Frühere Gemeinde | Sprengel Stade, KK Stade | Patrozinium: Maria1 | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Das frühere Schifferdorf Grünendeich liegt an der Mündung der Lühe in die Elbe. Urkundlich ist es erstmals 1449 als Gronendike erwähnt.2 Das Dorf entstand in der Gemarkung des 1132/37 bzw. 1257 erstmals genannten Ortes Bardesfleth, der in den Sturmfluten des 14. und 15. Jh. zerstört worden war.3 Bardesfleth hatte zu den alten sächsischen Siedlungen am Elbufer gezählt, nicht zu den Siedlungen holländischer Kolonisten des 12. Jh.4 Grünendeich gehörte zum Erzstift Bremen und war Teil der etwa ab 1300 entstandenen Landesgemeinde Altes Land (1361 eigenes Siegel, Umschrift: Sigillum communitates veteris terrae).5 Die Landesgemeinde war formal dem Amt Bremervörde zugeordnet, besaß jedoch eine hohe Eigenständigkeit (genossenschaftliche Selbstverwaltung, 1517 weitgehend eingeschränkt6). Eine erste, eher stilisierte, Ortsansicht Grünendeichs findet sich auf der Elbkarte von Melchior Lorichs aus dem Jahr 1568.7 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) blieb das Gebiet der säkularisierten Hochstifte Bremen und Verden unter schwedischer Herrschaft (vereinigte Herzogtümer Bremen-Verden). Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) besetzte Dänemark 1712 die Hzm. Bremen und Verden und 1715 konnte das welfische Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) die beiden Territorien erwerben (1719 von Schweden gegen weitere Zahlung anerkannt). In französischer Zeit war Grünendeich im Jahr 1810 kurzzeitig Teil des Kgr. Westphalen (Departement der Elbe- und Wesermündung, Distrikt Stade) und kam dann an das Kaiserreich Frankreich (Département des Bouches de l’Elbe, Arrondissement Stade, Kanton Jork, 1811–1814). Ab 1815 gehörte Grünendeich zum neugegründeten Kgr. Hannover, zählte dort zunächst zum Gräfengericht Altes Land und kam 1852 zum neu eingerichteten Amt Jork (Hauptmannschaft Twielenfleth). Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Grünendeich 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte das Dorf zum Kr. Jork, der 1932 im Lkr. Stade aufging. Seit 1971 ist Grünendeich Teil der Samtgemeinde Lühe. Zur Sozialstruktur der Gemeinde schrieb der Ortspastor 1956: „Neben Obstbauern und Obsthändlern finden sich Handwerker und Gewerbetreibende. Ein großer Teil der Einwohner gehört den seemännischen Berufen an und findet Lebensunterhalt als Bagger, Elbschiffer, als Fischer oder Küstenschiffer, auch als Steuermann, Kapitän oder Lotse.“8 Um 1790 lebten gut 850 Menschen im Kirchspiel Grünendeich, 1895 etwa 1.200 und 2021 gut 1.860.

