Frühere Gemeinde | Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Emden-Leer | Patrozinium: Nikolaus | KO: Ostfriesische KO von 1716

Orts- und Kirchengeschichte

Als villa Pevesheim in pago Emergew lässt sich Pewsum im 9. Jh. erstmals schriftlich nachweisen.1 Der Beleg findet sich in einem Güterverzeichnis des Klosters Fulda. In einem Urbar der Abtei Werden aus dem 10. Jh. ist das Dorf als Pȩuesheim verzeichnet.2 Pewsum, gelegen im Emsigerland, ist möglicherweise ältester Stammsitz der ostfriesischen Häuptlingsfamilie Manninga.3 Im 15. Jh. konnten die Manninga ihr Herrschaftsgebiet im Emsigerland über Pewsum hinaus auf Jennelt und Woquard ausdehnen. Haiko Manninga († 1568) verkaufte die Herrschaften Woquard und Pewsum 1565 an den ostfriesischen Gf. Edzard II. Cirksena und seine Frau Katharina von Schweden. Ab 1610 bildete Pewsum das Zentrum des gleichnamigen Amtes in der Gft. Ostfriesland und kam mit dieser 1744 an das Kgr. Preußen. Während der ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jh. erlebte Ostfriesland mehrere Herrschaftswechsel: Ab 1807 zählte Pewsum zum Kgr. Holland, ab 1810 zum Kaiserreich Frankreich (Département Ems-Oriental, Arrondissement Emden, Kanton Pewsum), ab 1813 wieder zum Kgr. Preußen und ab 1815 zum Kgr. Hannover. Seit 1817 war Pewsum Sitz des neuen Amtes Greetsiel, das 1859 im Amt Emden aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover kam Pewsum 1866 erneut unter preußische Herrschaft. Nach Einführung der Kreisverfassung 1885 zählte das Dorf zum Lkr. Emden, seit 1932 zum Lkr. Norden und seit 1977 zum Lkr. Aurich. Im Jahr 1965 gründeten Pewsum, Canum, Freepsum, Groothusen, Woltzeten und Woquard die Samtgemeinde Pewsum. Seit 1972 ist der Ort Sitz der neugegründeten Gemeinde Krummhörn und damit Zentrum der Region. In den 1960er Jahren entstanden Neubaugebiete jenseits des historischen Ortskerns. Im Jahr 1821 lebten etwa 510 Menschen in Pewsum, 1925 gut 860, 1946 knapp 1.550 und 2012 rund 3.230.

