Sprengel Osnabrück, KK Melle-Georgsmarienhütte | Patrozinium: Dreifaltigkeit | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist Laer erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 851 erwähnt. Kg. Ludwig der Deutsche bestätigt darin, dass er dem Kloster Herford Güter geschenkt habe, u. a. in villa quae nuncupatur Lodre (im Ort, der Laer genannt wird).1 Das benachbarte Glandorf ist urkundlich erstmals im Jahr 1074 als Glanathorpe belegt.2 Beide Orte gehörten seit dem späten 14. Jh. zum Amt Iburg des Hochstifts Osnabrück. Seit Ende des Dreißigjährigen Krieges wechselten sich kath. und luth. Bischöfe in der Regierung des Hochstifts ab, letztere stammten stets aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg.3 Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 wurde das Hochstift als Fsm. Osnabrück Teil des Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Hannover). In der Zeit der französischen Herrschaft zählten Laer und Glandorf zunächst zum Kgr. Westphalen (1807–1810) und dann zum Kaiserreich Frankreich (1811–1813). Nach der Niederlage Napoleons gehörten Laer und Glandorf wieder zum Amt Iburg, zunächst im Kgr. Hannover und ab 1866 im Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung kamen beide Orte 1885 zum Kr. Iburg, der 1932 im Lkr. Osnabrück aufging. Im Jahr 1975 erhielt Laer die Bezeichnung Bad. 1972 wurde Glandorf nach Laer eingemeindet und 1981 wieder verselbständigt. 1961 lebten rund 4.750 Menschen in Laer und 4.850 in Glandorf, 2017 lagen die Werte bei etwa 9.250 und 6.650.

Bodelschwinghsche Notkirche in Holsen-Ahle (Kr. Herford), seit 1952 in Glandorf, Foto nach 1912, vor 1952

Bodelschwinghsche Notkirche in Holsen-Ahle (Kr. Herford), seit 1952 in Glandorf, Foto nach 1912, vor 1952

Laer und Glandorf waren bis zur Mitte des 20. Jh. fast ausschließlich kath. geprägt. Zwar hatte der Osnabrücker Bf. Franz von Waldeck 1543 die luth. Lehre eingeführt und Hermann Bonnus damit beauftragt, eine Kerckenordnung vor de landkercken des stifts Osenbrugge zu erarbeiten; 1548 jedoch zwang das Domkapitel den Bf., die Reformation zurück zu nehmen. Da keine vollständige Rekatholisierung gelang, blieben die konfessionellen Verhältnisse in den Dörfern und Städten des Hochstifts zunächst unklar und uneinheitlich. Der Jesuit Albert Lucenius visitierte Ende November 1624 beide Kirchspiele und entwarf ein recht trostloses Bild: Die Kirchen seien unordentlich und schmutzig, die Pfarrer ungebildet. Das Abendmahl teilten sie zwar in beiderlei Gestalt aus, allerdings ohne über dem Wein die Konsekrationsworte zu sprechen, die zweite Gestalt sei also nur vorgetäuscht (sub altera specie ficte). Der Bericht über Laer endet mit den Worten Miserere, deus miserere! (Erbarme dich, Herr, erbarme dich).4 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges schließlich teilten Katholiken und Lutheraner die Kirchspiele des Osnabrücker Landes untereinander auf: Glandorf und Laer fielen der kath. Seite zu (1650, Capitulatio perpetua Osnabrugensis).5 P. Johann Schulrabe (amt. 1633–1650) musste daher die Pfarrstelle Laer aufgeben; ab 1652 war er Hilfspfarrer in der Kapelle Reher (Kirchspiel Aerzen, südwestlich von Hameln).6
Erst mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs siedelten sich in nennenswerter Zahl ev. Familien in Laer und Glandorf an. Die beiden „Flüchtlingsgemeinden“, wie P. Günther Herbst (amt. 1949–1961) formulierte, gehörten zur KG Iburg. Neben dem Hauptgottesdienst in Iburg predigte P. Günther im wöchentlichen Wechsel auch in Laer und Glandorf; in den dortigen Gottesdiensten folgte er der Liturgie der Altpreußischen Union.7 In Laer lebten 1950 etwa 650 Lutheraner und in Glandorf 750 (1954: 300 und 500, 1961: 269 und 270).8 Zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde in Laer seit 1951 in einem angemieteten Gemeinderaum; in Glandorf erwarb die KG Iburg ein Grundstück und errichtete dort 1952 die hölzerne Kapelle „Kripplein Christi“. Das Gebäude, eine Bodelschwinghsche Notkirche nach Entwürfen des Architekten Karl Siebold, war 1912 in Holsen-Ahle erbaut worden. Die Glandorfer kauften sie, bauten sie im November 1952 ab, transportierten die Einzelteile nach Glandorf, bauten die Kirche dort etwas verkürzt wieder auf und weihten sie am vierten Advent 1952 ein. Der Name geht auf eine im frühen 17. Jh. im schlesischen Fraustadt (heute Wschowa) eingerichtete Kirche zurück.9
Nachdem die Gemeindegliederzahlen in den 1970er Jahren wieder stark anwuchsen, bekam der Iburger Pfarrer seit 1981 zunächst Unterstützung durch einen Pfarrer der Landeskirche. 1984 erhielt die Gemeinde dann eine zweite Pfarrstelle und teilte sich in zwei Gemeindebezirke, die schnell als eigenständige Gemeinden agierten: Bad Iburg einerseits sowie andererseits Bad Laer und Glandorf.10 Zum 1. Januar 1989 errichtete das Landeskirchenamt schließlich die Ev.-luth. KG Bad Laer, in die auch die Einwohner Müschens (vorher KG Bad Rothenfelde) und Schwege (vorher KG Kattenvenne, Ev. Kirche von Westfalen) eingepfarrt wurden.11
Schon anlässlich der Visitation der KG Bad Iburg 1986 hatte der Sup. des KK Georgsmarienhütte angemerkt, dass in Bad Laer ein Gemeindezentrum erbaut werden müsse, nicht zuletzt wäre dies auch für die Kurseelsorge nützlich.12 Um Spenden für den Bau zu sammeln, gründete sich ein Förderverein. Am Trinitatisfest 1993 konnte die Gemeinde schließlich Kirche und Gemeindehaus in Bad Laer einweihen. In der Kapelle in Glandorf versammelt sich die Gemeinde seit 2009 einmal im Monat zum Gottesdienst. Die KG Bad Laer ist seit 1993 Trägerin der integrativen Kindertagesstätte Arche Noah und unterhält eine Partnerschaft mit der südafrikanischen KG Enhlanzeni.

