Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Holzminden-Bodenwerder | Patrozinium: Christus (seit 1974) | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte

Das nachmalige Amt Fürstenberg, früher u. a. im Besitz der Gf. von Everstein und Gf. von Dassel, kam 1272/1308 in den Besitz der Welfen. Eine wohl wenig vorher errichtete Burg wird erstmals 1350 in einem Lehnsverzeichnis der Abtei Corvey genannt. 1381 erscheint sie unter den Burgen Ottos des Quaden. 1389 wurde sie an Gottschalk von Plesse verpfändet und im Schmalkaldischen Krieg 1545 zerstört. Hzg. Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel ließ an ihrer Stelle um 1590/1600 ein Jagdschloss errichten.

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1957

Kirche, Ansicht von Nordosten, 1957

Von nachhaltiger Bedeutung war die Gründung der herzoglichen Porzellanmanufaktur im Schloss (1747), mit deren Geschick auch die Geschichte der nur zwei Jahre später als Filial von Boffzen gegründeten KapG im Folgenden eng verbunden war. Gemeindeglieder waren die Arbeiter der Fabrik, die Bewohner und Arbeiter der herzoglichen Domäne sowie die Beamten und Waldarbeiter des herzoglichen Forstamts. GD fanden zunächst in einer Kapelle im Südflügel des Schlosses statt. 1766 wurde ein Prädikant angestellt, der Lehrer an der Gemeindeschule war, als Hilfsgeistlicher aber zugleich die Betreuung der Kapelle und die Vertretung des Pfarramts in Boffzen übernahm (bis 1859). Mit der Ausweitung der Produktion in der Porzellanfabrik (seit 1888 Aktiengesellschaft) wuchs auch die Einwohnerzahl des Ortes weiter an (1793: 345 Einwohner, 1890: 772 Einwohner) und machte den Bau eines separaten Kirchengebäudes notwendig. Auf einem der herzoglichen Domäne gehörigen Grundstück entstand 1899 nach einem Entwurf des Geheimen Baurats Pfeifer und des Regierungsbaumeisters W. Eschemann (Holzminden) der heutige neuromanische Saalbau (Einweihung am 27. August 1899).
Mit dem 1. Oktober 1942 wurde die KG Boffzen von der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche umgegliedert.1 Durch den Zuzug von schlesischen Heimatvertriebenen vermehrte sich die Zahl der Gemeindeglieder in beiden Ortschaften so stark, dass die seelsorgerliche Betreuung durch nur einen Geistlichen nicht mehr gewährleistet war. Am 1. Juni 1954 wurde die bisherige KapG Fürstenberg von Boffzen gelöst und verselbständigt.2 Der Ostpfarrer Bruno Torinus, seit 1952 als P. in Boffzen tätig, wurde zum ersten Geistlichen mit Amts- und Wohnsitz in Fürstenberg bestellt (amt. bis 1963). Der Gebäudebestand wurde durch den Ankauf eines Pfarrhauses (1954) und den Ausbau eines vorhandenen Wirtschaftsgebäudes zum Pfarrsaal erweitert (beides 1967 abgerissen). 1962 wurde das sogenannte Ohmsche Haus zum Gemeindesaal umgebaut. In den folgenden Jahren entstanden ein neues Pfarrhaus (1965) und ein Gemeindehaus (1973). In Rottmünde hatte Torinus zeitweilig einen Betsaal eingerichtet.3
Seit 1. August 1974 führte die Gemeinde den Namen Christus-KG Fürstenberg/Weser.4 Seit dem 1. Januar 2009 bildet sie mit den früheren KG Derental und Meinbrexen die Ev.-luth. KG Solling-Weser in Fürstenberg.5

Umfang

Das Dorf Fürstenberg; ab 1. Dezember 1955 auch die vorher zu Boffzen gehörigen luth. Einwohner des Ortsteils Rottmünde.6

Aufsichtsbezirk

Seit Verselbständigung der KG zum KK Holzminden (1. Januar 1999 mit dem KK Bodenwerder zum KK Holzminden-Bodenwerder vereinigt).