Kirche, Südfassade

Kirche, Südfassade, 2012, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Der älteste schriftliche Beleg über eine Kirche in Pewsum stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jh.: In der Zeugenliste einer Urkunde von 1360 findet sich der Eintrag domini Mammonis rectoris ecclesie in Pevsum (Herr Mammo, Pfarrer in Pewsum).4 In Urkunden des 15. Jh. sind weitere Namen Pewsumer Geistlicher überliefert: 1434 ist erstmals her Jarich als Pfarrer nachgewiesen; er befand sich 1450 auf dem Weg nach Rom und hatte einen unehelichen Sohn.5 Auf der 1458 gegossenen Glocke, die noch heute im Glockenturm hängt, findet sich die Inschrift h[er] Gherk kerckhere. 1466 und 1469 ist P. Dethmar belegt, 1477, 1479 und 1491 war herr Ulrick kerckher tho Peusum.6
Die Reformation breitete sich in Ostfriesland seit den 1520er Jahren aus. Gf. Edzard I. († 1528) duldete diese Entwicklung, griff jedoch nicht lenkend ein.7 Es entstand ein Nebeneinander verschiedener prot. Richtungen. Versuche Gf. Ennos II. († 1540), die kirchlichen Verhältnisse einheitlich und eher luth. zu gestalten, scheiterten (u. a. 1529 „Bremer KO“ von Johann Timann und Johann Pelt, 1535 „Lüneburger KO“ von Martin Undermarck und Matthäus Ginderich). Ebenso erfolglos blieb letztlich das Bemühen Gfn. Annas († 1575), die ostfriesische Kirche zusammen zu halten und ihr eine eher ref. Form zu geben (u. a. 1542 Johannes a Lasco als Sup. berufen, 1544 Coetus begründet). Der Pewsumer Häuptling Fokko Manninga († 1539) zählte zu den frühen Unterstützern der Reformation in Ostfriesland und Magister Friedrich von Bree (amt. etwa 1517–1528), der als „päpstlicher Priester“ nach Pewsum gekommen war, nahm 1526 als ev. Prediger an der Oldersumer Disputation teil (Mester Frederick Pastor tho Pewesum).8 Sowohl Magister Friedrich als auch sein Nachfolger P. Arnold Borgschwer (amt. 1528–1582) waren ref. Theologen.9 Während der gemeinsamen und konfliktvollen Regierungszeit von Annas Söhnen, dem ref. Gf. Johann II. († 1591) und dem luth. Gf. Edzard II. († 1599), verfestigte sich das Nebeneinander ref. und luth. Gemeinden in Ostfriesland. Entscheidend für die Entwicklung in Pewsum war, dass Häuptling Haiko Manninga die Herrlichkeit 1565 an Gf. Edzard II. Cirksena und seine streng luth. Ehefrau Katharina Wasa verkaufte. Sie erwarben damit auch das Patronat über die Kirche und konnten luth. Prediger berufen. Auf dem Grabstein von P. Theodor Sprangius (amt. 1580/82–1596) heißt es, er sei primus incorruptae Aug[ustanae] Confess[ionis] Pastor apud Pewsumanos gewesen, also erster unverfälschter luth. Pastor in Pewsum.10 Die konfessionelle Neuorientierung der Gemeinde Pewsum brauchte Zeit: Noch um 1600 beklagten sie sich die Pewsumer zusammen mit den Einwohnern Campens, Loquards und Woquards über die ihnen aufgedrängten luth. Pfarrer.11 Während sich in Campen die ref. Konfession wieder durchsetzen konnten, blieben Loquard, Woquard und Pewsum luth. Enklaven in einer ansonsten ref. Umgebung. Die Dörfer sind einparochial, das heißt auch die ref. Bevölkerung gehört mit allen Rechten und Pflichten zur luth. KG. Wechsel zwischen den beiden Konfessionen kamen durchaus vor: Aus dem Jahr 1729 hatte sich eine Liste von P. Johannes Hattermann (amt. 1728–1736) erhalten, in der all jene verzeichnet sind, die „sich den Winter durch bey mir in der Abend Mahl Schule eingefunden, und zum Tisch des Herrn sich praepariren lassen, sind auch praevio examine publico admittiret“ (nach öffentlicher Prüdung zugelassen). Die 23 „Neuen Pflänzlein der Evangel[isch] Lutherischen Kirche“ waren zwischen 18 und 24 Jahren alt und hinter mehreren Namen findet sich der Zusatz „von Reform[irten] Eltern“.12 Nach Einführung der Kirchenvorstands- und Synodalordnung im Jahr 1864 gehörte Pewsum zu jenen ostfriesischen KG, denen zugestanden wurde, dass die Kirchenvorstände bis zur Hälfte mit ref. Gemeindegliedern besetzt werden durften.13
Von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 19. Jh. war die Pewsumer Schule in einem Anbau an der Südseite der Kirche untergebracht.14 Er wurde abgebrochen, nachdem Anfang der 1860er Jahr ein eigenes Schulhaus errichtet worden war. Zur gleichen Zeit erhielt die Kirche ihr heutiges Äußeres: Die Gemeinde ließ das Außenmauerwerk komplett erneuern und einen neuen Chorschluss errichten. In den 1830er Jahren gründete sich in Pewsum ein Verein der Inneren Mission. Seit 1914 unterhielt die Gemeinde einen Kindergarten, der bis 1948/54 bestand.15 Seit Anfang der 1930er Jahre waren die Pewsumer Pfarrer auch für die benachbarte KG Woquard zuständig.

