Sprengel Stade, KK Cuxhaven-Hadeln | Patrozinium: Gertrud (von Nivelles) | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Der heutige Cuxhavener Ortsteil Döse entwickelte sich aus der wohl bereits vor dem Deichbau bestehenden Geestsiedlung Steinmarne und einer sich südöstlich davon in die Marsch erstreckenden Strichsiedlung. Mit dem Zusammenwachsen der beiden Teile und dem Bau einer gemeinsamen Kapelle setzte sich allmählich die Flurbezeichnung Döse als Ortsname durch. Döse gehörte zum Ksp. Altenwalde und wurde mit diesem 1394 Teil des hamburgischen Amts Ritzebüttel. Für einen nachhaltigen Wandel sorgte Ende des 19. Jh. der aufkommende Badebetrieb, mit dem ein rasantes Bevölkerungswachstum einsetzte. Das Dorf bekam zunehmend vorstädtischen Charakter und wurde 1905 nach Cuxhaven eingemeindet.

Kirche, Ansicht von Südosten, 1979

Kirche, Blick von Südosten, 1979

Für Steinmarne ist 1452 eine Kapelle buten den Dieks belegt. Ungeachtet der parochialen Zugehörigkeit des Dorfs zur Kirche in Altenwalde genehmigte der Hamburger Rat auf Bitten der dortigen Einwohner wohl 1528 oder 1529 die Anstellung eines Predigers und den Neubau einer Kirche. Mitte des 16. Jh. wurde die Loslösung der Gemeinde von der damals noch altgläubigen Mutterkirche Altenwalde vollzogen. Als Grund für die Separation werden die schlechten Wegeverhältnisse nach Altenwalde angeführt1, doch dürfte wohl auch die zunehmende Hinwendung zum luth. Bekenntnis den Wunsch nach einer Trennung bestärkt haben. Erste Geistliche waren Johann Horster († 1543), Heinrich Gerstenkorn (amt. 1543–1546), Hinrich Schwerin (amt. 1546–1547) und Bartelt Stedingk (amt. 1547–1555). Wohl erst 1557/58 wurde die Kapelle zur Pfarrkirche erhoben. Die Gemeinde setzte sich v. a. aus Bauern, Handwerkern, Seeleuten und Tagelöhnern zusammen.
Das Ksp. verfügte über Schulen in Döse (1549 mit der Anstellung eines Küsters gegründet) und Stickenbüttel. 1663 brannte das Küster- und Schulhaus neben dem Friedhof ab und wurde neu errichtet.2
Nachdem Cuxhaven 1893 zur Marinegarnison erhoben war, übernahmen die P. von St. Gertrud bis zum Bau der St.-Petri-Kirche (1911) auch die Militärseelsorge. Diakonische Aufgaben in der Gemeinde wurden in der ersten Hälfte des 20. Jh. durch Diakonissen aus dem Amalie-Sieveking-Haus in Hamburg wahrgenommen. 1947 wurde für den Gemeindeteil Sahlenburg eine Gemeindeschwester aus dem Diakonissen-Mutterhaus Lemförde angestellt.
Ein Gemeindehaus mit Wohnung und Amtszimmer war 1935 an der Stelle eines alten Konfirmandenhauses an der Steinmarner Straße erbaut worden. Der dort ebenfalls eingerichtete KiGa (1936) war der älteste in Cuxhaven und – aufgrund der Beziehungen des P. zu einem Mitglied der örtlichen Parteileitung – der einzige in der Landeskirche, der vor 1945 nicht in die NSV überführt wurde. 1939 wurde ein zweites Gemeindehaus in Sahlenburg errichtet, das nach der Verselbständigung der dortigen KG 1969 zur Johanneskirche ausgebaut wurde. Ein 1957/58 errichtetes Gemeindehaus (Christophorushaus) wurde zugleich durch eine Erholungseinrichtung für Behinderte genutzt. 1991/92 wurde nach Plänen von Paul-Otto Gerdts (Cuxhaven) ein Gemeindezentrum mit KiGa neu errichtet. Am Robert-Dohrmann-Platz im Ortsteil Duhnen wurde 1952/53 ein ehemaliges Bauernhaus (Diekmannscher Hof, um 1860) zur Kapelle ausgebaut. Der Dielen- und Stallteil wurde zum Gemeindesaal umgestaltet. Im Hinterhaus befand sich seit 1962 ein KiGa, nach dessen Umzug 1993 ein Eine-Welt-Laden. 2005 erhielt die Kapelle einen freistehenden hölzernen Glockenträger. Sie dient als Zentrum der Urlauberseelsorge in Cuxhaven.
Seit 2012 ist die Gertrud-KG mit den KG Cuxhaven, Emmaus, Cuxhaven, Petri, Cuxhaven, Gnaden und Cuxhaven-Ritzebüttel pfarramtlich verbunden.

