Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Johannes Evangelist (spätestens seit 1966)1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das Rundlingsdorf erstmals 1296/97 als Szesenze nachgewiesen.2 Der Ort lag im Gebiet des Amtes Lüchow (vormals Gft. Lüchow, 1320 an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg gekommen), das zum welfischen Teilfsm. Lüneburg gehörte, seit 1591 zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)3, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). In französischer Zeit war Zeetze von 1810 bis 1813 Teil des Kgr. Westphalen (Kanton Clenze im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 im Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach gehörte Zeetze, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Lüchow, kam 1852 zum kurzlebigen Amt Clenze zu Lüchow, das 1859 wieder im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Zeetze 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1929 schlossen sich Zeetze, Zargleben und Mammoißel zur Gemeinde Zeetze zusammen, die 1972 nach Luckau eingemeindet wurde. Zur Sozialstruktur schrieb der Ortspfarrer 1963: „Das Kirchspiel Bülitz-Zeetze hat einen rein landwirtschaftlichen Charakter. Die Gemeindeglieder bestehen zum größten Teil aus Bauern, Landwirten, Pächtern und Landarbeitern.“4 Um 1813 lebten gut 65 Menschen in Zeetze und 2004 gut 40.
Die Zeetzer Kirche ist vermutlich im frühen 14. Jh. errichtet worden.5 Sie gehörte anscheinend als Kapellengemeinde zum Kirchspiel Clenze. 1325/26 kaufte das Kloster Diesdorf dem Clenzer Pleban Ludolphus und seinen Nachfolgern ihre Rechte an den Kirchen oder Kapellen in Bülitz und Zeetze ab (ecclesiarum seu capellarum in Buliz et in Czet).6 Möglicherweise besaß das Kloster zuvor bereits gewisse Rechte an den Kapellen, da es vielleicht Träger der Missionierung dieses Gebietes gewesen war.7 Beide Kapellengemeinden erhielten in der Folgezeit den Rang eines eigenständigen Kirchspiels, waren jedoch anscheinend stets als mater combinata unter dem Pfarramt Bülitz verbunden. Zum Kirchspiel Zeetze zählen auch die Dörfer Groß Sachau und Klein Sachau, Mammoißel, Püggen und Zargleben. Im Jahr 1415 ist here Johan brunes, kerkhere to bulitze urkundlich nachgewiesen, im Jahr 1451 her Johan Werckmester, kerckherr to Büliz.8
Seit 1527 betrieb Hzg. Ernst I. († 1546), später der Bekenner genannt, die Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es abgelehnt hatten, als Leitfaden.9 Im Lüneburger Pfründenregister von 1534 sowie in den Protokollen der Kirchenvisitationen 1543 und 1568 ist Zeetze nicht eigens erwähnt.10 Als erster luth. Prediger der Gemeinde ist vermutlich der 1534 für Bülitz genannte Her Jochim Vale anzusehen.11
Auf Initiative von P. Karl Friedrich Johannes Reinecke (amt. 1889–1911) gründete sich 1894 in der Schule von Zeetze der Posaunenchor Zeetze-Bülitz.
Während der NS-Zeit war die Pfarrstelle Bülitz-Zeetze zunächst vakant und wurde zeitweise von P. coll. Dietrich Wulff (amt. 1935–1936) versehen. Die Vakanz endete mit der Amtsübernahme von P. Diedrich Freese (amt. 1936–1951). Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ schrieb P. Freese, P. coll. Wulff sei Mitglied der NSDAP und der DC gewesen, er selbst habe der Partei nicht angehört und sei 1934 der Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft beigetreten.12 Weiter vermerkte er: „Der 1933 gewählte Kirchenvorstand bestand aus 8 Kirchenvorstehern, die alle als DC gewählt wurden. 2 Kirchenvorsteher legten nach 1937 ihr Amt nieder, die übrigen haben sich in kirchlichem Sinne gut bewährt.“13 Nach der Visitation 1939 resümierte der Lüchower Propst: „Die Gemeinde Bülitz-Zeetze ist eine der kirchlichsten, vielleicht die kirchlichste Gemeinde unseres Kirchenkreises. Es lebt in ihr die gute Hermannsburger Art gesunden lutherischen Christentums.“14
Die Zahl der Gemeindeglieder in Zeetze lag 1939 bei knapp 355, 1957 waren es etwa 450, „davon 140 Vertriebene und Flüchtlinge“.15 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpften die Gemeinden Bülitz und Zeetze Kontakte zur Kirchgemeinde Rabenau bei Dresden.16 Etwa seit den 1960er Jahren trägt die KG Zeetze den Namen „Ev.-luth. St.-Johannes-KG Zeetze“.17
Im Kontext der Visitation 1969 regte P. Oskar Krampitz (amt. 1952–1975) eine „Aktivierung der Zusammenarbeit mit den benachbarten Kirchengemeinden“ an; ihm schien „eine Zusammenlegung der Kirchengemeinden Bülitz-Zeetze und Clenze-Bussau zu einem Kirchspiel, das von einem Teamwork (Pastor, Jugenddiakon, Gemeindehelferin, Sekretärin) betreut werden müßte, sehr zweckmäßig und für die kirchliche Arbeit sehr erfolgversprechend“. Im KV stieß diese Idee auf Ablehnung. Der Lüchower Propst fasste zusammen: „Bei unseren Traditionsgemeinden wird das in dem augenblicklichen Zustand zur Entkirchlichung führen. […] Wenn die Kirche ihre Pastoren zurückzieht, fühlen sich die Gemeinden ganz abgeschrieben.“18 Die übergemeindliche Arbeit könne dennoch gestärkt werden.
Ab 1975 blieb die Pfarrstelle Bülitz-Zeetze vakant und wurde von Pn. Annelies Gast (amt. 1969–1992) aus Satemin mitversehen. 1979 verband das LKA Hannover die drei Gemeinden pfarramtlich und legte die Pfarrstellen Satemin und Bülitz-Zeetze zu einer zusammen (Pfarrsitz bis 1992 Satemin).19 In jeder der drei Gemeinden fand weiterhin ein sonntäglicher Gottesdienst statt (mit Unterstützung des Pfarramtes Plate).20 Die Zahl der Gemeindeglieder im Kirchspiel Zeetze lag 1988 bei gut 220.21 Die pfarramtliche Verbindung der drei Gemeinden bestand bis 2005; seither sind Bülitz und Zeetze pfarramtlich mit den KG Bussau und Clenze verbunden.22 Die gemeinsame Pfarrstelle ging 2017 auf das neue Kirchenkreispfarramt Lüchow-Dannenberg über.23 Seit 2024 gehören Zeetze und die übrigen KG des verbundenen Pfarramts als Ortskirchengemeinden zur „Ev.-luth. GKG West im KK Lüchow-Dannenberg“.24

