Frühere Gemeinde | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Münden | Patrozinium: Laurentius1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Barlissen war Stammsitz des ostfälischen Uradelsgeschlechts von Berlevessen (Berlepsch), dessen Burg wohl nach Mitte des 14. Jh. zerstört wurde und verfiel. Die Ortsbezeichnung erscheint erstmals 1233 in Verbindung mit dem Personennamen Cunradus de Berleibisin.2 Besitz hatten in Barlissen auch die Herren von Boventen. 1477 wurde das Dorf an Hans VII. von Boventen und Dietrich von Uslar verpfändet und 1482 zugunsten Bodos von Adelebsen aufgelassen. Die Lehnsherrschaft lag bei den Edelherren/Gf. von Everstein und kam 1408 an die Welfen (Fsm. Calenberg, Amt Münden). – Seit 1973 Ortsteil der Gemeinde Jühnde.
Die Kirchengründung ging wohl von der Tauf- und Synodalkirche zu Dransfeld im Archidiakonat Nörten aus.3 Von der mittelalterlichen Kirche sind nur Reste erhalten. Ein eigener Geistlicher ist erstmals 1297 mit dominus Jordanus plebanus in Berleuessen, Zeuge in einem Landverkauf des Knappen von Berlevessen an das Kloster Mariengarten, belegt. 1300 wird der Pleban Conrad genannt4, 1308 Th[eodericus] plebanus in Berleuescen5, 1329 Theodericus.6 Der 1384 und 1431 erwähnte kerkhof in Berleuessen verweist auf die Existenz einer selbständigen Pfarrkirche. Einführung der Reformation durch Elisabeth von Calenberg 1542 (Visitation des Amts Münden wohl im Anschluss an die Stadt Münden im November 1542).7 – Die KG Barlissen war – wohl schon seit vorref. Zeit – mit Jühnde pfarramtlich verbunden. Seit den 1970er Jahren wurde die Vereinigung der „landschaftlich, strukturell und verkehrsmäßig“ zusammengehörenden KG Barlissen, Jühnde und Meensen diskutiert.8 Der Zusammenschluss der drei Gemeinden zur Ev.-luth. Trinitatis-KG Jühnde-Barlissen-Meensen wurde mit dem 1. Oktober 2005 vollzogen.9

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Nörten (ursprünglich wohl Sedes Dransfeld, vor 1519 zur Sedes Sieboldshausen10) der Erzdiözese Mainz. – 1588/89 zur neu errichteten Insp. Dransfeld, deren Sitz 1636 nach Münden und vor 1637 im Tausch nach Göttingen verlegt wurde (Insp. Göttingen). 1804 zur wieder errichteten Insp. (1924: KK) Dransfeld, ab 1. Januar 1929 zum KK Münden. Seit 1. Januar 2023 KK Göttingen-Münden.11

Patronat

Ursprünglich die von Berlepsch als Besitzer des Guts in Barlissen, im 14. Jh., erstmals urkundlich nachweisbar. 1364 fiel das Gut in Barlissen mit den Patronatsrechten im Erbgang an die von Boventen. Nach Übergang der Oberlehnshoheit an die Welfen (wohl 1477)12 belehnte Hzg. Heinrich der Mittlere 1482 den Ritter Bodo von Adelebsen als Erbherrn der Burg Jühnde u. a. mit dem Kirchlehen zu Jühnde, Barlissen und Klein Schneen.13 Seither ist das Patronat mit dem Gut Jühnde verbunden, das nach dem Aussterben des Jühnder Linie der Herren von Adelebsen 1664 durch Frhr. Otto Grote zu Schauen erworben wurde. Die Rechte und Pflichten des Patronats der Frhr. Grote für Jühnde (und damit auch Barlissen) blieben nach der Vereinigung der KG 2005 in Kraft.14

Kirchenbau

Rechteckiger, spätbarock erneuerter Saalbau aus Kalkbruchstein mit Architekturgliedern aus Rotsandstein. Romanische Reste (ehemalige Burgmauer, Palas) in der Nordmauer, erst nach 1297 in den Kirchenbau einbezogen. Im Osten (Sakristei) wohl die Reste der mittelalterlichen Vorläuferkapelle. Flachgedeckter Innenraum, die Decke mit klassizistischen Stuckornamenten. Der hintere Teil ist durch eine Fensterwand als Gemeinderaum und Winterkirche abgetrennt.

