Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Peter und Paul | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Adenstedt bildete im Mittelalter als Sitz des Gogerichts der Gehlenberger Börde und eines Freidings ein lokales Zentrum. Früheste Nachrichten stammen aus der Zeit des Bf. Godehard († 1038), zu dessen bevorzugten Aufenthaltsorten Adenstedt gehörte. Grundherren waren 1210 die Gf. von Wohldenberg, ferner die Klöster Clus, Gandersheim und Lamspringe, die von Steinberg, die 1487 vier Hufen und zwei Höfe (Wörden) vom Bf. zu Lehen hatten, der Hildesheimer Domdechant und die Dompropstei sowie das Godehardikloster, die Herren von Schwicheldt, von Wrisberg und von Elvede. Landesherren wurden die Fürstbischöfe von Hildesheim, 1523 bis 1643 die Hzg. von Braunschweig-Wolfenbüttel, nachher wieder die Hildesheimer Bf. (Amt Winzenburg, in hannoverscher Zeit ab 1828 zum Amt Bilderlahe, 1852 Amt Lamspringe).

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1960

Kirche, Ansicht von Südosten, um 1960

Schon unter Bf. Godehard entstand ein hölzerner Kirchenbau und war kurz vor dessen Tod (1038) noch im Bau begriffen.1 Die Kirche erhielt bald nach ihrer Gründung den Rang einer Tauf- und Archidiakonatskirche. Als eine der ältesten der Region war sie Mutterkirche für weitere Pfarrkirchen, darunter Sehlem, das 1142 von Adenstedt getrennt wurde. Von den vorref. Geistlichen werden 1142 der Archidiakon Esicus und Odo sacerdos in Adenstidde genannt.2 Die Reformation wurde erstmals 1542 eingeführt, nachdem die Truppen des Schmalkaldischen Bundes den kath. Hzg. Heinrich den Jüngeren vertrieben hatten. Die Statthalterregierung des Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel, die Lgf. Philipp von Hessen und Kfs. Johann Friedrich von Sachsen eingesetzt hatten, ließ die Gemeinden 1542 und 1544 visitieren und verkündete 1543 die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles.3 In den Visitationsbescheiden wird Claus/Nicolaus Goldebeck als Pastor verus von Adenstedt und der Tochtergemeinde (filial) Grafelde genannt.4 Der zurückgekehrte Hzg. Heinrich suchte sein Fsm. seit 1547 zu rekatholisieren. Sein Sohn und Nachfolger Hzg. Julius jedoch, der 1568 die Regierung übernahm, führte erneut die Lehre Luthers ein, ließ die Gemeinden wiederum visitieren und verkündete 1569 die später sogenannte Calenberger Kirchenordnung.5 Der Geistliche von Adenstedt und Grafelde hieß 1568 Bußmannus Lentzge (amt. bis 1602 oder länger), die Visitatoren beurteilten seine theologischen Kenntnisse als vertretbar (tollerabilis) und vermerkten, dass er den Gottesdienst im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nicht nach kath. Ritus feiere (non celebravit).6
Wann die Schule gegründet wurde, ist unbekannt. Das ältere Schulhaus wurde 1740 errichtet. Wegen Baufälligkeit erfolgte 1855–57 ein Neubau der ersten Schule und des Küsterhauses (1881/82 Bau des zweiten Schulhauses und Anstellung eines zweiten Lehrers).
In der NS-Zeit war Lic. Rudolf Georg Ewald Vogel P. in Adenstedt (ab November 1933). Als erklärter Gegner des Nationalsozialismus war er zuvor auf Veranlassung der NSDAP als Gaujugendpfarrer von Südhannover abgesetzt worden. Vogel war Mitglied der BK.
Seit 1866 war Adenstedt mit Sellenstedt pfarramtlich verbunden. Zum 1. Oktober 1999 wurde die Verbindung um die Martins-KG Wrisbergholzen erweitert.7 Eine KapG bestand in Grafelde. Sie wurde mit dem 1. Januar 2008 aufgehoben und ihre Gemeindeglieder in die KG Sellenstedt eingegliedert.8 Unter dem gleichen Datum wurden die KG Adenstedt, Sellenstedt und Wrisbergholzen zur Ev.-luth. Martin-Luther-KG Adenstedt-Wrisbergholzen in Adenstedt zusammengelegt.9

Umfang

Die Dörfer Adenstedt und Grafelde (KapG).

Aufsichtsbezirk

Adenstedt war Sitz eines Archidiakonats der Diözese Hildesheim, das wohl im 16. Jh. im Archidiakonat Alfeld aufging.10 – Bei der Neuorganisation der kirchlichen Aufsichtsbezirke kam Adenstedt 1542 zur Suptur. Alfeld, 1569 Suptur. (Insp.) Lamspringe/Groß Freden der Generaldiözese Alfeld, später wieder zur Insp. Alfeld. 1829/30 bestand kurzzeitig eine Insp. Wrisbergholzen, die dann wieder in die Insp. Alfeld eingegliedert wurde. 1869 kam Adenstedt an die neu errichtete (aber zunächst weiter von Alfeld aus versehene) Insp. Breinum, deren Sitz ab 1872 Wrisbergholzen, ab 1927 Sehlem war. Ab 1936 wurde der KK Wrisbergholzen/Sehlem von Alfeld aus mitversehen. Mit der Aufhebung des KK zum 1. April 1941 wurde Adenstedt wieder in den KK Alfeld eingegliedert. Durch Zusammenschluss mit dem KK Hildesheimer Land seit 1. Januar 2011 zum KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld.

