Sprengel Lüneburg, KK Hittfeld | Patrozinium: Nikodemus | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Bis Ende 1936 trug das heutige Handeloh den Namen Handorf (bei Tostedt). – Schriftlich ist der Ort erst im 16. Jh. belegt: Im Registrum Ecclesiae Verdensis, zusammengestellt von Domdekan Andreas von Mandelsoh († 1585), ist unter den Einkünften des bischöflichen Villikationshaupthofs Schneverdingen u. a. der Zehnte aus Honthorpe aufgeführt.1 Handorf bzw. Handeloh zählte zum Amt Harburg, dessen Gebiet seit 1236 als Lehen der Bremer Erzbischöfe im Besitz der Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg war.2 Bei der welfischen Besitzteilung 1267/69 war diese Region zum Teilfsm. Lüneburg gekommen. Als teilsouveräne Herrschaft Harburg war sie seit 1527 im Besitz einer welfischen Nebenlinie und fiel 1642 wieder zurück an das Fsm. Lüneburg, das 1705 im Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) aufging. Von 1810 bis 1813 gehörte das heutige Handeloh zum Kaiserreich Frankreich (Kanton Hittfeld, Arrondissement Lunebourg, Département des Bouches de l’Elbe). Danach zählte der Ort, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Harburg und kam 1852 zum Amt Moisburg, das 1859 im neuen Amt Tostedt aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Handorf 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam der Ort zum Lkr. Harburg. 1972 wurden Inzmühlen, Höckel und Wörme nach Handeloh eingemeindet, das im gleichen Jahr der neugegründeten Samtgemeinde Tostedt beitrat. Seit 1901 besitzt Handeloh einen Bahnhof (ursprünglich Handorf-Welle, Strecke Hannover–Buchholz (Nordheide), genannt Heidebahn). Zur Sozialstruktur Handelohs (mit Höckel, Inzmühlen und Wörme) schrieb der Ortspfarrer 1964, die Zahl der Bauernhöfe sei rückläufig und die „Arbeiter und Arbeiterinnen, Handwerker, Angestellte und Beamte gehen zum großen Teil in Hamburg und Harburg ihrer Beschäftigung nach“.3 Um 1810 lebten knapp 80 Menschen in Handorf bzw. Handeloh und 2023 rund 2.520 (mit Eingemeindungen).
Kirchlich gehörte Handorf bzw. Handeloh bis hinein in die zweite Hälfte des 20. Jh. zum Kirchspiel Jesteburg. Etwa seit 1919 lud die Kirchengemeinde einmal im Jahr zu einem Missionsfest in Handeloh ein (1939 verboten, da nicht auf kirchlichem Gelände veranstaltet).4 Seit den 1930er Jahren fanden jährlich zwei „Abendmahlsfeiern für Alte und Schwache“ in Handeloh statt und seit der Nachkriegszeit ein monatlicher Gottesdienst in der Schule.5 1954 erhielt das Kirchspiel Jesteburg eine zweite Pfarrstelle mit Sitz in Handeloh, die als erster P. coll. Werner Müller (amt. 1955–1962) versah.6
Nach Plänen der Architektin Annemarie Küster (Hamburg-Harburg) begann 1957 der Bau einer eigenen Kirche, an die sich an der Ostseite Gemeinderaum und Pfarrhaus anschlossen. Bei der Einweihung am Ostermontag 1959 erhielt die neue Kirche den Namen „Nikodemus“. Ein Jahr später, zum 1. April 1960, errichtete das LKA Hannover die eigenständige „Ev.-luth. KG Handeloh“.7 Von ihrer Muttergemeinde Jesteburg übernahm die neue Kirchengemeinde die 1954 gegründete zweite Pfarrstelle; das Gemeindegebiet umfasste auch das bislang zur KG Undeloh gehörende Inzmühlen. Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1964 bei 2.900.8 Schon 1964 sprach sich P. Werner Peters (amt. 1962–1983) dafür aus, Seppensen und Holm-Seppensen von der KG Handeloh zu trennen, da sie „verkehrsmäßig ganz nach Buchholz orientiert sind und strukturmäßig in keiner Weise zu der Mentalität und den Lebensformen der Landbevölkerung in Handeloh passen“.9 Nach der Visitation 1970 empfahl der Hittfelder Sup., das für Holm-Seppensen geplante Gemeindehaus zu errichten, sobald „es die finanziellen Mittel erlauben“.10 1974 konnte die Gemeinde das Vorhaben verwirklichen. Die Zahl der Gemeindeglieder stieg bis 1977 auf etwa 4.100.11
Zum 1. Januar 1977 trennte das LKA Hannover den nordöstlichen Gemeindeteil Handelohs mit Seppensen und Holm-Seppensen ab und errichtete die eigenständige KG Holm-Seppensen.12 Gleichzeitig vergrößerte sich die KG Handeloh nach Südwesten, indem Welle, Kampen sowie Groß und Klein Todtshorn hinzukamen, 1981 folgte noch Ottermoor (alle zuvor KG Tostedt).13 Im Vorfeld dieser Neuordnung nannte der Hittfelder Sup. den Kirchenbau in Handeloh rückblickend einen Fehler: „Die Gebäude hätten in Welle gebaut werden sollen.“14 In Welle fanden monatlich Gottesdienste in der Friedhofskapelle statt.15 Gemeinsam mit den KG Tostedt und Heidenau richtete die KG Handeloh in den 1980er Jahren eine Diakonie- und Sozialstation ein. Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche unterhielt die KG Handeloh Kontakte zur Kirchgemeinde Großdalzig (südwestlich von Leipzig).16 1994 lag die Zahl der Gemeindeglieder bei gut 2.000.17
Zwischen 2015 und 2023 finanzierte die KG Handeloh ein Viertel ihrer Pfarrstelle selbst, maßgeblich unterstützt durch einen Förderkreis. Seit Herbst 2022 unterstützt der neugegründete „Nikodemus-Förderverein. Gemeinde lebendig gestalten e.V.“ das kirchliche und soziale Leben in der Kirchengemeinde.
