Sprengel Lüneburg, KK Gifhorn | Patrozinium: Martin Luther | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

In der Nachkriegszeit und besonders im Kontext der Eröffnung des Teves-Werks (Automobilzulieferer) im Jahr 1951 wuchs die Gifhorner Südstadt schnell an.1 Die „Gemeinnützige Gifhorner Wohnungsbau-Genossenschaft“ trieb zusammen mit der „Niedersächsischen Heimstätte“ den Siedlungsbau voran. Zur Sozialstruktur der KG heißt es 1970, sie sei „vielschichtig gestaltet und birgt deshalb viele Spannungen in sich. Ein grosser Teil ist in der Industrie tätig und steht der Kirche gleichgültig gegenüber.“2 Um 1960 lebten etwa 9.000 Menschen im Süden Gifhorns.

Gemeindezentrum, Kirchsaal, Blick zur Orgel, nach 1967

Gemeindezentrum, Kirchsaal, Blick zur Orgel, nach 1967.

Kirchlich gehörte das Gebiet ursprünglich zur Gifhorner Nicolaigemeinde. Seit 1953 betreute P. Ernst Albertz (amt. 1953–1959) die Südstadt; zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde im Kreisjugendheim, später in einem Kino. Im Sommer 1955 gründete sich der „Verein zur Förderung des Kirchen- und Gemeindehausbaues e. V. Gifhorn-Süd“ und im November des gleichen Jahres konnte der Grundstein für das „Martin-Luther-Haus“ gelegt werden. Am 17. März 1957 weihte die Gemeinde das Haus ein. Zwei Jahre später gründete sich dann die „Ev.-luth. Martin-Luther-Kirchengemeinde Gifhorn“; eine Pfarrstelle von St. Nicolai ging auf die neue Gemeinde über.3 1961 erhielt die Gemeinde eine zweite Pfarrstelle und 1968 errichtete das Landeskirchenamt eine Pastorinnenstelle.4
Schon 1966 hatte die Martin-Luther-Gemeinde im östlichen Gemeindegebiet ein zweites Gemeindehaus einweihen können und zum 1. Januar 1969 machte sich dieser Bezirk als Paulus-KG selbständig.5 Der im Mai 1968 eröffnete Kindergarten im Bostelfeld und eine Pfarrstelle der Luthergemeinde gingen auf die neue KG über.
Um den Bau des Gemeindehauses im Bostelfeld zu ermöglichen, hatte die Luthergemeinde ihre Kirchenbaupläne in den 1960er Jahren zurückgestellt. Auch die Pläne zur Erweiterung des Gemeindehauses in den 1970er Jahren konnte die Gemeinde nicht verwirklichen. Erst 1985/86 entstand an der südlichen Längsseite des Martin-Luther-Hauses der neue Kirchsaal. In den 1970er und 1980er Jahren unterhielt die Martin-Luther-Gemeinde Kontakte zur Pare-Diözese (Tansania) und zur Kirche in Tamilnadu (Indien).6 1992 eröffnete die Gemeinde den Martin-Luther-Kindergarten, der sich seit Januar 2017 in Trägerschaft des „Ev.-luth. Kindertagesstättenverbandes Gifhorn“ befindet.7 Seit 2012 ist die Martin-Luther-Gemeinde pfarramtlich mit der Gemeinde St. Nicolai verbunden; 2019 erfolgte die Erweiterung des Pfarrverbundes um die Paulusgemeinde.
Mit den übrigen ev. und kath. Stadtgemeinden Gifhorns kooperiert die Martin-Luther-Gemeinde in der Initiative GemeindeForum. Unter dem Motto „füreinander, orientierend, richtungsweisend, unterhaltsam, miteinander“ laden sechs Gemeinden zu gemeinsamen Veranstaltungen und Projekten ein.