Kirche, Südwestansicht

Kirche und Turm, Blick von Südwesten, 2012, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Während der NS-Zeit hatten P. Ulfert Smidt (amt. 1899–1934) und P. Siebo Thaden Heinken (amt. 1935–1962) das Pfarramt in Pewsum inne. Beide gehörten weder der NSDAP noch den DC an, wie P. Heinken 1946 im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ angab. Drei der vier 1933 gewählten Kirchenvorsteher hingegen waren Parteimitglieder, der KV hätte sich jedoch „im Dienst unpolitisch verhalten“.16 In der Manninga-Burg nahe der Kirche war seit 1935 eine Gauführerschule untergebracht.17 Schon 1946 plante die Gemeinde, die im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken eingeschmolzene Glocke zu ersetzen; allerdings sollte es keine Bronzeglocke sein, da „dann wieder die Gefahr einer Beschlagnahme besteht und die Gemeindeglieder deswegen kaum soviel Spenden würden als für eine Stahlglocke“. Das Landeskirchenamt in Hannover sprach sich jedoch im Hinblick auf den Zusammenklang mit den noch vorhandenen Bronzeglocken aus dem 15. und 16. Jh. gegen eine Stahlglocke und fügte an: „Im Zeitalter der Atombombe werden die Kriege nicht in der bisherigen Weise geführt werden“, ein zukünftiger, rüstungsbedingter Bedarf an Glockenbronze sei daher unwahrscheinlich.18 1957 schaffte die Gemeinde schließlich zwei neue Bronzeglocken an.
Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg auch die Anzahl kath. Einwohner in Pewsum an. 1959 weihte die kath. Gemeinde die Kapelle St. Hedwig ein, die zur kath. KG St. Michael in Emden gehört. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre erfuhr der Innenraum der Pewsumer Kirche eine wesentliche Umgestaltung. Die zugrunde liegenden Überlegungen fasste P. Helmut Doeden (amt. 1963–1984) im August 1963 in einem Schreiben an das Landeskirchenamt kurz zusammen: „Der Kirchenvorstand wünscht, daß bei der Ausführung der genannten Arbeiten den Erfordernissen der lutherischen Liturgie Rechnung getragen wird, da die Kirche unter dem Einfluß der reformierten Nachbargemeinden im Laufe der Zeit im Innern ein reformiertes Aussehen erhalten hat“.19 Die Gemeinde ließ die Reste des mittelalterlichen Lettners zwischen Chor und Schiff samt der darauf befindlichen Orgel abrechen, den Altar umgestalten und eine neue Orgel auf der Westempore errichten. Mit der Umgestaltung des Kirchenraums endete schließlich auch die „Tradition der Familienbänke“ (also der festen Sitzplätze) in der Kirche.20
Die ev. Gemeindeschwesternstation ging 1966 über in die Hände der politischen Gemeinde. 1985 wurde sie als Teil der Sozialstation Krummhörn-Hinte neu errichtet.21 Seit den 1960er Jahren zeigten sich die Sup. des KK Emden bei den alle sechs Jahre fälligen Visitationen regelmäßige erfreut über das „lebendiges gottesdienstliches Leben“ (1987) in Pewsum.22 1973 legte das Landeskirchenamt die Pfarrstellen der benachbarten Gemeinden Woquard und Pewsum zusammen, letztere war seit 1931 vakant, und wandelte die KG Woquard in eine KapG innerhalb der KG Pewsum um.23 Diese Regelung bestand bis 1987. Seitdem hat Woquard wieder den Status einer KG und ist pfarramtlich mit Pewsum verbunden.24 Seinerzeit hatte die KG Pewsum etwa 2.000 Gemeindeglieder, von denen rund 700 ref. waren.
In Trägerschaft der beiden Gemeinden sowie mit Unterstützung der Landeskirche und der Klosterkammer startete 2008 das Projekt „Evangelische Jugendarbeit im außerschulischen Lernort Mensa der Haupt- und Realschule Krummhörn“. Seit 2011 betreibt die Gemeinde das Kids-Café, das für die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Pewsum einmal in der Woche Mittagessen und Nachmittagsbetreuung anbietet. Im Jahr 2010 gründete sich die Nicolai-Stiftung Pewsum, die unter dem Motto „Werte erhalten, Zukunft gestalten“ die kirchengemeindlichen und diakonischen Aufgaben der Gemeinde Pewsum unterstützt.
Zum 1. Januar 2024 schlossen sich die benachbarten Gemeinden Woquard und Pewsum zusammen und gründeten gemeinsam die neue „Ev.-luth. Katharinen-KG Pewsum und Woquard“.25

Umfang

Die Ortschaft Pewsum. Grenzänderung zur KG Woquard im Jahr 2000.26

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Friesland (Sedes Groothusen) der Diözese Münster.27 – 1631 bis 1643 Coetus in Aurich für die Ämter Aurich, Stickhausen, Friedeburg, Pewsum und Leerort. 1643 aufgehoben. 1643 Konsistorium Aurich. 1766 der 2. luth. Insp. in Ostfriesland zugewiesen, Sitz der Suptur. wechselnd (1868–1873 in Pewsum).28 1924: KK Emden. Seit 1. Januar 2013 KK Emden-Leer.29

Patronat

Der Landesherr (bis 1871): zunächst die Häuptlinge von Pewsum (Haus Manninga), ab 1564 die Gf. von Ostfriesland, ab 1744 der preußische Kg., ab 1815 der Kg. von Hannover, ab 1866 wieder der preußische Kg.

