Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Dionysius1 | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Adensen liegt auf einer Anhöhe oberhalb der Haller an der Alten Heerstraße von Hameln nach Hildesheim. Aus den Dörfern Adensen, Bodensen und Pussensen bildete sich im 10. Jh. die Herrschaft Adenoys heraus (seit etwa 1120 belegt). Thidericus von Adenoys war Mitstifter des Klosters Loccum, starb aber noch vor dessen Fertigstellung. Bodensen und Pussensen fielen im 12./14. Jh. wüst, nachdem die ursprünglich freien Höfe in Lehnsland überführt worden waren. An ihre Stelle traten große Meierhöfe in Adensen und bei der Hallerburg. In Adensen (seit 1974 Gemeindeteil der politischen Gemeinde Nordstemmen) befand sich das Stammgut der Edelherren von Adenoys, die es vor Mitte des 13. Jh. aufgaben und verpachteten. Das Geschlecht blieb aber bis zu seinem Erlöschen (1322) im Besitz der Herrschaft. Seine Erben waren die Gf. von Hallermund. Mit dem Verkauf der Herrschaft durch Gf. Wilbrand von Hallermund, Bf. von Minden, an Hzg. Bernhard von Braunschweig und Lüneburg (Dezember 1411) fiel die Landesherrschaft an die Welfen.
Das Dionysius-Patrozinium weist auf eine Entstehung der Kirche in fränkischer Zeit hin. Vor der Erhebung zur selbständigen Pfarrkirche war sie Filial der mater Jeinsen, von der sie wohl noch vor 1000 im Zuge der Herausbildung der Herrschaft Adenoys gelöst wurde. Anfang des 13. Jh. ließen die Gutsherren nahe dem castrum den Wedemhof (Pfarrhaus) und ein Haus für den Opfermann/Küster errichten. Der Wedemhof wird 1361 durch die Brüder Diedrich und Ernst von Wülfingen (Vasallen der Gf. von Hallermund) vom Fleischzehnten befreit.2 1368 schenkten Barthold und Ulrich von Ilten der Kirche in Adensen einen Kothof (Ersterwähnung der Kirche).3 1386 bestätigten Gf. Otto V. von Hallermund und seine Söhne Otto und Wulbrand der Kirche in Adensen den Besitz einer halben Hufe Landes in der Adenser Feldmark und einer halben Holzgerechtsame im Adenser Berge.4 Insgesamt gehörten zur Ausstattung der Pfarre in vorref. Zeit etwa zwölf Hufen, aus denen zwei Pfarrhalbmeierhöfe gebildet wurden, die nach der Reformation von der Pfarre gelöst werden. Seither war nur noch ein verkleinerter Pfarrhof vorhanden, doch erwarb die Pfarre später zusätzlich noch kleinere Pfarrköthnereien.
Als vorref. Geistliche sind belegt: dominus Henricus (plebanus, 1250)5; Thidericus (plebanus, 1320)6; Johannes (1361/69)7; Henricus de Herbergen (1370/76 Propst zu Wülfinghausen, bis 1383 Pfarrer in Adensen), danach durch Tausch der Pfarrstelle Johann Becker (vorher Pfarrer in Wöhle); Enoch (um 1400); Burkhard (kercher to Adensen, 1460 als verstorben genannt)8; Bartold Kempe (verus plebanus, kercher to Adensen, 1467/72, ab 1483/84 Propst in Wülfinghausen, 1499 auch Kanoniker des Maria-Magdalenen-Stifts in Hildesheim, † 1511)9; Diderk Holle (inschriftlich belegt 1494)10; Dietrich Hesse (parner tho Adensen, 1507)11; Heinrich Kempe (1510/43 Pfarrer in Adensen, 1521 Propst zu Wülfinghausen). Vizepleban unter Bartold Kempe war Cord Kulde (Testament von 146712). In einem Exekutionsvermerk auf einer Urkunde von 1521 wird der Vizepleban Heiso Hoer erwähnt.13
Die Reformation wurde im Fsm. Calenberg durch Hzgn. Elisabeth eingeführt und mit der Visitation durch Antonius Corvinus 1542/43 durchgesetzt. Als erster luth. P. wird der 1543 im Visitationsprotokoll genannte Henricus Sander geführt.14 Bis zur Reformation bestand in Adensen eine Laienbruderschaft „Unser Lieben Frauen“, deren Vorsteher die Gemeindevertreter waren. Ihr Grundvermögen fiel mit der Reformation an die Kirche.