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, 1983

Kirche, Blick zum Altar, 1983

Nord-süd-gerichtete romanisierende Saalkirche aus Wesersandstein (wohl aus den Steinbrüchen des Hooptals bei Stadtoldendorf), mit halbrunder Chorapsis und Holztonnengewölbe mit Querstreben (1899). Hölzerne Empore an der Westseite. Ausmalung der Apsis vermutlich durch den Braunschweiger Hofmaler A. Quensen („Der thronende Christus“, „Das himmlische Jerusalem“ und die vier Evangelisten; nach dem Zweiten Weltkrieg überstrichen und 1982/83 wieder freigelegt). 1954 und 1974 Innenrenovierung. 1983 Teilrenovierung.

Fenster

Drei Buntglasfenster im Altarraum, im mittleren die Heilige Familie (Weihnachten), in den beiden äußeren in Medaillons die Taube (Pfingsten) und das Lamm (Ostern). Gestiftet durch den seinerzeitigen Pächter der Domäne Fürstenberg.

Turm

Glockenturm östlich neben dem Nordgiebel, 1959 mit einer neuen Kupferhaube versehen.

Ausstattung

Massiver Altarblock; ursprünglich mit einem Retabel aus der Erbauungszeit (in der Mitte Christus als Hüter der Herde, darüber ein Passionskreuz), das bei einer Neugestaltung des Altarraums (1968) entfernt wurde. – Kanzel mit der Darstellung des predigenden Christus.

Orgel, Teilansicht, 1979

Orgel, Teilansicht, 1979

Orgel

In der Schlosskapelle befand sich eine kleine Orgel der Orgelbauanstalt Conrad Euler, Hofgeismar, 5 I/aP (1869). – Die Kirche erhielt 1899 einen Neubau von Hermann Ackermeier (Detmold), 10 II/P, mechanische Traktur, Kegellade. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. 1959 Renovierung und Änderung der Disposition durch Firma Conrad Euler (Hofgeismar), Einbau eines elektrischen Gebläses. 1981/82 Neubau im historischen Gehäuse durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen). Orgelweihe am 4. April 1982. 1988 Einbau zweier noch fehlender Reg., jetzt 12 II/P (HW, HintW), mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Zwei LG, I: gis’ (Eisenhartguss, Gj. 1951, J. F. Weule, Bockenem); II: h’ (Bronze, Gj. 1899, J. J. Radler, Hildesheim). – Früherer Bestand: Vermutlich wurde eine größere Glocke schon im Ersten Weltkrieg abgeliefert. Arthur Mehner (Direktor der Porzellanfabrik) stiftete 1926 eine neue (große) Bronzeglocke, die 1942 gleichfalls abgegeben und 1951 durch eine Eisenhartgussglocke ersetzt wurde.

Friedhof

Der alte Friedhof wurde 1806 aufgegeben und durch den neuen Friedhof am Burgweg abgelöst. 1844 Verlegung an die Neuhäuser Straße. FKap (Bj. 1975). In Trägerschaft der Samtgemeinde Boffzen.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 48 (EphA Holzminden).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1815
Trauungen: ab 1815
Begräbnisse: ab 1815
Kommunikanten: ab 1820 (Lücken: 1842–1817)
Konfirmationen: ab 1815

Früher in den Kirchenbüchern von Boffzen.

Literatur

A: Steinacker, BKD Kr. Holzminden, S. 45–53; Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig I, S. 202.
B: Festschrift zur Orgelweihe in der Christuskirche zu Fürstenberg, [Fürstenberg] 1982; Hansulrich Kaste: Chronik 100 Jahre Kirche Fürstenberg, Fürstenberg 1999.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. KABl. 1943, S. 1–4.
  2. KABl. 1954, S. 78.
  3. LkAH, B 7 Nr. 3256, Bl. 73.
  4. KABl. 1974, S. 228.
  5. KABl. 2009, S. 83 f.
  6. KABl. 1955, S. 120.