Sprengel Lüneburg, KK Hittfeld | Patrozinium: Maria Magdalena (2000) | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Heidenau entstand 1928 als Zusammenschluss der Dörfer Avensen (1024/28: Avenhusun1) und Everstorf (1291: Everoldestorpe2). Beide Dörfer zählten anscheinend zur Gft. Stade, die 1236 als Lehen der Bremer Erzbischöfe teilweise an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg kam.3 Bei der welfischen Besitzteilung 1267/69 fiel diese Region – die späteren Ämter Moisburg und Harburg (zu dem Avensen und Everstorf gehörten) – zum Teilfsm. Lüneburg. Als teilsouveräne Herrschaft Harburg war das Amt Harburg seit 1527 im Besitz einer welfischen Nebenlinie und fiel 1642 wieder zurück an das Fsm. Lüneburg, das 1705 im Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) aufging. Von 1810 bis 1813 gehörten Avensen und Everstorf zum Kaiserreich Frankreich (Kanton Tostedt, Arrondissement Lunebourg, Département des Bouches de l’Elbe). Danach zählten die Dörfer, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Harburg, kam 1852 zum Amt Moisburg, das 1859 im neuen Amt Tostedt aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fielen Avensen und Everstorf 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kamen die Orte zum Lkr. Harburg. 1928 wurden Avensen und Everstorf zur Gemeinde Heidenau fusioniert, die seit 1971 zur Samtgemeinde Tostedt zählt. Zur Sozialstruktur der Gemeinde schrieb die Ortspfarrerin 1965: „Die Gemeinde besteht ais Bauern und Arbeitern, Einheimischen und verhältnismäßig viel Flüchtlingen, die nach dem Krieg in einem großen Barackenlager in Heidenau wohnten und nun hier geblieben sind. Ein Teil von ihnen sind Ausländer, Jugoslawen und Ukrainer, die sich mit Deutschen verheiratet haben. Ein Großteil der Arbeiter sind Pendler, die nach Tostedt, Sittensen, Harburg und Hamburg fahren.“4 Um 1810 lebten knapp 310 Menschen in Avensen und Everstorf, 1909 knapp 670 und 2023 lag die Bevölkerungszahl Heidenaus bei 2.365.

Heidenau alte Kapelle Außenansicht

Alte Kapelle, Außenansicht, nach 1956

Kirchlich gehörten Avensen und Everstorf bzw. Heidenau bis hinein in die zweite Hälfte des 20. Jh. zur KG Hollenstedt. Anfang des 20. Jh. fand etwa alle fünf Wochen ein Gottesdienst in der Schule in Everstorf statt.5 Der 1909 geplante Bau einer Kapelle in Everstorf wurde nicht verwirklicht. 1947 beschloss der KV Hollenstedt wiederum, im nunmehrigen Heidenau eine Kapelle zu errichten, die Pläne scheiterten jedoch erneut. Mit rund 1.500 Gemeindegliedern hatte sich Heidenau mittlerweile zur größten Ortschaft im Kirchspiel Hollenstedt entwickelt und der KV betonte, wenn Heidenau „kirchlich nicht völlig zugrunde gehen soll, so ist eine intensive seelsorgerliche Betreuung ein unaufschiebbares Gebot der Stunde“.6 1951 konnte die Gemeinde das ehemalige Schulhaus in Heidenau erwerben und weihte es am 9. September 1951 als Kapelle ein. 1952 folgte ein Umbau und die Kapelle erhielt einen kleinen Dachreiter. Angestellt vom KV Hollenstedt war 1952 zudem eine Diakonisse als Gemeindeschwester in Heidenau tätig und später der Hilfsgeistliche P. Johannes Volkers (amt. 1954–1955).7
Zum 1. September 1956 richtete das LKA Hannover eine zweite Pfarrstelle im Pfarramt Hollenstedt ein, die ihren Sitz in Heidenau bekam; einen Auftrag zur Versehung der Stelle erhielt der Hilfsgeistliche P. Walter Gräve (amt. 1957–1960, zuvor Prädikant).8 Knapp vier Jahre später, zum 1. April 1960, erhob das Landeskirchenamt den Pfarrbezirk Heidenau zu einer eigenständigen Kirchengemeinde. Pfarramtlich blieb die neue KG Heidenau mit ihrer Muttergemeinde Hollenstedt verbunden.9 Sie übernahm die Trägerschaft der örtlichen Schwesternstation (seit 1996 beim Herbergsverein, Altenheim und Diakoniestation zu Tostedt e. V.). Die Pfarrstelle der neuen Gemeinde versah die Vikarin des KK Hittfeld, Pn. Erika Schmidt (amt. 1961–1965). Im Bericht zur Visitation 1965 schrieb sie: „zu Anfang meiner Tätigkeit in Heidenau ist es vorgekommen, daß einzelne Gemeindeglieder den Dienst eines anderen landeskirchlichen Geistlichen in Anspruch genommen haben, Gründe wurden nicht genannt, vermutlich haben sie aber Anstoß genommen, daß ich eine Frau bin.“10 Die Zahl der Gemeindeglieder in Heidenau lag 1965 bei 1.250.