Das Pfarrhaus wurde 1636 von kaiserlichen Truppen niedergebrannt. 1650 wurde die Schule errichtet. Unterricht durch den Küster fand aber wohl schon vorher statt. Aus zwei im Dreißigjährigen Krieg wüst gewordenen Pfarrköthnereien wurde 1717 das Pfarrwittum gebildet. Es wurde 1892 verkauft und der Garten als Bauplatz für die neue Schule benutzt.
Ab 1918 war die Pfarrstelle vakant. Zum 1. Oktober 1924 wurde die KG Adensen mit der KG Wülfingen verbunden.15 Der Zuzug von Ostflüchtlingen führte nach dem Krieg wieder zu einem Anwachsen der Gemeindegliederzahlen. Mit dem 1. Juli 2010 wurde die pfarramtliche Verbindung mit Wülfingen aufgehoben. Die gemeinsame Pfarrstelle ging auf die KG Adensen über.16 Seit Januar 2013 ist die Gemeinde pfarramtlich mit der Dreikirchengemeinde in Nordstemmen verbunden.
Umfang
Das Ksp. deckte sich mit der Herrschaft Adenoys und umfasst nach dem Wüstfallen von Bodensen und Pussensen nur noch die Dörfer Adensen (1823: mit der Rosemühle) und Hallerburg.
Aufsichtsbezirk
Archidiakonat Pattensen der Diözese Minden. – Adensen war ab 1542 zunächst der Landes-Suptur. für das Fsm. Göttingen unterstellt und kam 1589 zur neu errichteten Insp. (1924: KK) Jeinsen. Mit der Auflösung des KK Jeinsen zum 1. Oktober 1926 wurde es in den KK Pattensen (an der Leine) umgegliedert (1. Januar 1972 in KK Laatzen-Pattensen umbenannt), 1. Januar 2001 aus dem KK Laatzen-Pattensen in den KK Elze-Coppenbrügge17. Mit der Vereinigung der KK Bockenem-Hoheneggelsen und Elze-Coppenbrügge am 1. Januar 2005 zum KK Hildesheimer Land18, 1. Januar 2011 KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze.
Patronat
Ursprünglich die Herren von Adenoys als Gründer der Pfarrkirche. Nach deren Erlöschen im Mannesstamm (1322) fiel das Patronat durch Einheirat an die Gf. von Hallermund, die es 1381 im Tausch gegen das Patronatsrecht über die Kirche in Nettelreder dem Kloster Wülfinghausen übertrugen.19 1385 schenkten Gf. Otto von Hallermund und seine Söhne Otto und Wulbrand dem Kloster die vakante Pfarrkirche zu Adensen samt dem Patronatsrecht20. 1386 wird die Kirche durch den Mindener Bf. Otto dem Kloster inkorporiert.21 1412 beauftragte Papst Johannes XXIII. den Archidiakon zu Hildesheim, die Kirche in Adensen, deren Inkorporation durch Bullen Papst Bonifatius IX. (1401) und Urbans VI. kassiert worden war, erneut zu inkorporieren.22 Seither waren die Pröpste des Klosters Wülfinghausen zugleich Pfarr- und Kirchherren in Adensen. Das Präsentationsrecht wurde auch nach der Reformation durch die Äbtissin des Klosters, später durch die Klosterkammer, ausgeübt. 1889 wurden für die fünf calenbergischen Frauenklöster bei ortsfremden Kirchen die mit dem Patronat verbundenen Rechte, insbesondere das Präsentationsrecht, auf die Kirchenbehörde übertragen. Für die Dauer der Verbindung mit Wülfingen wurde die Pfarrstellenbesetzung abwechselnd durch das LKA und die Gesamtfamilie Bock von Wülfingen als Inhaber des Patronatsrechts über die Kirche in Wülfingen wahrgenommen.23
Kirchenbau
Ursprünglich einschiffiger romanischer Bruchsteinbau zu drei Jochen aus der ersten Hälfte des 13. Jh. 1484 wurde die nördliche Seitenwand der romanischen Kirche abgetragen und ein zweites Schiff angebaut, das 1494 gotisch eingewölbt wurde. Um 1503 wurden die beiden Schiffe durch einen stumpf gebrochenen, dreiseitigen Chor geschlossen. Gotische Sakristei an der Südseite des Chors (15. Jh.). Im Innern führte der Hildesheimer Landbaumeister Eduard Wellenkamp 1852/53 eine umfassende Renovierung durch und ließ u. a. Altar, Emporen (1958 wieder entfernt) und Gestühl erneuern. Im westlichen Mittelschiffsgewölbe über der Orgel sind mittelalterliche Wandmalereien erhalten (1987 freigelegt und restauriert).
