Sprengel Hannover, KK Neustadt-Wunstorf | Patrozinium: Corvinus | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Richtfest, um 1966, Posaunenchor

Kirche, Richtfest, um 1966, Posaunenchor

Die Neubaugebiete im Osten der Stadt Wunstorf, nach Süden und Westen begrenzt durch die Bahnlinie Wunstorf–Bremen, entstanden überwiegend zwischen 1945 und 1960.1 Zum 1. Januar 1963 gründete sich hier die „Ev.-luth. Corvinus-KG Wunstorf“; von ihrer Muttergemeinde, der Wunstorfer Stiftskirchengemeinde, übernahm sie eine Pfarrstelle.2 Erster Pastor der neuen Gemeinde war P. Albrecht Walsemann (amt. 1961–1985). Gut ein Jahr später, zum 1. April 1964, vergrößerte sich die Gemeinde um die beiden Orte Liethe und Blumenau.3
Die Planungen für den Kirchenbau hatten bereits 1961 begonnen, aber bei Gründung der Gemeinde 1963 existierten noch keine eigenen Räumlichkeiten. Zum Gottesdienst hatte sich die zukünftige Gemeinde seit November 1961 in der Kreisberufsschule versammelt, seit Februar 1964 in der Oststadtschule und seit April 1965 im kleinen Gemeindesaal des Pfarrhauses.4 Zum Reformationsfest 1965 wurde der Grundstein der Kirche gelegt und am 17. Juni 1967 konnte die Corvinusgemeinde schließlich den ersten Gottesdienst in ihrer Kirche feiern. Die Corvinuskirche diente gleichzeitig auch als Garnisonkirche (Militärflugplatz Wunstorf). Im Jahr 1970 eröffnete die KG einen ev. Kindergarten neben der Kirche (Corvinus Kindertagesstätte, seit 2011 in Trägerschaft des KK Neustadt-Wunstorf). Ende der 1960er Jahre fand sich in der Gemeinde ein Arbeitsteam „Demokratische Kirche“ zusammen.

Kirche, Richtfest, um 1966

Kirche, Richtfest, um 1966

Nach der zweiten Visitation der Corvinusgemeinde im Jahr 1976 hielt Sup. Friedhelm Gerhard des KK Wunstorf fest, die gut besuchten Gottesdienste stünden hier im Mittelpunkt der kirchengemeindlichen Arbeit. Dadurch sei es in den letzten Jahren gelungen, „inmitten einer traditionslosen Bevölkerung eine Kerngemeinde zu bilden“.5
Gemeinsam mit elf weiteren Gemeinden des KK Neustadt-Wunstorf errichtete die Corvinus-KG 2008 die Stiftung „Zukunft mit Kirche“. Sie soll Jugendarbeit, Kirchenmusik und Diakonie in den zwölf Gemeinden unterstützen (Corvinus, St. Johannes und Stift sowie Bokeloh, Dedensen, Gümmer, Idensen, Kolenfeld, Luthe, Mesmerode, Munzel-Landringhausen und Schloß Ricklingen). Zum 1. Juni 2019 gründete die Corvinusgemeinde zusammen mit der KG Bokeloh und den beiden Wunstorfer Stadtgemeinden Stift und St. Johannes den „Ev.-luth. Kirchengemeindeverband Bokeloh und Wunstorf“. Die vier Gemeinden, die schon seit 2008 den gemeinsamen Gemeindebrief „Regenbogen“ herausgeben, formalisierten damit ihre inhaltliche und personelle Zusammenarbeit.6

Umfang

Der Osten der Kernstadt Wunstorf, im Westen und Süden begrenzt durch die Bahnlinie Wunstorf–Bremen, sowie seit 1964 die Wunstorfer Ortsteile Blumenau und Liethe (vorher Stifts-KG Wunstorf).

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1963 zum KK Wunstorf. Seit 2001 KK Neustadt-Wunstorf.7

Kirchenbau
Kirche, Richtfest, um 1966

Kirche, Richtfest, um 1966

Zeltartiger Bau mit hohem Kupferdach, niedrigen Seitenwänden flachem Vorbau im Westen, errichtet 1965–67 (Architekten: Hildegard und Jürgen Olbeter, Hannover). Stahlbetongerüstbau mit Klinkerausfachung; östlicher Altarraum nach Süden verbreitert, nördliche Dachfläche dort entsprechend höher gezogen, südliche Dachfläche daher zweigeteilt, Giebelstreifen dazwischen als Fensterband; Giebelseiten vertikal leicht geknickt, westliche Giebelwand als Fensterfläche gestaltet; an der nördlichen Längsseite flaches, horizontales Fensterband unterhalb der Trauflinie, an der südlichen Längsseite bodentiefe Fensterflächen zwischen den Stahlbetonträgern. Im Innern offener Dachstuhl, holzverschalte Deckenflächen und sichtbare Betonbinder, von „unten nach oben sich fächerartig aus den Stützen gabelnd“8; Wände verklinkert.

