Sprengel Stade, KK Bremervörde-Zeven | Patrozinium: Vitus1 | KO: Keine Kirchenordnung
Orts- und Kirchengeschichte
Schriftlich ist der Ort erstmals im Entwurf für eine Urkunde Ks. Ottos I. († 973) als Heslinge erwähnt; die Urkunde wurde jedoch nicht ausgefertigt. Der Entwurfstext diente schließlich als Grundlage für eine 986 ausgestellten Urkunde des späteren Ks. Ottos III. († 1002).2 Ks. Konrad II. verlieh dem Erzbistum Bremen 1038 das Recht, einen Markt in loco Heslingoa abzuhalten.3 Heeslingen lag in dem Gebiet, in dem die Gf. von Stade Herrschaftsrechte ausübten; seit 1063 lag die Oberlehnsherrschaft über die Gft. Stade bei den Ebf. von Bremen. In der ersten Hälfte des 13. Jh. fiel die Stader Grafschaft an das Erzstift Bremen, das weltliche Territorium der Bremer Erzbischöfe.4 Um 1500 war das gesamte Dorf im Besitz des Klosters Zeven.5 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) blieb das Gebiet der säkularisierten Hochstifte Bremen und Verden unter schwedischer Herrschaft (vereinigte Herzogtümer Bremen-Verden). Das aufgehobene Kloster Zeven samt seinen Besitzungen und Rechten erhielt 1647 der schottisch-schwedische Generalleutnant (1657: Feldmarschall) Robert Douglas († 1662).6 Im Zuge der sogenannten Reduction (Rückführung) der Krongüter 1680/81 kamen die Klosterbesitzungen an die schwedische Kgn. Christine († 1689), nach ihrem Tod richtete die schwedische Regierung das Amt Zeven ein, zu dem auch Heeslingen zählte. Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) besetzte Dänemark 1712 die Hzm. Bremen und Verden und 1715 konnte das welfische Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) die beiden Territorien erwerben (1719 von Schweden gegen weitere Zahlung anerkannt). In französischer Zeit zählte Heeslingen im Jahr 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und kam dann an das Kaiserreich Frankreich (Département des Bouches de l’Elbe, Arrondissement Stade, Kanton Zeven, 1811–1814). Ab 1815 war Heeslingen, nun im Kgr. Hannover, erneut Teil des Amtes Zeven. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel der Ort 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Heeslingen zum Kr. Zeven, der 1932 in den Lkr. Bremervörde eingegliedert wurde; dieser wiederum ging 1977 im Lkr. Rotenburg (Wümme) auf. 1974 wurden Boitzen, Meinstedt, Sassenholz, Steddorf, Weertzen, Wense und Wiersdorf nach Heeslingen eingemeindet; im gleichen Jahr trat die Gemeinde Heeslingen der Samtgemeinde Zeven bei. Zur Sozialstruktur des Kirchspiels schrieb der Ortspfarrer 1955: „Die Gemeinde ist im wesentlichen bäuerlich.“7 Im Jahr 1823 lebten knapp 275 Menschen in Heeslingen, 1910 etwa 610, 1950 rund 1.265 und 2023 insgesamt 2.610 (ohne Eingemeindungen).