Umfang

Zeetze sowie Groß Sachau und Klein Sachau, Mammoißel, Püggen und Zargleben.

Aufsichtsbezirk

Propstei Schnega der Diözese Verden.25 – Nach der Reformation Propstei bzw. Insp. Lüchow. 1829 zur neuen Insp. Bergen an der Dumme, nach deren Aufhebung 1869 wieder zur Insp. Lüchow.26 1924 KK Lüchow. 2006 KK Lüchow-Dannenberg.27

Patronat

Kloster Diesdorf. Wohl seit dem 17. Jh. der Landesherr (bis 1871).28

Kirchenbau

Rechteckiger Saalbau mit Eingangsvorbau nach Süden, errichtet im frühen 14. Jh. (Dendrodatierung: 1305).29 Satteldach, nach Osten abgewalmt; Anbau mit Querdach. Feldsteinmauerwerk, Anbau Fachwerk mit Ziegelausfachung. Rundbogige Fenster an den Längsseiten und nach Osten. Nach Süden segmentbogiges Portal, Eingangsvorbau mit Rechteckportal. Im Innern flache, ornamental bemalte Balkendecke (um 1500, Pflanzenornamente; 1955 rekonstruierend restauriert), in Längsrichtung Unterzug auf zwei Holzpfeilern; Westempore; Sakristeiverschlag im Nordosten. Um 1599 Dachstuhl erneuert (Dendrodatierung eines Mittelpfeilers). Um 1731 Empore und vermutlich Eingangsvorbau errichtet. 1955 Renovierung.

Turm

Vierseitiger Westturm mit überstehendem, quergestelltem Walmdach mit verzierten Knaggen und Ziegeldeckung. Feldsteinmauerwerk im Sockelgeschoss, obere Geschosse Backsteinmauerwerk. Im Glockengeschoss an jeder Seite zwei Spitzbogennischen mit je einer rundbogigen Schallöffnung. Rundbogenportal nach Süden. Mitte 15. Jh. Umbau, Backsteinturm auf älterem Sockel errichtet (Dendrodatierung Turmhelm: 1427). Um 1443 Glockenstuhl errichtet (Dendrodatierung).

Ausstattung

Gemauerter Blockaltar mit vorref. Sandsteinmensa (Weihekreuze) und Schnitzretabel (um 1500), rechteckiger Schrein mit farbig gefassten Figuren vor Goldgrund, im Mittelfeld Kreuzigungsgruppe, rechts und links je vier zweireihig angeordnete Apostelfiguren, u. a. Johannes der Täufer, Judas Thaddäus, Jakobus maior. – Leicht erhöhte Holzkanzel (um 1600), polygonaler Kanzelkorb, Säulchen vor den Ecken. – Hölzerner Taufständer, gestiftet von Dr. Becker (Mammoißel).30 – Taufengel (vielleicht Mitte 18. Jh.), in den ausgestreckten Armen Lorbeerkranz mit Taufschale; bis 1955 wurde der Taufengel genutzt und hing mittig in der Kirche, dann seitlich aufgehängt; seit 2010 wieder am alten Platz, Absenkmechanismus instandgesetzt und wieder in Benutzung genommen.31

Orgel

Harmonium. 1959 Kleinorgel erworben, erbaut von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 5 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, gis’ (Bronze, Gj. 1949, Firma Petit & Gebrüder Edelbrock, Gescher), Inschrift: „In schwerster Zeit voll Herzeleid zerbrach vor Schmerz Dein ehern’ Herz. In neuer Form erschalle hehr, in Frieden nur zu Gottes Ehr’!“. – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze, Gj. 1822), 1949 umgegossen zu jetziger LG.

