Sprengel Lüneburg, KK Gifhorn | Patrozinium: Paulus | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Das Gemeindegebiet umfasst die Gifhorner Oststadt, die besonders seit den frühen 1960er Jahren bebaut wurde. Hier entstand ein Wohngebiet mit überwiegend Einfamilienhäusern und einigen größeren Wohnblocks. Der Stadtteil vergrößerte sich in den 1990er Jahren weiter, als sich zahlreiche Spätaussiedler aus der Sowjetunion hier ansiedelten. Die werktätige Bevölkerung arbeitete seinerzeit zu einem Großteil in Wolfsburg (VW-Werke) und in Gifhorn (Automobilzulieferer Teves).1
Kirchlich gehörte das Gebiet zunächst zur 1959 gegründeten Martin-Luther-KG Gifhorn, die dort lebenden Familien „besuchten jedoch lieber die näher gelegene Nikolai-Kirche“.2 Erste Impulse zum Aufbau eines eigenständigen Gemeindelebens gingen von P. Walter Schubert (amt. 1961–1962) aus, der 1962 den Bus „Kirche unterwegs“ für eine Woche in den entstehenden Stadtteil holte (Predigten, Vorträge, Diskussionen). In die Amtszeit des Prädikanten Georg Ritz (amt. 1962–1966) fiel der Bau des Gemeindehauses. Die Luthergemeinde hatte sich seinerzeit zwischen dem Bau einer Kirche für die Gesamtgemeinde oder den Bau eines Gemeindehauses für die entstehende Gemeinde im Bostelfeld entscheiden müssen.3 Zur Zeit der Grundsteinlegung im Jahr 1965 lebten hier etwa 1.000 Gemeindeglieder; Anfang September 1966 konnte der erste Gottesdienst gefeiert werden. 1967 folgte die Gründung eines Kirchenchors und 1968 die Eröffnung eines Kindergartens (östlich neben dem Gemeindehaus).
Zum 1. Januar 1969 schließlich machte sich die „Ev.-luth. Paulus-Kirchengemeinde“ selbständig und übernahm eine Pfarrstelle der Luthergemeinde.4 In der anlässlich der Gemeindegründung herausgegebenen Festschrift heißt es: „Die Paulus-Kirchengemeinde ist eine junge Gemeinde, ohne festgefahrene oder veraltete Formen und Traditionen. Deshalb hat sie die fast einmalige Chance aufzubauen und kann versuchen neue Wege zu gehen“.5 Erster Pastor der neuen KG mit knapp 2.850 Gemeindegliedern war P. Jürgen Oltmanns (amt. 1966–1978). 1973/74 erbaute die Paulusgemeinde nördlich gegenüber dem Gemeindehaus eine Altenbegegnungsstätte, die gleichzeitig als Schwesternstation diente (letztere 1981 in die Sozialstation Gifhorn eingegliedert). Das Pfarrhaus westlich von Altenbegegnungsstätte, Gemeindehaus und Kindergarten vervollständigte 1975 den Paulus-Campus. Als die Zahl der Gemeindeglieder 1977 auf etwa 5.000 gestiegen war, erhielt die Gemeinde eine zweite Pfarrstelle.6
Mit der 1972 eingeweihten kath. St. Altfrid Kirche in der Gifhorner Südstadt arbeitete die Paulusgemeinde bald zusammen: gemeinsame Einschulungsgottesdienste, verschiedene ökumenische Veranstaltungen, gemeinsame KV-Sitzungen.7 Mit der ev. Kirchgemeinde St. Katharinen in Annaberg-Buchholz (Sachsen) baute die Paulus-KG eine Partnerschaft auf.8
Zur Unterstützung des Gemeindelebens gründete sich 1990 der Freundeskreis der Paulus-Gemeinde. Den Kindergarten erweiterte die Gemeinde 2010 zu einem Ev. Familienzentrum; beide Einrichtungen befinden sich seit Januar 2017 in Trägerschaft des „Ev.-luth. Kindertagesstättenverbandes Gifhorn“.9
Die Paulusgemeinde kooperiert mit den übrigen fünf Gifhorner luth. und kath. Stadtgemeinden in der Initiative GemeindeForum. Unter dem Motto „füreinander, orientierend, richtungsweisend, unterhaltsam, miteinander“ laden sie zu gemeinsamen Veranstaltungen und Projekten ein.

