Frühere Gemeinde | Sprengel Lüneburg, KK Soltau | Patrozinium: Martin | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Ansicht von Nordosten, 1989

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1989

Mit der Errichtung des Truppenübungsplatzes in den Jahren 1892/93 begann für das damalige Heidedorf Munster die tiefgreifende Verwandlung in einen Militärstandort, der ein enormes Bevölkerungswachstum erlebte.1 Nach dem Zweiten Weltkrieg und der britischen Besatzungszeit wurde Munster 1956 Standort der neugegründeten Bundeswehr und im Lauf der Jahre zu einem wichtigen Ausbildungsstandort.2 Das damit einhergehende erneute Bevölkerungswachstum – nach Flüchtlingen und Vertriebenen sowie ehemaligen Wehrmachtsangehörigen zog es nun neben Bundeswehrangehörigen mit ihren Familien auch viele Zivilbeschäftigte nach Munster – stellte die St. Urbani-Kirchengemeinde vor neue Herausforderungen.3 Die als übergroß empfundene Gemeinde erfuhr mehrere Teilungen: Für die ev. Bundeswehrangehörigen und ihre Familien entstand 1959 mit der St. Stephanus-Gemeinde ein kirchlicher Ort in Munster (ev. Militärseelsorge).4 Als nächster Schritt folgte zum 1. Januar 1964 die Gründung der Ev.-luth. Kirchengemeinde Breloh, die zum 15. Juli 1966 pfarramtlich von der St. Urbani-Kirchengemeinde getrennt wurde.5 Da man die Größe der verbliebenen St. Urbani-Gemeinde immer noch als problematisch empfand, wurden weitere Überlegungen für die kirchliche Gliederung in Munster, das seit 1967 Stadt war, angestellt.6 Sie mündeten in der Errichtung der Ev.-luth. St. Martin-Kirchengemeinde Munster zum 1. Januar 1980, die Munster-West sowie die Siedlungen Ilster-Bahn und Lindenkrug umfasste.7 Die neue Gemeinde erhielt die bisherige erste Pfarrstelle der St. Urbani-Kirchengemeinde und konnte ihre Arbeit mit dem 1973 erbauten Gemeindezentrum West beginnen.8 Als Gottesdienststätte diente zunächst der Kirchsaal im Gemeindezentrum.9

Kirche, Blick zum Altar, 1989

Kirche, Blick zum Altar, 1989

Schon bald nach der Bildung der Gemeinde reifte im KV der Wunsch nach einer attraktiven Kirche. Der erste Pastor der jungen Gemeinde, P. Martin Köhn (amt. 1978–1997), hatte die Idee, aus einem Schafstall eine Kirche zu bauen. Die Gemeinde erwarb in Kohlenbissen einen Schafstall aus der Mitte des 19. Jh., der in den Jahren 1987 bis 1989 nach Munster versetzt und zur Kirche umgebaut wurde.10 Am 9. April 1989 konnte die Gemeinde ihre nach Entwürfen des Architekten Werner Schultz aus Lilienthal eingerichtete Kirche einweihen. Eingebettet in eine ursprüngliche Landschaft am Waldrand ist das Kirchengebäude in seiner Anlage ein Versuch, Kultur und Natur der Heidelandschaft mit einem Kirchenbau zu verbinden. Über drei Jahrzehnte prägte die St. Martin-Kirchengemeinde das kirchliche Leben in Munster mit, bis sie im Zuge einer durch zurückgehende Gemeindegliederzahlen und Finanzmittel nötigen Neugliederung zum 1. Januar 2012 mit der St. Urbani-Kirchengemeinde Munster und der Friedenskirchengemeinde Breloh zur Ev.-luth. Kirchengemeinde Munster zusammengelegt wurde.11

Umfang

Der Westen der Stadt Munster mit den Ortsteilen Ilster-Bahn und Lindenkrug.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1980 zum KK Soltau.

Kirchenbau

Rechteckiger, hölzerner Ständerbau, ausgerichtet nach Südsüdwesten, erbaut um 1850 in Kohlenbissen als Schafstall, 1987–89 umgesetzt nach Munster, seitdem Nutzung als Kirche. Reetgedecktes Walmdach, bekrönt mit Wetterhahn (1989, Geschenk von Hans Höhne) und Kreuz (1989, Geschenk von Günter Knabe); Feldsteinsockel, Außenwände mit vertikaler Holzverschalung; kleine, quadratische Fenster an den Längsseiten; nach Süden zweiteilige Glastür mit hölzernen Außenflügeln (Altarraum), Eingangsportal nach Norden. Im Innern offener Dachstuhl, Querbalken mit Inschriften aus Psalm 23; Nordempore.

Turm

Glockenträger aus Stahlbetonteilen am Gemeindezentrum, erbaut 1983.

Altar mit Krippe, 1989

Altar mit Krippe, 1989

Ausstattung

Schlichter, hölzerner Altar. – Niedrige, polygonale Kanzel mit einer Schnitzfigur (segnender Christus). – Gedrechselter Taufständer mit Zinnbecken. – Hinter dem Altar hölzernes Kruzifix (1989, Josef Brugger, Mattrei in Osttirol). – Rechts des Altars Krippe aus Fichtenholz (1989, Josef Brugger, Mattrei in Osttirol), Maria, Josef und Kind, drei Hirten, drei Könige, Ochs und Esel; gefertigt aus den Balken eines ehemaligen Bauernhauses.12

Orgel

Kleinorgel, 6½ I/P, mechanische Traktur, Schleifladen, erbaut 1977 von der Firma Schmidt & Mappes (Hannover), erworben 1980 für das Gemeindezentrum, umgesetzt in die neu erbaute Schafstallkirche 1989.

Geläut

Zwei LG, I: dʼʼ (Bronze, Gj. 1953, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg); II: fʼʼ (Bronze, Gj. 1953, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg), erworben 1980, im neu erbauten Glockenträger aufgehängt 1983.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1973). – Gemeindezentrum mit Kirchsaal (Bj. 1973).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 9 Nr. 1195–1199 (Amt für Bau- und Kunstpflege); S 09 rep Nr. 1719 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: Hahn, Heidekirchen, S. 123.
B: Heinrich Peters: Munster. Unsere kleine Stadt und ihre Bürger, Munster 1997; Wolfgang Sterner: Militär, Gesellschaft, Kommune. Munster 1893 bis 1993, Osnabrück 2004; Wilhelm Wolter/Fritz Alvermann: Geschichte der St.-Urbani-Kirche zu Munster. Kirche und kirchliches Leben, Munster 1981.


Fußnoten

  1. Zum Gesamtkomplex vgl. Sterner sowie Peters, S. 81 ff.
  2. Dazu Peters, S. 111 ff. und S. 220 ff.
  3. Wolter/Alvermann, S. 119 ff.
  4. KABl. 1959, S. 55 f.; Siehe Wolter/Alvermann, S. 119 f.
  5. KABl. 1964, S. 4 f.; KABl. 1966, S. 109; Wolter/Alvermann, S. 122 ff.; Peters, S. 390.
  6. Siehe dazu Wolter/Alvermann, S. 126 f.; Peters, S. 390.
  7. KABl. 1980, S. 14; Wolter/Alvermann, S. 126 ff.; Peters, S. 390 f.
  8. Vgl. Peters, S. 394.
  9. Wolter/Alvermann, S. 134.
  10. Peters, S. 395.
  11. KABl. 2011, S. 236 ff.
  12. Zum Ganzen siehe Peters, S. 395 f.