Das Kirchspiel Heeslingen zählt wie Selsingen und Sittensen vermutlich zu den frühesten Parochien der Region und umfasste ursprünglich wohl auch die Gebiete der heutigen Gemeinden Elsdorf, Zeven und Gyhum.8 Aufgrund der „speziellen Heiligenverehrung in Heeslingen und Zeven“ mutmaßt Bernd Ulrich Hucker, dass das wohl um 961 von einem Gf. Hed in Heeslingen gegründete Kanonissenstift „möglicherweise schon einen Vorläufer hatte, der von einem der ‚Corveyer‘ Erzbischöfe von Hamburg-Bremen an einer vielleicht ebenfalls schon älteren Kirchspielskirche gegründet worden war“.9 Der Merseburger Bf. Thietmar von Merseburg († 1018), der einen Hof in Heeslingen besaß, berichtet in seinem Chronicon sive Gesta Saxonum (Chronik oder Geschichte der Sachsen), dass die 973 eingesetzte Äbtissin Haithui in Heeslingen eine Kirche aus Stein errichten ließ, der in dieser Gegend selten sei (de lapidibus, qui in hac terra pauci habentur).10 Archäologische Untersuchungen im Kontext der Sanierungsarbeiten am heutigen Kirchengebäude lieferten 1986/87 Erkenntnisse zur ursprünglichen Gestalt der Kirche: Es handelte sich um eine dreischiffige Pfeilerbasilika.11 Datieren ließ sich der Bau nicht, womit unklar bleiben muss, ob es sich bei der Basilika um den unter Äbtissin Haithui errichteten Steinbau handelt. Dafür spricht, dass Nachrichten über einen weiteren Neubau vor dem Umzug des Konvents nach Zeven Mitte des 12. Jh. fehlen. Die Kirche diente gleichzeitig als Stifts- und Pfarrkirche. Ks. Konrad II. († 1039) erlaubte dem Erzbistum Bremen im Jahr 1038, in Heeslingen einen jährlichen Markt abzuhalten. Er fand am Kirchweihfest, am Tag des hl. Vitus (15. Juni), statt und die Einnahmen sollten an das Heeslinger Stift fließen.12 Im Jahr 1141 baten Äbtissin Hathewich und Propst Liutmund darum, das Stift Heeslingen wegen Religionslosigkeit (irreligiositas) an einen Ort zu verlegen, der abgelegener sei und der Disziplin zuträglicher (in locum secreciorem et servande discipline aptiorem).13 Der Bremer Ebf. Adalbero (amt. 1123–1148) erlaubte den Umzug und der Konvent errichtete in Zeven ein neues Kloster, 1226 ist erstmals die Benediktinerregel belegt.
Die Kirche in Heeslingen erfuhr vermutlich im 13. Jh. einen Umbau: eine vermutlich flache Holzdecke wurde durch ein Gewölbe ersetzt, die Arkaden wurden vermauert und die Seitenschiffe abgebrochen. Das Benediktinerinnenkloster Zeven behielt das Patronatsrecht über die Heeslinger Kirche.14 Mit Heinricus plebanus de heslinge ist 1226 ein Pfarrer nachweisbar.15 Ohne Nennung des Namens ist 1333 ein rector (Pfarrer) erwähnt.16 Mehrere Pastoren sind aus dem 15. Jh. bekannt: Im Jahr 1421 starb der bisherige P. Tidericus Pole und der Zevener Propst übertrug die Pfarrstelle dem Kleriker Nicolaus Browel; P. Johannes Halm, Pfarrer in Elsdorf, übergab ihm am 9. Oktober 1421 den Heeslinger Kirchenschlüssel (claves ecclesie […] tradidit).17 Die gleiche Urkunde nennt auch einen Johann Schröder als campanario ecclesie (Glöckner der Kirche).18 Im Mai 1422 überließ P. Browel die Heeslinger Pfarrpfründe dem Priester Johannes Plone alias dictus Bringmann, im Januar 1423 erhielt er sie von diesem zurück.19 P. Browel hatte das Pfarramt bis 1450 inne, als er zugunsten seines Neffen Nicolaus Hesling darauf verzichtete.20 Im Jahr 1496 gab Gherardus Heslingen die Pfarrpfründe Heeslingen auf und der Zevener Propst setzte Hinricus Ratkens als neuen Pfarrer ein.21
Im Zeitalter der Reformation regierte mit Ebf. Christoph von Braunschweig-Lüneburg (amt. 1502–1558) zunächst ein entschiedener Gegner der luth. Lehre im Stift Bremen (und gleichzeitig im Stift Verden). Trotzdem fasste der Protestantismus während seiner Regierungszeit Fuß in den Gemeinden des Erzstifts.22 Ebf. Christophs Bruder und Nachfolger in beiden Bistümern, Ebf. Georg (amt. 1558–1566), duldete den neuen Glauben. Der Bremer Ebf. Heinrich III. von Sachsen-Lauenburg (amt. 1567–1585) schließlich war Protestant, verfolgte jedoch eine vorsichtige Kirchenpolitik; zur Einführung einer ev. Kirchenordnung kam es während seiner Amtszeit nicht. Im Erzstift Bremen hat sich, zugespitzt formuliert, „eine allmähliche Reformation“ vollzogen, „die meistens auf Gemeindeebene begann“.23 Einzelheiten zur Entwicklung in Heeslingen sind nicht überliefert. Der 1554 genannte P. Johann war vielleicht der erste ev. Prediger der Gemeinde, möglicherweise ist er identisch mit dem 1556 erwähnten P. Johan Dickmann.24 Das Kloster Zeven, das weiterhin das Patronat über die Kirche in Heeslingen ausübte, blieb zunächst altgläubig, für das Kirchspiel Zeven fanden in der dortigen Klosterkirche jedoch seit Mitte des 16. Jh. ev. Gottesdienste statt.25 Anfang des 17. Jh. war der Konvent gemischtkonfessionell.26 Es ist davon auszugehen, dass auch die für Heeslingen seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. bekannten Geistlichen – Johann Dickmann, Franz Zichenius, Adrian Rosendall, Detlef von der Lieth und Dietrich Mushard – eher als luth. Prediger anzusehen sind. Die lückenlos bekannte Reihe der ev. Pastoren in Heeslingen beginnt erst mit P. Gerhard Meyer (amt. 1642–1661).
