Frühere Gemeinde | Sprengel Lüneburg, KK Soltau | Patrozinium: Michael | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

1933/34 errichtete die Reichsregierung im Bereich der Gemeinde Schmarbeck einen Fliegerhorst, der nach einer nahe gelegenen Geländeerhebung den Namen „Faßberg“ erhielt. Für die bei der Luftwaffe beschäftigten Offiziere und höheren Beamten, Unteroffiziere und Arbeiter entstanden drei funktionale, heute zum Teil denkmalgeschützte Wohnsiedlungen, die administrativ zu einem „Luftwaffengutsbezirk“ zusammengefasst wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Anlagen zunächst von den Alliierten genutzt und 1956 an die neu aufgestellte deutsche Luftwaffe übergeben, die dort 1957 die Technische Schule der Luftwaffe 3 (TSLw3) einrichtete (31. Dezember 2013 aufgelöst, jetzt Technisches Ausbildungszentrum der Luftwaffe). Ausbilder und Lehrgangsteilnehmer mit ihren Familien stellten auch nach dem Zweiten Weltkrieg den Hauptteil der Einwohner von Faßberg. Die Einwohnerzahl belief sich 1948 auf etwa 2.700, 1970 auf etwa 5.500, 1981 auf etwa 5.800. Ein Antrag auf Umwandlung des Gutsbezirks alter Art in eine selbständige politische Gemeinde wurde 1945 noch abgelehnt. Seit 1958 war Faßberg gemeindefreier Bezirk und stand damit als Körperschaft unmittelbar unter der Aufsicht des Bundes. 1973 bildete es mit Müden/Örtze, Poitzen und Schmarbeck eine Samtgemeinde. Seit 1. Januar 1977 besteht die Einheitsgemeinde Faßberg.

Kirche, Ansicht von Südwesten, vor 1945

Kirche, Ansicht von Südwesten, vor 1945

GD fanden in Faßberg zunächst in wechselndem Turnus im Vorraum der Turnhalle auf dem Fliegerhorst statt. Der Bebauungsplan der Siedlung sah jedoch von Anfang an auch den Bau einer Kirche vor. Mit dem Bau einer Simultankirche am Marktweg entstand die einzige Garnisonkirche der NS-Luftwaffe.1 Während des Krieges wurde die ev.-luth. Zivilgemeinde durch den Wehrmachtspfarrer mitversorgt, davor und danach vorübergehend auch durch die KG Müden (Örtze).
Mit dem 1. Januar 1947 wurden die luth. Einwohner zu einer eigenen KG mit zunächst zwei Seelsorgebezirken (Zivil- und Militärseelsorge) zusammengeschlossen.2 Soweit die Stelle des hauptamtlichen Standortpfarrers nicht besetzt war, wurde auch die Soldaten nebenamtlich vom Faßberger Gemeindepfarrer betreut. Auch in der Zivilgemeinde stand das kirchliche Leben unter dem Einfluss des Militärs. Die starke Fluktuation durch Versetzungen und Kommandierungen und insbesondere der hohe Anteil an Gemeindegliedern aus ev. Gemeinden nicht norddeutsch-luth. Prägung in West- und Süddeutschland erschwerten den Aufbau eines geregelten Gemeindelebens. Für Gemeindeveranstaltungen wurden das angemietete Pfarrhaus, der KiGa (Bj. 1949, 1964 abgerissen) und die alte Schule genutzt. Ein neues Gemeindezentrum mit Pfarrhaus, neuem KiGa und Gemeinderäumen entstand zwischen 1961 und 1965 (Architekt: Heuer). Die ursprünglich dem Militärfiskus gehörige Michaelkirche ging 1966 durch Kauf in das Eigentum der ev.-luth. KG über. Mit der Weihe der kath. Heilig-Geist-Kirche (1967) endete das Simultaneum in Faßberg.
Mit dem 1. März 2009 wurde die KG Faßberg mit der KG Müden (Örtze) pfarramtlich verbunden und zu einem KG-Verband zusammengefasst.3 Zum 1. Januar 2013 erfolgte die Vereinigung beider Gemeinden zur St.-Laurentius-KG Faßberg-Müden.

Pfarrstellen

I: 1. Januar 1947. – II: 1. Oktober 19824, 1. Dezember 1995 aufgehoben.5

Umfang

Die Ortschaft Faßberg (Luftwaffensiedlung).