Fenster

Westliche Giebelseite gestaltet als rautenförmig strukturiertes, farbiges Betonglasfenster (1967, Hans-Jürgen Breuste, Hannover).

Turm

Westlich vor der Kirche niedriger Glockenträger, erbaut 1990/91. Betongerüst mit nach Südosten hin ansteigendem Pultdach und rückversetzter, holzverschalter Glockenstube.9

Ausstattung

Schlichter Tischaltar aus Eichenholz. – Hängendes Altarkreuz (Hans-Jürgen Breuste, Hannover). – Schlichter Predigttisch aus Eichenholz (anstatt Kanzel). – Hölzerner Taufständer. – Inschriftentafel: „Einen anderen Grund kann niemand legen ausser dem der gelegt ist welcher ist Jesus Christus. 1. Korinther 3. Grundsteinlegung Reformationsfest 1965. Alle 50 Jahre öffnen und Urkunden ergänzen.“ – Taufwand im Vorraum mit hölzernem Lebensbaum (Ostap Rebmann, Wunstorf).

Orgel

Aufgestellt in Südostecke des Altarraums, erbaut 1970 von Firma Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Vier LG, I: eʼ, Nachtglocke, Inschrift: „Herr, daß ich wieder sehen möge!“ (Lk 18,41), Bild: kleines Licht; II: aʼ, Mittagsglocke, Inschrift: „Ich danke dir, Herr, daß du mich demütigst und hilfst mir“ (Ps 118,21), Bild: strahlende Sonne; III: hʼ. Morgenglocke, Inschrift: „Rede, Herr, Dein Knecht hört“ (1 Sam 3,9), Bild: aufgehende Sonne; IV: cisʼʼ, Taufglocke, Inschrift: „Ich glaube, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist“ (Apg 8,37), Bild: Symbol Taufwasser und Feuer des Heiligen Geistes (alle Bronze, Gj. 1967, Firma Rincker, Sinn).10

Friedhof

Kirchlicher Friedhof im Norden Wunstorfs, in Trägerschaft der Stiftskirchengemeinde.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1965). – Kindergarten (Bj. 1970). – Gemeindehaus (Bj. 1991).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5a Nr. 1466, 1469 (LSuptur. Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 09 rep Nr. 2336 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: Gemeindebuch KK Wunstorf, S. 7–13; Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf, S. 30.

B: Klaus Fesche: Geschichte Wunstorfs. Die Stadt, der Flecken und die Dörfer, Springe 2010; Armin Mandel: Das Wunstorf Buch. Aus der Geschichte einer Stadt und ihrer Landschaft (= Wunstorfer Geschichte 13), Hannover 1990; Albrecht Walsemann (Hg.): Festschrift zum 1. Gottesdienst in der Evangelisch-Lutherischen Corvinuskirche in Wunstorf am 17. Juni 1967, Langen 1967.


Fußnoten

  1. Kartografische Übersicht zur Stadtentwicklung bei Mandel, S. 405.
  2. KABl. 1963, S. 7.
  3. KABl. 1964, S. 60.
  4. Walsemann, S. 20.
  5. LkAH, L 5d, unverz., Wunstorf, Corvinus, Visitation 1976.
  6. KABl. 2019, S. 54 ff. Schon 2008/09 hatten die vier Gemeinden über eine mögliche Fusion verhandelt.
  7. KABl. 2001, S. 140 f.
  8. Walsemann, S. 11.
  9. Ursprünglich war ein Turm mit hohem, nadelartigem Turmhelm geplant, vgl. das bei Walsemann, S. 2, abgebildete Modell. Mitte der 1980er Jahre plante die Gemeinde zusammen mit der Post einen kombinierten Glocken- und Fernmeldeturm; das Projekt wurde jedoch nicht verwirklicht.
  10. Ursprünglich waren zwei weitere Glocken geplant: gisʼ, Abendglocke und cisʼ Ewigkeitsglocke, vgl. Walsemann, S. 7 f.