Fenster
Auferstehungsfenster, nach dem Zweiten Weltkrieg durch Angehörige eines in der Schlacht um Stalingrad gefallenen Gemeindeglieds gestiftet.
Turm
Gedrungener quadratische Westturm aus Bruchsteinmauerwerk, im unteren Teil vermutlich noch aus dem 13. Jh., oben aus dem 14. Jh. Ins Achteck überführter verschieferter Helm.
Ausstattung
Kanzelaltar, Orgelprospekt und Bänke 1852 neugotisch nach Entwurf des Architekten Eduard Wellenkamp (Hannover) gestaltet. Die Kanzelfiguren stammen von dem hannoverschen Bildhauer Georg Hurtzig. – Achteckige Sandsteintaufe (1607), aus der gleichen Werkstatt wie die Taufsteine von Möllensen, Sibbesse und Eberholzen.24 – In der Sakristei zwei Ölbilder des ehemaligen Altars: Abendmahl (1621) und Austeilung des Abendmahls in einer Kirche (ehemalige Predella) von Anfang des 17. Jh.; Kreuzigungsbild Anfang 18. Jh. – Kruzifix (13. Jh.). – Epitaph für Christoffer Warendorf und Frau (1697). – In der Turmhalle drei Gedenktafeln für den Friedensschluss von 1814, die Gefallenen der Schlacht bei Waterloo sowie die Gefallenen von Langensalza (1866) und Mars la Tour (1870). – Außen an der Kirche u. a. Grabstein für P. Arnold Elvers († 1688).
Orgel
1706 setzte sich die Gemeinde für den Bau einer Orgel ein.25 Wann und durch wen die Umsetzung erfolgte, ist unsicher, jedenfalls wurde eine frühere Orgel 1732 nach Heisede verkauft (dort nicht mehr vorhanden). Angaben über den Neubau liegen nicht vor. 1850 wurde das vorhandene Instrument an P. Furtwängler (Elze) verkauft, mit der Maßgabe, sie bei dem an ihn erteilten Auftrag zum Neubau nicht zu verwenden. Das neue Werk (II/P), mit mechanischen Schleifladen von Furtwängler (1852); Prospekt von Eduard Wellenkamp (Hannover). 1887 nach Blitzschlag durch Friedrich Becker (Hannover) repariert. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen (1919 durch Zinkpfeifen ersetzt). 1952 Überholung und klangliche Umgestaltung durch Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen). War seit 1968/69 wegen Heizungsschäden nur noch eingeschränkt spielbar. 1986–88 grundlegende Sanierung durch Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen); 17 (19) II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Wiedereinweihung 17. April 1988.
Geläut
Zwei LG, I: f’; II: as’ (beide Bronze, Gj. 1977, Glockengießerei Heidelberg). – Eine SG c’’’ (Eisen, Gj. 1948, J. F. Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Die Kirche verfügte früher über ein dreiteiliges Bronzegeläut. Die beiden größeren Bronzeglocken, ursprünglich wohl aus dem 13. Jh., wurden im 17. Jh. umgegossen und 1917 eingeschmolzen; eine dritte Bronzeglocke (Gj. 1875, J. H. Bartels, Hildesheim) wurde im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. 1920 beschaffte die KG als Ersatz für den Verlust des Ersten Weltkriegs zwei Eisenglocken in cis’ und e’ (Firma Ulrich & Weule, Apolda/Bockenem), die wegen starker Korrosionsschäden 1977 stillgelegt und ausgetauscht wurden.