Umfang

Der Flecken Cuxhaven, die Dörfer Döse (Steinmarne), Duhnen, Stickenbüttel und Sahlenburg sowie die Insel Neuwerk. Mit dem 1. Januar 1925 wurde die KG Alt-Cuxhaven (Cuxhaven, Petri) ausgegliedert und verselbständigt, mit dem 1. Juli 1969 die Johannes-KG in Cuxhaven-Sahlenburg.

Pfarrstelle

I: Um 1557/58. – II: 1906/10 (bis 1938); 5. November 1946 mit Amtssitz Sahlenburg neu errichtet (bis 1969); 1971 neu errichtet; 1. Oktober 2009 aufgehoben.3

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Hadeln-Wursten der Erzdiözese Bremen. – Vor 1963 zum hamburgischen KK Cuxhaven (1. Januar 1977 aus der Ev.-luth. Kirche im Hamburgischen Staate in die Landeskirche Hannovers umgegliedert).4 Nach der Vereinigung des KK Cuxhaven mit dem KK Land Hadeln seit 1. Januar 2013 KK Cuxhaven-Hadeln.

Patronat

Der Prediger wurde früher durch den Senat der Stadt Hamburg bestellt.5

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar

Kirche, Blick zum Altar

Die bis 1534 an der Stelle des 1452 erwähnten Vorgängerbaus errichtete Kapelle bzw. Kirche war der einzige Neubau eines Sakralgebäudes innerhalb des hamburgischen Gebiets während der Reformationszeit. Sie wurde 1584 durch Anbau eines Chors und 1620/24 um den ersten Kirchturm erweitert, der vermutlich einen hölzernen Glockenträger neben der Kirche ersetzte. Zwischen 1660 und 1667 ließ der Ritzebütteler Amtmann Georg von Holten auf eigene Kosten eine Sakristei anbauen.6 Die Kirche erwies sich bald als zu klein, so dass das gesamte KGb als lang gestreckter, einschiffiger Fachwerkbau neu errichtet wurde (Einweihung 18. August 1695 durch P. Johann Spiesmacher, 1880 abgebrochen). 1886 schließlich entstand der heutige Bau, eine gotisierende Backsteinkirche mit sechsseitig gebrochenem Chor nach Plänen des Hamburger Architekten Gustav Kirchenpauer (Einweihung 21. November 1886). Er wurde später nach Norden um ein niedriges Seitenschiff erweitert. Die Seitenansicht des Schiffs prägen vierteilige Giebelreihen mit hohen rundbogigen Doppelfenstern. Turm, Westwand und Orgel der Kirche wurden am 20. Oktober 1944 durch Bombentreffer zerstört, Buntglasfenster, Altar und Kanzel schwer beschädigt. GD fanden bis zur Wiederherstellung des Schiffs in einem 1949 neu errichteten Gemeindesaal statt. Nach Beseitigung der Kriegsschäden wurde die Kirche 1955 neu geweiht.

Turm

Ursprünglich Westturm mit achtseitigem Helm (im Krieg zerstört). Der heutige freistehende Glockenturm wurde 1962/63 nach einem Entwurf des Hamburger Kirchenbaurats W. Groß abseits der alten Fundamente neu errichtet und durch einen Windfang mit der Kirche verbunden.

