Frühere Gemeinde | KapG der KG Schnega | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Bis ins 20. Jh. hinein gab es im Wendland vier Orte namens Niendorf; 1936 erhielten sie neue Namen und das Rundlingsdorf Niendorf bei Bergen heißt seitdem Nienbergen.2 Die Kapellengemeinde behielt den Namen Niendorf bei. Die Häufigkeit des Ortsnamens macht die Zuordnung der Urkundenbelege schwierig. Mit Sicherheit lässt sich das 1304 genannte Niendorpe ville sclavicalis (das slawische Dorf Niendorf) auf das heutige Nienbergen beziehen; Bf. Friedrich I. von Verden (amt. 1300–1312) dotierte seinerzeit einen neugeweihten Nebenaltar in der Marienkirche Salzwedel mit dem Dorf.3 Niendorf gehörte zum Herrschaftsgebiet der Gf. von Warpke, die ihren Sitz etwa Mitte des 12. Jh. nach Lüchow verlegten und sich fortan Gf. von Lüchow nannten.4 Ende des 12. oder Anfang des 13. Jh. kamen Schloss und Vogtei Warpke an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg5, die 1320 auch die Gft. Lüchow erwarben; das Gebiet gehörte zum welfischen Teilfsm. Lüneburg. 1548 ging das Amt Warpke im Amt Lüchow auf. Seit 1591 zählte das Amt Lüchow zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)6, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). In französischer Zeit gehörte Niendorf von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Bergen im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach zählte Niendorf, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Lüchow und kam 1841 zum Amt Wustrow, das 1859 im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Niendorf 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). Seit 1936 heißt der Ort Nienbergen und wurde 1972 nach Bergen an der Dumme eingemeindet (Samtgemeinde Clenze, 2006 Samtgemeinde Lüchow (Wendland)). Mit der Unterbrechung der Bahnlinie Bremen–Berlin nach der deutschen Teilung 1945 wurde Nienbergen auf westlicher Seite Endstation und erhielt einen Bahnhof (Zugverkehr 1974 eingestellt, 1999 wieder aufgenommen, Bahnhof nicht reaktiviert). Im Jahr 1821 lebten rund 110 Menschen in Niendorf, 1905 gut 155, 1946 fast 270 und 2004 etwa 95.
Ältestes Zeugnis der Niendorfer bzw. Nienbergener Kirchengeschichte ist das Kapellengebäude selbst, das vielleicht im späten 13. Jh. errichtet wurde; ein wiederverwendetes Holz im Turm lieferte das allerdings sehr unsichere Dendrodatum 1276.7 Etwas jünger ist die Glocke, die zwar keine Inschrift trägt, nach ihrer Form zu urteilen aber aus dem 14. Jh. stammt. Die Kapelle Niendorf gehört zum Kirchspiel Schnega.
Zusammen mit ihrer Muttergemeinde wechselte die filia Niendorf zur luth. Lehre als Hzg. Ernst I. († 1546) ab 1527 die Reformation im Fsm. Lüneburg einführte.8 Im Protokoll der Kirchenvisitation von 1543 sind Kapelle und Kapellengeschworene erstmals schriftlich erwähnt: „Jurati der capellen tho Nigendorpe“.9
Anfang des 20. Jh. fand alle drei Wochen ein Nachmittagsgottesdienst in der Kapelle Niendorf statt, 1935 insgesamt 17 Gottesdienste.10 Das Kapellengebäude war Eigentum der Interessentengemeinschaft „Capellengemeinde Niendorf bei Bergen“, der die Ev.-luth. KapG Niendorf das Gebäude 1964 abkaufte.11 Zum 1. Januar 2009 hob das LKA Hannover die KapG Niendorf auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Schnega.12
Kapellenbau
Rechteckiger Saalbau mit halbrunder, leicht eingezogener Apsis, erbaut etwa im späten 13. Jh.13 Satteldach, über der Apsis gerundeter Walm. Feldsteinmauerwerk, an der Apsis breiter Stützpfeiler mit Pultdach. Nach Norden zwei Rechteckfenster, nach Süden ein und an der Apsis drei Rundbogenfenster; nach Süden rundbogiges Portal. Im Innern flache Balkendecke, an den Wänden gemalte Weihekreuze. Um 1781 Instandsetzung. 1964 wurde Kapelle Eigentum der KapG (vorher Interessentengemeinschaft „Capellengemeinde Niendorf bei Bergen“). 1965 Instandsetzung.
Turm
Vierseitiger Westturm mit vierseitigem ziegelgedecktem Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel und Wetterhahn, erbaut vermutlich im späten 15. oder frühen 16. Jh. (Dendrodatum Turmgerüst und Turmdach: 1520/21).14 Feldsteinmauerwerk. Im Glockengeschoss an jeder Seite je zwei segmentbogige Schallfenster mit Backsteinrahmung, im Mittelgeschoss an jeder Seite ein Schartenfenster; nach Norden rundbogiges Portal.
Ausstattung
Schlichter Blockaltar mit gemauertem Stipes. – Leicht erhöhte Holzkanzel mit polygonalem Kanzelkorb, zeitweise über dem Altar angebracht.
Geläut
Eine LG, gis’’ (Bronze, Gj. 14. Jh.), gotische Form, keine Inschrift.
Friedhof
Kirchlicher Friedhof bei der Kapelle, seit 1964 Eigentum der KapG.15
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 10049–10050 (Pfarroffizialsachen); D 79 (EphA Lüchow); S 11a Nr. 7657 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 34–37; Behn, Wendland, S. 118–119; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 981; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 187–188; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 29–30; Manecke, Beschreibungen II, S. 129; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 221; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 71–72; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 138; Wübbenhorst, Datierung, S. 99–101.
B: Martin Himstedt: Die Pfarrkirche St. Michael zu Schnega, o. J. [Abbildungen]; Gerhard Lühring: Nienbergen, in: Bei uns in Bergen an der Dumme, hrsg. von Wilhelm Meier-Peithmann, Bergen an der Dumme 2003, S. 521–526; Horst W. Rakow: 1142 – Nendorpe – Nienbergen. Doppelrundling in der Swinmark. Bauerndorf und Kapellenort (= Beiträge zur Geschichte und zur Beschreibung des Hannoverschen Wendlandes), Schnega 2022, bes. [S. 21–22].
Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle, Friedhof, Kapellenanlage.
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 271.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 188: Die drei übrigen Niendörfer heißen seitdem Nienwedel, Nienwalde und Nienhof. Zum Ortsnamen vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 138.
- UB Verden II, Nr. 32. Zur Frage des angeblichen Doppeldorfs Niendorf, bestehend aus den beiden Rundlingen Groß-Niendorf und Klein-Niendorf vgl. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 188.
- Zu Gft. bzw. Vogtei Warpke vgl. Osten, Propstei Schnega, S. 16 ff.
- Osten, Propstei Schnega, S. 18 und. S. 23 f.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 100 (die Unsicherheit folgt aus der geringen Anzahl Jahresringe).
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
- Kayser, Kirchenvisitation, S. 541.
- Ahlers, Pfarrbuch 1909, S. 216; LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1935.
- LkAH, G 9, Nr. 3431, Bl. 26.
- KABl. 2009, S. 46 f.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 99 ff. und S. 111.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 100.
- LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1964.