Zwei Jahrzehnte vor P. Meyers Amtsantritt waren 1621 große Teile des Dorfes Heeslingen abgebrannt, einschließlich des Pfarrhauses und der Küsterei. Auch der Turmhelm, das Kirchendach und das Gestühl der Kirche verbrannten. Ausgelöst hatte das Feuer ein „Pistohlen-Schuß, so ein Voigt bey Zehendziehen [Einzug des Zehnten] aus der Pfarre gethan“.27 P. Meyers Nachfolger, P. Johannes Byhusen (amt. 1661–1680) legte Kirchenbücher an. Im Jahr 1671 zerstörte ein Blitzeinschlag Turm und Glocke der Kirche. Anfang des 18. Jh. hielt. P. Friedrich Resius (amt. 1704–1707) auch öffentliche Gottesdienste und Betstunden in Weertzen; „viel Lahme und Contracte“ besuchten seinerzeit den dortigen „Gesundbrunnen“.28 Mit Küster Lehrle († 1708) ist der erste Namen eines Lehrers der Kirchspielschule in Heeslingen überliefert.29
Im Corpus bonorum der Kirche von 1784 ist schrieb P. Otto Georg Cammann (amt. 1775–1815): „Ein Glockenthurm ist jetzt hieselbst nicht vorhanden, indem der gewesene vor drey Jahren, weil dessen Grundmauern gesunken, eingestürzt ist“.30 Die Glocken hingen fortan in einem hölzernen Glockenhaus neben der Kirche. Im Jahr 1875 brannte das Pfarrhaus ab.31 Während der Amtszeit von P. Georg Gustav Krome (amt. 1866–1878) gründete sich 1873 ein Posaunenchor in Heeslingen; im Juli 1874 begleitete er erstmals im Gottesdienst den Gemeindegesang. Der Bericht zur Visitation 1961 charakterisiert Heeslingen als eine der „von Hermannsburg beeinflussten Missionsgemeinden“ (Missionsfeste fanden seinerzeit jährlich statt).32 P. Kromes Nachfolger, P. Georg Heinrich Schröder (amt. 1878–1891), gab 1891 sein Pfarramt auf, trat aus der Landeskirche aus und wechselte zu den Baptisten. In die Amtszeit von P. Otto Vogelsang (amt. 1891–1919), fiel 1896 der Bau des neuromanischen Kirchturms aus Backsteinmauerwerk; er war ein „Geschenk von Direktor Wilhelm Schulze aus Stade, ein Jugendfreund von Pastor Vogelsang“.33
Während der NS-Zeit hatte P. Johannes Lüdemann (amt. 1919–1950) das Pfarramt Heeslingen inne. Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ gab er an, er habe keiner Partei angehört und sei kirchenpolitisch von Anfang an Mitglied der Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft gewesen (Vertrauensmann im KK Zeven).34 Im 1933 neu gewählten KV saßen zwei Mitglieder der NSDAP, eins zog einige Monate später fort. Überdies schrieb P. Lüdemann im Fragebogen: „Fast die ganze Gemeinde erklärte ihren Beitritt zur Bekenntnisgemeinschaft“; Kirchenkampf – und auch der Krieg – hätten jedoch „das kirchliche Leben der Gemeinde nicht sonderlich beeinflusst“.35 Nach der Visitation 1942 schrieb der Bremervörder Sup.: „Heeslingen ist fraglos eine der besten und gefestigten Gemeinden des Kirchenkreises“.36
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder von rund 2.405 im Jahr 1939 auf gut 3.675 im Jahr 1949 an.37 In den Unterlagen zur Visitation 1955 schrieb P. Hans-Werner Christoph (amt. 1950–1962): „Leider hat die Mehrzahl der Vertriebenen nicht den Weg zur Kirche gefunden, was auch an mancherlei Verhalten der Einheimischen gelegen hat.“38 In der Nachkriegszeit richtete die KG Heeslingen eine Gemeindeschwesternstation ein und stellte die Diakonisse Betty Dodenhoff (amt. 1948–1975) aus dem Mutterhaus Rotenburg an.39 Nach 1945 war zudem eine kleine kath. Gemeinde im Kirchspiel Heeslingen entstanden (1949: gut 175 Gemeindeglieder); bis zum Bau der kath. Barackenkirche in Zeven im Jahr 1948 fanden in der Heeslinger ev. Kirche regelmäßig kath. Gottesdienste statt.
