiun im jüngeren Verzeichnis der Schenkungen an das Kloster Corvey erwähnt, die auf 968/69 datiert werden (Corveyer Traditionen).1 In einer Schenkungsurkunde Ks. Heinrichs II. für das Kloster Kemnade erscheint der Ort als Barigi.2 Seit 1288 ist die Unterscheidung zwischen den Ortsteilen Ober- und Niederbörry belegt. Grundherren waren die Edelherren von Homburg, das Kloster Corvey, Stift und Stadt Hameln sowie verschiedene Adelsgeschlechter, darunter die Herren von Hake aus Ohr sowie seit dem 13. Jh. die Herren von der Schulenburg in Hehlen. Mit dem Erbe der Homburger fielen die beiden Börrys Anfang des 15. Jh. unter die Herrschaft der Welfen und gehörten vom 16. bis zum 19. Jh. zum Amt Grohnde (Fsm. Calenberg, ab 1692 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg). In der Zeit des französischen Satellitenkgr. Westphalen zählte Niederbörry ab 1807 zum Kanton Börry des Distrikts Rinteln im Departement Leine. 1815 kam das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Grohnde, das 1859 im Amt Hameln aufging. Seit der Annexion von 1866 preußisch kamen Ober- und Niederbörry 1885 zum neuen Kr. Hameln und zählten seit 1922 zum Lkr. Hameln-Pyrmont. 1973 wurde Börry nach Emmerthal eingemeindet.

Kirche, Ansicht von Südosten, 1936

Kirche, Ansicht von Südosten, 1936

Beide Ortsteile verfügten über eine eigene Kirche, in Niederbörry seit dem 12. Jh., in Oberbörry seit dem 13. Jh. Erstmals erwähnt werden beide 1288 in der Urkunde zur Abtrennung der Parochie Frenke. Als Geistliche erscheinen 1279 dominus Henricus plebanus in Borige und 1419 Arnold, Vizepfarrer in Börry.3 Eindeutig Niederbörry zuzuordnen ist der 1515 und 1517 erwähnte Pfarrer Johannes Richards, plebanus in inferi Burien.4 Im Fsm. Calenberg führte Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen die Reformation ein. Sie war 1538 zum Luthertum übergetreten und regierte seit 1540 für ihren minderjährigen Sohn Erich. 1542 setzte sie die von Antonius Corvinus verfasste Kirchenordnung in Kraft und ließ danach die Gemeinden des Fsm. visitieren.5 Detaillierte Informationen zu Ober- oder Niederbörry fehlen. Im Jahr 1545 übernahm Elisabeths Sohn als Erich II. die Regierung und trat 1547 wieder zum kath. Glauben über; eine völlige Rekatholisierung des Fsm. scheiterte jedoch an den Calenberger Ständen, die 1553/55 die Beibehaltung der Lehre Luthers durchsetzen konnten. Nach Erichs Tod fiel Calenberg 1584 an Braunschweig-Wolfenbüttel und Hzg. Julius führte seine 1569 aufgestellte KO auch hier ein.6 Mit der Pfarrpfründe in Niederbörry war noch bis 1554 der Schatzschreiber Heinrich Richarts belehnt. Im Bericht über die Generalvisitation des Fsm. von 1588 wird P. Christophorus Frickius (amt. 1583–1617) als Geistlicher genannt; er scheint nach P. Johann Frickius der zweite luth. Pfarrer in Niederbörry gewesen zu sein.7 Als Oberbörry 1664 Sitz einer Inspektion wurde, ging die pfarramtlich verbundene Gemeinde Esperde an Niederbörry über. Diese Verbindung bestand bis 1788.8
Ab 1928 war die Pfarrstelle in Niederbörry vakant. Am 1. April 1949 wurden die KG Oberbörry und Niederbörry zur KG Börry vereinigt.9 Den gesamten Grund- und Gebäudebesitz der Pfarre Niederbörry verkaufte die KG 1985 an die politische Gemeinde Emmerthal, die auf dem Gelände in Verbindung mit einer benachbarten Hofanlage ein Museum für Landtechnik und Landarbeit errichtete (1990 eröffnet). Auch Altar, Gestühl und Turmuhr übertrug die KG der politischen Gemeinde; für Altarbild, Glocken, zwei Gelbgussleuchter und das Altarkreuz schlossen beide 1997 einen Leihvertrag. Die Kirche dient seither als Museumskirche.

Umfang

Das Ksp. Niederbörry umfasste den kleineren Teil von Börry, einen Teil von Latferde sowie Brockensen (KapG).

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Ohsen der Diözese Minden. – 1588 zur Insp. Münder. Von dieser wurde 1634 die Insp. Aerzen abgetrennt und der Superintendentursitz 1664 nach Oberbörry verlegt (Insp. Börry; 1924: KK Börry).10 Mit dem 1. April 1947 ging der Sitz der Suptur. in Oberbörry auf die KG Bodenwerder über (KK Bodenwerder).

