Sprengel Lüneburg, KK Winsen (Luhe) | Patrozinium: Petrus1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Schriftlich ist der Ort erstmals als Hachede belegt; die Urkunde ist nicht datiert und wurde vermutlich um 1216 ausgestellt.2 Anscheinend verursachte der sich ändernde Flusslauf der Elbe eine Aufspaltung der Siedlung in das rechtselbische Geesthacht (1401: Gesthachede)3 und das linkselbische Marschacht (1428: Merschhachede).4 Marschacht wiederum teilte sich in den Kirchort Niedermarschacht und das Dorf Obermarschacht. Während Obermarschacht zum Hzm. Lauenburg zählte (1584–1852 Patrimonialgericht Rittergut Obermarschacht, zunächst Familie von Schulze, ab 1750 Familie von Bülow), gehörte Niedermarschacht zum 1235 gegründeten Hzm. Braunschweig-Lüneburg. Bei der welfischen Besitzteilung 1267/69 kam es zum Fsm. Lüneburg (ab 1705 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover).5 Das Kirchdorf gehörte zur Großvogtei Winsen (vormals Großvogtei Lüneburg, Sitz wohl um 1371 nach Winsen verlegt), aus der später das Amt Winsen an der Luhe hervorging (1503 genannt); innerhalb des Amtes war Marschacht Teil der Marschvogtei.6 Von 1810 bis 1813 gehörte Niedermarschacht zum Kaiserreich Frankreich (Kanton Bardowick, Arrondissement Lunebourg, Département des Bouches de l’Elbe). Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Winsen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Niedermarschacht 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam der Ort zum Kr. Winsen, der 1932 im Lkr. Harburg aufging. Im Jahr 1972 schlossen sich Eichholz, Niedermarschacht, Obermarschacht, Oldershausen und Rönne zur Gemeinde Marschacht zusammen, die der Samtgemeinde Elbmarsch beitrat. Zur Sozialstruktur des Kirchspiels schrieb der Ortspfarrer 1960: „Mittlere und kleine Gemüse- und Obstbauern, eine geringe Anzahl von Großbauern, Rest Arbeiter“; 1966 lag der Pendleranteil bei 40 Prozent.7 Um 1823 lebten in den Dörfern der späteren Gemeinde Marschacht gut 1.395 Menschen (Niedermarschacht: 175), 1925 etwa 1.605 (Niedermarschacht: 225), 1950 gut 2.400 und 2023 etwa 3.985.
Eine Kirche in Hachede ist urkundlich erstmals 1258 erwähnt: Hzg. Albrecht I. zu Braunschweig-Lüneburg († 1279) und Hzg. Albrecht I. von Sachsen († 1260/61) einigten sich u. a., das Sumpfgebiet von Bleckede bis zur Kirche Hachede gemeinsam zu kultivieren (paludem a Blekethe vsque ad Ecclesiam Hachede).8 Nach einer Chronik des 17. Jh. stand das erste Gotteshaus des Kirchspiels „nah bey der Elb“.9 Eine Urkunde aus dem Jahr 1308 nennt den verstorbenen Pfarrer Johannes des Kirchspiels Marschacht sowie den damaligen Pfarrer Fredericus; P. Johannes hatte der Marschachter Kirche Einkünfte aus einer Lüneburger Saline gestiftet, dafür sollten verschiedene Messen in der Kirche gelesen werden.10 Die Urkunde erwähnt überdies einen Nebenaltar in der Kirche, der St. Johannes dem Täufer, St. Blasius und St. Thomas von Canterbury geweiht war (sanctorum Johannis baptiste, sancti Blasii et Thome Cantuariensis, in quorum honore est altare in prefata ecclesia Hachethe dedicatum). Gleichzeitig ist die Urkunde auch der älteste Beleg für die Kapelle in Drennhausen, die seinerzeit noch zum Kirchspiel