Kirche, Ansicht von Südosten

Kirche, Ansicht von Südosten

Eine Kapelle in Bardesvlete ist erstmals 1132/37 bzw. 1257 urkundlich belegt.9 Sie gehörte seinerzeit zur Pfarrkirche St. Wilhadi in Stade, die dem Stader Kloster St. Georg inkorporiert wurde.10 Vor 1315 erhielt die Kapelle den Status einer Pfarrkirche, denn in diesem Jahr ist erstmals ein Kirchspiel Bardesfleth erwähnt (parrochia Bartesvlete).11 Das Kirchspiel ist zuletzt 1432 im Stader Stadtbuch genannt, danach sind Ort und Kirche anscheinend in Sturmfluten untergegangen.12 Im Jahr 1449 ist erstmals ein parrochianus in Gronendike urkundlich belegt, also ein Kirchspielangehöriger in Grünendeich.13 1503 ist das Kirchspiel am grünen Deich (parochia ad viridem aggerem) explizit nachgewiesen.14 Die neue Kirchspielkirche stand möglicherweise im Bereich der heutigen Lühemündung.15 Das jetzige Kirchengebäude in Grünendeich geht auf das frühe 17. Jh. zurück; die beiden alten Glocken, gegossen im 13. bzw. im 14. Jh., stammen jedoch möglicherweise aus den Vorgängerkirchen. Das Kirchspiel Bardesfleth bzw. Grünendeich gehörte zum Bistum Bremen, östlich der Lühe begann das Gebiet des Bistums Verden.
Details über die Einführung und den Zeitpunkt der Reformation in Grünendeich sind nicht bekannt. Der Bremer Ebf. Christoph von Braunschweig-Lüneburg (amt. 1511–1558), gleichzeitig Bf. von Verden, bekämpfte die luth. Lehre.16 Sein Bruder und Nachfolger in beiden Bistümern, Ebf. Georg (amt. 1558–1566), duldete den neuen Glauben. Der Bremer Ebf. Heinrich III. (amt. 1567–1585) war Protestant; zur Einführung einer ev. Kirchenordnung im Hochstift Bremen kam es während seiner Amtszeit jedoch nicht. In der Stadt Stade hatte sich die luth. Lehre vermutlich bereits Ende der 1520er Jahre weitgehend durchgesetzt. In den Grünendeicher Nachbardörfern lassen sich in Steinkirchen 1533 mit Johann Schowhusen und in Hollern 1540 mit Dietrich Stölting luth. Prediger nachweisen. Der erste namentlich bekannte ev.-luth. Geistliche in Grünendeich war P. Johannes Behr, der sein Amt 1569 aufgab, um auf die Pfarrstelle Neuenkirchen zu wechseln.17 Sein Nachfolger war möglicherweise P. Franz Cleve (amt. 1581), der 1582 die bis heute erhaltene hölzerne Tafel mit dem Christusmonogramm „ihs“ im Strahlenkranz anfertigen ließ.

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?), 1980

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?), 1980

Möglicherweise hatte die Allerheiligenflut von 1570 die Grünendeicher Kirche an der Lühemündung zerstört.18 Gut 800 Meter von der Elbe entfernt errichtete die Gemeinde vermutlich um 1608 auf einer natürlichen Sandwurt das bis heute erhaltene Kirchengebäude. Die Jahreszahl 1608 findet sich eingeritzt in einen Balken.19 Die Familie von Zesterfleth stiftet zwischen 1616 und 1618 mit Altar, Kanzel und Taufe die wesentlichen Ausstattungsstücke der Kirche. 1640 wurde ein neues Pfarrhaus erbaut. Mit Johannes Basilius Schwarz ist 1686 erstmals ein Lehrer Grünendeichs namentlich belegt.20 Das Schul- und Küsterhaus soll die Familie von Müller, in der zweiten Hälfte des 17. Jh. zeitweise Besitzerin der Adlersburg, gestiftet haben.21
Im Protokoll zur Generalvisitation 1716 heißt es, die Kirche in Grünendeich sei sehr baufällig und bedürfe „dringlich baulicher Besserung“.22 Das Pfarramt hatte seinerzeit P. Johannes Gödekens (amt. 1711–1744) inne, dessen Epitaph mit Porträt noch heute in der Grünendeicher Kirche hängt. „Bei seiner Amtsführung benutzt er das Sächsische Formular oder die Chursächsische Kirchenordnung“, wie es im Visitationsprotokoll heißt.23 Der Visitator vermerkte auch „die sehr hohe Gebühr von 3 M[ark], welche für ein Hurenkind oder uneheliches Kind zu taufen gezahlt wird“.24 Das Protokoll erwähnt überdies das „alte Kirchenbuch“ der Gemeinde Grünendeich, das die Kirchenjuraten um 1712/13 dem dänische Konsistorium eingereicht hatten, wo es verloren gegangen war.25 Das älteste erhaltene Kirchenbuch der Gemeinde setzt 1706 ein. 1790 zählte das Kirchspiel gut 850 Gemeindeglieder, 1939 rund 1.350.26 1928 galt Grünendeich als „die kirchlichste Gemeinde des Alten Landes“.27