Kirchenbau
Kirche, Westansicht

Kirche, Blick von Westen, 2012, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Leicht ostnordöstlich ausgerichteter Rechteckbau mit dreiseitigem Chorschluss, erbaut um 1300 oder im 15. Jh., Backsteinaußenmauern komplett erneuert 1862, gleichzeitig neuer Chorschluss.30 Satteldach, im Osten abgewalmt; Strebepfeiler; rundbogige Fenster, in der Mitte der Langhauswände einzeln, rechts und links davon je zwei in einer breiten Rundbogennische zusammengefasst; an Nordseite Hagioskop; in hoher Spitzbogennische korbbogiges Westportal, ursprünglich Teil des Lettners (Ende 15. Jh). Im Innern Holzdecke mit umlaufenden Vouten (wohl 1847)31, über dem Chorraum Balkendecke; Westempore; an Südseite des Chorraums Wandtabernakel mit Bemalung des 15. Jh. (freigelegt 1925), an Nordseite gemaltes Weihekreuz. 1812 Dachreiter über Westgiebel abgebrochen. 1843 Westempore erbaut. 1862 Sanierung und Umbau (neues Außenmauerwerk, östliche Giebelwand abgebrochen und dreiseitiger Chorschluss errichtet, Westportal gebrochen). 1904/05 Empore an Nordostseite des Schiffs eingebaut. 1937 Innenrenovierung. 1965–67 Neugestaltung Innenraum (u. a. Lettner zwischen Chor und Schiff abgebrochen, Orgel auf Westempore versetzt, Nordostempore abgebrochen; Korbbogen des Lettners als Westportal wiederverwendet).32

Fenster

Figürliche Farbfenster im Chorraum: Mittleres Fenster zeigt Christus als Weltenrichter (1970, Werner Rohde, Worpswede), Inschrift u. a.: „Gestiftet von der niederemsischen Deichacht A. D. 1970“; daneben jeweils ein Gefallenen-Gedächtnis-Fenster (1938, Georg K. Rohde, Bremen), links mit Kreuzigungs- und rechts mit Auferstehungsszene, Inschrift u. a.: „Den im Weltkrieg Gefallenen der Kirchengemeinde Pewsum“ (links) sowie Namen und Todesdaten der insgesamt 31 Gefallenen (links und rechts). – Frühere Fenster: 1678 fünf farbige Chorfenster eingesetzt, geschenkt „von begüterten Einwohnern aus ganz Ostfriesland“.33

Turm

Freistehender Glockenturm südlich der Kirche, errichtet 1813 um ein vorref. Glockenhaus herum (Mauerwerk im Innern erhalten), mit neuem Mauerwerk umgeben 1883. Turmhaube mit viereckigem Ansatz und achteckig ausgezogener Spitze, bekrönt mit Kugel und Schwan, errichtet 1956. Im Glockengeschoss gekuppelte, spitzbogige Schallfenster, darüber Uhrziffernblätter. 1956 Turmrenovierung und Neugestaltung Turmhaube. 1999 Turmsanierung.