Friedhof

Kirchlicher Friedhof bei der Kirche.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1568, 1572 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 603 (Spec. Landeskons.); D 79 (EphA Lüchow); S 09 rep Nr. 2322 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7315 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: 1794–1852
Trauungen: 1794–1852
Begräbnisse: 1794–1852
Kommunikanten: ab 1816
Taufen, Trauungen, Begräbnisse im Übrigen sowie Konfirmanden in den Kirchenbüchern von Bülitz.

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 8–12; Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 281–282, Nr. 99; Behn, Wendland, S. 188–189; Burkhardt-Liebig u. a., Fotografien, S. 136–141; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1428; Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 180; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 596–597; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 47; Manecke, Beschreibungen II, S. 120–121; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 289–290; Osten, Propstei Schnega, S. 41–43; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 146; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 204; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. A1,8; Wübbenhorst, Datierung, S. 109–112.

B: Horst W. Rakow: 1325. Buliz – Bülitz. Bauerndorf, Schulbezirk und Kirchspiel im hannoverschen Wendland (= Beiträge zur Geschichte und zur Beschreibung des Hannoverschen Wendlandes), Schnega 2019, bes. Kapitel „Bülitz. Kirchliche Traditionen. Das Doppelkirchspiel Bülitz-Zeetze“.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Kirchweg Prüggen–Zeetze.


Fußnoten

  1. Im Verzeichnis 1966 ist erstmals das Patrozinium Johannes Evangelist genannt. Siehe auch LKA, G 8/Zeetze, Bl. 19: „Da es sich offensichtlich nicht mehr feststellen läßt, wie es zur Benennung der Kirche bzw. Kirchengemeinde in Zeetze gekommen ist und der Name schon seit 1966 im amtlichen Gemeindeverzeichnis eingetragen ist, sollte davon ausgegangen werden, daß der auf St. Johannes lautende Name rechtskräftig erteilt worden ist.“ (1989). Ein mittelalterliches Patrozinium ist nicht bekannt, Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 272.
  2. MUB III, Nr. 2421 (§ 42). Zum Ortsnamen und für weitere Belege vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 204.
  3. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
  4. LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1963.
  5. Wübbenhorst, Datierung, S. 110.
  6. UB Verden II, Nr. 247; CDB A XXII 122, Nr. 68 [Digitalisat].
  7. Zum Folgenden: Osten, Propstei Schnega, S. 41 f.
  8. 1415: CDB A XXII 236, Nr. 246 [Digitalisat]. 1451: CDB A XVI 484, Nr. 134 [Digitalisat].
  9. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
  10. Salfeld, Pfründenregister, S. 88 ff.; Kayser, Kirchenvisitation, S. 537; Lange, General-Kirchenvisitation, S. 77.
  11. Salfeld, Pfründenregister, S. 89.
  12. LkAH, S 1 H III, Nr. 617, Bl. 5. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  13. LkAH, S 1 H III, Nr. 617, Bl. 5.
  14. LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1939.
  15. LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitationen 1939 und 1957.
  16. LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1963. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  17. Im Verzeichnis 1966 ist erstmals das Patrozinium Johannes Evangelist genannt. Siehe auch LKA, G 8/Zeetze, Bl. 19: „Da es sich offensichtlich nicht mehr feststellen läßt, wie es zur Benennung der Kirche bzw. Kirchengemeinde in Zeetze gekommen ist und der Name schon seit 1966 im amtlichen Gemeindeverzeichnis eingetragen ist, sollte davon ausgegangen werden, daß der auf St. Johannes lautende Name rechtskräftig erteilt worden ist.“ (1989).
  18. LkAH, L 5e, unverz., Bülitz, Visitation 1969.
  19. KABl. 1979, S. 93.
  20. LkAH, L 5e, unverz., Zeetze, Visitation 1988.
  21. LkAH, L 5e, unverz., Zeetze, Visitation 1988.
  22. KABl. 2004, S. 221.
  23. KABl. 2016, S. 140 ff.
  24. KABl. [in Vorbereitung].
  25. Osten, Propstei Schnega, S. 22.
  26. Staatskalender 1829, S. 316; Staatskalender 1870, S. 277.
  27. KABl. 2006, S. 21 f.
  28. Kayser, Kirchenvisitation, S. 537, Anm. 1197.
  29. Wübbenhorst, Datierung, S. 110.
  30. Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 281.
  31. Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 281; Behn, Wendland, S. 189 (dort auf das 17. Jh. datiert).