Kirche, Blick zum Altar, 1934

Kirche, Blick zum Altar, 1934

Während der NS-Zeit hatten nacheinander P. Gotthilf Parisius (amt. 1932–1941) und P. Günther Schultz (amt. 1943–1951) das Pfarramt in Grünendeich inne. Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ schrieb P. Schultz 1946, P. Parisius sei „weder Parteigenosse noch deutscher Christ“ gewesen.28 Dem 1933 neugewählten KV hätten zwei „Hoheitsträger der Partei“ angehört; sie traten 1939 aus. Auch weitere Mitglieder des sechsköpfigen KV seien Parteimitglieder gewesen. Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder stark an und lag 1950 bei rund 2.100.29
Seit Ende der 1950er Jahre ging die Zahl der Haustrauungen und Haustaufen in Grünendeich zurück, besonders nachdem die Renovierung der Kirche 1958 abgeschlossen war, fand „die Sitte der Kirchentaufe von Jahr zu Jahr mehr Verbreitung“.30 P. Wolf-Dietrich Lochte (amt. 1954–1991) richtete 1957 einen Evangelischen Kulturkreis, der während des Winterhalbjahres alle zwei Wochen zu Vortrags- und Filmabende einlud. Unter dem Motto „Wege durch die Zeit“ bedeutete der Kulturkreis „den Versuch, Öffentlichkeitsarbeit der Kirche auf einem neuen Wege zu unternehmen“.31 Nach der Sturmflut im Februar 1962 erwog die KG Grünendeich, einen jährlichen Gedenkgottesdienst einzuführen, verwirklichte das Vorhaben jedoch nicht.32

Kirche, Blick zum Altar, 1959

Kirche, Blick zum Altar, 1959

Seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre gab P. Lochte die „Lühebrücken“ heraus, ein gemeinsames Gemeindeblatt für die Gemeinden Grünendeich, Mittelnkirchen, Neuenkirchen (Altes Land) und Steinkirchen. Gleichzeitig wurde eine parochiale Neuordnung im Bereich der vier Gemeinden geplant, die „in ihrer bisherigen Abgrenzung nicht mehr zu rechtfertigen“ seien, wie der Stader Sup. 1968 formulierte.33 Nachdem zwischenzeitlich die Gründung einer Nord- und eine Südgemeinde ins Auge gefasst worden war, entschieden sich die vier Gemeinden schließlich für eine Fusion. Der KV Grünendeich fasst im März 1968 einen entsprechenden Beschluss. Zum 1. April 1970 vereinigte das Landeskirchenamt die KG Grünendeich, Steinkirchen, Mittelnkirchen und Neuenkirchen (Altes Land) zur neuen „Ev.-luth. KG Lühekirchen“. Die bisherigen Pfarrstellen von Grünendeich und Steinkirchen wurden zur ersten Pfarrstelle der KG Lühekirchen mit Sitz in Grünendeich.34
Im Jahr 2004 gründete sich der Verein Gloger-Orgel Grünendeich e. V., um die KG bei der Restaurierung der historischen Orgel aus dem Jahr 1766 zu unterstützen.35

Umfang
Taufe mit Deckel, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1957

Taufe mit Deckel, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1957

Neben Grünendeich (8 Häuser) zählten 1790 folgende Orte und Wohnplätze zum Kirchspiel: Minneweg (2 Häuser), Hutfleth (teilweise, 9 Häuser), Sietwende (4 Häuser), Sandhörn (11 Häuser), Mojenhörn (14 Häuser), Elbdeiche (48 Köthnerwohnungen), Lühedeiche (55 Köthnerwohnungen) und Vor der Luhe (zwei Häuser.36 1823 werden folgende Orte genannt: Elbdeich, Grünendeich am Steinwege, Hutfleth (teilweise), Lühedeich, Mojenhören, Sandhören und Sassen.37 1909 wurden die letzten Häuser Hutfleths von Steinkirchen nach Grünendeich umgepfarrt.38

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat des Bremer Dompropsts. – Seit 1651 gehörte Grünendeich zur Altländischen Präpositur. Bei der Neuordnung der Aufsichtsbezirke in den Hzm. Bremen und Verden kam Grünendeich 1827 zur Insp. Altes Land (1924: KK).39 Der KK Altes Land ging 1939 im KK Stade-Altes Land auf, der 1976 in KK Stade umbenannt wurde.40

