Frühere Gemeinde | Sprengel Osnabrück, KK Osnabrück | Patrozinium: Markus | KO: Osnabrücker KO von 1652

Orts- und Kirchengeschichte

Das Gemeindegebiet der „Ev.-luth. Markus-Kirchengemeinde in Osnabrück“ lag zwischen der Michaelisgemeinde und der Innenstadtgemeinde St. Marien. Es umfasste jeweils Teilgebiete der Osnabrücker Stadtteile Eversburg (schriftlich erstmals belegt um 1200 als Eversvelde) und Westerberg (Erstbeleg 1251: montis Westerberg).1 Eine Wohnbebauung entstand hier seit der zweiten Hälfte des 19. Jh., eine intensive und verdichtende Besiedelung setzte nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein (zunächst Baracken für Geflüchtete). Im Gemeindegebiet lag auch eine britische Kaserne (Belfast Barracks der Osnabrück Garrison, aufgegeben 2008). Im Visitationsbericht 1963 umriss der Ortspfarrer knapp die Zusammensetzung der Gemeinde: „viele Arbeiter, Angestellte, mittlere Beamte, Soldaten (in einer geschlossenen Siedlung), einige Akademiker und Offiziere“.2

Kirche, Ansicht von Nordosten

Kirche, Ansicht von Nordosten

Kirchlich gehörte die ev. Bevölkerung des Gebietes zur 1940 gegründeten KG St. Michaelis. Als P. Gerhard Ehlert (amt. 1953–1969) die neu eingerichtete zweite Pfarrstelle übernahm, teilte die KG das Gemeindegebiet in zwei Seelsorgebezirke ein. Schon bei der Visitation 1953 merkte P. Hermann Meyer (amt. 1939–1969) an, dass im Pfarrbezirk seines neuen Amtskollegen auch bald der Bau einer Kirche nötig sei.3 Die konkreten Planungen begannen 1955, als das Ehepaar Küpper anbot, der Gemeinde an der Sedanstraße ein Grundstück für den Bau einer Kirche zu schenken. Das Vorhaben zerschlug sich jedoch, „weil die Stadt aus städtebaulichen Gründen nicht mitmachen wollte und auch abriet“; gleichzeitig vermittelte die Stadt eine andere Schenkung: Die Geschwister Adda und Julius Heywinkel überließen der Michaelisgemeinde an der nördlichen Spitze des Stadtteils Westerberg das Grundstück an der Natruper Straße.4

Kirche, Außenansicht, 1980

Kirche, Außenansicht, 1980

P. Meyer brachte sich intensiv in Planung und Konzeption der Kirche ein und nannte den modernen Bau sein „steingewordenes Buch“ zum Thema Kirchenbau.5 Ursprünglich sollte die Kirche St. Georg heißen, aber da die serb.-orth. Gemeinde gleichzeitig die Gedächtniskirche St. Georg plante, erhielt sie schließlich den Namen Markuskirche.6 Am ersten Advent 1958 feierte die Gemeinde die Grundsteinlegung und zum Reformationsfest 1959 konnte LSup. Kurt Degener das Gotteshaus einweihen. Vier Wochen zuvor hatte sich die „Ev.-luth. Markus-KG in Osnabrück“ gegründet und die zweite Pfarrstelle der Michaelisgemeinde übernommen.7 Bei der ersten Visitation der neuen Gemeinde notierte der Sup. des KK Osnabrück, der Kirchenraum sei „stark auf innere Sammlung abgestellt“, und merkte darüber hinaus an, die Kirche müsse auch an hellen Tagen künstlich beleuchtet werden.8 P. Bruno Zeymer (amt. 1969–1997) beschrieb die Markuskirche als „eine ausgesprochene Predigtkirche“.9
Auch das westlich gelegene Dorf Atter wechselte zur neuen Markusgemeinde; aber parallel zum Bau der Markuskirche liefen bereits die Planungen für den Bau eines eigenen Gotteshauses. 1963 lebten etwa 1.100 Gemeindeglieder in Atter; ein Jahr zuvor hatte das Landeskirchenamt eine Pfarrvikarstelle für das Dorf eingerichtet, die P. Waldemar Schnare (amt. 1962–1965) übernahm.10 Zum 1. Juli 1965 trennte sich das Dorf von der Markusgemeinde und machte sich als „Ev.-luth. Stephanus KG Atter“ selbständig. Die beiden Gemeinden blieben noch bis 1970 pfarramtlich verbunden.11