Kirche, Blick in den Altarraum, um 1848

Kirche, Blick in den Altarraum, um 1948

Ausstattung

Gemauerter Altar, 1967 neu errichtet aus Abbruchmaterial des mittelalterlichen Lettners; Mensa aus Sandstein.34 – Kanzel mit Schalldeckel (1618, restauriert 1937), an den Kanzelwandungen Gemälde der vier Evangelisten in muschelbekrönten Rahmungen; vor den Ecken des Kanzelkorbs schlichte Säulen; Geschenk der Gfn. Sophie von Ostfriesland († 1630), Inschrift am Schalldeckel: „Quam frisiae comitissa dedit Sophia inclyta virgo, serviat haec laudi Christe cathedra tuae (Möge diese Kanzel, welche Frieslands Gräfin Sophia, die erlauchte Jungfrau, gestiftet hat, deinem Lobe dienen, Christus).35 – Sandsteintaufe (1967, Jan de Buhr, Pewsum; Taufschale: Gotthold Schönwandt, Gießen).36 – Hölzerner Opferstock (1609) im Altarraum. – Zweiflügeliger Hausaltar (um 1550, 1862 stark verändert, 1967 restauriert und ergänzt), war bis 1967 als Aufsatz Teil des dann entfernten vierflügeligen Tafelaltars; auf den Außenseiten der Flügel die Zehn Gebote (Niederdeutsch), auf den Innenseiten Gemälde von Aaron und Moses (1862 umgearbeitet zu Petrus und Paulus); beschriftete Mitteltafel ergänzt 1967 (Tit 3,5–7).37 – Zwei Gemälde: Kreuzabnahme und Auferstehung (18. Jh., 1862 übermalt, 1967 restauriert), dienten bis 1967 als Flügel des Hauptretabels des Tafelaltars; Mittelfeld nicht erhalten.38 – Im Chor verziertes Wandgrabmal von Tetta Manninga († 1562), Inschrift u. a.: „Epitaphivm clarissimae dominae et honestissimae matronae pevssvmanae Thettae Hoyckonis a Manninga conivgis qve pie obiit in domino 1. Decembris circa priman horam noctis praecedentis 1562“ (Grabmal der sehr berühmten Herrin und ehrenwerten Frau von Pewsum, Thetta, Gemahlin des Hoycko von Manninga, welche fromm im Herrn entschlief am 1. Dezember, etwa um die erste Stunde der Nacht).39 – Mehrere Grabplatten im Altarraum, u. a. von P. Arnold Borgschwer († 1582) und P. Johannes Schröder (amt. 1651–1693). – Inschriftentafel, dat. 1541: „Verbum d[o]m[in]i manet in aeternum“ (Das Wort des Herrn bleibet in Ewigkeit), ursprünglich an der Pastorei, zeitweise neben Westportal.40

Orgel, vor 1967

Orgel, vor 1967

Orgel

Ältester Nachweis einer Orgel aus dem Jahr 1592.41 Instrument 1620 erneuert (Inschriften an der Orgel überliefert in einer Abschrift von 1725, u. a.: „anno 1620“ und „Haec Sophia [Gfn. von Ostfriesland] illustris virgo renovavit“), Instrument aufgestellt auf Lettner zwischen Chor und Schiff. 1724 Orgel in schlechtem Zustand. 1752/53 Orgelneubau unter Verwendung vorhandenen Pfeifenmaterials, ausgeführt von Johann Friedrich Constabel (Wittmund), 7 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen; Orgel 1860 abgebaut. Orgelneubau 1861, ausgeführt von Gerd Sieben Janssen (Aurich), 16 II/P, mechanische Traktur Schleifladen; neues Gehäuse, Prospekt verziert mit zwei Posaunenengeln; Prospektpfeifen im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Orgelneubau 1919, ausgeführt von Furtwängler & Hammer (Hannover), 19 II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen, Prospekt von 1861 beibehalten; Reparatur und Dispositionsänderungen 1953, ausgeführt von Karl Puchar (Norden), 19 (davon eine Transmission) II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen. Lettner und Orgel abgebaut 1967, Janssen-Prospekt abgegeben an KG Westeraccum. Orgelneubau 1969, ausgeführt von der Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 20 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Instrument aufgestellt auf Westempore.