Den besonderen Charakter der KG Heeslingen illustrierte der Sup. des KK Bremervörde-Zeven in seinem Bericht zur Visitation 1973 mit dem regen Interesse an der Zeltmission des Theologen Gerhard Bergmann (1914–1981): „das 2000 Menschen umfassende Zelt war in diesem kleinen Dorf 16 Tage überfüllt“.40 Die Frömmigkeit der Gemeinde ließe sich am besten „mit lutherischem Pietismus Hermannsburger Prägung“ beschreiben heißt es 1979.41 Das Spendenaufkommen in der KG Heeslingen war in den 1980er Jahren „ungewöhnlich hoch“. Dies lag wohl nicht zuletzt daran, dass „aus der Gemeinde inzwischen Mitarbeiter in verschiedenen Missionswerken tätig sind (Deutsche Missionsgemeinschaft; Überseeische Missionsgemeinschaft)“ und „von Gruppen in der Gemeinde mit Gebet und Gaben unterstützt“ wurden; auch die Unterstützung für Hermannsburg hielt an.42 Das Angebot an Gruppen und Kreisen in der Gemeinde war in den 1980er Jahren breit und nahezu lückenlos, „vom Kindergottesdienst bis zu den Altenkreisen“.43 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche unterhielt die KG Heeslingen Kontakte zur Kirchgemeinde Bergen im Vogtland (südwestlich von Plauen).44
Im Oktober 2001 gründete sich die „St.-Viti-Stiftung der Ev.-luth. Kirche in der Börde Heeslingen“, die kirchliche Arbeit in der Gemeinde fördern und langfristig sichern möchte.45 Im Herbst 2002 erhielt die Gemeinde eine zweite Pfarrstelle (Dreiviertelstelle).46
Pfarrstellen
I: vorref. – II: 2002 (Dreiviertelstelle).47
Umfang
Heeslingen sowie Adiek, Ahof, Bohnste, Boitzen, Boitzenbostel, Brake, Brauel, Hanrade, Kreuzkamp, Meinstedt, Offensen, Osterboitzen, Osterheeslingen, Sellhoop, Sellhorn, Steddorf, Stuhenfieren, Viehbrock, Vierenhöfen, Weertzen, Wense und Wiersdorf. 1968 kleineres Gemeindegebiet von Heeslingen nach Zeven umgepfarrt.48
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat des Bremer Dompropstes.49 – Seit der Gründung des Kons. Stade 1651/52 gehörte Heeslingen zur Präpositur Zeven-Ottersberg. Bei der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden kam Heeslingen 1827 zur Insp. Zeven, Sitz der Suptur war nacheinander in Zeven (1828–1832), in Rhade (1832–1834), in Selsingen (1835–1874) und ab 1874 fest in Zeven.50 1924 KK Zeven, dieser 1940 aufgehoben und eingegliedert in den KK Bremervörde51, etwa 1957 umbenannt in KK Bremervörde-Zeven.
Patronat
Der Propst des Klosters Zeven, seit Aufhebung des Klosters (1647) der Landesherr (bis 1871).