Fenster

Die Sprossenfenster sind in den mittleren Scheibenfeldern mit christlichen Symbolen gestaltet.

Turm

Wehrhafter Westturm aus Sandsteinquadern, ursprünglich wohl Bergfried der Burg, über dem Chor in Teilen gotisch, vielleicht nach der Zerstörung des Ortes 1297 ausgebessert.15 Ins Achteck überführter, schiefergedeckter Spitzhelm mit schmalen Seitengiebeln (1896).

Ausstattung

Kanzelaltar, über dem Altartisch ein Messing-Relief des segnenden Christus. – Farbig gefasster Taufstein aus Buntsandstein mit dem Wappen der Familie von Adelebsen (dat. 1604).16 – Kreuzigungsgemälde (ehemaliges Altarbild).

Orgel

Erbaut in der ersten Hälfte oder Mitte 19. Jh. vielleicht aus der Werkstatt von Stephan Heeren (Gottsbüren) oder August von Werder (Northeim) ; wurde 1888 aus der Kirche in Witzenhausen-Gertenbach für Barlissen angekauft und unter Austausch des Pfeifenmaterials und Veränderung der Disposition durch den Orgelbaumeister Carl Heyder (Mühlhausen) dort aufgebaut. 1964 Restaurierung durch Rudolf Janke (Bovenden), 10 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG in c’’ (Bronze, Gj. 1892, J. J. Radler, Hildesheim).

Friedhof

Am südlichen Ortsausgang. Ursprünglich kirchlich, jetzt in Trägerschaft der Kommune.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 102a (PfA Barlissen).

Kirchenbücher

Taufen: 1629–1852 (Lücken: 1651–1653, 1702)
Trauungen: 1633–1852 (Lücken: 1651–1653, 1657, 1660–1664, 1666, 1672, 1675, 1676, 1679, 1682, 1687, 1689–1699, 1702, 1719, 1721, 1730)
Begräbnisse: 1719–1852
Kommunikanten: ab 1838–1875
Konfirmationen: 1832–1866

Mutterkirche Jühnde; später im Kirchenbuch der Mutterkirche.

Literatur

A: Gemeindebuch KKV Münden, S. 56 f.; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 190; Lufen, Denkmaltopographie Altkr. Münden, S. 217 f.
B: Horst Gerke: Die Pastoren und Schulmeister in Jühnde und Barlissen von der Reformation bis zur Mitte des 19. Jh. (= Jühnder Mitteilungen, Heft 6), [Burscheid] 2001; Joachim Jünemann: Beiträge zur älteren Geschichte von Burg und Dorf Barlissen, Kr. Münden, in: Göttinger Jahrbuch 1964, S. 121–147; Joachim Jünemann: Das Patronat der Kirchen in Jühnde, Barlissen und Klein Schneen, in: Göttinger Jahrbuch 16 (1968), S. 49–72.


Fußnoten

  1. Erst 1647 urkundlich belegt. Vgl. Jünemann, Patronat, S. 62.
  2. Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 1233.
  3. Jünemann, Patronat, S. 50.
  4. UB Mariengarten, Nr. 33.
  5. UB Mariengarten, Nr. 103 f.
  6. Nach Jünemann, Patronat, S. 63.
  7. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 248, Anm. 503.
  8. LkAH, B 2 G 1/Barlissen (Vermerk Dezernat 13, 16.12.1974).
  9. KABl. 2005, S. 252–254.
  10. Kayser, Registrum II, S. 277.
  11. KABl. 2022, S. 189 ff.
  12. Dolle, Herren von Boventen, S. 405.
  13. UB Herren von Boventen, Nr. 556.
  14. KABl. 2005, S. 252–254.
  15. Jünemann, Beiträge, S. 136.
  16. Mathies, Taufbecken, S. 114; DI 66, Lkr. Göttingen, A1, Nr. 49 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di066g012a1004907.