Kirche, Turm

Turm, 2012, Foto: fentjer, CC BY-NC-ND 4.0

Geläut

Vier LG, I: d’, Marienglocke, „dicke klokke“, Inschriften: „Anno d[omi]ni MCCCCLVIII Maria ick hete, de van Pevssu hebbe mi late ghete“, „Ik bin ghegaten in Nicolaus ere do was h[er] Gherk kerckhere un Poppe Maninck hovetschop de buede do de borch up un Elmerich sin vrowe. Gert Klinghe de mi ghegaten had God geve siner sele rad. Boyke und Mecke hillighemans, help God ut aller not. Wi weten nicht wissers [wen den dot]“, Bilder: Maria, St. Nikolaus, Kreuzigungsszene, Reliefbilder der zwölf Apostel (Bronze, Gj. 1458, Ghert Klinghe, Bremen);42 II: e’ (Bronze, Gj. 1957, Firma Rincker, Sinn); III: fis’, Brandglocke, Inschrift: „Do Edtzardt der anderte der Graefschoep Ostvrieslandt waes ein regerender Heer, heft de Gemeinde to Pewsum desse Klocke Laten Geten to Gades Eher. Anno 1587 Fri got Gert Powels mi. Theodorus Sprangius, Pastor. Peter Tammens. Peter Iacobs“ (Bronze, Gj. 1587, Gerd Powels), im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, nicht eingeschmolzen, 1947 zurück nach Pewsum;43 IV: a’ (Bronze, Gj. 1957, Firma Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: 1724 drei „schöne Glocken“ vorhanden.44 Eine LG (Bronze, Gj. angeblich 1461), genannt „Olle Ey“, umgegossen zu einer neuen LG (Bronze, Gj. 1813, Mammeus Fremy & A. H. van Bergen), Inschriften: „Auf Veranlassung und unter Direction des Maire der Mairie Pewsum, M. Jürgens, des Adjuncten F. Hesse und G. J. Buhr, J. E. Harms, D. N. Meinders, F. J. Tiarks, H. J. Uhlenkamp, H. L. Lüpkes, K. J. Dreier, G. G. de Buhr, G. Franssen, F. U. Smit als Municipalraethe wurde diese Glocke im Jahre 1813, als der Turm erneuert worden, gegossen. Zu dieser Zeit waren D. Kempe Departementalrath, R. Bluhm Rentmeister, E. F. Kempe Friedenrichter, D. A. von Nordheim Prediger. – E. M. de Buhr, Willemsen Erben Interessenten und G. F. Tammen Schullehrer hieselbst und H. A. Janssen, E. J. Schüür, H. van Bergen, C. Fremy und U. van Bergen“, „M. Fremy und A. H. van Bergen me fecerunt“ sowie „vivos voco, mortuos plango, fulgura frango“ (Lebende rufe ich, Tote beklage ich, Blitze breche ich); Glocke im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben. Eine SG, Inschrift: „Anno MDCCCIII, als Herr Rath Daniel Kempe Amtsverwalter, Her J. W. Boyunga Prediger und Herr C. C. Willemsen und J. T. Arnoldus Kirchenverwalter in Pewsum waren, M. F. Heidefeld und M. Fremy me fecerunt“ (Bronze, Gj. 1803, Mammeus Fremy Heidfeld & Mammeus Fremy), bis 1812 im Dachreiter über Westgiebel (Uhrwerk 1715 erwähnt); Glocke im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.45 Eine LG, a’, Inschrift: „Zwei Glocken starben für Deutschlands Wehr, die neue erklingt zu Gottes Ehr. Pewsum. Im Jahre des Heils 1928 goß mich F. W. Rincker in Sinn. Nr. 3813“ (Bronze, Gj. 1928, Firma Rincker, Sinn); Glocke im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.46

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1963, Vorgängerbau Bj. 1852). – Gemeindehaus (Bj. 1965/66, umgebaut 2005). – Altes Küsterhaus (Bj. 1890).

Friedhof

Alter kirchlicher Friedhof rund um die Kirche. Seit Mitte des 19. Jh. neuer kirchlicher Friedhof östlich des historischen Ortskerns.

Liste der Pastoren (bis 1940)

Bis 1528 Magister Fridericus von Bree. – 1528–1582 Arnold Borgschwer (Borchzur). – 1582–1596 Theodorus Henricus Sprangius. – 1597–1600 Magister Peter Hesse. – 1600–1603 Lowerdus Holthusius. – 1603–1604 Johann Gelchenius. – 1604–1611 Anton Aiben Reershemius. – 1611–1652 Arnoldus Conradus Tammeus. – 1652–1693 Johann Schröder. – 1694–1700 Caspar Gottfried Scheepler. – 1700–1728 Conrad Koch. – 1728–1736 Johannes Hattermann. – 1736–1748 Uko Hinrichs Damm. – 1749–1768 Johann Ludwig Kempe. – 1768–1808 Jibbo Willgrubs Boyunga. – 1809–1831 Dietrich Anton von Nordheim. – 1832–1866 Dirk Röttgers Tillmann. – 1867–1873 Johann August Hieronymus Doden. – 1874–1881 Oltmann Wilken Bracklo. – 1882–1898 Weert Weerts. – 1899–1934 Ulfert Johannes Smidt. – 1935–1962 Siebo Thaden Heinken.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 272–273 (mit Ergänzungen)