Kirchenbau
Dreijochiger Saalbau mit niedriger, eingezogener Halbrundapsis und Sakristeianbau nach Süden, im Kern 10. Jh. Satteldach. Feldsteinmauerwerk sowie Backsteinmauerwerk mit Feldsteinverblendung, Stützpfeiler an den Längsseiten, Sakristei aus Fachwerk. An den Längsseiten des Schiffs je drei hochliegende Rundbogenfenster, darunter teilweise weitere Fenster; Apsis mit drei Rundbogenfenstern. Portal nach Süden. Im Innern Apsiskalotte, drei etwa quadratische, tief herabgezogene Gewölbe mit verlaufenden Graten, spitze Gurtbögen zwischen den Jochen, L-förmige Holzempore in Westen und Norden. Vor 1141 Kirche als dreischiffige Pfeilerbasilika mit niedrigen Seitenschiffen erbaut, die jetzigen oberen Rundbogenfenster bildeten ursprünglich die Obergadenfenster; an den Arkadenpfeilern fanden sich Putzreste mit Quaderritzung.52 13. Jh. Kirchenschiff eingewölbt, vielleicht gleichzeitig Seitenschiffe entfernt. 1620 oder 1621 Kirchendach und Gestühl abgebrannt. 1737 Emporen eingebaut. 1772–74 Kirche und Turm repariert.53 Ende 18. Jh. wohl Stützpfeiler errichtet (Material aus dem abgetragenen Turm). 1784 Dachreparatur. 1925 Stützpfeiler erneuert. Nach 1958 Südempore entfernt. 1972/73 Innenrenovierung und Zementverpressung zur Stabilisierung des Mauerwerks. 1986/87 Mauerwerkssanierung (Treibmineralienbildung wegen Zementverpressung), u. a. untere Teile der Umfassungsmauern erneuert (Backsteinmauerwerk mit Feldsteinverblendung), Stützpfeiler abgetragen und neue errichtet (schlanker, regelmäßig angeordnet); während der Arbeiten wurde ein Münzschatz entdeckt, der nach der Mitte des 16. Jh. vergraben worden war (585 Münzen).54
Grablege
Gf. Heinrich I. von Stade († 975/976) und seine Frau Judith († vor 973) sollen in der Kirche Heeslingen begraben sein, ebenso neun Äbtissinnen des Stifts.55
Turm
Im Westen neuromanischer Turm mit Stützpfeilern an den Ecken und Treppentürmchen im Süden, erbaut 1897 (Architekt: Ludwig Wege, Oldenburg). Achtseitiger Schieferhelm mit vier Ecktürmchen und vier Erkern, westlicher mit Uhrziffernblatt, Helm bekrönt mit Kugel und Wetterhahn. Ziegelmauerwerk Im Glockengeschoss an jeder Seite eine Rundbogennische mit rundbogigen, gekuppelten Schallfenstern mit Teilungssäulchen (Biforien); darunter je drei schmale Rundbogenfenster nach Norden und Westen, zwei nach Süden; darunter je ein Kreisfenster mit Vierpass nach Norden und Westen; darunter nach Norden Rundbogennische mit zwei Flachbogenfenstern, nach Westen Vorbau mit Rundbogenportal, im Tympanon Kreuz, A und Ω sowie Inschrift: „Herr ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort da deine Ehre wohnet“. 1620 oder 1621 Turmhelm abgebrannt, 10 Fuß Mauerwerk abgetragen. 1671 Blitzeinschlag, Mauerwerk und Balken beschädigt, kein Feuer.56 1772–74 Kirche und Turm repariert.57 1781 Turm eingestürzt, weil „Grund-Mauern gesunken“ waren, die „noch tauglichen Materialien“ wurden aufbewahrt.58 Um 1781 hölzernes Glockenhaus neben der Kirche errichtet. 1897 Neubau des neuromanische Turms, Glocken hingen zuvor in einem „abgesondert errichteten hölzernen Glockenhause“.59
Ausstattung
Blockaltar (Stipes: Backstein, Mensa: Sandsteinplatte) und hölzernes Flügelretabel mit Schnitzfiguren, farbig gefasst (Mitte 15. Jh., Schrein und Flügel neu zusammengesetzt), in der Mitte thronender Christus, links und rechts je sechs Apostel, am Rahmen beschriftet: „S. Petrus, S. Andreas, S. Jacobus, S. Johannes, S. Philippus, S. Bartholomäus. i.h.s., S. Matthäus, S. Thomas, S. Jacobus, S. Judas, S. Simon, S. Matthias“; als Bekrönung Kruzifix (18. Jh.); in der Predella Einsetzungsworte des Abendmahls (deutsch). – Hohe Holzkanzeln mit Schalldeckel (1595), Spätrenaissanceformen, an den Wandungen des polygonalen Kanzelkorbs rundbogige Füllungen Bibelversen. – Achtseitiger, hölzerner Taufständer mit Deckel, farbig gefasst (17. Jh.). – Hölzernes Gestühl, farbig gefasst, mit geschnitzte Wangen (1642). – Grabplatte für P. Joachim Krebs (amt. 1682–1703).