Patronat

1132/37 bzw. 1257 Kloster St. Georg in Stade. 1790 der Landesherr (bis 1871).41

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1935

Kirche, Grundriss, 1935

Fachwerkbau mit dreiseitigem Chorschluss und je zwei Anbauten an Nord- und Südseite, erbaut 1608. Walmdach, Schleppdächer über den Anbauten. Ziegelausfachung, teilweise gemustert; Großteil der Gefache unterhalb der Traufe verglast, weitere Fenster in zweiter Gefachreihe. Haupteingang durch den westlichen Anbau an der Südseite (ehemaliges Brauthaus). Im Innern holzverschaltes Tonnengewölbe mit flachen Deckenstreifen am Rand; Querbalken unterhalb des Gewölbes; u-förmige Emporenanlage (im Nordosten Prieche der Familie von Zesterfleth, an der Brüstung gemalte Wappen, an Südostprieche gemalte Hausmarke von 1784 mit Darstellung eines Segelschiffs). 1616 Nordostprieche erbaut. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. Anbauten errichtet (Priechenaufgänge, Brauthaus), dabei horizontales Fensterband unterhalb der Traufe unterbrochen, weiter Fenster in die unteren Gefachen eingesetzt. 1763 Südostprieche. 1766 Tonnengewölbe eingebaut und „mit himmelblauen Wolken vermahlet“42 (zuvor flache Balkendecke), Westempore errichtet (für Orgel). 1784 Nordwestprieche. 1790 Südwestprieche. 1958/59 Renovierung und Umgestaltung Innenraum. 2003 Innenrenovierung.

Turm

Westturm ohne bauliche Verbindung zum Schiff, erbaut 1625. Fachwerk mit vertikaler Holzverschalung. Unterbau vierseitig, Glockengeschoss achtseitig; achtseitiger Turmhelm mit hoch ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Kreuz, Auslegestuhl für Uhrschlagglocke nach Osten. Quadratische Schallfenster mit Horizontallamellen nach Norden, Süden und Westen, Uhrziffernblätter nach Süd- und Nordwesten. 1895 Turmuhr (J. F. Weule, Bockenem).43 1984 Turmrenovierung. 1988 drei Glocken stillgelegt, da Turm bei Geläut zu sehr schwankte. 1999 Turmsanierung (untere Balken erneuert).

Vorgängerbau

Kirche in Bardesfleth, wohl in der ersten Hälfte des 15. Jh. durch Sturmflut zerstört (nach 1432). Kirche im Bereich der heutigen Lühemündung, wohl im 16. Jh. durch Sturmflut zerstört (vielleicht 1570).