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 6 Nr. 6701–6703 (Pfarrbestallungsakten); A 8/Pewsum Nr. 348Digitalisat (CB); A 12d Nr. 111, 228Digitalisat, 240, 627/2, 858 (GSuptur. Aurich); D 51 (EphA Emden); L 5i Nr. 10, 209–210, 754, 819 (LSuptur. Aurich); S 11a Nr. 8097 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1728
Trauungen: ab 1729
Begräbnisse: ab 1728
Kommunikanten: ab 1728
Konfirmationen: ab 1729

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1094; Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 83–94; Fastenau, Bau- und Kunstdenkmäler II, S. 139–152; Kaufmann, Orgeln Ostfrieslands, S. 198–200; Meyer, Pastoren II, S. 272–273; Nickles, Orgelinventar, S. 267–279, 486; Nöldeke, Schätze, S. 101–103; Otte/Rohde, Ostfriesland II, S. 494–496; Reershemius, Predigerdenkmal, S. 266–270; Reershemius, Predigerdenkmal Nachtrag, S. 22.

B: Pewsum, in: Historische Ortsdatenbank für Ostfriesland, 09.09.2019 [Artikel unfertig]; Gerhard de Buhr: Die Kirche zu Pewsum, [Hamburg] 1937; Gerhard de Buhr: Die Kanzel in der Kirche zu Pewsum und ihre Stifterin, in: Ostfreesland-Kalender 1938, S. 125–129; Hilda Bruns: Pewsumer Communicanten 1728–1767. Kirchenmitglieder 1730–1767, in: Quellen und Forschungen zur ostfriesischen Familien- und Wappenkunde 49 (2000), S. 11–29; Vincent Oliver Erickson: Pewsum – Vom Heim des Pewe zum Zentrum der Krummhörn. Die Entwicklung einer ostfriesischen Marschgemeinde mit ihrem sozialen und kulturellen Wandel, hg. von Heyo Prahm, Opladen u. a. 2018 (Original: The evolution of an east frisian marsh community as seen through social and cultural change, Diss. University of Washington, MS 1968); Folkert Köster (Hg.): Die Familien des ehemaligen Amtes Pewsum und deren Nachkommen aus den Kirchengemeinden Pewsum, Woquard, Loquard und Campen, Bd. 1: Pewsum von 1729–1907, Aurich 2005, bes. S. 15–26 und 48–58; Karl Heinz Marschalleck: Die Grabung in der ev.-luth. Kirche zu Pewsum, Landkreis Norden, in: Niedersächsische Denkmalpflege 6 (1965–1969 [1970]), S. 62–64; Gerhard D. Ohling: Kulturgeschichte des Krummhörn, in: Die Acht und ihre sieben Siele. Kulturelle, wasser- und landwirtschaftliche Entwicklung einer ostfriesischen Küstenlandschaft, hrsg. von Johannes Ohling, Emden 1963, S. 17–288, bes. S. 128–160 (Ein Dorf in der Geschichte: Pewsum).

GND

7633558-6, Sankt Nikolaus (Pewsum)