Orgel
1784 keine Orgel vorhanden.60 1895 Orgelneubau, Heinrich Röver (Stade), 12 II/P, mechanisch-pneumatische Traktur, Hängeventilladen.61 1951 Änderung der Disposition („Klangverbesserung“). 1960/61 Orgelneubau, ausgeführt von Emil Hammer (Hemmingen), 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1477), Pfeifenmaterial der Vorgängerorgel wiederverwendet.62 1974 Instandsetzung, Emil Hammer (Hemmingen). 1992 Instandsetzung, Alfred Führer (Wilhelmshaven). 2017 Renovierung, Claus Sebastian (Geesthacht).
Geläut
Zwei LG, I: g’ (Stahl, Gj. 1952, Bochumer Verein), Inschrift: „Gott allein die Ehre“; II: b’ (Bronze, Gj. 1820, Johann Philipp Bartels, Bremen), Inschrift: „Iohann Iacob Meier Pastor. Peter Brinkmann Iohann Beneke Ivraten. Iohann Cahrs Kvster. In Gottes Namen bin ich geflossen, Ioghann Philip Bartels in Bremen hat mich gegossen.“. „Gott allein die Ehre“ und „1820“. – Früherer Bestand: 1421 Johann Schröder als campanario ecclesie (Glöckner der Kirche) urkundlich belegt.63 Eine LG (Bronze), 1671 bei Blitzeinschlag geborsten.64 Eine große LG (Bronze), um 1778 geborsten, eine kleine LG (Bronze), 1784 geborsten, beide umgegossen zu zwei neuen LG (Bronze, Gj. 1784, Lüder Ahlers, Bremen), Gewicht: 1.345 und 836 Pfund.65 Eine große LG (Bronze, Gj. nach 1820, Ludwig Kovatsay & Ehlermann, Rotenburg). Eine große LG (Bronze), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben (1941)
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1880). – Gemeindehaus (Bj. 1880/1987, ehemalige Pfarrscheune mit Anbau). – Küsterhaus mit Konfirmandensaal (Bj. 1870). – Jugendheim (Bj. 1972/73, Baracke).
Friedhof
Kommunaler Friedhof im Osten von Heeslingen (Klosterstraße), FKap (Bj. 1971, Architekt Holst, Sittensen), in Trägerschaft der Samtgemeinde Zeven (ursprünglich kirchlich, zwischen 1979 und 1986 an die Kommune abgegeben). Kommunaler Friedhof in Steddorf, angelegt zwischen 1961 und 1967, FKap (Bj. 1968, Architekt Alfred Albers, Ahrensmoor). Kommunaler Friedhof in Brauel.