Taufe, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?), 1980

Taufe, Foto: P. Greve, Jöllenbeck (?), 1980

Ausstattung

Kastenförmiger Altar mit Flügelretabel (1616), im Mittelschrein geschnitzte Kreuzigungsgruppe vor plastischer Stadtansicht und Goldgrund, am Rahmen Inschrift: „Johan. 1. Sehet dat iß dat Lam Gadeß, welckere der Werlt sünde drecht“; auf den Innenseiten der Flügel vier gemalte Szenen der Passionsgeschichte vor Goldgrund (Gefangennahme, Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragung); auf den Außenseiten gemalte Darstellungen der vier Evangelisten; in der Predella Abendmahlsgemälde (1763/64); Flügelretabel gestiftet von Oswald von Zesterfleth; Retabel 1763 durch Kanzelaltar ersetzt, Flügel in Emporenbrüstung eingesetzt, Mittelschrein auf dem Querbalken oberhalb des Kanzelaltars; 1958 Flügelretabel wiederhergestellt, unter Verwendung der Predella des Kanzelaltars. – Leicht erhöhte Holzkanzel (1616), reich verzierter, polygonaler Kanzelkorb; vor den Ecken weibliche und männliche Hermen; vor den Wandungen Reliefs der vier Evangelisten; am oberen Rand unterhalb der Brüstung Inschrift: „salich sind de da dat wordt Gades hören und bewaren. Lucaem ii“, Inschrift verteilt auf vier gerahmte Felder, dazwischen geschnitzte Köpfe; Kanzel gestiftet von Oswald von Zesterfleth; Kanzelkorb 1763 in den neuen Kanzelaltar eingesetzt, 1958 an der Ostecke der Nordempore angebracht, zwischen 1989 und 1994 abgenommen und leicht erhöht im Altarraum aufgestellt. – Achteckige, reich dekorierte, farbig gefasste Holztaufe mit Deckel (1618), vor den Ecken Hermen, Wandungen ornamental verziert; Becken ruht auf vier Stützen mit Karyatidhermen, unterhalb der Brüstung Inschrift: „Wol dar gelovewt und gedofft werdt, de werdt salich werden, wol averst nicht gelovet, de werdt vordamet werden“; kegelförmiger Deckel mit acht Engelsköpfen am unteren Rand, dazwischen Inschrift: „Zu Gottes Ehere hefft der Elder und Eherevester Oßwold van Sesterfleth Erffgeseten up dem Bergfrede dissem Gotteshuse diese dope vorehret und up Sinen unkosten gantz maken laten Anno na Christi unser Heren gebort 1618 en 3. Aprilis“, an der Unterseite Gemälde mit Darstellung der Taufe Christi; Taufe gestiftet von Oswald von Zesterfleth.44 – Hölzerne Inschriftentafel (1582), in der Mitte Strahlenkranz mit „ihs“, umlaufende Inschrift: Acto 4 Cap. Dar is nen ander name de mesche gegeven dar wi solln inne selich werde da der name ihesus“, oberhalb des Strahlenkranzes Inschrift: „F[ranz] C[leve] P[astor] H[uius] L[oco] F[uit] Anno a Christo nato 1582“ (Im Jahr nach Christi Geburt 1582 war Franz Cleve Pastor dieses Ortes), Inschrift unterhalb unvollständig. – Gemälde mit Bildnis Christi (1675), Inschrift: „Vera effigies, vivae illivs imaginis salvatoris nostri Iesv Christi, quae Romae, ad. D. Iohannem cons[picitv]r“ und „Zu Gottes Ehren dieseß verehret Friedrich Mÿlius Anno 1675“; 1983 und 2005 restauriert. – Gemälde mit Bildnis Christi (17. Jh.), Inschrift: „Vera effigies…“. – Epitaph für P. Johannes Gödekens (amt. 1711–1744), mit Porträtgemälde des Verstorbenen (1732, J. H. Voigt, Hamburg), Inschrift oberhalb: „Wer wahre Gottes furcht, und Treü im Ampt will sehn, der schaue diesen Mann da sie beysammen stehn. H. J. M. Avunculi diletiss. A. Holtermann P. N. K. pos.“, Inschrift unterhalb: „Johannes Gödtkens. M. S. Weyl[and] Pastor hujus Ecclesiae, Natus Hamburgi 1658 d 20. Aprilis. Vocatus ad Pastoral. Brahmler 1698 d 7. Aprilis, 1710 d 11. July vocatus ad hanc Eccles. & Introductus 1711 d 12. April. Mortuus 1744 d. 5. Marty Seiner Ampts-Jahren 45. Mo 10 da. 29 & vixit annos Consumatae Vitae 85 10 Mens. 14 dies. In Gremium Mei Salvatoris Humeris Portravit“.45 – Kastengestühl. – Votivschiff Elbewer „Hosianna“ (2004), Geschenk von Gesa und Ernst Meineken. – Ehemalige Ausstattung: Kanzelaltar (1763/64) mit älterem Kanzelkorb (1616), Ädikulaarchitektur, korinthische Säulen, seitliches Schnitzwerk, verkröpftes Gebälk, Segmentbogengiebel, im Giebelfeld Sonne mit Gottesauge, auf dem Giebel drei Engelsfiguren (die seitlichen mit Posaunen), Altar mit seitlichen Schranken; 1958 abgebaut, Kanzelkorb erhalten, Abendmahlsgemälde aus der Predella für Predella des Flügelretabels verwendet.

