Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Holzminden-Bodenwerder | Patrozinium: Markus (seit 1999)1 | KO: Braunschweigische KO von 1709

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1958

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1958

Das Dorf Derental erscheint erst 1542 in schriftlichen Quellen. Es kam wohl mit der Herrschaft Everstein 1408 unter welfische Hoheit (Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel) und wurde nach einer Kriegszerstörung erst unter Hzg. Heinrich dem Jüngeren in den ersten Jahrzehnten des 16. Jh. wieder besiedelt. Untergegangen war bei der Zerstörung auch eine (vermutlich schon im 13. Jh. errichtete) Kirche. Die Pfarre war seither unbesetzt, die Pfarrgüter wurden durch Adelige vereinnahmt.2 Die Bewohner hielten sich zur Kirche in Meinbrexen.

Die Reformation wurde zur Zeit der Okkupation durch die Truppen des Schmalkaldischen Bundes eingeführt. 1544 baten die Einwohner um Unterstützung bei der Errichtung einer Holzkirche, vorläufig wohl erfolglos.3 Jedenfalls wird die Kirche noch 1568 als ruinös bezeichnet. 1575 wurde auf den Resten des alten KGb ein Neubau errichtet. Als erster eigener luth. P. wird Andreas Compertus (amt. 1572–1573) genannt.4 1573 bis 1583, 1616 bis 1619, 1642 bis 1667, 1697 bis 1712, 1772 und 1776 bis 1791 wurde die Pfarre wieder von Meinbrexen aus verwaltet.
Das 1579 errichtete Pfarrhaus bestand 1753 in einem „schlechten hölzernen Wohnhause“.5 Es wurde nach einem Brand gegen Ende des Siebenjährigen Krieges noch einmal erneuert. Um 1730/35 errichtete die Gemeinde ein Schulhaus.
Die KG, die 2007 noch 517 Seelen umfasste, wurde mit dem 1. Januar 2009 aufgehoben und mit den KG Fürstenberg und Meinbrexen zur Ev.-luth. KG Solling-Weser in Fürstenberg vereinigt.6

Umfang

1753 gehörte zur Parochie nur das Dorf Derental sowie der Derentaler Forst mit Wohnhäusern von „Bergleuten und Eisengräbern […] nebst einigen Mühlen.“ Zur Kirche in Derental hielten sich auch die Arbeiter der Pottaschensiederei im Ilschen Grund.7

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Höxter der Diözese Paderborn. – 1569 wurde Derental der Aufsicht der Suptur. (Insp.) Holzminden der Generaldiözese Alfeld unterstellt, die 1643 mit der Abtretung Alfelds an das Hochstift Hildesheim zunächst aufgelöst wurde. Bei einer Neuordnung der Aufsichtsbezirke wurden 1648 die Insp. Halle und Holzminden zur Generaldiözese Holzminden zusammengeführt. Zugleich wurde der Sitz der Suptur. nach Bevern verlegt. 1692 erfolgte die Umgliederung von der Insp. Bevern in die Insp. Stadtoldendorf, später wohl wieder nach Bevern. 1881 wurden die Insp. Holzminden und Bevern zur Insp. Holzminden-Bevern vereinigt (ab 1914: Insp. Holzminden). 1935 Einführung der Amtsbezeichnung Propst. 1. Oktober 1942 Umgliederung von der braunschweigischen in die hannoversche Landeskirche8 (als KK Holzminden, 1. Januar 1999 mit dem KK Bodenwerder zum 1. Januar 1999 KK Holzminden-Bodenwerder vereinigt).