Patronat

Der Archidiakon von Adenstedt im Domkapitel zu Hildesheim, ab 1523 der Hzg. von Braunschweig als Landesherr, nach Rückkehr unter stiftshildesheimische Herrschaft (1643) wieder der Archidiakon, 1803 endgültig der Landesherr (bis 1871, ab 1866 für Sellenstedt).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, 1929

Kirche, Grundriss, 1929

1736–38 wurde das mittelalterliche KGb wegen Baufälligkeit abgebrochen und unter der Leitung des Maurermeisters Wendt (Brüggen) durch einen verputzten Bruchsteinsaal mit gequaderten Ecken und dreiseitigem Chorschluss ersetzt. Als Baumaterial dienten weißer Bruchstein der Adenstedter Feldmark und Goslarer Schiefer. Im Innern ein hölzernes Tonnengewölbe mit drei Bildfeldern (Berufung des Paulus, Trinität und Auferstehung) von unbekanntem Meister (Anfang 18. Jh.). Hölzerne Empore mit Szenen aus dem Leben Christi und Abrahams Opfer. Renovierung 2003.

Turm

Mittelalterlicher Westturm, 1617 erneuert und 1649 mit einem neuen achtseitigen Turmhelm versehen.

Ausstattung

Großer barocker Kanzelaltar (1736/38, nach Aye: 1779), J. H. Fahrenholz (Bockenem) zugeschrieben. Beiderseits der Kanzel zwei Heiligenfiguren; an der Front der Mensa ein Ölgemälde mit Geburt Christi, auf der Predella das heilige Abendmahl und an der Kanzel eine geschnitzte Kreuzigung. Oberhalb des Schalldeckels ein Ölgemälde der Grablegung Christi, als Bekrönung Christi mit der Siegesfahne, begleitet von Engeln mit den Marterwerkzeugen. – Eichenholztaufe (18. Jh., nach anderen Angaben Mitte 19. Jh.), ursprünglich vielleicht ein Altarschrankenpfosten des Kanzelaltars. – Grabplatten für P. Bartholomäus Bergmann († 1578) und den Amtmann Johan Freidenhammer († 1617).

Kirche, Blick zur Orgel

Kirche, Blick zur Orgel

Orgel

1759 Neubau durch Johann Daniel Hagen (Elze), 19 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1894 Neubau durch P. Furtwängler & Hammer (Hannover) hinter dem denkmalgeschützten Prospekt von 1759, 18 II/P, mechanische Traktur, Kegelladen.

Geläut

Zwei LG, I: dis’ (Bronze, Gj. 1610, Joachim Schrader, Hannover11); II: fis’ (Bronze, Gj. 1938, Schilling, Apolda). – Eine SG cis’’’ (Bronze, Gj. 1723). – Früherer Bestand: Eine kleinere Glocke (Bronze, Gj. 1663, Andreas Ulrichs, Apolda), 1938 eingeschmolzen.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus, zweigeschossiges Fachwerkhaus (Bj. 1695). – Gemeindehaus (Bj. 1974). – Das Pfarrwitwenhaus wurde 1876 verkauft.

Friedhof

Am Ortsrand an der Straße nach Woltershausen, 1867/68 angelegt. Teilweise Eigentum der Kommune, insgesamt aber in Trägerschaft der KG.12

Liste der Pastoren (bis 1955)

1542–1544 Klaus Goldebeck. – 1568–1602 oder später Bußmann Lenthe (Lentzge, Lentcke). – 1610–1642 Johann Wedemeyer. – 1637–1659 Bartholomäus Bergmann (Bargmann). – 1658 Zacharias Clären. – 1659–1698 Jakob Schütten. – 1699–1754 Christian Ludwig Henneberg. – 1754–1761 Anton Levin Henneberg. – 1762–1798 Wilhelm Johann Steinborn. – 1798–1809 Johann August Baumeister. – 1809–1840 Johann Julius Karl Bartels. – 1841–1846 Karl Julius Bartels. – 1847–1862 Ernst Heinrich Ristenpart. – 1864–1865 Georg Paul Heinrich Strauß. – 1866–1877 Friedrich Wilhelm Knoke. – 1877–1906 Georg Philipp Daniel Hellmuth. – 1902–1903 Heinrich Friedrich Karl Grahle. – 1907–1913 Dietrich Karl Wilhelm Gottfried Wentz. – 1914–1931 Otto Heinrich Ernst Lücke. – 1933–1955 Lic. Rudolf Georg Ewald Vogel.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 6

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 55–70 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 820 u. 941 (Spec. Landeskons.); A 6 Nr. 60–69 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 9Digitalisat, 10Digitalisat, 11Digitalisat, 12Digitalisat, 13Digitalisat (Visitationen); D 43 (EphA Alfeld); S 1 H III Nr. 311 (Kirchenkampfdokumentation).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1659
Trauungen: ab 1659
Begräbnisse: ab 1659

Literatur & Links

A: Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 54, Nr. 2; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 11–17; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 111; Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 476–482; Pape, Schaper, S. 183 f.
Internet: Familienkunde Niedersachsen: Pastorenliste (.pdf); Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche, Altar, Glocke von 1663, Pfarrhaus


Fußnoten

  1. Machens, Archidiakonate, S. 35.
  2. UB HS Hildesheim I, Nr. 228.
  3. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  4. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 220.
  5. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 5 und 83 ff.; Butt, Herrschaft, S. 58 ff.
  6. Spanuth, Quellen, S. 277.
  7. KABl. 1999, S. 216.
  8. KABl. 2008, S. 11.
  9. KABl. 2008, S. 11.
  10. Machens, Archidiakonate, S. 110.
  11. Drömann, Glocken Lkr. Hildesheim, S. 76.
  12. LkAH, L 5h, unverz., Adenstedt, Visitation 1982.