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1965

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1965

Orgel

Im Jahr 1716 besaß die Kirche noch keine Orgel.46 1766 Orgelneubau, ausgeführt von Dietrich Christoph Gloger (Stade), 18 II/aP (HW, BW), Disposition erstmals 1833 aufgezeichnet.47 1772 Reparatur, Dietrich Christoph Gloger (Stade). 1778 und 1783 Instandsetzungen, Georg Wilhelm Wilhelmy (Stade). 1851 Umbau, ausgeführt von Philipp Furtwängler (Elze), Brustwerk zu Hinterwerk umgebaut. 1903 Umbau und Änderung der Disposition, Firma Gebrüder Peternell (Seligenthal), u. a. eigenständiges Pedal eingebaut. 1947 Reparatur, Walter Walionis (Hamburg). 1959 Renovierung und Umbau, ausgeführt von Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck), u. a. Erweiterung des Pedalwerks, 23 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 2007–09 Restaurierung, weitgehende Rekonstruktion des Zustands von 1766 Rowan West (Altenahr), 18 II/aP (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen (Cornet 2’ nur Bass, Dulzian 16’ nur Diskant). Denkmalorgel.48

Geläut

Vier LG, I: a’ (Bronze, Gj. 1991, Alfred Bachert, Heilbronn), Inschriften: „Herr, nun läßt du deinen Diener in Frieden fahren! Wie du gesagt hast, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen“, „Grünendeich“ und „A. Bachert 1991“; II: h’ (Bronze, Gj. 13. Jh.), ohne Inschrift, Bilder: sechs Medaillons (u. a. Adler, Ritter mit Schwert auf einem Greif, Vögel), Glocke 1951 gerissen und 1958 geschweißt (Firma Lachenmeyer, Nördlingen); III: c’’ (Bronze, Gj. 1963, F. Otto, Bremen-Hemelingen), Inschrift: „Meine Seele erhebet den Herrn“; IV: g’’ (Bronze, Gj. 14. Jh.), ohne Inschrift. – Eine SG, a’’ (Bronze, Gj. wahrscheinlich 1895), ohne Inschrift, außen am Turmhelm. – Früherer Bestand: Eine große LG (Bronze, Gj. 1868, Friedrich Dreyer, Hannover), 1917 zu Rüstungszwecken abgegeben, ersetzt durch eine neue LG, g’ (Eisenguss, Gj. 1924, Ulrich & Weule, Apolda und Bockenem), Inschriften: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort“, „Geopfert für Vaterland Wehr 1917. Gestiftet von dem Kaufmann Heinrich Schacht, Hamburg, geboren in Grünendeich am 12. September 1868“ und „Ulrich & Weule, Bockenem am Harz“, geborsten und 1991 mit jetziger LG I ersetzt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus mit Gemeindesaal (Bj. 1956; altes Pfarrhaus, Bj. 1640, 1955 verkauft und wegen Straßenbegradigung abgebrochen).49

Friedhof

Alter kirchlicher Friedhof bei der Kirche. Neuer kirchlicher Friedhof, etwa 100 Meter südöstlich der Kirche.

Liste der Pastoren (bis 1940)
Kanzelaltar, um 1949

Kanzelaltar, um 1949

15..–1569 Johannes Behr.50 – 1581 Franz Cleve. – Um 1600 Johann Dauwessberg (?). – Um 1616 Jacob Tytkens (?). – 1615–1618 Magister Johann Tecklenburg. – 1618–1626 Adolf Helt. – 1627– Dietrich Stölting.51 – 1661 (?) Hermann (oder Johann) Otto (Otten). – 1667–1706 Johann Adolf Otto (Otten). – 1706–1710 Karl Friedrich Brütte. – 1711–1744 Johannes Gödekens (Goedeke). – 1745–1756 Samuel Thiemig. – 1756–1758 Christian Renner. – 1759–1784 Johann Helfreich Willemer. – 1784–1798 Hartwig Dietrich Lübbren. – 1798–1810 Johann Erdwin Wesselhöft. – 1810–1831 Werner Adolf Rodde. – 1831–1841 Christian Georg Anton Brinkmann. – 1842–1853 Theodor Louis Seyler. – 1853–1889 Peter Hinrich Hardorp. – 1890–1921 Franz Theodor Heyderich. – 1921–1925 Franz Wilhelm Brunnert. – 1927–1931 Gustav Adolf Künnicke. – 1932–1941 Ferdinand Gotthilf Karl Jacob Parisius.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 376–377 (mit Ergänzungen)