Patronat

Seit der Wiedererrichtung der Kirche der Landesherr.9 Für die Dauer der Verbindung mit Meinbrexen wechselte das Besetzungsrecht zwischen dem Landesherrn und dem Besitzer des Ritterguts Meinbrexen (seit 1696 die von Mansberg). Die mit dem Patronat verbundenen Rechte blieben auch nach dem Zusammenschluss zur KG Solling-Weser erhalten.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juli 1960

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, Juli 1960

Verputzter Rechtecksaal aus Bruchsteinmauerwerk, im Kern von 1575. Ostgiebel in Fachwerk. Satteldach. Innenraum durch eine flache Holzbretterdecke auf Mittelstützen geschlossen. L-förmige Empore mit geschnitzter Ornamentik (älteste Teile von 1659). Hinter dem Altar Reste von Wandmalereien (Anfang 17. Jh.). Die Kirche wurde im April 1945 durch Artilleriebeschuss stark beschädigt. Wiederherstellung bis 1949. Weitere Renovierung und Neugestaltung 1958–60 nach Entwurf von Ernst Witt (u. a. Rücknahme der Empore).

Fenster

Auferstehungsfenster hinter dem Altar.

Turm

Eingerückter Westturm aus massivem Bruchstein. Hölzerne Glockenstube mit Eternitschieferbehang; achtseitiger Helm, an den Turmecken von vier zusätzlichen Spitzen begleitet.

Ausstattung

Blockaltar aus Wesersandstein (1958 neu aufgemauert). – Kanzel (um 1600). – Runder Taufstein aus rotem Sandstein, auf vier kauernden Löwen ruhend (dat. 1581, vom selben Meister wie das Taufbecken in Lauenförde; ähnliche Taufe auch in Oberscheden).10 Kupferschale mit Deckel, von Franz Bolze, Bremen, nach einem Entwurf der Kammer für kirchliche Kunst (1959). – Gedenktafel für drei Gefallene des Deutsch-Französischen Krieges.

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, vor 1971

Kirche, Blick zur Orgel, Foto: Ernst Witt, Hannover, vor 1971

Orgel

1888 Neubau durch Gebrüder Euler (Gottsbüren), 10 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Die Prospektpfeifen aus Zinn wurden im Ersten Weltkrieg durch Zinkpfeifen ersetzt. 1959 Instandsetzung und Veränderung der Disposition durch die Orgelbauanstalt Euler (Hofgeismar). 2000 durch Firma Jörg Bente (Helsinghausen) renoviert.

Geläut

Zwei LG, I: g’ (Eisenhartguss, Gj. 1950, J. W. Weule, Bockenem); II: h’ (Bronze, Gj. 1878, Petit & Gebrüder Edelbrock, Gescher). – Früherer Bestand: Eine zweite (größere) LG von 1878 wurde 1917 zu Rüstungszwecken abgeliefert.

Friedhof

Der ursprünglich bei der Kirche gelegene Friedhof wurde später an den östlichen Ortsausgang (Neuhäuser Straße) verlegt, 1911/12 vergrößert und am 25. April 1912 neu eingeweiht.11 Er war Eigentum der politischen Gemeinde, befand sich aber um 1950 aber in kirchliche Verwaltung. Jetzt in Trägerschaft der Samtgemeinde Boffzen.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 8 Nr. 99Digitalisat (CB); A 12f Spec.Der 145Digitalisat(Visitation); D 48 (EphA Holzminden).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1683 (Lücken: 1744, 1745, Juli 1746–Sep. 1753, 1758)
Trauungen: ab 1686 (Lücken: 1744–1764, Nichtlutheraner 1895)
Begräbnisse: ab 1760 (Lücken: 1761)
Konfirmationen: ab 1832

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 383; Kleinau, Ortsverzeichnis Land Braunschweig I, S. 147; Steinacker, BKD Kr. Holzminden, S. 37–39.


Fußnoten

  1. LkAH, B 2 G 1/Derental. Kein mittelalterliches Patrozinium bekannt, vgl. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 240.
  2. Spanuth, Quellen, S. 282.
  3. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 239.
  4. Seebaß/Freist, Pastoren, S. 73.
  5. LkAH, A 8/Derental, S. 9 (Corpus bonorum).
  6. KABl. 2009, S. 83 f.
  7. LkAH, A 8/Derental, S. 9 (Corpus bonorum).
  8. KABl. 1943, S. 1–4.
  9. Stübner, Kirchenverfassung, S. 260.
  10. DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 91 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di083g015k0009109; Mathies, Taufbecken, S. 119 f.
  11. LkAH D 48 Spec. Derental A 590.