Marschacht zählte. Der 1308 genannte P. Fredericus ist erneut 1336 als rector ecclesie in Hagghede belegt.11 Aus dem 15. Jh. sind weitere Namen Marschachter Geistlicher überliefert: In der Zeugenliste einer Urkunde aus dem Jahr 1437 findet sich Hinricus Bartolomei plebanus in Merschhachede.12 Im Jahr 1490 legte Theodericus de Bunda, rector parrochialis ecclesie in Merschachtede das Pfarramt nieder und ein Jahr später bestimmte Papst Innozenz VIII. (amt. 1484–1492) Hartwig Guteber, Kleriker aus der Diözese Paderborn, zu Bundas Nachfolger.13 Ebenfalls im Jahr 1490 einigten sich die Herzöge zu Braunschweig-Lüneburg und von Sachsen-Lauenburg darauf, das Patronatsrecht über die Kirche in Marschacht abwechselnd wahrzunehmen (die Grenze zwischen den beiden Territorien verlief durch das Kirchspiel: Obermarschacht und Tespe gehörten zu Sachsen-Lauenburg, Niedermarschacht, Eichholz, Krümse, Rönne, Schwinde und Stove (sowie Drennhausen) zu Braunschweig-Lüneburg).14 Die Marschachter Kirche war vermutlich St. Petrus geweiht.15
Im Fsm. Lüneburg betrieb Hzg. Ernst I. († 1546), später der Bekenner genannt, seit 1527 die Einführung der luth. Lehre. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es abgelehnt hatten, als Leitfaden.16 Im Lüneburger Pfründenregister von 1534 ist mit „Pastor her Tyle“ der erste namentlich bekannte luth. Prediger in Marsch hachte verzeichnet.17 Außerdem ist vermerkt: „Dar Is nein kercke“ (Dort gibt es keine Kirche). Eine Karte von 1569 zeigt in der Elbe vor Marschacht einen liegenden Kirchturm mit der Beischrift: „Dies Kirche ist in der Elbe vertruncken“; gleichzeitig ist landeinwärts die neue Kirche stilisiert dargestellt, die um 1538 errichtet wurde.18 Sie ist auch auf den Elbkarten von Melchior Lorichs (1568) und Dominicus Drever (1569) eingezeichnet.19 Noch im 18. Jh. sollen bei Niedrigwasser im Bereich des alten Kirchhofs „gebeine der daselbst begrabenen Todten, auch eine Mauer der Alten Kirchen“ zu finden gewesen sein.20 Laut Pfründenregister war zudem die Kirche Drennhausen 1534 noch immer eine filia von Marschacht, also nicht gänzlich eigenständig („düsse kercke horth tho Marschachte In“).21
Die Hoheit über die Marschachter Kirche war in nachref. Zeit umstritten zwischen den Herzogtümern Braunschweig-Lüneburg und Sachsen-Lauenburg andererseits. Im Protokoll der Generalvisitation im Fsm. Lüneburg 1568 ist etwa vermerkt, die Lauenburger Herzöge hätten der Pfarre ein Stück Land genommen und würden es erst zurückgeben, wenn die Lüneburger Herzöge Glocke und Monstranz zurückbrächten, die sie aus der Marschachter Kirche fortgebracht hätten.22 Im Jahr 1582 besuchten auch die Visitatoren des Hzm. Lauenburg das Kirchspiel Marschacht.23 sie stellten fest, dass die die lüneburgischen und die lauenburgischen Kirchenältesten „widereinander“ seien und die lüneburgischen die Kirchenrechnung dem Sup. in Bardowick vorlegten „ohne Beisein jemand der Sächsischen“.24