Umfang

Ursprünglich das Stadtgebiet Gifhorns südlich der Bahnlinie. Zum 1. Januar 1969 wurde der östliche Teil jenseits des Calberlaher Damms als Paulus-KG Gifhorn verselbständigt.8 Zum 1. Januar 1977 wurden der Wohnplatz Bahnhof Isenbüttel-Gifhorn aus der St.-Marien-KG Isenbüttel in die Martin-Luther-KG Gifhorn umgepfarrt.9

Pfarrstellen

I: 1959, übernommen von Nicolaigemeinde. – II: 1961. 1969 übergegangen auf die Paulusgemeinde und gleichzeitig neu errichtet.10 – III: 1968 („Pastorinnenstelle“), dauervakant seit 2000.11

Aufsichtsbezirk

Mit Errichtung der KG 1959 zum KK Gifhorn.

Kirchenbau

Gemeindezentrum aus Gemeindehaus, erbaut 1957 (Architekt: Rudolf Pramann, Braunschweig) und Kirchsaal, erbaut 1985/86. Verputzter Rechteckbau mit Satteldach; der Gemeindesaal diente bis 1986 auch als Gottesdienstraum. Kirchsaal als nach Süden ausgerichteter Querflügel. Satteldach, Wände verklinkert; bodentiefe Rechteckfenster, in der Mitte der südlichen Giebelwand vertikaler Fensterschlitz. Im Innern offener Dachstuhl, kleine Nordempore.

Fenster

Vertikaler Fensterschlitz im Altarraum künstlerisch gestaltet.

Turm

Südwestlich des Gemeindezentrums freistehender, offener Glockenträger aus zwei Betonscheiben, bekrönt mit Kreuz, erbaut 2005 (Architekt: Rüdiger Heitmann, Gifhorn). Holzverschalte Glockenstube. Zuvor: Freistehender Glockenträger, Stahlkonstruktion, erbaut 1958. Holzverschalung, 2005 abgerissen.

Ausstattung

Hölzerner Blockaltar. – Niedrige Holzkanzel. – Schlichter, hölzerner Taufständer. – Gemeindehaus: Auf dem Altar Kreuzigungsgruppe aus Stahl (1973, Karl Henning Saemann, Rethen). – Außen: Drahtplastik, Martin Luther mit Bibel (1957).

Orgel

Kirchbauverein stiftete 1955 ein Harmonium. 1962 Aushilfsorgel der Schlosskapelle übernommen, gebaut 1961 von Klaus Becker (Kupfermühle), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleiflade. 1967 an Gemeindehaus Bostelfeld abgegeben (später Paulus-KG). Neue Orgel 1967 angeschafft, erbaut 1962 von Klaus Becker (Kupfermühle), 8 I/P, mechanische Traktur, Schleiflade.12

Geläut

Eine LG, a’ (Bronze, Gj. 1958, Firma Rincker, Sinn), Inschrift: „Nun freut euch, lieben Christen g’mein“.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus I, Limbergstraße 31 (Bj. 1961). – Pfarrhaus II, Ludwig-Jahn-Str. (Bj. 1958/59, gekauft 1978). – Pfarrhaus III, Rosengarten 10 (Bj. 1962, verkauft 2014).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5a Nr. 1666–1668 (LSuptur. Calenberg-Hoya); S 09 rep Nr. 1090 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: Gemeindebuch KK Gifhorn, S. 15–18.
B: Georg Ritz: 20 Jahre Martin-Luther-Haus in Gifhorn. Erstes Heft, [Gifhorn 1977].

GND

2110182-6, Martin-Luther-Gemeinde Gifhorn


Fußnoten

  1. Roshop, S. 168 ff.; Ritz, S. 12 ff.
  2. LkAH, L 5b, unverz., Spez. KG Gifhorn Martin LuthAmer, Visitation 1970.
  3. KABl. 1959, S. 56 f.
  4. KABl. 1961, S. 10; KABl. 1968, S. 86.
  5. KABl. 1969, S. 8.
  6. LkAH, L 5h, unverz., Gifhorn, Martin Luther, Visitation 1982.
  7. KABl. 2017, S. 102 ff.
  8. KABl. 1969, S. 8.
  9. KABl. 1977, S. 16.
  10. KABl. 1961, S. 10; KABl. 1969, S. 8 und 14.
  11. KABl. 1968, S. 86.
  12. Piper, Orgeln, S. 12.