Aufsichtsbezirk

Seit Gründung zum KK Soltau.

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, vor 1945

Kirche, Blick zum Altar, vor 1945

Schlichter, rechteckiger Saalbau aus Ziegelmauerwerk mit ursprünglich 800 Plätzen (1937/38, Architekt: Wilhelm Kröger, Hannover; Einweihung 18. Dezember 1938). Eingezogener Chorraum mit geradem Ostschluss. Seitenkapelle an der Südseite. Satteldach. Decke aus Holzbalken und Hartfaserplatten. Orgelempore im Westen. Die Ausmalung (mit Figuren der vier Evangelisten an der Südwand) stammt von dem Kunstmaler Thiede, Hamburg), die Bauplastik von Prof. Ludwig Vierthaler aus Hannover (an der südlichen Außenwand der Kirchenpatron Michael im Kampf gegen den Drachen nach Offb 12,7–11, über dem Südeingang der heilige Christophorus und über dem Haupteingang Christus als Weltenherrscher, letzteres 1984 bei einem Sturm beschädigt und vereinfacht wiederhergestellt). Innenrenovierung 1977. Als einziger reichseigener Kirchenbau der NS-Zeit steht das Kirchengebäude seit 2019 unter Denkmalschutz.

Fenster

Altarfenster mit Kreuzigungsgruppe, Gebrüder Kuball (Hamburg).

Turm

Dachreiter aus Fachwerk mit Holzschindeln.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar mit hölzerner Mensa auf einem Kunststeinunterbau. – Halbrunde Betonkanzel mit Schalldeckel in der Ostwand des Schiffs, an der Brüstung Relief mit Christus als Weltenrichter, auf dem Schalldeckel Skulptur einer Taube. – Zylindrischer Taufstein aus Sandstein und Beton mit der Darstellung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer. – Altar, Kanzel und Taufe wurden von Ludwig Vierthaler gestaltet.

Orgel

Neubau 1938/39 durch Lothar Wetzel (Hannover), 15 II/P, pneumatische Traktur. 1958 übernahm die Gemeinde die 1862/63 von P. Furtwängler (Elze) erbaute Orgel aus der Kirche von Apelern, die hierbei durch die Firma Schmidt & Thiemann (Hannover) generalüberholt und um drei Zungenregister aus der Wetzel-Orgel ergänzt wurde; 23 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG (Bronze, Gj. 2019, Firma Rincker, Sinn), ohne Inschrift, Bild: Kreuz; geweiht am Michaelistag 2019. – Früherer Bestand: Eine LG, d’’ (Stahl, Gj. 1938, J. F. Weule, Bockenem); die Glocke trägt als Glockenschmuck das Hoheitszeichen der NS-Luftwaffe (Luftwaffenadler mit Hakenkreuz); 2018 beschloss der KV den Austausch der Glocke; sie soll in Zukunft als Mahnmal im Gemeindehaus aufgestellt werden.

Friedhof

Waldfriedhof. Eigentum der politischen Gemeinde.

Kirchenbücher

Taufen: ab 1947
Trauungen: ab 1947
Begräbnisse: ab 1947
Kommunikanten: ab 1953 (Zahlenregister: 1947–März 1953)
Konfirmationen: ab 1947
Früher siehe Müden a.d. Örtze.

Garnisongemeinde
Kirchenbücher

Taufen: 1936–1945
Trauungen: 1936–1945
Begräbnisse: 1936–1945

Literatur

B: Maja Albert: Die ev-luth. Michaelkirche in Faßberg. Eine Garnisonkirche aus der NS-Zeit, in: Die Denkmalpflege 78 (2/2020), S. 149–154; Christian Berndt: Die Michaelkirche in Faßberg zum 70. Kirchweihjubiläum am 4. Advent 2008, [2008]; Christoph M. Glombek: Chronik der Gemeinde Faßberg mit den Ortschaften Müden/Örtze, Poitzen und Schmarbeck, [Faßberg 2002]; Hans Stärk: Fassberg. Geschichte des Fliegerhorstes und des gemeindefreien Bezirks Fassberg in der Lüneburger Heide, [Wietze] 1971.

Weitere Bilder

Fußnoten

  1. Vgl. dazu zuletzt Albert, S. 149 ff.
  2. KABl. 1946. S. 82.
  3. KABl. 2009, S. 71.
  4. KABl. 1982, S. 154.
  5. KABl. 1995, S. 210.