Anfang des 17. Jh. war die Kirche für die Gemeinde Marschacht zu klein geworden und zudem baufällig. Zwischen 1613 und 1615 ließ sie einen Neubau errichten. Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618–1648) wurde die neue Kirche verwüstet. Noch während der Kriegsjahre erneuerte die Gemeinde ihr Gotteshaus, das einen neuen Altar (1633), eine neue Kanzel (1624) und eine neue Taufe erhielt, „welches einigen in der Gemeine auf 30, 40 bis 100 rthlr. gekostet“.25 Der Marschachter P. Jacobus Markgraf (amt. 1654–1681) verfasste eine Chronik des Kirchspiels, die abschriftlich erhalten ist (bei zwei Pfarrhausbränden – um 1600 und 1900 – gingen jeweils Teile des Pfarrarchivs verloren).26
Im Corpus bonorum, aufgestellt im Jahr 1780, sind auch die territorialen Verhältnisse der kirchlichen Gebäude und Grundstücke vermerk: Das Pfarrhaus etwa stand auf lüneburgischem Grund und Boden, der Pfarrgarten hingegen war teilweise lauenburgisch. Das 1698 erbaute Pfarrwitwenhaus und das Küsterhaus waren gleichfalls lüneburgisch, Land und Garten des Küsters jedoch lauenburgisch.27 Seit 1705 allerdings zählte das Fsm. Lüneburg zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) und die Hannoveraner Kurfürsten regierten seit Ende des 17. Jh. in Personalunion auch das Hzm. Sachsen-Lauenburg. Nach dem Wiener Kongress (1815) kamen die lauenburgischen Gebiete links der Elbe zum neuen Kgr. Hannover und damit zählten erstmals alle Dörfer des Kirchspiels Marschacht zu einem Territorium. Im Pfarrwitwenhaus befand sich seit 1815 auch eine „Sonntagsschenke für die Kirchgänger“.28
Während der NS-Zeit hatten nacheinander P. August Wilhelm Erich Leßke (amt. 1929–1934) und P. Helmut Erdsiek (amt. 1935–1952) das Pfarramt Marschacht inne. Nach den Angaben im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ hatte P. Leßke kirchenpolitisch zur Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft gezählt; P. Erdsiek war bis Mitte Dezember 1934 Mitglied der DC gewesen und trat im Sommer 1935 ebenfalls der Bekenntnisgemeinschaft bei.29 Weiter heißt es im Fragebogen: „Im 1933 gewählten Kirchenvorstand waren 2 Vertreter der Partei (einer ein Ortsgruppenleiter), die 6 übrigen zwar in der Mehrzahl Mitglieder der Partei, aber kirchlich bewährte Männer“; die beiden erstgenannten traten 1937 bzw. 1941 aus dem KV aus.30 In den Unterlagen zur Visitation 1941 schrieb P. Erdsiek zur Geschichte des Kirschspiels: „Die hiesige Gemeinde ist, soweit das zu erkennen ist, den Einflüssen des Rationalismus in starkem Maße ausgesetzt gewesen und von der Erweckung offenbar überhaupt nicht berührt worden.“31
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder in Marschacht von etwa 2.800 im Jahr 1939 auf gut 3.865 im Jahr 1947 an.32 Im Bericht zur Visitation 1947 schrieb der Winsener Sup., dass der kleine Gemeindekern in Marschacht „durch Flüchtlinge, die aus ihrer Heimat eine feste kirchliche Sitte mitbrachten, gestärkt worden ist“.33 Zu Beginn der Amtszeit von P. Otto Kopka (amt. 1965–1994) richteten die drei benachbarten KG Drennhausen, Marschacht und Handorf ein Gruppenpfarramt ein (u. a. gegenseitige Vertretung der Geistlichen, Zusammenarbeit in der Erwachsenenbildung, gemeinsame Männer-, Frauen- und Jugendarbeit bzw. Aufgliederung der Arbeit zwischen den Pfarrämtern).34 1966 gründete sich etwa ein gemeinsamer Kirchenchor der KG Drennhausen und der KG Marschacht; seit Anfang der 1970er Jahre gingen die drei Gemeinden wieder verstärkt eigene Wege.