Umfang

Die politischen Gemeinden Bad Laer (ohne OT Remsede) und Glandorf.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1989 zum KK Georgsmarienhütte. Seit Januar 2013 KK Melle-Georgsmarienhütte.13

Kirchenbau – Dreifaltigkeitskirche Bad Laer

Einschiffiger Rechteckbau mit halbrunder Apsis, ausgerichtet nach Süden, erbaut 1991–93 (Architekt: Wilhelm Pörtner, Hilter). An der Westseite ist das langgestreckte Gemeindehaus angebaut. Satteldach mit überhöhtem, gläsernem First; vertikale Fensterschlitze an den Längsseiten. Platz vor Gemeindehaus und Kirche von Betonsäulenkolonade gerahmt. Im Innern runder Altarraum.

Turm

Links vor der nördlichen Stirnseite, offener Turm aus zwei Betonscheiben mit vertikalem Glockenstuhl.

Ausstattung

Steinmensa mit halbrundem Stipes, Altar symbolisiert Abendmahlskelch (Entwurf: Jörn Heinrich). – Abstrakt gestaltetes, farbiges Altarkreuz (Klaus Kijak, Osnabrück).

Orgel

Elektronische Orgel, Geschenk der kath. KG St. Mariae Geburt Bad Laer. Neue elektronische Orgel 2006.

Geläut

Drei LG, I: h’’, Trauer- und Auferstehungsglocke, Inschrift: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“; II: cis’’, Gebetsglocke, Inschrift: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“; III: e’’, Tauf- und Hochzeitsglocke, Inschrift: „Gott hat dir nicht gegeben einen Geist der Angst, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (alle Bronze, Gj. 1993, Firma Petit & Edelbrock, Gescher).

Kirchenbau – Kripplein Christi Glandorf

Dreischiffiger, basilikaler Holzständerbau mit Blechdach (Bodelschwinghsche Notkirche), errichtet 1912 in Holsen-Ahle (Kr. Herford), Architekt: Karl Siebold (Bielefeld). 1952 abgebaut, nach Glandorf transportiert und dort verkürzt wiederaufgebaut, ausgerichtet nach Nordosten. Satteldach, niedrigere Seitenschiffe mit Pultdächern; rechteckige Obergadenfenster, Fenster an südwestlicher Stirnseite zweistöckig angeordnet. Eingang an Südostseite. Im Innern flache Decke im Mittelschiff, Dachschräge in den schmalen Seitenschiffen, geschlossene Empore im Südwesten, darunter Gemeinderaum. Dachsanierung 1977/78. Gesamtsanierung 1997/98 (Holzbockbekämpfung, Empore zu Jugendetage umgebaut).