Fußnoten

  1. Dronke, Trad. Fuld. § 7, 62; Ostfriesisches UB II, Anhang B, 5; Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 23. Zur Geschichte Pewsums vgl. Ohling, S. 128 ff.
  2. Ostfriesisches UB II, Anhang A, I, 3, 9, 13; Casemir/Ohainski, Niedersächsische Orte, S. 23.
  3. Lengen, Emsigerland, S. 174 ff.; BLO III, S. 278 ff.
  4. Ostfriesisches UB I, Nr. 92; weiterer Nachweis 1362: ebd., Nr. 95.
  5. Ostfriesisches UB II, Nr. 1776 (1434); ebd., III, Nr. 469 (1450, es handelt sich um das Testament des Gayke Louwertzma zu Visquard, der angibt, von P. Jarrig Geld erhalten zu haben, das an „Herrn Jarrigs Sohn“ weitergegeben werden soll); weiterer Beleg: ebd. I, Nr. 457 (1436: Jaricus).
  6. Dethmar: Ostfriesisches UB III, Nr. 532; ebd. I, Nr. 881 (Siegel nicht erhalten); ebd. II, Nr. 1796. Ulrich: Ostfriesisches UB II, Nr. 995, 1017, 1284 (Zitat).
  7. Zur Reformation in Ostfriesland vgl. knapp Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 7,1, S. 312 ff.; ausführlich: Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 114 ff.
  8. Reershemius, Predigerdenkmal, S. 266; Tielke, Oldersumer Disputation, S. 166; Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 123 ff. Ohling, S. 134, nennt für 1519 noch einen Hern Gherdes als Pfarrer von Pewsum, den er irrtümlich mit dem auf der Glocke von 1458 genannten Hern Gherk gleichsetzt.
  9. Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 121 f.: „Im Bereich des Amtes Pewsum […] gab es nur Anhänger Zwinglis“.
  10. Reershemius, Predigerdenkmal, S. 267 (Reershemius versteht die Inschrift anders: nicht erster luth. Pastor von Pewsum, sondern zuerst luth. Pastor in Pewsum, dann in Visquard; er betont damit implizit, dass die vorherigen Pewsumer Pfarrer nicht ref. gewesen seien); Ohling, S. 146. Der Grabstein befindet sich in Visquard.
  11. Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 291.
  12. Bruns, S. 15.
  13. Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 450; dies galt u. a. auch in Bingum, Holtgaste, Loquard, Pogum und Woquard.
  14. Buhr, Kirche, S. 5.
  15. LkAH, L 5i, Nr. 209 (Visitation 1987).
  16. LkAH, S 1 H III Nr. 1012, Bl. 23. Allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  17. Erickson, S. 266.
  18. LKA, G 9 B/Pewsum Bd. I, Bl. 3 und 4.
  19. Zit. in Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 84, Anm. 335. Das Amt für Bau- und Kunstpflege in Hannover hatte sich gegen die Umbaumaßnahmen ausgesprochen.
  20. Erickson, S. 284. Schon im Visitationsbericht 1943 heißt es allerdings: „alle Plätze sind jetzt für jeden Besucher frei“, LkAH, L 5i, Nr. 10 (Visitation 1943).
  21. LkAH, L 5i, Nr. 209 (Visitation 1987).
  22. LkAH, L 5i, Nr. 209 (Visitation 1987).
  23. KABl. 1973, S. 9 f.
  24. KABl. 1987, S. 126.
  25. KABl. [in Vorbereitung].
  26. KABl. 2000, S. 123.
  27. Ostfriesisches UB II, Nr. 961 (S. 65) und 1578; ebd. III, Nr. 743 (S. 205).
  28. Smid, Ostfriesische Kirchengeschichte, S. 683.
  29. KABl. 2013, S. 31.
  30. Die Datierung des ursprünglichen Kirchenbaus variiert: Aufgrund des Grabungsbefundes nimmt Marschalleck, S. 63, die „Zeit um 1300“ an; nach Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1094, handelt es sich bei der Pewsumer Kirche um einen „Saalraum des 15. Jh.“.
  31. Buhr, Kirche, S. 7, Nöldeke, Schätze, S. 102. Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1094: 1862.
  32. Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 83 f. mit Anm. 335.
  33. Buhr, Kirche, S. 8 f.
  34. Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 84, Anm. 335.
  35. Buhr, Kanzel, S. 125 ff.
  36. LkAH, S 9 Nr. 1929; Meinz, Sakralbau, S. 146, nennt einen romanischen Taufstein; bei Fastenau, Bau- und Kunstdenkmäler II, S. 139–152, nicht erwähnt.
  37. Ausführlich: Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 83 ff.
  38. Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 86 ff.
  39. Buhr, Kirche, S. 11 f.
  40. Diederichs-Gottschalk, Schriftaltäre, S. 83.
  41. Zum Folgenden: Nickles, Orgelinventar, S. 267 ff. (mit Zitaten und Belegen); auch: Kaufmann, Orgeln Ostfrieslands, S. 199 f.
  42. Rauchheld, Glockenkunde, S. 102.
  43. Rauchheld, Glockenkunde, S. 128; LKA, G 9 B/Pewsum Bd. I, Bl. 3.
  44. Nickles, Orgelinventar, S. 268.
  45. Zu den Glocken von 1803 und 1813 vgl. Rauchheld, Glockenkunde, S. 44 und 47 sowie Buhr, Kirche, S. 16 f.
  46. LKA, G 9 B/Pewsum Bd. I, Bl. 3; Buhr, Kirche, S. 17.