Im Kontext von Gruppenpfarramt und gemeindeübergreifender Zusammenarbeit steht auch der Umbau der Marschachter Kirche ab 1969: Sie sollte „nach ihrer Fertigstellung als zentrales Gemeindehaus für den Elbdeich von Tespe bis Drennhausen […] und von Handorf quer durch die Binnenmarsch […] eine bedeutende übergemeindliche Funktion wahrnehmen“.35 Der Westteil wurde als Gemeindehaus abgetrennt und um im verbliebenen Kirchenraum genügend Platz zu gewinnen, setzte die Gemeinde gegen Landeskirche und Landeskonservator den Verzicht auf den neugotischen Altar, die oberhalb angebrachte Orgel und die Ostempore durch. Im Bericht zur Visitation 1972 beurteilte der Winsener Sup. die Umgestaltung positiv: „Die Alten freuen sich, daß sie ihre Kirche behalten, die Modernen, daß Marschacht mit diesem Beispiel ein für unseren Bereich einzigartiges Zeichen setzt.“36 Auch insgesamt zeigt er sich beeindruckt von der Gemeindearbeit in Marschacht; hier werde versucht, den „entscheidenden Punkt zu entdecken und aufzugreifen, von dem her die Kirchengemeinde sich neu bildet und für die Zukunft verwirklicht“, etwa im Arbeitskreis Gottesdienst.37 1978 heißt es, die nicht kirchlich geprägte Gemeinde habe „nach einer intensiven Aufbauphase ihr eigenes Profil gewonnen“.38 Die Jugendarbeit lag seit den 1970er Jahren in der Hand der „Ev. Jungenschaft Tyrker“.39
Seit Anfang 1972 unterhielt die Gemeinde einen ev. Kindergarten und stellte im April zudem eine Gemeindeschwester an (auch für Drennhausen). Die Schwesternstation ging wenige Jahre später in der 1975 gegründeten Diakoniestation Winsen/Luhe und Umgebung auf (Ashausen, Drennhausen, Handorf, Marschacht, Pattensen, Stelle sowie St. Marien und St. Jakobus Winsen).40 1986 richtete die Gemeinde eine kirchliche Bücherei ein.41 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpfte die KG Marschacht Kontakte zur Kirchgemeinde Reinsberg/Bieberstein (nördlich von Freiberg).42
Schon 1966 hatte der Winsener Sup. in seinem Visitationsbericht über die „Verselbständigungstendenzen des größten Kirchspielortes Tespe“ geschrieben.43 Er empfahl, dort ein Gemeindehaus zu errichten und einen Pfarramtshelfer einzustellen, der seinen Sitz in Tespe haben sollte. Während der folgenden Jahrzehnte wurde die Notwendigkeit eines Gemeindehauses wiederholt betont. 1991 gründete sich ein Bauverein, um das Vorhaben zu unterstützen. Verwirklicht wurde es erst, nachdem das LKA Hannover zum 1. Januar 1994 die eigenständige „Ev.-luth. KG Tespe“ errichtet hatte, die pfarramtlich mit ihrer Muttergemeinde Marschacht verbunden blieb.44 Die so verkleinerte Gemeinde Marschacht zählte 1996 etwa 2.020 Gemeindeglieder.45 Zum 1. Februar 2005 erweiterte das LKA Hannover die pfarramtliche Verbindung von Marschacht und Tespe um die KG Drennhausen.46
Am 1. Januar 2008 übernahm der neu errichtete „Verband Ev.-luth. Kindertagesstätten im Kirchenkreis Winsen (Luhe)“ die Trägerschaft des ev. Kindergartens der KG Marschacht.47 Gemeinsam mit gründeten die pfarramtlich verbundenen Gemeinden Drennhausen, Marschacht und Tespe zum 1. Januar 2019 die „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Elbmarsch“, der sie als Ortskirchengemeinden angehören.48
Umfang
Nieder- und Obermarschacht, Eichholz, Krümse, Rönne, Schwinde und Stove. Bis 1994 auch Tespe (dann eigenständige KG).49 Noch 1534 auch Drennhausen.
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Salzhausen der Diözese Verden.50 – Nach der Reformation Insp. Bardowick. 1822 Insp. Winsen an der Luhe, 1924 KK Winsen (Luhe).
