Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Göttingen| KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Benniehausen, seit 1973 Ortsteil der Gemeinde Gleichen, liegt an der alten Heer- und Handelsstraße von Göttingen nach Duderstadt. Der Ortsname erscheint als Benningehusen in einer angeblich 1123 ausgestellten Urklunde, bei der es sich jedoch um eine Fälschung des 13. Jh. handelt.1 1201 ist Benninghusen in einer echten Urkunde genannt.2 Grundbesitzer war neben dem Kloster Bursfelde die Familie von Uslar. 1283 legten beide ihre Güter zu einem ungeteilten Besitz zusammen und teilten die Einkünfte hälftig.3 Später war Benniehausen ein sogenanntes Mengedorf, das zu drei Vierteln der Linie Uslar-Altengleichen und zu einem Viertel der Linie Neuengleichen zugehörig war. Mit dem Verkauf der Herrschaft Neuengleichen kam der vierte Teil des Dorfs 1451 an die Lgf. von Hessen, während der Rest weiterhin der Lehnshoheit der Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg unterstand (Teilfsm. Göttingen, 1495/1512: Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover). Mit dem Anfall des Amts Neuengleichen an das Kgr. Hannover (1816/17) wurde die komplizierte Rechtslage bereinigt und Benniehausen ganz dem jetzt hannoverschen Amt Neuengleichen (1825: Amt Reinhausen) zugelegt.
Das Patronat über die Kirche in Benniehausen ist im Besitz der Familie von Uslar-Gleichen.4 Im Nachrichtungsbuch von allen Pfarren im Fürstenthumb Braunschweig, angelegt um 1600, ist Benniehausen als Tochtergemeinden von Gelliehausen aufgeführt, ebenso wie Wöllmarshausen.5 Im Inventarium aus dem Jahr 1708, verfasst von P. Otto Heinrich Herba (amt. 1704–1738), findet sich eine erste Beschreibung der Kirche in Benniehausen: „die Halbscheid der Kirche so Vor einigen Jahren eingefallen ist mit Holtz wieder zugebauet, die ander Halfte der Mauer ist noch im Stande, die Kirche ohn den Thurn hat in Länge 24 schuh in der breite 21 schuh der Thurn in welchen das Chor ist hatt in der Länge 16 schuh in der breite 12 schuh, der thurn ist geborsten und außwerts deshalben mit steinern pfeilern Versehen.“6 Mitte des 18. Jh. war das Kirchengebäude derart baufällig, dass die Gemeinde ihre Gottesdienste etwa seit 1761 stattdessen in einer „elenden Scheure“ feiern musste.7 Auf Veranlassung der Patronatsfamilie begann schließlich 1779 der Neubau der Kirche (Einweihung 28. Oktober 1787).
In der ersten Hälfte des 20. Jh. hielt der Gelliehäuser Pfarrer alle zwei Wochen einen Gottesdienst in Benniehausen.8
Am 1. Januar 2009 wurden die KG Beienrode, Benniehausen, Gelliehausen, Kerstlingerode, Rittmarshausen und Wöllmarshausen zum Ev.-luth. KG-Verband „Oberes Gartetal“ zusammengeschlossen.9 Seit 1. Januar 2012 bilden die bisherigen KG Beienrode, Benniehausen, Gelliehausen, Kerstlingerode, Rittmarshausen und Wöllmarshausen die Ev.-luth. Apostel-KG Gleichen.10
Umfang
Das Dorf Benniehausen. Seit 1. Februar 1982 auch die Wohnplätze Helleberg, Waterloo und Wittmarshof mit dem Eichenkrug (vorher zur KG Wöllmarshausen) sowie die Wohnplätze Haus Schnake, Forsthaus Niedeck und Siedlung Niedeck (vorher KG Groß Lengden).11
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Nörten der Diözese Mainz.12 – 1588 zur Insp. Dransfeld, seit Verlegung des Superintendentursitzes 1636/37 Insp. Göttingen (Sitz an St. Johannis in Göttingen), bei deren Teilung 1796/97 zur neuen Insp. Göttingen Zweyter Teil. 1924 zum KK Göttingen II, 1937 zum KK Göttingen-Süd.13 Ab 1. Januar 2001 KK Göttingen.14 Seit 1. Januar 2023 KK Göttingen-Münden.15
Patronat
Familie von Uslar-Gleichen (Familienpatronat). Das Patronat blieb bei Aufhebung der Kirchengemeinde 2012 bestehen (Kompatronat in der neuen Apostel-KG Gleichen).16
Kirchenbau
Dreiachsige, verputzte Saalkirche mit Eckquaderung, erbaut 1779–87, ausgerichtet nach Westsüdwesten. Satteldach, westlich abgewalmt. Segmentbogige Sprossenfenster. Hauptportal nach Ostnordosten, darüber Tafel mit dem Uslarschen Familienwappen sowie Inschrift: „Zur Ehre Gottes und Erbauung christl. Gemeine Benniehausen. Im Namen sämtl. Herren v. Uslar auf Altengleichen und in Gegenwart des zeitigen Geschlechtsaeltesten Carl August Wilhelm v. Uslar, Königl. Grosbr. u. Kurf. Br. Luneb. Generalmaiors und Ritters des Kasierl. St. Ioseph Ordens ist zu dieser Kirche nach deren zwanzigiaerigem Verfalle der neue Grundstein am 29ten Jul. 1779 geleget worden von Gottfr. Aug. Bürger zeit. Gesamt Ger. Amtmann. Als J. C. Zug Prediger, Joh. Nic. Lockemann Schulze u. Iust. Heinr. Lindert Kirchenvorsteher waren“. Im Innern leicht gewölbte, holzverschalte Decke mit Vouten; u-förmige Empore im Ostnordosten. 1916 Instandsetzung. 1963 Innenrenovierung.