Friedhof
Eigentum der KG. Der Begräbnisplatz an der Kirche wurde 1890 durch den neuen Friedhof abgelöst, der im Hainsfeld am Ortsrand von Adensen auf einem der Pfarre gehörenden Acker angelegt wurde.
Liste der Pastoren (bis 1918)
Um 1543 Henricus Sander. – 1553–1559 Johann Asterius. – 1559–1570 Jürgen Berthold Cord Crome. – 1570–1614 Dr. Woltherus Langius (Walter Lange). – 1619–1626 Magister Heinricus Dreveler (Drevelius). – 1627–1668 Arnoldus Elverus. – 1668–1700 Joachim Rodemeyer. – 1701–1746 Johann Christoph Palm. – 1746–1781 Ernst Georg Friedrich Palm. – 1782 Johann Friedrich Ludwig Schnobel. – 1783–1806 Gerhard Christian Ludwig Unruh. – 1806–1815 Diedrich Wilhelm Christoph Deneke. – 1815–1824 Karl Christian Ludwig Lauenstein. – 1825–1832 Ludwig Christoph Ernst Karl Daldenius. – 1833–1868 Georg Karl Christian Holscher. – 1868–1882 Albert August Julius Eberhard Wendebourg. – 1883–1890 Friedrich Wilhelm August Ferdinand Paul Jacobshagen. – 1890–1918 Franz Wilhelm Stratmann.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 4, ebd. III, S. 7
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 19–54 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 551 (Spec. Landeskonsis.); A 6 Nr. 37–45 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 5, 6, 7, 8 (Visitationen); D 13 (EphA Laatzen-Pattensen).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1668
Trauungen: ab 1644
Begräbnisse: ab 1644)
Kommunikanten: ab 1740
Konfirmationen: ab 1752 (Lücken: 1869–1875)
Literatur
A: Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 210; Jürgens u. a., KD Kr. Springe, S. 1–6; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 110; Holscher, Bisthum Minden, S. 199; Jäger, Orgeln, S. 1–7; Mithoff, Kunstdenkmale I, S. 5 f.
B: Klaus Michael Gäbler: Kirchengemeinde Adensen, in: in: 450 Jahre Reformation im Calenberger Land, [Laatzen 1992], S. 119–121; Achim Gercke: Die Sankt-Dionysius-Kirche in Adensen, [Adensen] 1950; Achim Gercke: Adensen und Hallerburg. Die Geschichte der Herrschaft Adenoys im Calenberger Lande, Nordstemmen 1985; A. Kreipe: Adensen-Hallerburg. Dorfgeschichte aus dem Lande zwischen Deister und Leine, Hildesheim 1927.
Website der Kirchengemeinde (18.12.2018)
Fußnoten
- Die Angabe, die Kirche sei ursprünglich eine Marienkirche gewesen (Meyer, Pastoren III, S. 7), ist wohl irrig, vgl. Gercke, Adensen und Hallerburg, S. 119.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen I, Nr. 251.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen I, Nr. 278.
- Cal. UB VIII, Wülfinghausen, Nr. 151.
- Cal. UB VII, Wennigsen, Nr. 25.
- UB HS Hildesheim IV, Nr. 530.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen I, Nr. 251, 279.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 536.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 570, 676 u. a.
- Holscher, Bisthum Minden, S. 200.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 670.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 569 f.
- Cal. UB XI, Wülfinghausen II, Nr. 705.
- Kayser, Kirchenvisitationen, S. 438.
- KABl. 1924, S. 70.
- KABl. 2010, S. 80.
- KABl. 2000, S. 141 f.
- KABl. 2005, S. 5–7.
- Cal. UB VIII, Wülfinghausen, Nr. 140.
- Cal. UB VIII, Wülfinghausen, Nr. 147.
- Cal. UB VIII, Wülfinghausen, Nr. 150.
- Cal. UB VIII, Wülfinghausen, Nr. 165; Schwarz, Papsturkunden, Nr. 1380.
- LKA, G 15/Adensen.
- Mathies, Taufbecken, S. 111.
- LkAH, D 13 Nr. 572.