Patronat

Laut Stiftungsurkunde der Pfarre in Frenke (1288) lag das Kollationsrecht für Oberbörry damals beim Abt zu Corvey.11 Später hatte der Landesherr das Patronat für beide Pfarren (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1936/72

Kirche, Grundriss, 1936/72

Einschiffiges dreiachsiges Langhaus aus Bruchsteinmauerwerk, im Kern mittelalterlich (12. Jh.). Um 1620 Umbau unter Einbeziehung der romanischen Langhauswände. Weiterer Umbau um 1800. Im Osten wurde in der Zweiten Hälfte des 18. Jh. eine niedrigere Sakristei angefügt. Um 1830 Einbau einer umlaufenden Emporenanlage, die im Osten den Kanzelaltar einbezieht. 1980 renoviert.

Turm

Westturm mit massivem Unterbau und Glockenstube aus verschiefertem Fachwerk (um 1620). Achtseitig spitz zulaufender Helm, 1761 durch Blitzschlag beschädigt und 1765 erneuert.12

Kirche, Blick zum Altar, 1936

Kirche, Blick zum Altar, 1936

Ausstattung

Kanzelaltar mit Abendmahlsgemälde von Behrends Waltemate (1641). – Achteckige gotisierende Taufe aus gebranntem Ton (1881 gestiftet). Messingtaufschale von Fr. Reinecke (Hannover).

Orgel

1960 Neubau als Brüstungspositiv durch Rudolf Janke (Gertenbach), 5 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. Prospekt und Pfeifenmaterial der alten Orgel wurden wieder verwendet. Die Orgel war das erste Werk von R. Janke in der hannoverschen Landeskirche und wurde 1990 an die politische Gemeinde Emmerthal veräußert.

Geläut

Zwei LG, I: d’’ (Bronze, Gj. 1952, Gebrüder Rincker, Sinn); II: e’’ (Bronze, Gj. um 1280). – Eine SG in a’’ (Bronze, Gj. 1901?).

Friedhof

Eigentum der KG. Begräbnisplätze befanden sich ursprünglich auf den Kirchhöfen beider Kirchen. 1835 wurde am Sandbrink für die Gemeinden Oberbörry, Niederbörry und Bessinghausen ein neuer Friedhof angelegt. FKap (Bj. 1977, Architekt: Helmut Schröder). Auf dem Kirchhof in Niederbörry befinden sich noch einige alte Grabsteine.

Liste der Pastoren (bis 1940)

Bis 1554 war die Pfarre an den Schatzschreiber Heinrich Richarts verliehen. – 1554–15.. Johann Fricke (Fricksius). – 1583–1617 Christoph Fricke. – 1617–1626 Magister Johann Dupolycus. – 1628–1638 Magister Johann Drepper. – 1639–1664 Ludolf Hetling. – 1664–1671 Magister Joachim Böning. – 1671–1688 Magister Johann Sebastian Leopolds (Leopoldi). – 1688–1732 Justus Andreas Mensching. – 1732–1737 Conrad Heinrich Mensching. – 1738–1757 Johann Heinrich Robbe. – 1758–1780 Johann Friedrich Rave(n). – 1780–1781 Johann Daniel Sostmann. – 1782–1785 Georg Justus Leo. – 1785–1800 Johann Gabriel Baurmeister. – 1800–1812 Johann Ludwig Carstens. – 1813–1820 Heinrich August Gottfried Herr. – 1820–1825 Johann Christian Jakob Bethe. – 1825–1851 Friedrich August Kulle. – 1851–1864 Karl August Wilhelm Gläßner. – 1865–1896 Gerhard Heinrich Julius Niemack. – 1897–1904 Heinrich Wilhelm Dehnhausen. – 1904–1916 Heinrich Karl Friedrich Wilhelm Schmidt. – 1920–1923 Paul Friedrich Kleinenberg. – 1924–1928 Max Philipp August Beckmann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 109–110, ebd. III, S. 11

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1323–1354 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 983–1009 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 274Digitalisat, 275Digitalisat (Visitationen); D 25 (EphA Bodenwerder).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1731 (Lücken: 1737–Juni 1738)
Trauungen: ab 1731 (Lücken: 1732–Juni 1738, 1755, 1784)
Begräbnisse: ab 1738
Kommunikanten: ab 1828
Konfirmationen: ab 1739 (Lücken: 1752–1760, 1762–1781, 1805–1812, 1815–1820, 1828–1875, 1828–1875 vereinzelt im Kommunikanten–Register)

siehe Börry

Literatur

A: Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont; S. 112–117; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 238; Köhler & Gelderblom, Dorfkirchen, S. 102–103.
B: Heike Hörning (Hg.): 1000 Jahre Börry. Geschichte und Geschichten vom Dorf und seinen Menschen, [Börry 2004].


Fußnoten

  1. Mönchslisten I, § 325; Mönchslisten II, S. 245; Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 57.
  2. MGH DD H II 87 [Digitalisat].
  3. Urkundenauszüge Einbeck, Nr. 190.
  4. Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 688 und 695.
  5. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.
  6. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 83 ff.
  7. Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 230.
  8. Schlegel, Kirchenrecht II, S. 214; Berner, Amt Grohnde, S. 29.
  9. KABl. 1949, S. 22.
  10. Schlegel, Kirchenrecht II, S. 214.
  11. Bühring, KD Lkr. Hameln-Pyrmont, S. 112.
  12. LkAH, B 2 G 9/Börry I, Bl. 89.