Turm
Über dem Ostnordostgiebel dachreiterartiger Fachwerkturm mit welscher Haube. 1916 erneuert.
Vorgängerbau
Massiver Bau mit Chorturm. 1708 baufällig. Um 1761 geschlossen.
Ausstattung
Klassizistische Kanzelaltarwand (um 1779/87), polygonaler Kanzelkorb, flankiert von Pilastern, die verkröpftes Gebälk mit Schalldeckel tragen; auf dem Gebälk Pokale als Bekrönung; kastenförmiger Altar mit seitlichen Schranken; rechts und links segmentbogige Durchgänge; an der Nordseite.
Orgel
1856 Orgelneubau, ausgeführt von Carl Heyder (Heiligenstadt), 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 31). 1968 Neubau, ausgeführt von Albrecht Frerichs (Göttingen), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1988 erweitert auf 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen, Albrecht Frerichs (Göttingen).
Geläut
Eine LG: h’ (Bronze, Gj. 1838, Johannes Heine & Sohn, Bodensee), Inschrift u. a.: „Johan et Sohn in Bodensee haben mich gegossen und nach meinem erster Gusse waren 205 Jahre verflossen. So kann ich der Gemeinde willen nun wieder meinen Dienst erfüllen“. – Eine SG in h’’ (Eisen, Gj. 1947, J. F. Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. 1633), 1838 zu jetziger LG umgegossen.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 3597 (Pfarroffizialsachen); A 8 Nr. 147
(CB); A 9 Nr. 767
, 768
, 769
, 770
, 771
, 772
(Visitationen); B 2 G 9 Nr. 280–281 (Baupflege und Bauwesen); B 2 G 9 B Nr. 55 (Orgel- und Glockenwesen); S 11a Nr. 7862 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Kommunikanten: 1822–1895
Im Übrigen in den Kirchenbüchern von Gelliehausen
Literatur & Links
A: Bielefeld, Orgeln im Umland, S. 138–140; Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 39–40; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 206; Eichenberg, KK Göttingen-Süd, S. 47–51; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Duderstadt, S. 253; Schickhaus, Orte Familiengeschichte, S. 47–54.
B: Eike Dietert: „…der Messias werde von hier aus kommen.“ Die Auseinandersetzungen um den Bau der Synagoge in Gelliehausen in den Jahren 1777 bis 1785, in: Göttinger Jahrbuch 50 (2002), S. 33–39.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche; Wikipedia: St. Urban (Benniehausen).
Fußnoten
- Mainzer UB I, Nr. 509 [Digitalisat]; NLA HA Cal. Or. 100 Bursfelde Nr. 2 (mit Digitalisat).
- NLA HA Cal. Or. 100 Bursfelde Nr. 9. Für weitere Belege und zum Ortsnamen vgl. Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 39 f.
- NLA HA Cal. Or. 100 Bursfelde Nr. 25.
- Schickhaus, Orte Familiengeschichte, S. 54.
- LAW, V 231, Nachrichtungsbuch von allen Pfarren im Fürstenthumb Braunschweig…, S. 59.
- LkAH, A 8 Nr. 147 [Digitalisat, Aufnahme 11].
- Zit, bei Dietert, S. 35.
- Ahlers, Pfarrbuch 1909, S. 319; Ahlers, Pfarrbuch 1930, S. 378.
- KABl. 2009, S. 128 f.
- KABl. 2011, S. 299–302.
- KABl. 1982, S. 36.
- Bruns, Archidiakonat Nörten, S. 168.
- KABl. 1924, S. 86; KABl. 1937, S. 135.
- KABl. 2000, S. 150 f.
- KABl. 2022, S. 189 ff.
- KABl. 2011, S. 299–302.