Markuskirche, Portal, 2020, Foto: Wolfgang Kannenberg

Markuskirche, Portal, 2020, Foto: Wolfgang Kannenberg

Seit 1969 unterhielt die Markusgemeinde einen Kindergarten, der 2013 in die Trägerschaft des KK Osnabrück überging. Mit dem Mädchenheim „Haus am Schlehenbusch“ (1964), dem „Küpper-Menke Stift“ (1965) und dem „Gerhard-Uhlhorn-Haus“ (1967) liegen dicht beieinander drei größere diakonische Einrichtungen im Gemeindegebiet. Bei der Visitation 1970 merkte der Sup. an, dass ohne diese Einrichtungen der Gottesdienstbesuch in der Markusgemeinde unter dem Durchschnitt der übrigen Vorstadtgemeinden läge. Zudem fielen ihm im Jugendkeller zwei Wandbilder auf, die Che Guevara und Karl Marx zeigten: Eine „für eine christliche Jugendgruppe vielleicht bezeichnende, aber doch erstaunliche Ausstattung“. Die Jugendarbeit habe sich weitgehend verselbständigt und die Schulungskurse des landeskirchlichen Jugendpfarramtes hätten „die Verbindung zum gemeindlichen Leben und zu christlichen Inhalten erheblich gelockert und eine neomarxistische Linie wesentlich verstärkt“.12
Vor dem Hintergrund sinkender Gemeindegliederzahlen wandelte das Landeskirchenamt die Pfarrstelle der Markusgemeinde 1997 in eine halbe Stelle um (1976: 2.820 Gemeindeglieder, 1981: 2.470, 1988: 2.520, 1995: 1.850).13 Mit Blick auf einen späteren Zusammenschluss der Gemeinden im Zuge der Strukturreform der Landeskirche erhielt der Pastor der Stephanusgemeinde 2009 auch das Pfarramt der Markusgemeinde. Sechs Jahre später, zum 1. Januar 2015, fusionierten beide Gemeinden zur neuen „Ev.-luth. Nordwest-Kirchengemeinde in Osnabrück“.14

Umfang

Teilgebiete der Osnabrücker Stadtteile Eversburg und Westerberg. Bis 1965 auch Atter (dann verselbständigt als Stephanusgemeinde.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1959 zum KK Osnabrück.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar

Kirche, Blick zum Altar

Südwestlich ausgerichteter Bau aus farbigem Kalkbruchstein des nahen Westerbergsteinbruchs; Grundriss folgt der Form eines Drachenvierecks, dessen Spitzen im Nordosten und Südwesten abgeschnitten sind, das im Südwesten leicht verbreitert ist (Altarraum) und nach Nordosten querrechteckig vorspringt (Eingangshalle), entworfen von Rudolf Jäger und Bernhard Hopp (Hamburg), erbaut 1958/59; der Bau „ist zu einem allgemein anerkannten Kunstwerk geworden“.15 Anbauten nach Süden (Sakristei) und Westen (Verbindungstrakt zum Turm). Flachdach, nach Nordosten hin leicht ansteigend; links und rechts der Vorhalle hochrechteckige Fensterflächen mit lanzettartiger Gliederung, am verbreiterten Altarraum vertikale Fensterbänder nach Nordosten; Inschrift über Hauptportal: „Alles ist möglich dem der da glaubt“ (Mk 9,23). Im Innern abgehängte, rautenförmige Kassettendecke aus Holz; zwei Stützsäulen; unverputzte Kalksteinwände mit kleinen, horizontalen Öffnungen in Altarwand; Empore im Nordosten, darunter Gemeindesaal und Gemeindebüro (seit 2009); im Obergeschoss der Eingangshalle Jugendraum. Seit Anfang der 1960er Jahre wiederholt Dachreparaturen wegen Regenwasserschäden. 1992 Dachsanierung (u. a. Dachpappe durch Kupferdeckung ersetzt).

Turm

Freistehender Glockenturm im Westen, erbaut 1959. Kalksteinmauerwerk; Flachdach, darüber offene Spitze, verziert mit Krone, bekrönt mit Kreuz. Offenes Geschoss unterhalb der Glockenstube.

Markuskirche, Altar, 2020, Foto: Wolfgang Kannenberg

Markuskirche, Altar, 2020, Foto: Wolfgang Kannenberg

Ausstattung

Schlichter Altar, Schiefermensa auf Betonsockel. – Hängendes Altarkreuz mit thronendem Christus, Emaille (1959, Ruth Stahl, Osnabrück). – Niedrige Betonkanzel. – Bronzener Taufständer auf Betonsockel. – Über dem Eingangsportal Großplastik des Evangelisten Markus, gefertigt aus Kupferdraht und Kupferblech (1959, Vilma Lehrmann-Amschler, Hamburg).