Patronat
1490 einigten sich Heinrich I. der Mittlere, Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg († 1532) und Johann IV., Hzg. von Sachsen-Lauenburg († 1507) darauf, das Patronatsrecht in Niedermarschacht abwechselnd auszuüben.51 1654 alternierendes Patronatsrecht erneut in einem Verglich bestätigt.52 Der sachsen-lauenburgische Anteil am Patronatsrecht war 1584 auf das Gut Obermarschacht übergegangen (seit 1584 Rittergut, bis 1750 im Besitz der Familie von Schulze, dann Familie von Bülow).53 Ende des 19. Jh. nahm die Familie von Bülow das Patronat anscheinend nicht mehr wahr.54
Kirchenbau
Saalbau mit vierseitigem Chorschluss und Sakristeianbau an der Südseite, ausgerichtet nach Ostsüdosten, erbaut 1613–15, teilweise auf den Grundmauern des Vorgängerbaus. Satteldach, über dem Chor abgewalmt, Sakristei mit Schleppdach. Backstein- und Feldsteinmauerwerk, gestufte Stützpfeiler an allen Seiten; Westgiebel verziert mit schräg steigenden Friesen und Blendnischen. Große, rundbogige Sprossenfenster an Chor und Ostteil, im Westteil zweigeteilte Sprossenfenster: oben rundbogig, unten rechteckig. Zwei Rechteckportale nach Norden, Nebeneingang an der Ostseite der Sakristei. Im Innern segmentbogige, holzverschalte Decke; Westempore; Wände gelb gefasst, Decke blau; Westteil als zweigeschossiges Gemeindehaus abgetrennt, oberes Geschoss kann über die Empore zum Kirchenraum geöffnet werden. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) Kirche „sehr ruiniret“ und schrittweise erneuert, u. a. neuer Altar, neue Kanzel und neue Taufe.55 1725–27 neues Holzgewölbe eingebaut, Emporen erneuert und obere Empore eingebaut, Westgiebel erneuert.56 1779 Dach und Mauerwerk repariert, neuer Stützpfeiler an Südseite. Im 19. Jh. Westgiebel neu erbaut. 1821 Erweiterung im Westen und hölzerne Segmentbogendecke eingebaut.57 1945 Kirche durch Artillerietreffer beschädigt. 1952 Renovierung. 1969–71 Umbau, u. a. westlicher Teil der Kirche abgetrennt und Innenraum verkleinert, Brauthaus im Osten abgebrochen.
Turm
Westlich der Kirche freistehender, hölzerner Glockenturm mit vierseitigem Pyramidenhelm bekrönt mit Kugel, erbaut wohl um 1615. Außenwände leicht nach innen geneigt und mit vertikaler Verschalung. Im Glockengeschoss kleine rechteckige Schallfenster nach Süden, Norden und Westen. Rechtecktür nach Norden. 1729 Instandsetzung.
Vorgängerbauten
Die Kirche in Marschacht stand ursprünglich näher an der Elbe. 1568 heißt es, 30 Jahre zuvor sei „das Fundament der Kirche in Marschacht dermaßen angegriffen und ausgehöhlt worden, daß sie darüber, wie das Fundament und die vestigia [Reste] noch augenscheinlich ausweisen, mitsamt dem Glockenturm in die Elbe gefallen“.58 Nach dem Bau eines neuen Deiches diesseits des alten Kirchplatzes wurde etwa 1538 eine neue Kirche „hiernechst aber besser hin nach dem Felde gebauet“.59 Da dieser Bau Anfang des 17. Jh. zu klein und baufällig war, ließ die Gemeinde „auff der sämtlichen eingepfarrten Unkosten“ an gleicher Stelle die bis heute erhaltene Kirche erbauen.