Umfang
Handeloh (vor 1936: Handorf bei Tostedt) sowie Höckel, Inzmühlen und Wörme. Seit 1981 auch Ottermoor (vorher KG Tostedt).18 Seit 1977 auch Hassel, Hoinckenbostel, Kampen und Welle sowie Groß und Klein Todtshorn (vorher KG Tostedt).19 Bis 1977 auch Seppensen (teilweise, dann zur KG Holm-Seppensen).20
Aufsichtsbezirk
Mit Gründung der KG 1960 zum KK Hittfeld.
Kirchenbau
Rechteckbau mit eingezogenem Rechteckchor, ausgerichtet nach Norden, erbaut 1957–59 (Architektin: Annemarie Küster, Hamburg-Harburg). Nach Osten schließen sich Gemeinderäume an. Satteldach. Ziegelmauerwerk. An den Längsseiten und am Chor hochrechteckige Rechteckfenster. An der südlichen Giebelseite Hauptportal mit geschwungenem Vordach, darüber Rechteckfenster. Im Innern flache, holzverschalte Decke; Orgelempore rechts vor dem Altarraum (über dem Durchgang zu Turm und Gemeindehaus); hinter dem Altar wandfüllendes Gemälde zu Mt 5,14: „Ihr seid das Licht der Welt“ (1981, Ingo Thalmann, Kampen). 1981 Neugestaltung Altarwand.21
Fenster
Buntglasfenster (Ewald Kerlin, Hamburg).
Turm
An der Ostseite vierseitiger Turm (Verbindung zum Gemeindehaus). Vierseitiger Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel und Kreuz. Ziegelmauerwerk. Im Glockengeschoss an jeder Seite zwei hochrechteckige Schallfenster.
Ausstattung
Schlichter Altartisch. – Hängendes, überlebensgroßes Kruzifix aus Holz (Erich Brüggemann, Winsen an der Luhe). – Ebenerdige Kanzel. – Taufständer.
Orgel
Orgelneubau 1964, ausgeführt von Franz Grollmann (Hamburg), 8 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Schleifladen nicht aus Eiche, sondern aus Douglasie). 2022/23 Reparatur und Änderung der Disposition, ausgeführt von Orgelbau Emil Hammer (Hannover), 9 (davon ein Vorabzug) II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Gehäuse blau gefasst (vorher grau).
Geläut
Drei LG, I: f’, Inschrift: „Den Frieden gebe ich euch, meinen Frieden lasse ich euch“ (Joh 14,27); II: as’, Inschrift: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Heb 13,8); III: b’, Inschrift: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ (Mt 7,7) (alle Stahl, Gj. 1956, Bochumer Verein).
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus und Gemeindehaus (Bj. 1957, baulich verbunden mit der Kirche; erweitert 1979/80).
Friedhof
Kirchlicher Friedhof in Welle, angelegt 1910, FKap (Bj. 1967/68, Vorgängerbau Bj. 1866, 1911 von Tostedt nach Welle versetzt) und Glockenturm (Bj. 2010, Vorgängerbau Bj. 1971) mit einer LG, des’’ (Bronze, Gj. 1971, F. Otto, Bremen-Hemelingen), Inschrift: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort! Jerenmia 22 Vers 29. Lasset euch versöhnen mit Gott 2. Kor. 5, Vers 20“. Kommunaler Friedhof in Handeloh.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
B 2 G 9 Nr. 1167–1168 (Bauwesen und Baupflege); S 09 rep Nr. 1158 (Presseausschnittsammlung).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1960
Trauungen: ab 1960
Begräbnisse: ab 1960
Kommunikanten: ab 1960
Konfirmationen: ab 1960
Früher siehe Jesteburg und Undeloh.
Literatur
A: Manecke, Beschreibungen I, S. 235.
B: Hermann Schettler: Ortschronik von Handeloh. Mit den ehemaligen Gemeinden und jetzigen Ortsteilen Handorf/Handeloh, Höckel, Inzmühlen und Wörme (= Schriftenreihe über die Orte der Samtgemeinde Tostedt 1), Tostedt 1983, bes. S. 88–92.
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Hodenberg, Verden I, S. 29 [Digitalisat].
- Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 39 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1964.
- LkAH, S 1 H III, Nr. 616, Bl. 22.
- LkAH, L 5e, unverz., Jesteburg, Visitationen 1936 und 1948; Schettler, S. 89.
- KABl. 1954, S. 98.
- KABl. 1960, S. 62.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1964.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1964.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1970.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1976.
- KABl. 1977, S. 16 f.
- KABl. 1977, S. 16 f.; KABl. 1981, S. 84.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1976.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1982.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1988. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Handeloh, Visitation 1994.
- KABl. 1981, S. 84.
- KABl. 1977, S. 16 f.
- KABl. 1977, S. 16 f.
- Schettler, S. 90.