Liste der Pastoren (bis 1940)
1554 Johann. – 1556 Johann Dickmann (identisch mit Johann?). – 1566, 1570 Franz Zichenius.66 – 1572 Adrian Rosendall. – 1605/06 Detlef von der Lieth (versah seit 1605 den Pfarrdienst, vielleicht nicht Stelleninhaber). – 1610 Dietrich Mushard. – 1615/16 Dietrich (identisch mit Dietrich Mushard?). – 1642–1661 Gerhard Meyer. – 1661–1680 Magister Johannes Byhusen. – 1681–1682 Johann Daniel Archenholz. – 1682–1703 Joachim Krebs. – 1704–1707 Friedrich Resius. – 1707–1727 Jakob Christian Biedenweg. – 1727–1737 Heinrich Johann Drawe. – 1737–1766 Thomas Büter. – 1767–1775 Johann Friedrich Wehdemann. – 1775–1815 Otto Georg Cammann. – 1816–1865 Johann Jacob Meyer. – 1866–1878 Georg Gustav Kreme. – 1878–1891 Georg Heinrich Schröder. – 1891–1919 Carl Otto Vogelsang. – 1919–1950 Christoph Ludwig Johannes Lüdemann.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 478–479, mit Ergänzungen nach Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 185
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
:
A 2 Nr. 687–701 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 972 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 3449–3452 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 172 (CB); A 9 Nr. 2578
, 2579
, 2653
, 2654
(Visitationen); B 2 G 9 Nr. 1393–1396 (Baupflege und Bauwesen); D 94 (EphA Bremervörde-Zeven); E 5 Nr. 494 (Konsistorialbaumeister); L 5g Nr. 195–196, 814 (LSuptur Stade); S 2 Witt Nr. 03 (Fotosammlung); S 09 rep Nr. 1324 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7455 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1662 (Lücken: 1730–1769)
Trauungen: ab 1661 (Lücken: 1668, 1669, 1676, 1729–1769)
Begräbnisse: ab 1663 (Lücken: 1677, 1729–1769)
Kommunikanten: ab 1848 (Lücken: 1861–1875; Zahlenregister: 1770–1811, 1833–1847)
Konfirmationen: ab 1833
Literatur & Links
A: Komm und sieh, S. 8–17; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 663; Ehrhardt, Reformation, S. 228–230; Meyer, Pastoren I, S. 478–479; Mithoff, Kunstdenkmale V, S. 48–49; Roth, Beschreibung, S. 200–201 [Digitalisat]; Schwebel, Rundturmkirchen, S. 23–24; Siebern/Wallmann/Meyer, KD Kr. Verden, Rotenburg, Zeven, S. 194–201; Talkenberger, Quellen, S. 210.
B: Bernd Ulrich Hucker: Gründung und Untergang des Damenstifts Heeslingen. Mit einem Exkurs über die Edeldame Rikquur, in: Rotenburger Schriften 91 (2011), S. 205–233; Hans-Werner Jaquet: 1000 Jahre Börde Heeslingen. 961–1961. Das Spiegelbild einer Chronik der Geschichte Heeslingens mit vielen geschichtlichen Fakten und Überlieferungen, Zeven 1961; Wilhelm Kranz: Ortsfamilienbuch Heeslingen, Hamburg 2013; Konrad Maier: Die Kirche in Heeslingen. Neue Erkenntnisse, neue Fragen zur mittelalterlichen Baugestalt, in: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 15 (1995), S. 50–55; Hans Wohltmann: Das tausendjährige Heeslingen, in: Stader Jahrbuch 1961, S. 33–38.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Pfarrhaus, Kirchhof, Kirchenanlage; Wikipedia: St. Vitus (Heeslingen).
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 41.
- MGH DD O III 24 [Digitalisat]; UB Zeven, Nr. 2. Siehe auch Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 101.
- MGH DD Ko II 278 [Digitalisat].
- Sudendorf, UB I, Nr. 19 [Digitalisat]; Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 41.
- Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 211; Lehe, Herzogtum Bremen, S. 18.
- Vgl. Ehrhardt, Donationen und Reduktionen, S. 75 ff.
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1955).
- Hucker, S. 209 f.
- Hucker, S. 226. Zu Stift Heeslingen bzw. Kloster Zeven vgl. knapp Dolle, Klosterbuch III, S. 1593 ff., siehe auch Niedersächsische Klosterkarte, Artikel Zeven; ausführlich: Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 111 ff.
- MGH SS rer. Germ. N. S. 9, S. 90/91 [Digitalisat]. Der Heeslinger Hof (curte mea Heslinge) ist erwähnt ebd., S. 512/13 [Digitalisat]. Vgl. auch https://geschichtsquellen.de/werk/4529].
- Maier, S. 55 f.
- MGH DD Ko II 278 [Digitalisat].
- UB Zeven, Nr. 3. Zum Kloster Zeven vgl. knapp Dolle, Klosterbuch III, S. 1593 ff., siehe auch Niedersächsische Klosterkarte, Artikel Zeven; ausführlich: Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 111 ff. Speziell zur Gründung: Hucker, S. 205 ff.
- Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 122 ff.