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 2 Nr. 602–612 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 3118–3122 (Pfarrbestallungsakten); A 8 Nr. 161Digitalisat(CB); A 9 Nr. 2540Digitalisat, 2541Digitalisat, 2542Digitalisat, 2644Digitalisat (Visitationen); E 5 Nr. 0411 (Konsistorialbaumeister); L 5g Nr. 220, 788, 795 (LSuptur Stade); S 2 Witt Nr. 02, 13 (Fotosammlung); S 11a Nr. 7854 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1706
Trauungen: ab 1707
Begräbnisse: ab 1706
Kommunikanten: ab 1743 (Lücken: 1756, 1757, 1798, 1801, 1805–1807, 1830–1836; unvollständig: 1952)
Konfirmationen: ab 1817

Literatur & Links

A: Albrecht, Denkmaltopographie Lkr. Stade, S. 150–152; Clasen/Großmann/Kiesow/Wortmann, KD Lkr. Stade, S. 322–337; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 574; Golon/Kröncke, Orgeln, S. 92–94; Hoffmann, Turmuhren, S. 44–47; Küster/Tegtmeyer, Orgelreichtum, S. 29; Merz, Generalkirchenvisitation, S. 74–75; Meyer, Pastoren I, S. 376–377; Scharf, Beschreibung, S. 15–16; Steiger, Gedächtnisorte I, S. 319–321; Zimmermann, Nordelbe, S. 80–81.
B: Doris Marks: 400 Jahre St. Marien Grünendeich 1608–2008 (Schriftenreihe Drei Meilen Altes Land), Steinkirchen 2008; Elisabeth Lemke: Grünendeich. Ein Dorf an der Elbe im Wandel der Zeiten, Freiburg (Elbe) 1989, bes. S. 93–113.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen; Nomine (Norddeutsche Orgelmusikkultur in Niedersachsen und Europa): Orgel.

GND

7857775-5, Ev. Kirche St. Marien (Grünendeich, Stade)

