Frühere Gemeinde | KapG der St.-Martini-KG Dransfeld | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Münden | Patrozinium: – | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Urkundlich ist das Straßendorf, heute Stadtteil von Dransfeld, erstmals 1311 als Vermelsen belegt.1 Varmissen lag im welfischen Teilfsm. Göttingen (ab 1495 Fsm. Calenberg-Göttingen, „Kernlande Hannover“, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover) und gehörte zum Gericht Dransfeld (1557), die hohe Gerichtsbarkeit lag beim Amt Münden.2 In französischer Zeit war Varmissen von 1807 bis 1813/14 Teil des Kantons Jühnde im Distrikt Göttingen des Leinedepartements im Kgr. Westphalen. Danach kam das Dorf, nun im Kgr. Hannover, zunächst erneut zum Amt Münden, zählte 1852 bis 1859 zum kurzlebigen Amt Dransfeld, dann erneut zu Münden. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Varmissen 1866 an das Kgr. Preußen, bei Einführung der Kreisverfassung kam es 1885 zum Lkr. Münden, der 1973 im Lkr. Göttingen aufging. Im gleichen Jahr wurde das Dorf in die Stadt Dransfeld eingemeindet. Zur Sozialstruktur des Dorfes schrieb der Ortspastor 1962: „In Varmissen sind wenige größere Höfe und dadurch mehr Landarbeiter.“3 Um 1810 lebten knapp 120 Menschen in Varmissen, Anfang des 21. Jh. etwa 250.
Ältestes Zeugnis der örtlichen Kirchengeschichte in Varmissen ist das kleine Kapellengebäude selbst: Der Turm stammt vermutlich aus dem 14. Jh., das westlich anschließende Schiff ist etwas jünger. Details zur vorref. Kirchengeschichte oder Namen von Geistlichen sind nicht bekannt. Vermutlich gehörte das Kapellendorf bereits in vorref. Zeit zum Kirchspiel St. Martini in Dransfeld.
Im Protokoll der ersten protestantischen Kirchenvisitation im Fsm. Göttingen im Jahr 1543 ist der kleine Ort nicht erwähnt. Im Visitationsprotokoll von 1588 ist Varmissen als eines der drei Dörfer genannt, die kirchlich zur Stadt Dransfeld gehörten. Die Bevölkerung der filiale (Tochtergemeinden) Bördel und Varmissen besuchten den Gottesdienst in der Stadt.4
In der Kapelle Varmissen versammelte sich die Gemeinde im 19. Jh. üblicherweise zu Lesegottesdiensten, „nur am Erntedankfest war ein Abendmahlsgottesdienst“.5 In den Unterlagen zur Visitation 1940 gab der Dransfelder P. Georg Hoffmann (amt. 1934–1942) an, da es nun keine Lesegottesdienste mehr gebe, habe er die „vorgefundene freiwillige Regelung, wonach etwa 8 Gottesdienste jährlich gehalten werden, gerne beibehalten“. Einschließlich der Gottesdienste an den hohen Festtagen fand für die 25 Familien in Varmissen nun etwa monatlich ein Gottesdienst in der Kapelle statt.6
Ebenso wie die KapG Bördel und Ossenfeld gliederte das LKA Hannover die KapG Varmissen zum 1. Januar 1974 in die KG Dransfeld ein.7 Die Aufhebung der Gemeinden habe keine negativen Auswirkungen gehabt, heißt es im Visitationsbericht 1976, da „jede der früheren Kapellengemeinden durch eine entsprechende Bezirkseinteilung bei der Kirchenvorsteherwahl nunmehr im Kirchenvorstand vertreten ist“.8
Umfang
Varmissen
Kapellenbau
Kleiner Rechteckbau, ausgerichtet nach Ostsüdosten, wohl etwas jünger als der Turm. Satteldach, im Westen abgewalmt. Bruchsteinmauerwerk. Je ein Rundbogenfenster an den Längsseiten, rundbogiges Portal an Westseite. Im Innern flache Decke, Westempore. Im 18. Jh. Gewölbe entfernt, Fenster verändert. 1884 Innenrenovierung. 1928 Mauerwerkssanierung. 1959 Innenrenovierung. 2013 Teilsanierung und Drainage (Schimmelbefall). 2018 Sanierung (Schimmelbefall).
Turm
Im Osten Rechteckturm mit vierseitigem Zeltdach, bekrönt mit Kreuz und Wetterfahne, erbaut wohl im 14. Jh. Schallgauben nach Osten, Westen und Norden. Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung, schmale Schlitzfenster, im Erdgeschoss rundbogige Sprossenfenster nach Norden und Süden, kleines Spitzbogenfenster nach Osten. Erdgeschoss des Turms bildet den Chorraum der Kirche. Im 18. Jh. Fenster im Erdgeschoss gebrochen.
Ausstattung
Hölzerner Blockaltar (wohl 1884) mit seitlichen Schranken sowie hölzernem Retabel; Retabel aus querrechteckiger Predella und hochrechteckigem Aufsatz mit Dreiecksgiebel, bekrönt mit Kreuz, im Bildfeld gemaltes Kruzifix (ähnliches Retabel in Imbsen); statt des Retabels zeitweise modernes Altarbild (1964/65, Emaille, Ruth Margraf). – Leicht erhöhte Holzkanzel (wohl 1884) mit polygonalem Kanzelkorb. – Zwölfeckige, kelchförmige Steintaufe (16. Jh.?).
Orgel
Kleinorgel, erbaut 1884 von Carl Heyder (Heiligenstadt), 4 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Manual- und Pedalklaviatur aus älterem Instrument (18. Jh.) übernommen. Vor 1944 Dispositionsänderung. 1971 Instandsetzung und Änderung der Disposition, ausgeführt von Martin Haspelmath (Walsrode), 4 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 2021 Restaurierung und Rekonstruktion der ursprünglichen Disposition, ausgeführt von Orgelbau Sauer & Heinemann (Höxter), 4 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Eine LG, d’’ (Bronze, Gj. 1824, Christoph Gabel, Freienhagen), Inschriften: „Fuer die Gemeinde Varmissen bin ich im Jahre 1824 gegossen, da Dreier Sup[e]rint[endent], Krone Pastor, Vahlbruch Bauerme[is]t[e]r u[nd] Heine Schullehrer waren“ und „Christoph Gabel in Freienhagen gos mich“.
Friedhof
Kommunaler Friedhof am nordwestlichen Ortsrand.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 2329, 2342, 2355, 2377, 2378 (Pfarroffizialsachen); S 11a Nr. 7360 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KKV Münden, S. 34–35; Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 402–403; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1291; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Münden, S. 114–115.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche.
Fußnoten
- UB Mariengarten, Nr. 123; zum Ortsnamen: Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 402 f.
- NLA HA Hann. 74 Münden, Beschreibung.
- LkAH, L 5c, unverz., Dransfeld, Visitation 1962.
- Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 165.
- Gemeindebuch KKV Münden, S. 35.
- LkAH, L 5c, unverz., Dransfeld, Visitation 1940.
- KABl. 1974, S. 25 f.
- LkAH, L 5c, unverz., Dransfeld, Visitation 1976.