Ausstattung
Altartisch (1969/71), hölzerne Mensa auf schlanken Stahlrohrstützen. – Leicht erhöhte Kanzel (1969/71), Holz und Stahlrohr. – Taufständer aus Metall (1969/71), rundes Becken, vier Beine mit waagerechter Verstrebung. – Querrechteckiges Altargemälde (1991, Siegfried Steege, Schwarmstedt). – Relief an der Emporenbrüstung (Eternitguss, 1971, Axel Henning Seemann, Aachen), „Zug der Gefangenen aus allen Zeiten“. – Ehemalige Altarbilder: Kreuzigungsszene (erste Hälfte 17. Jh.)60 sowie Gemälde der Apostel Petrus und Paulus (19. Jh., Maler Schröder, Obermarschacht)61. – Ehemalige Ausstattung: Neugotischer Holzaltar (1852/54), 1969 abgebaut. – Altarkreuz aus Stahlrohr (1971), 1991 durch Altargemälde ersetzt.
Orgel
1778 Orgel vorhanden.62 Orgelneubau 1859/60, vielleicht ausgeführt von Eduard Meyer (Hannover), Zustand 1944: 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Orgel im Osten oberhalb des Altars angebracht. 1956 Instandsetzung und Änderung der Disposition, Alfred Führer (Wilhelmshaven), 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1969 Orgel wegen Umbau der Kirche abgebaut, geplanter Wiederaufbau von Orgel und neugotischem Altar auf Wunsch des KV aufgegeben; den teilweise wurmstichigen Prospekt entsorgte der Küster 1971.63 1973 Elektronenorgel erworben, Firma Lipp, Modell LO 30, II/P, 35 Klangfarben. 1994 neue elektronische Orgel erworben, Firma Ahlborn (Ditzingen), Modell Hymnus III D 270, II/P, 27 Klangfarben.
Geläut
Drei LG, I: fis’ (Bronze, Gj. 1667, Hermann Benninck, Hamburg), Inschriften: „Verbum domini manet in aeternum“ (Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit) und „Diese Klocke ist gegossen worden unter der Regierung des durchleuchtigen hochgebohrne Fürsten und Herrn Herrn Georgii Wilhelm Hertzogen zu Braun[schweig] und Luneb[urg] durch des Pastoren H[errn] Iacobi Marggrafen und der Kircheniuraten Ties T. Westen und Tonies Mein. Ihre Befoderung von M[eister] Herman Benningk in Hamburg im Jahr 1667“; II: Christusglocke, gis’ (Bronze, Gj. 1964, Firma Rincker, Sinn), Inschrift u. a.: „Ich lebe und ihr sollt auch leben“; III: Friedensglocke, a’ (Bronze, Gj. 1964, Firma Rincker, Sinn), Inschrift u. a.: „Er ist unser Friede“. – Früherer Bestand: Eine große Glocke, 1663 geborsten und umgegossen zu jetziger LG I. Eine LG, 1762 umgegossen zu einer neuen LG. 1780 insgesamt drei Glocken vorhanden, zwei geborsten.64 1895 zwei Glocken von 1783 vorhanden.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1904/05, Architekt: Wilhelm Matthies, Bardowick; 1966 umgebaut). – Pfarrwitwenhaus (Bj. 1698; 1971 abgebaut, 1998 wiederaufgebaut im Freilichtmuseum am Kiekeberg, Rosengarten).65 – Küsterhaus (Bj. 1810, 1991 an die politische Gemeinde abgegeben).
Friedhof
Kirchlicher Friedhof bei der Kirche, Leichenhalle (Bj. 1958).