Orgel

1959 Kleinorgel von Michaelisgemeinde übernommen, erbaut 1923 von Firma Rohlfing (Osnabrück), 5 I/P, pneumatische Traktur, Taschenladen; 1959 umdisponiert von Firma Alfred Führer (Wilhelmshaven).16 Neue Orgel 1966, erbaut von Firma Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen), 19 II/P (HW, RP), mechanische Traktur, Schleifladen. Instandsetzungen 1976 und 1995, ausgeführt von Firma Matthias Kreienbrink (Osnabrück). Instandsetzung 2017, ausgeführt von Firma Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen).

Geläut

Vier LG, I: gis’, Inschrift: „Mensch so du hörst meinen Klang so bedenck des Lebens Untergang“ und „Diese Glocke hat zur Ehre Gottes umgiessen lassen Herr Hans Adolf Ernst v. Tettau Lehnsherr der Rednauischen Kirche“ sowie „Johann Heinrich Engelland ietziger Zeit Pfarrer. Me fecit I. C. Copinus Regiomonti Ano 1781“ (Bronze, Gj. 1781, Johann Christian Copinus, Königsberg), Patenglocke aus Reddenau in Ostpreußen (heute Rodnowo);17 II: h’, Betglocke, Inschrift: „Herr, lehre uns beten“; III: cis’’, Trauglocke, Inschrift: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige“; IV: dis’’, Taufglocke, Inschrift: „Gläubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“ (alle Bronze, Gj. 1961, Firma Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: Leihglocken, zur Verfügung gestellt vom Bischöflichen Generalvikariat Osnabrück.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1961/62), 2009 an Stadt verpachtet und zu Kinderkrippe umgebaut. – Kindergarten (Bj. 1969).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 9 Nr. 696–699 (Amt für Bau- und Kunstpflege); L 5f Nr. 25, 300, 931 (LSuptur. Osnabrück); S 11a 8172 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1959
Trauungen: ab 1959
Begräbnisse: ab 1959
Konfirmationen: ab 1959

Früher siehe Osnabrück, St. Michaelis.

Literatur

A: Poppe-Marquard, Kirchenchronik, S. 208–211; Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 25; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 118 (Westerberg).

B: 50 Jahre Markuskirche. Festschrift. hrsg. vom Kirchenvorstand der Ev.-luth. Markuskirchengemeinde, Osnabrück 2009.

GND

2110782-8, Evangelisch-Lutherische Markuskirchengemeinde (Osnabrück)


Fußnoten

  1. Möser, Werke VIII, Nr. XC (S. 128); Osnabrücker UB III, Nr. 27 (wobei eigentlich Osterberg gemeint ist), vgl. auch Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 118.
  2. LkAH, L 5f, Nr. 25 (Visitation 1963).
  3. KABl. 1953, S. 33; LkAH, L 5f, Nr. 317 (Visitation 1953). Ausführlicher: LkAH, B 2 G 9/Osnabrück Markus Bd. I, Bl. 2 ff.
  4. LkAH, B 2 G 9/Osnabrück Markus Bd. I, Bl. 26 (dort auch Umstände der Schenkung erläutert).
  5. LkAH, L 5f, Nr. 317 (Visitation 1959).
  6. LkAH, L 5f, Nr. 317 (Visitation 1959).
  7. KABl. 1959, S. 140 f.
  8. LkAH, L 5f, Nr. 25 (Visitation 1963).
  9. 50 Jahre, S. 19.
  10. KABl. 1962, S. 30; LkAH, L 5f, Nr. 25 (Visitation 1963).
  11. KABl. 1965, S. 204 f.; KABl. 1970, S. 10.
  12. LkAH, L 5f, Nr. 25 (Visitation 1970); der LSup. kommentierte diese Einschätzung im Visitationsbericht mit einer knappen Randbemerkung: „verheerend!“.
  13. KABl. 1997, S. 220; LkAH, L 5f Nr. 300 (Visitationen 1981, 1988); Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 25.
  14. KABl. 2014, S. 181 f. Ein Jahr zuvor war die KG aus dem Gesamtverband Osnabrück ausgetreten, KABl. 2013, S. 210 f.
  15. LkAH, L 5f, Nr. 317 (Visitation 1959).
  16. LkAH, B 2 G 9 B/Osnabrück, Markus, Bl. 1 f.
  17. Poettgen, Glockengießer, S. 12.