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 39.
  2. UB St. Georg Stade, Nr. 432.
  3. UB St. Georg Stade, Nr. 1 bzw. Nr. 17 (die Urkunde von 1132/37 ist lediglich in einer verfälschten Abschrift von 1257 erhalten). Vgl. auch Albrecht, Denkmaltopographie Lkr. Stade, S. 148. Zur Identifikation von Bardesfleth als Vorgängersiedlung Grünendeichs vgl. Hofmeister, Besiedlung I, S. 51 ff.
  4. Für einen knappen Überblick: Hofmeister, Kolonisation, S. 11.
  5. Höft-Schorpp, Hauptmann, S. 7. Zu den Landesgemeinden vgl. Dannenberg/Schulze, Geschichte II, S. 205 ff.
  6. Dannenberg/Schulze, Geschichte II, S. 217: Ebf. Christoph von Bremen (amt. 1511–1558) oktroyierte dem Alten Land 1517 eine neue Verfassung, wodurch „die äußere Autonomie […] beseitigt und die innere einschneidend beschränkt“ wurde.
  7. Bolland, Elbkarte (Beilage); Staatsarchiv Hamburg, 720-1/1_126-05 = 1568.1 (Grünendeich auf Bild 6); weitere Digitalisate.
  8. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1956).
  9. UB St. Georg Stade, Nr. 1 bzw. Nr. 17 (die Urkunde von 1132/37 ist lediglich in einer verfälschten Abschrift von 1257 erhalten).
  10. Riggert-Mindermann, St. Georg, S. 11 ff.
  11. UB Hamburg II, Nr. 348.
  12. Hofmeister, Besiedlung I, S. 54; Marks, S. 76.
  13. UB St. Georg Stade, Nr. 432 (Digitalisat); Marks, S. 73.
  14. Marks, S. 76. Georg Roth: Chronicon Monasterii Rosenfeldensis seu Hassefeldensis…, in: Johann Vogt: Monumenta Inedita rerum germanicarum praecipue Bremensium, 1. Bd., 2. Stück, Bremen 1741, S. 106–292, S. 184 [Digitalisat online].
  15. Marks, S. 76.
  16. Zu Ebf. Christoph vgl. den Beitrag von Matthias Nistal in Dannenberg/Otte, Reformation, S. 39 ff. Zur Reformation in Bremen und Verden insgesamt vgl. die Beiträge in Dannenberg/Otte, Reformation und Wolters, Reformationsjahrhundert, S. 50 ff. Siehe auch Marks, S. 56 ff.
  17. Ehrhardt, Reformation, S. 209 f. Marks, S. 91 und S. 181, nennt P. Franz Cleve (amt. 1581) als ersten luth. Prediger, Meyer, Pastoren I, S. 376, P. Johann Dauwessberg (amt. um 1600).
  18. Marks, S. 91.
  19. Marks, S. 91 f.
  20. Marks, S. 141 f.
  21. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 75; Marks, S. 83 und S. 141.
  22. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 73 f. (Zitat: S. 74).
  23. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 74.
  24. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 74.
  25. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 75.
  26. Scharf, Beschreibung, S. 15; LkAH, S. 1 H III Nr. 818, Bl. 11.
  27. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1950).
  28. Dies und das folgende Zitat: LkAH, S. 1 H III Nr. 818, Bl. 11. Allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  29. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1950).
  30. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1962).
  31. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1962).
  32. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitationen 1962 und 1968).
  33. LkAH, L 5g, Nr. 220 (Visitation 1968). Vgl. auch LkAH, L 5g, Nr. 237 (Visitation 1966): „Es ist an der Lühe zudem so, daß die Gemeinde Steinkirchen daß gesamte linke Lüheufer umfaßt, von Horneburg bis in die Gemeinde Hollern hinein. Die westlichsten Mitglieder der Gemeinde Steinkirchen gehen auf dem Weg zur Kirche an Neuenkirchen und Mittelnkirchen vorbei. Das Pfarrhaus von Grünendeich steht auf Steinkirchener Parochie-Gebiet. Der Pastor von Grünendeich ist also ‚eigentlich‘ Mitglied der Gemeinde Steinkirchen, wie seine Nachbarn links und rechts auch. Hier sollte in gründlicher Beratung und Überlegung versucht werden, eine Neuordnung zu schaffen.“
  34. KABl. 1970, S. 97 f.
  35. Marks, S. 152.
  36. Scharf, Beschreibung, S. 15 f.
  37. Ubbelohde, Repertorium, 4. Abteilung, S. 26.
  38. KABl. 1909, S. 6.
  39. LkAH, S 8d, 1826–1836 (Bekanntmachung des Königlichen Consistorii zu Stade, die Superintendenturen und Kirchen-Commissionen betreffend, 19.10.1826).
  40. KABl. 1939, S. 22; KABl. 1976, S. 9.
  41. Scharf, Beschreibung, S. 14.
  42. Marks, S. 109.
  43. Hoffmann, Turmuhren, S. 44 ff.
  44. Mathies, Taufbecken, S. 126.
  45. Steiger, Gedächtnisorte I, S. 319 f.; Clasen/Großmann/Kiesow/Wortmann, KD Lkr. Stade, S. 332.
  46. Merz, Generalkirchenvisitation, S. 73.
  47. Zimmermann, Nordelbe, S. 80 f.; Küster/Tegtmeyer, Orgelreichtum, S. 29; Golon/Kröncke, Orgeln, S. 92 ff.; Busch, in: Marks, S. 147 ff.
  48. KABl. 1952, S. 160; LkAH, B 1 A, Nr. 4587 (Verzeichnis der Denkmalsorgeln der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, 01.10.1958.
  49. Marks, S. 195 ff.
  50. Ehrhardt, Reformation, S. 209 f.
  51. Siehe NLA ST Rep. 5b Nr. 4023.