Altaraufsatz

Altaraufsatz

Ausstattung

Barockaltar mit zweigeschossigem Retabel (1640), ursprünglich für eine Hamburger Kirche, vielleicht St. Katharinen, gefertigt, dann nach Cuxhaven verkauft. Predella mit Abendmahlsbild, darüber im Hauptbild die Kreuzigung von G. Pripping. Als Bekrönung der Auferstandene. Zu beiden Seiten Figuren der vier Evangelisten. Die geschnitzten Ornamente und das Auge Gottes im Strahlenkranz wurden nachträglich ergänzt. – Kanzel (1641), ursprünglich ebenfalls aus einer Hamburger Kirche, gestiftet durch den Amtmann Hinrich Esich. In den Füllungen des Kanzelkorbs gemalte Darstellung der vier Evangelisten, von denen Johannes und Lukas nach Kriegsverlust 1955 wieder ergänzt wurden. Am Seitenaufgang Moses und Christus als Weltenlenker. Schalldeckel (1695), Stiftung des Hamburger Senators Hermann Stubbe. – Dreibeiniger Bronzetaufkessel (1573), gegossen durch den Hamburger Büchsengießer Orban Schober.7 – Barockes Epitaph für den Neuwerker Vogt Peter Thode († 1701) und seine Frau Anna, geb. Oldendorf († 1706), an der Westwand. – Grabplatte des Neuwerker Vogts Peter Teßdorp († 1628). – Ölgemälde des P. Johann Elfring († 1658). – Zwei Holzplastiken des Bildhauers K. Schubert (Allegorien des AT und NT, 1955).

Orgel

Ältere Orgelneubauten sind 1709 und 1851 belegt; ein weiterer 1887 (oder 18948) durch Heinrich Röver (Hausneindorf), 1907 auf 20 Reg. ergänzt. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. 1925 Einbau eines elektrischen Gebläses. 1937 abgebaut9 oder 1944 zerstört. 1956 Neubau durch Rudolf von Beckerath (Hamburg), 23 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen. – Zusätzlich 1974 eine transportable Chororgel mit vier Reg. der Firma Bosch (Kassel). Für die Kapelle in Duhnen wurde 1966 gleichfalls eine Kleinorgel beschafft.

Geläut

Sechs LG, I: es’; II: ges’; III: as’; IV: b’ (alle Bronze, Gj. 1965, Gebrüder Rincker, Sinn); V: c’’; VI: es’’ (beide: Bronze, Gj. 1785). – In der Kapelle in Duhnen: Eine LG (Gj. 2005, Gebrüder Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: Eine Glocke wird erstmals 1567 in einer Kirchenrechnung genannt und 1624 neu- bzw. umgegossen.10 1660 stiftete Amtmann Georg von Holte eine große Glocke, die 1797 umgegossen wurde. Außen am Turm befand sich eine Stundenglocke aus Bronze von 1712 (nach dem Zweiten Weltkrieg leihweise nach Cuxhaven-Sahlenburg, dann in der Eingangshalle der Kirche aufgehängt). 1897 erhielt die Kirche zwei neue LG in d und e (F. Otto, Bremen-Hemelingen), von denen die größere im Ersten Weltkrieg abgeliefert und 1926 durch einen Neuguss in cis der Firma Schilling (Apolda) ersetzt wurde.

Friedhof

In Trägerschaft der KG. 1550 als Begräbnisplatz und Gerichtsstätte erwähnt, 1846 erweitert. Mit zahlreichen erhaltenen Grabmälern des 17.–19. Jh. steht die Anlage unter Denkmalschutz.

Kirchenbücher

Taufen: ab 1581 (Lücke 1625–1659)
Trauungen: ab 1581 (Lücke 1625–1659)
Begräbnisse: ab 1660
Kommunikanten: 1728–1958 (Lücke 1875–1883)
Konfirmationen: 1770–1810, 1835

Kirchenbücher vor 1816 im Staatsarchiv Hamburg, Kommunikanten bis 1874

Literatur

A: Böker, Denkmaltopographie Lkr. Cuxhaven, S. 272–174; Bussler, Stadtlexikon Cuxhaven, S. 197; Cortum, Orgelwerke, S. 181; Hammer/Schade, Hamburger Pastorinnen und Pastoren II, S. 101 f.; Janssen, Nachrichten, S. 239–242; Kirchengemeinden Cuxhaven; Reinecke, Amt Ritzebüttel, S. 129–131
B: 100 Jahre St. Gertrud Döse. 1886–1986, [Cuxhaven 1986]; Siegfried Peleikis: Neue Nachrichten von der Kirche zu Döse, Cuxhaven 1986.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Janssen, Nachrichten, S. 239.
  2. Borrmann, Daten, S. 47.
  3. KABl. 2009, S. 70 f.
  4. KABl. 1977, S. 1 ff.
  5. Abendroth, Ritzebüttel und Cuxhaven, S. 54.
  6. Janssen, Nachrichten, S. 239.
  7. Mathies, Taufbecken, S. 119.
  8. Cortum, Orgelwerke, S. 181.
  9. Skiebe, Röver, S. 53.
  10. Nach Janssen, Nachrichten, S. 239.