Liste der Pastoren (bis 1940)
1534, 1543 Tilemann Bolart. – 1568–1571 Adolf Cramer.66 – 1574–1576 Paulus Poppe.67 – 1574 Andreas Goers. – 1576–1578 Cosmas … – 1578–1580 Johannes Rosenmeyer. – 1581 Georgius Schumacher. – 1581–1595 Jacob Reheburg. – 1587 Johannes Holtzhoff. – 1595–1618 Johannes Hapke (Hoepke). – 1618–1631 Johannes Fechte. – 1631–1640 Peter Heckenberg. – 1640–1654 Heinrich Backmannus. – 1654–1681 Jacobus Markgraf. – 1682–1720 Hermann Zimmermann. – 1720–1762 Günther Otto Fritsche. – 1765–1768 Friedrich Wilhelm Ziehen. – 1768–1793 Johann Heinrich Bode. – 1795–1807 Christian Friedrich Salfeld. – 1807–1848 Johann Gottfried Theodor Lamprecht. – 1850–1875 Ernst Harmsen. – 1875–1902 Dr. Theodor Wilhelm Ferdinand Meyer. – 1903–1928 Friedrich Wilhelm Lodemann. – 1929–1934 August Wilhelm Erich Leßke. – 1935–1952 Helmut Karl Dietrich Erdsiek.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 192–193 und III, S. 34
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 7702–7712 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 6012–6025 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 279 (CB); A 9 Nr. 1535
, 1536
, 1537
(Visitationen); B 2, G 9 Nr. 2035–2036 (Baupflege und Bauwesen); B 2 G 9 B Nr. 437 (Orgel- und Glockenwesen); S 09 rep Nr. 1680 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7656 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1693 (Lücken: 1726, 1727, 1733, 1734, 1736–1738, 1781–1783, 1791–1794; unvollständig: 1729–1732, 1735, 1739, 1746, 1747, 1752–1754, 1756, 1757, 1780, 1784, 1790)
Trauungen: ab 1693 (Lücken: 1726, 1727, 1729–1731, 1733–1738, 1747, 1749, 1755–1762; unvollständig: 1811)
Begräbnisse: ab 1693 (Lücken: 1727–1731, 1733–1739, 1745, 1747, 1749, 1755–1762, 1845–1849, 1853–1944; unvollständig: 1726, 1732, 1740, 1741, 1744, 1746, 1748, 1750–1754, 1811, 1850)
Kommunikanten: ab 1878 (Lücken: 1927–1944; unvollständig: 1945)
Konfirmationen: ab 1812 (Lücken: 1851, 1852; unvollständig: 1850)
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KK Winsen/Luhe, S. 20–23; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 931; Gröll/Schirm, Kirchen und Gemeinden, S. 23–25; Manecke, Beschreibungen I, S. 257; Meyer, Pastoren II, S. 192–193, III, S. 34; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 220–221 (Niedermarschacht); Schlöpke, Chronicon, S. 479–480 [Digitalisat]; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 602.
B: Nils Kagel: Das Pfarrwitwenhaus aus Marschacht. Zur Untersuchung von bau- und sozialgeschichtlichen Aspekten anhand archivalischer Quellen, in: Ein Museum kommt in die Jahre. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Freilichtmuseums am Kiekeberg, hrsg. von Giesela Wiese & Rolf Wiese, Ebstorf 2003, S. 179–194; Hans-Peter Meyn: Unsere Elbmarsch gestern und heute, Lüneburg 2005, bes. S. 160–169.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Glockenturm, Küsterhaus; Wikipedia: St. Petri (Marschacht) .
GND
10001658-3, Kirchspiel (Marschacht)
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 263 (Niedermarschacht).
- UB Hamburg I, Nr. 401 [Digitalisat].
- UB Lübeck V, Nr. 18 [Digitalisat].
- UB Lübeck VII, Nr. 152 [Digitalisat]. Siehe auch: Kausche, Regesten, Nr. 588 (1430); UB Verden IV,1, Nr. 304 (1437).
- Pischke, Landesteilungen, S. 35 ff.
- Zum Amt Winsen vgl. Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 6 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitationen 1960 und 1966.
- Sudendorf, UB I, Nr. 46 [Digitalisat].
- Meyn, S. 163. Vgl. auch Reinstorf, Elbmarschkultur, S. 92.
- UB Verden II, Nr. 69; UB Stadt Lüneburg, Nr. 261a.
- UB Verden II, Nr. 452.
- UB Verden IV,1, Nr. 304.
- Lüneburger UB II, Bardowick, Nr. 746, Nr. 747 und Nr. 750.
- NLA HA Celle Or. 8 Nr. 758 .
- Schlöpke, Chronicon, S. 479 [Digitalisat].
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
- Salfeld, Pfründenregister, S. 88.