- UB Lübeck I, Nr. 38 [Digitalisat]. Eine Liste der vorref. Geistlichen in Heeslingen findet sich bei Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 184 f.
- Regesten Ebf. Köln 2,2, Nr. 483.
- UB Zeven, Nr. 128 und Nr. 129.
- UB Zeven, Nr. 129.
- UB Zeven, Nr. 130–133.
- UB Zeven, Nr. 173.
- UB Zeven, Nr. 213.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7, resümiert: „beinahe das ganze Erzstift“ wurde lutherisch; Otte ist vorsichtiger und hält fest, es bleibt „für diese Jahre weiterhin schwierig zu beurteilen, ob der einzelne Prediger evangelisch predigte oder altgläubig“, da die Pfarrer – nicht zuletzt mit Blick auf Erhalt der eigenen Pfründe – mitunter „zweideutig“ agierten (Dannenberg/Otte, Reformation, S. 32). Für einen knappen Überblick zur Reformation im Erzstift Bremen vgl. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 7 ff. sowie die Beiträge in Dannenberg/Otte, Reformation.
- Dannenberg/Otte, Reformation, S. 38.
- Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 185; Ehrhardt, Reformation, S. 228 ff.
- Bachmann, Heeslingen-Zeven, S. 183; Graf, Klöster, S. 64.
- Graf, Klöster, S. 67 ff.
- Roth, Beschreibung, S. 200 [Digitalisat], Jaquet, S. 18, und Siebern/Wallmann/Meyer, KD Kr. Verden, Rotenburg, Zeven, S. 197, nennen das Jahr 1620.
- Roth, Beschreibung, S. 200 [Digitalisat], Jaquet, S. 22.
- Jaquet, S. 28.
- LkAH, A 8, Nr. 172 [Digitalisat, Aufnahme 25].
- Jaquet, S. 27.
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1961).
- Jaquet, S. 39.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 13. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 13 und Bl. 15.
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1942).
- LkAH, S 1 H III, Nr. 814, Bl. 13; LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1949).
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1955).
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1949), ebd., Nr. 196 (Visitation 1979).
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1973). Zu Bergmann vgl. Jochen Eber: Bergmann, Gerhard, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL) 18, Herzberg 2001, Sp. 171–175.
- LkAH, L 5g, Nr. 195 (Visitation 1979).
- LkAH, L 5g, unverz., Heeslingen, Visitation 1986. Vgl. auch ebd., Visitation 1992: „Die Gemeinde spricht selbstbewußt und nicht ohne Stolz von ‚unseren Missionaren‘.“
- LkAH, L 5g, unverz., Heeslingen, Visitation 1986.
- LkAH, L 5g, unverz., Heeslingen, Visitation 1992. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- KABl. 2002, S. 7.
- KABl. 2002, S. 264.
- KABl. 2002, S. 264.
- KABl. 1968, S. 6.
- Hodenberg, Stader Copiar, S. 22 [Digitalisat].
- LkAH, D 94 (Bestandsbeschreibung).
- KABl. 1940, S. 80 f.
- Zur Baugeschichte: Maier, S. 55 ff.
- NLA ST Rep. 40 Nr. 1014 [mit Digitalisat].
- Komm und sieh, S. 14; die jüngsten Münzen wurden Mitte des 16. Jh. geprägt. Vgl. Andreas Kriwall: Der Münzschatz von Heeslingen. Fast vier Kilogramm Silbermünzen entdeckt – Stücke mit Seltenheitswert, in: Zwischen Elbe und Weser 8 (1989), S. 5–7.
- Hucker, S. 205 f.
- Roth, Beschreibung, S. 200 [Digitalisat].
- NLA ST Rep. 40 Nr. 1014 [mit Digitalisat].
- LkAH, A 8, Nr. 172 [Digitalisat, Aufnahme 25].
- Mithoff, Kunstdenkmale V, S. 49.
- LkAH, A 8, Nr. 172 [Digitalisat, Aufnahme 20].
- Skiebe, Röver, S. 54.
- Pape/Schloetmann, Hammer, S. 166.
- UB Zeven, Nr. 129.
- Roth, Beschreibung, S. 200 [Digitalisat].
- LkAH, A 8, Nr. 172 [Digitalisat, Aufnahme 31].
- Ehrhardt, Reformation, S. 215.