Heidenau, Alte Kapelle, Innenraum

Alte Kapelle, Innenansicht, nach 1956

Zum 1. Januar 1968 hob das Landeskirchenamt die pfarramtliche Verbindung zwischen Heidenau und Hollenstedt auf und verband Heidenau stattdessen mit der KG Tostedt.11 Gleichzeitig errichtete das LKA Hannover im Pfarramt Tostedt eine Pfarrvikarstelle (später vierte Pfarrstelle), die als erste Pn. Armgard von Bülow (amt. 1970–1978) versah.12 Anfang der 1970er Jahre stand zur Diskussion, die KG Heidenau aufzuheben und das Gebiet gänzlich nach Tostedt einzupfarren. Der KV Heidenau stimmte zu, unter der Voraussetzung, dass „die Versorgung Heidenaus nach der bisher üblichen Weise gewährleistet sei“.13 Verwirklicht wurden die Pläne nicht.
1969 begann die Gemeinde mit dem Umbau ihres Kapellengebäudes; kurz nach Beginn der Arbeiten zeigte sich allerdings, dass diese Investition angesichts der schlechten Bausubstanz nicht sinnvoll wäre. Das Gebäude wurde abgebrochen und das Grundstück verkauft. Im Jahr 1973 erwarb die Gemeinde einen Bauplatz und an Himmelfahrt 1977 (19. Mai) konnte sie ihr neues Gotteshaus einweihen (Gemeindehaus mit Kirchsaal). Seit Ende der 1970er Jahre hatte das Pfarramt die geistliche Versorgung des Ferienzentrums Heidenau im Blick, das 1979 etwa 500 Wohneinheiten zählte. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre fand hier ein jährlicher Gottesdienst statt und der Heidenauer Pfarrer besuchte „dort auch regelmäßig die Urlauber“.14
Die pfarramtliche Verbindung zu Tostedt gestaltete sich in der folgenden Jahren eher lose, beschränkte sich nach Eindruck des Hittfelder Sup. 1990 weitgehend auf monatliche Dienstbesprechungen im Pfarramt und darauf, dass „etwa vier- bis sechsmal jährlich eine oder einer der Tostedter Pastorinnen oder Pastoren den Gottesdienst in Heidenau leitet“.15 Der Dienstumfang der Pfarrstelle für Heidenau wurde 1999 halbiert.16 Zum 1. September 2003 hob das LKA Hannover die Verbindung der beiden Gemeinden auf; die vierte Tostedter Pfarrstelle mit Sitz in Heidenau ging auf das neue Pfarramt Heidenau über.17
Im Jahr 2000 hatte die Gemeinde den Namen „Ev.-luth. Maria-Magdalena-KG Heidenau“ erhalten. Seit 2010 unterstützt der „Förderverein der Ev.-luth. Maria-Magdalena-KG Heidenau“ das gemeindliche Leben und den Erhalt der kirchlichen Gebäude.

Umfang

Heidenau sowie Birkenbüschen, Hollinde und Kallmoor.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1960 zum KK Hittfeld.

Kirchenbau

Dreiteiliger Mehrzweckbau aus Kirchsaal, Gemeindesaal und zentralem Eingangsbereich, errichtet 1977 (Architekt: Siegfried Korth, Hollenstedt). Eingangsbereich mit Flachdach, Kirch- und Gemeindesaal mit Pultdächern. Verklinkerte Wände; Kirchsaal mit schmalem, umlaufendem Fensterband zwischen Wand- und Dachzone und Fensterfläche nach Norden. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre umgebaut, u. a. Flachdach des Gemeindehausteils durch Pultdach ersetzt.