Turm

Kleiner Dachreiter mit vierseitigem Pyramidendach, bekrönt mit Kreuz.

Ausstattung

Hölzerner Altar. – Kreuz an Altarwand (Holz und Bronze, 1998, Siegfried Zimmermann, Hannover), finanziert aus einer Spende der kath. KG St. Johannis Glandorf. – Hölzerner Taufständer (1998).

Orgel

Als Orgel diente zunächst „ein Gerät, dessen Pfeifen aus Konservendosen gemacht sein mussten“.14 1973 Kleinorgel angeschafft, erbaut von Firma Gebrüder Oberlinger (Windesheim), 5½ I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, es’’’ (Bronze, Gj. 1956, Gebrüder Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: Eine LG aus der alten Schule in Schierloh.15

Friedhof

Ein Friedhof am westlichen Ortsrand von Bad Laer, angelegt 1884, im Eigentum der kath. KG Mariae Geburt. FKap. Zwei Friedhöfe in Glandorf (an der Windmühle und am Liener Landweg), im Eigentum der kath. KG St. Johannis Glandorf.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 84 (EphA Georgsmarienhütte); L 5f Nr. 207, 299, 1076 (LSuptur. Osnabrück); 9 rep Nr. 648 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 119; Wrede, Ortsverzeichnis Fürstbistum Osnabrück II, S. 2–5 (Laer) und ebd. I, S. 185–188 (Glandorf).
B: Richard Sautmann & Ludwig Wahlmeyer (Hg.): Die Bad Laer Geschichte, Bielefeld 2000; Richard Sautmann: Ländliche Alltagsgeschichte und lokale Geschichtsvermittlung: die Bad Laer Geschichte in der Neuzeit, Oldenburg 2002 (urn:nbn:de:gbv:715-oops-3286); Rolf Westheider: Das „Kripplein Christi“ in Glandorf – Vom Provisorium zum Kuriosum, in: Heimat-Jahrbuch Osnabrücker Land 2010, S. 234–242.


Fußnoten

  1. MGH DD LdD 61 [Digitalisat]; Sautmann & Wahlmeyer, S. 61 ff.
  2. Osnabrücker UB I, Nr. 162, zur Datierung: Prinz, Territorium, S. 104, Anm. 1.
  3. Feldkamp, Bedeutung, S. 79 ff.
  4. Bär, Protokoll Albert Lucenius, S. 239 ff. (Zitate S. 241 und S. 240); Pabst, Nebeneinander, S. 13 ff. Zur Visitation des Albert Lucenius vgl. Steinwascher, Wildwuchs, S. 215 ff.
  5. Fink, Drucke, S. 33; Wöbking, Konfessionsstand, S. 137 ff.; Sautmann & Wahlmeyer, S. 207 ff. Ausschlaggebend für die Zuteilung sollte die konfessionelle Orientierung im ‚Normaljahr‘ 1624 sein, über die anhand des Protokolls von Lucenius und anhand von Zeugenaussagen entschieden wurde.
  6. Heinrich Lücke: Aerzen. 800 Jahre Kirchengeschichte, Göttingen 1952, S. 38.
  7. LkAH, L 5f, Nr. 204 (Visitation 1950).
  8. LkAH, L 5f, Nr. 204 (Visitation 1950, Visitation 1954 und Visitation 1961).
  9. Ausführlich zur Bau- und Umzugsgeschichte: Westheider, S. 234 ff. Auch die Osnabrücker Mariengemeinde hatte 1951/52 erwogen, die Kirche zu erwerben (für die zu gründende Paul-Gerhardt-Gemeinde im Stadtteil Haste). Sie sollte seinerzeit 19.800 DM kosten (LkAH, B 2 G 9/Osnabrück, Paul Gerhardt Bd. I, Bl. 2).
  10. LkAH, L 5f, Nr. 206 (Visitation 1986).
  11. KABl. 1989, S. 8 und 38.
  12. LkAH, L 5f, Nr. 206 (Visitation 1986).
  13. KABl. 2012, S. 177 f.
  14. Zit. bei Westerheider, S. 241.
  15. Westerheider, S. 241.