Pfarrstellen

I: 1969, übernommen von Martin-Luther-KG.10 – II: 1977–2016.11

Umfang

Der östliche Teil der Stadt Gifhorn, im Nordwesten begrenzt durch die Bahnlinie, im Südwesten durch den Calberlaher Damm.12

Aufsichtsbezirk

Mit Errichtung der KG 1969 zum KK Gifhorn.

Gemeindehaus

Schlichter, langgestreckter Rechteckbau mit schmaler Rechteckapsis, leicht ostnordöstlich ausgerichtet, erbaut 1965/66 (Architekt: Rudolf Pramann, Braunschweig). Flach geneigtes Satteldach; Kirchsaal im östlichen Gebäudeteil. Im Innern holzverschalte, zeltförmige Decke. 1981 Gebäude nach Osten verlängert. 2001/02 Sanierung. 2006 Neugestaltung Eingang.

Fenster

An der Südseite des Kirchsaals drei große Buntglasfenster (1980er Jahre, Swantje Baron, Gifhorn): „Jesus predigt an der Ise“, „Jesus zieht in Gifhorn ein“ und „Jesus der Weltenrichter“.

Turm

Freistehende, offene Stahlkonstruktion, bekrönt mit Kreuz, erbaut 1968. Holzverschalte Glockenstube.

Ausstattung

Schlichter Altartisch (Holz, Stahl). – Hölzernes Kruzifix an Altarwand (1980er Jahre, Hans-Jürgen Kutzner, Hildesheim). – Niedrige Kanzel (Holz, Stahl). – Eiserner Taufständer (1994, Peter Asendorf, Bissendorf). – Eiserner Osterleuchter (1994, Peter Asendorf, Bissendorf).

Orgel

Zunächst Harmonium. 1967 Kleinorgel vom Martin-Luther-Haus übernommen, gebaut 1961 von Klaus Becker (Kupfermühle), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleiflade.13 1986 Anschaffung einer Elektroorgel der Firma Ahlborn, 32 II/P.

Geläut

Eine LG, (Bronze, Gj. 2009, Petit & Gebrüder Edelbrock, Gescher), Inschriften: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ sowie „Gottes Nähe feiern“; Bild: Siegel der KG. – Früherer Bestand: Eine Lg, es’’ (Eisenhartguss, Gj. 1950, Firma Weule, Bockenem), seit 1966 in Gifhorn, zuvor in der KG Algermissen; anlässlich des 40jährigen Jubiläums der KG 2009 durch eine neue LG ersetzt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1975). – Kindergarten (Bj. 1968, 1983 um einen Wohnteil erweitert). – Altenbegegnungsstätte (1973/74).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 1089 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 8180 (Findbuch PfA).

Literatur

B: 25 Jahre ev.-luth. Paulus-Gemeinde. 1969–1994. Gifhorn, Brandweg, hrsg. vom Kirchenvorstand der Paulus-Gemeinde, Gifhorn [1994]; 50 Jahre 1969–2019. Rückblicke, Einblicke und Ausblicke, hrsg. von der ev.-luth. Paulus-Kirchengemeinde, 2019; Unsere Gemeinde. Festschrift zur Gründung der Paulus-Kirchengemeinde in Gifhorn-Bostelfeld, [Gifhorn 1969]; Ulrich Roshop: Gifhorn. Das Werden und Wachsen einer Stadt, Gifhorn 1982.

GND

2112175-8, Evangelisch-Lutherische Paulus-Kirchengemeinde (Gifhorn)


Fußnoten

  1. 25 Jahre, S. 4; LkAH, L 5h, unverz., Gifhorn, Paulus, Visitation 1983.
  2. Unsere Gemeinde, [S. 5].
  3. Unsere Gemeinde, [S. 6].
  4. KABl. 1969, S. 8.
  5. Zit. in: LkAH, L 5b, unverz., Spez. KG Gifhorn Paulus, Visitation 1971.
  6. LkAH, L 5h, unverz., Gifhorn, Spez. KG Paulus, Visitation 1977; KABl. 1977, S. 56.
  7. LkAH, L 5h, unverz., Gifhorn, Spez. KG Paulus, Visitation 1983. Vgl. auch 50 Jahre, S. 7.
  8. LkAH, L 5h, unverz., Gifhorn, Spez. KG Paulus, Visitation 1983.
  9. KABl. 2017, S. 102 ff.
  10. KABl. 1969, S. 8.
  11. KABl. 1977, S. 56; 50 Jahre, S. 37.
  12. 50 Jahre, S. 40.
  13. Piper, Orgeln, S. 12.