Fenster

Zwei bleiverglaste, farbige Fenster aus dem Vorgängerbau: Taube mit A und Ω, Kelch und Fische mit Christusmonogramm.

Turm

Vor der Nordwestecke niedriger Turm mit hoch ausgezogenem, vierseitigem Helm, kupfergedeckt, bekrönt mit Kugel und Kreuz, erbaut 1982. An jeder Seite des Turmhelms ein dreieckiges Schallfenster. Segmentbogiger Eingang nach Westen.

Heidenau, alte Kapelle, Innenraum, Altar

Alte Kapelle, Blick zum Altar, nach 1956

Vorgängerbau

Rechteckiger Ziegelbau mit Satteldach, erworben 1951 (ehemalige Schule). 1952 umgebaut (Bauingenieur Gustav Detjen), u. a. vierseitiger Dachreiter mit Pyramidenhelm aufgesetzt.18 1969/70 begonnener Umbau wegen schlechter Bausubstanz gestoppt, Gebäude abgebrochen und Grundstück verkauft.

Ausstattung

Hölzerner Altartisch. – Kruzifix an der Altarwand.– Ebenerdige, lesepultartige Holzkanzel. – Taufständer.

Orgel

1964 Harmonium erworben. 1972 elektronische Orgel angeschafft, Ahlborn, 8 I/P. 1995 elektronische Orgel gekauft, Content, Modell D 1130, 26 II/P.

Geläut

Zwei LG. I: dis’’ (Bronze, Gj. 1986, Firma Bachert, Bad Friedrichshall), Inschrift: „Er ist unser Friede“; II: fis’’ (Bronze, Gj. 1568, Jan Golinsky, Masuren), Inschrift: „Christvs anno domini 1568 spes mea“ (Christus – im Jahr des Herrn 1568 – meine Hoffnung) und „Ian Golinsky“, Leihglocke aus Turowo (Thurau, Kr. Neidenburg, Ostpreußen).

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1989).

Friedhof

Kommunaler Friedhof in Heidenau (in Trägerschaft der Samtgemeinde Tostedt).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

B 2 G 9 Nr. 1402–1403 (Bauwesen und Baupflege); E 9 Nr. 956 (AfBuK).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1960
Trauungen: ab 1960
Begräbnisse: ab 1960
Kommunikanten: ab 1960
Konfirmationen: ab 1961
Früher siehe Hollenstedt.

Literatur

A: Manecke, Beschreibungen I, S. 237.

B: Brigitte Harms: Die Entstehung und Entwicklung Heidenaus, in: Nachrichten von Hermann und Erika 28 (2003), S. 41–44; Hermann Schettler: Tostedt. Vorgeschichte und Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters. Der Beginn der Besiedlung des Raumes der Samtgemeinde Tostedt und die Entstehung der einzelnen Ortschaften (= Schriftenreihe über die Orte der Samtgemeinde Tostedt 3), Tostedt 1990, bes. S. 30–31 und S. 37–38.

GND

1238814565, Ev.-Luth. Maria-Magdalena-Kirchengemeinde Heidenau.


Fußnoten

  1. UB Verden I, Nr. 56.
  2. UB Verden I, Nr. 677.
  3. Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 39 ff.
  4. LkAH, L 5e, unverz., Hollenstedt, Visitation 1965.
  5. Ahlers, Pfarrbuch (1909), S. 210.
  6. LkAH, B 2 G 9 B, Nr. 1402, Bl. 1 (Schreiben des KV Hollenstedt an das LKA Hannover, 30.12.1949).
  7. LkAH, L 5e, unverz., Hollenstedt, Visitation 1952.
  8. KABl. 1956, S. 105.
  9. KABl. 1960, S. 62.
  10. LkAH, L 5e, unverz., Hollenstedt, Visitation 1965.
  11. KABl. 1968, S. 5.
  12. KABl. 1968, S. 5.
  13. LkAH, L 5e, unverz. Tostedt, Visitation 1972.
  14. LkAH, L 5e, unverz. Tostedt, Visitation 1978, 1984 und 1990.
  15. LkAH, L 5e, unverz. Heidenau, Visitation 1990.
  16. KABl. 1999, S. 24.
  17. KABl. 2003, S. 98.
  18. Bild: Harms, S. 44.