- NLA HA Kartensammlung Nr. 30/11 m; Nachzeichnung bei Reinstorf, Elbmarschkultur, S. 94, vgl. auch ebd., S. 92. Siehe auch NLA HA Kartensammlung Nr. 30/9 m . Nach Gröll/Schirm, Kirchen und Gemeinden, S. 23, und Gemeindebuch KK Winsen/Luhe, S. 20, erfolgte die Standortverlegung der Kirche bereits nach 1258.
- 1568: Bolland, Elbkarte (Beilage); Staatsarchiv Hamburg, 720-1/1_126-05 = 1568.1 (Marschacht auf Bild 9); weitere Digitalisate. 1569: ST Karten Neu Nr. 10082/1 [mit Digitalisat].
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 8].
- Salfeld, Pfründenregister, S. 88.
- Lange, General-Kirchenvisitation, S. 65: „Sehr geclagt die entwendung des Kineken Stuckes durch die Sechßischen, welche erbottig, do von F[ürstliche] G[naden] zu Luneburgk die jenes mahl genomene klocke vnd monstranz dahin wieder vorschaffet, das alßdan ock das Kineken Stucke zur pffar wieder sol gelegt werden, vmb Gottes willen, von F[ürstlicher] G[naden] hirin bittende gnedig fordernuß.“
- Feilcke, Kirchenvisitation I, S. 35.
- Zit. bei Feilcke, Kirchenvisitation II, S. 72.
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 8]. Datierungen nach Gemeindebuch KK Winsen/Luhe, S. 21.
- Gröll/Schirm, Kirchen und Gemeinden, S. 25; Gemeindebuch KK Winsen/Luhe, S. 21.
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 9]. Zum Pfarrwitwenhaus vgl. ausführlich Kagel, S. 179 ff.
- Kagel, S. 188.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 620, Bl. 12. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 620, Bl. 12.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1941.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 620, Bl. 12; LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1947.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1947.
- Vgl. dazu LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1972; vgl. auch ebd., Handorf, Visitation 1975.
- LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 437, Bl. 132.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1972.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1972.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1978.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitationen 1978, 1984 und 1990. Siehe auch https://ev.tyrker.de, 17.12.2024.
- LkAH, L 5e, unverz., Handorf, Visitationen 1975 und 1981.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1996.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1990. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1966.
- KABl. 1993, S. 192 f.
- LkAH, L 5e, unverz., Marschacht, Visitation 1996.
- KABl. 2005, S. 7.
- KABl. 2008, S. 28 ff.
- KABl. 2019, S. 18 ff.
- KABl. 1993, S. 192 f.
- Reinstorf, Elbmarschkultur, S. 221.
- NLA HA Celle Or. 8 Nr. 758. Vgl. auch Feilcke, Kirchenvisitation I, S. 37.
- Reinstorf, Elbmarschkultur, S. 224.
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 15].
- LkAH, A 9, Nr. 1537, Visitation 1897: „Herr von Bülow hat weder einen Vertreter ernannt, noch ist er selbst in den [Kirchen-] Vorstand eingetreten.“ [Digitalisat, Aufnahme 195].
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 8].
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 10 f.].
- Gröll/Schirm, Kirchen und Gemeinden, S. 24; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 931: 1831.
- Zit. bei Reinstorf, Elbmarschkultur, S. 92.
- Dies und das folgende Zitat: Schlöpke, Chronicon, S. 479 [Digitalisat]. Nach Meyn, S. 163, erfolgte dieser Neubau landeinwärts erst im Jahr 1538.
- Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 602.
- Meyn, S. 164.
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 11].
- LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 437, Bl. 134; Bl. 176.
- LkAH, A 8, Nr. 279 [Digitalisat, Aufnahme 14].
- Zur Bau- und Nutzungsgeschichte: Kagel, S. 179 ff.
- Lange, General-Kirchenvisitation, S. 65, Anm. 112.
- Lange, General-Kirchenvisitation, S. 65, Anm. 113. Nach Meyer, Pastoren II, S. 192, 1574–1576 Pastor in Geesthacht.