Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld | Patrozinium: Nikolaus und Katharina | KO: Calenberger KO von 1569
Orts- und Kirchengeschichte
Die Ursprünge von Alfeld, 1019/22 als Alevellon, erstmals nachgewiesen1, liegen im sogenannten Alten Dorf, einer mit der Dingstätte des Gaugerichts verbundenen Siedlung im Norden der nachmaligen Stadt, die später zugunsten der Neuansiedlung an der Leine aufgegeben wurde und nach der Hildesheimer Stiftsfehde (1519/23) ganz wüst fiel. Die heutige Stadt entstand wohl im 12. Jh. Nach der Stadterhebung im späten 12. oder frühen 13. Jh. entwickelte sie sich zur zweitwichtigsten Stadt des Hochstifts Hildesheim. 1214 wird ein villicus (herrschaftlicher Verwalter) des Bf. erwähnt.2 Die Erwähnung von consules et universitas civium in Alfelde (1221) belegen, dass Alfeld zu diesem Zeitpunkt bereits Stadt war. An der Leinefurt bestand eine 1358 erstmals bezeugte Burg. Nach der Hildesheimer Stiftsfehde kam Alfeld 1523 an das Hzm. Braunschweig-Wolfenbüttel, durch den Restitutionsrezess von 1643 wieder an das Fbm. Hildesheim.
Das alte Dorf hatte eine dem heiligen Georg und den 14 Nothelfern geweihte Kirche, die 1383 niederbrannte, zunächst wieder aufgebaut wurde und wohl erst mit der Aufgabe des Dorfs endgültig unterging. Ihre Pfarrstelle wurde 1557 an die Nikolaikirche übertragen und die Einkünfte dem dortigen Diakon überwiesen3, der noch 1644 als „Pastor der Georgskirche“ bezeichnet wird. Die Nikolaikirche wurde wohl bald nach der Stadtgründung im 12. Jh. erbaut. Sie wurde durch Bf. Siegfried II. von Hildesheim 1355 dem Kloster Marienrode inkorporiert.4 1394 bekundet der Rat zu Alfeld, dass die Olderlude von St. Nicolai alljährlich am Tag vor dem letzten Marientag und am ersten Montag in den Fasten fünf Seelmessen mit Vigilien begehen lassen wollen.5
Zwischen 1386 und 1526 wurden mindestens acht Nebenaltäre errichtet, darunter der Bartholomäusaltar in der Halle des nördlichen Turms, (1386 gestiftet von dem Knappen Henrik Burmester)6, an dem die Seelmessen für die Familien von Wrisberg und von Stöckheim gelesen wurden. Die Brüder von Wrisberg bezahlten ab 1406 jährlich 17 Schilling zur Beschaffung des Messweins. – 1393 weihte der Hildesheimer Bf. Gerhard von Berg einen durch den Ritter Ludolf von Wenden gestifteten Altar.7 – 1409 erhielten Heinrich von Steinberg und sein Sohn Hilmar die Genehmigung zur Stiftung eine Kapelle, für welche die von Steinberg einen eigenen Geistlichen unterhielten8 (Steinbergsche Kapelle, mit Grabgewölbe der Familie). 1482 wird ein dem Simon und Judas geweihter Altar genannt9, 1483/85 der Altar Unser lieben Frauen und St. Georgii. 1506 stiftete Ludelef Rothmann den Altar zu den heiligen fünf Wunden Jesu Christi. Die Einbecker Bürger Becker und Tisemann beschenkten 1517 den Altar St. Matthaei. 1526 schließlich stiftete Johann Rolant, Vikar der Kreuzkirche in Hildesheim, den Altar Septem gaudiorum (zu Ehren der Jungfrau, des Matthias, der fünf Genossen usw.) mit einer Vikarie.10
Alfeld war seit mindestens 1205 Sitz eines Archidiakonats. Seine Archidiakone waren hildesheimer Domkapitulare, die den Bann von Hildesheim aus verwalteten und den Pfarrdienst vor Ort durch Plebane versehen ließen. Als Archidiakone sind belegt: Hermann von Hardenberg (1339), Wilhelm von Volkersen (1418), Heinrich von Langelgen (1444), Nikolaus von Quitzow (1456) und Georg Berner (1531).11 Als Geistliche in Alfeld erscheinen Magister Richardus plebanus jn Aluelde (1236)12; Arnoldus plebanus de Alvelde (1250/51)13; Berthold (1313); Engelfridus […] perrere to Alvelde (1343, 1348)14; Janes van Oldendorpe, perner to Alvelde (1406)15; J. Kramer und H. Wettensen (1424); Bern von Emmerke (1456); Konrad Olsboren (1482); Arn von Ymessen (1483/86); Tiseman Wisen (Propst zu Stotterlingerburg, Vikar des Altars St. Matthias in der Alfelder Kirche, 1510) sowie Johann Buthewische (1519 durch Ernst von Wrisberg mit der Bartholomäus-Vikarie belehnt16).
Der Landtag beschloss 1542 nach der Vertreibung Heinrichs des Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel durch die Koalition des Schmalkaldischen Bundes die Einführung des luth. Bekenntnisses. Im Oktober 1542 nahmen Johannes Bugenhagen und Antonius Corvinus eine Visitation vor. Alle Mitglieder des Rats, die die Annahme der neuen Lehre verweigerten, sollten aus demselben entfernt werden. Anlässlich der Visitation in Alfeld ist erstmals der Gebrauch des von Martin Luther 1524 herausgegebenen Gesangbuchs im Bereich der heutigen Ev.-luth. Landeskirche nachgewiesen.17 Erster luth. P. war der wohl von Corvinus empfohlene Heinrich Vogelmann, der zuvor in Hameln und Herford tätig gewesen war (1547 nach Herford zurückgekehrt und dort 1568 noch nachweisbar).18 Heinrich Eyken, zuvor kath. Geistlicher in Alfeld, wurde nach Übertritt zur neuen Lehre 1543 vom Rat der Stadt zum zweiten P. bestellt.
Zur Publikation der neuen KO hielt der Wolfenbütteler Sup. C. Moller 1544 eine zweite Visitation ab. Mit der Rückkehr der Hzg. 1547 setzte eine vorübergehende Phase der Rekatholisierung ein. Die beiden luth. Geistlichen wurden aus der Stadt vertrieben. Erst nach Heinrichs Tod 1568 wurde die Stadt endgültig für die Reformation gewonnen. Noch im gleichen Jahr fand eine erneute Visitation statt, bei der die Aufsicht über das Kirchenvermögen einem aus dem Rat, den beiden Pfarrern und vier Provisoren bestehenden Kollegium übertragen wurde. Zum ersten P. wurde Nikolaus Ebenius ernannt, zum zweiten P. (Diakon) Conrad Peine.
Schon 1542 war das Vermögen der Bruderschaften in den Armenkasten überführt worden. Im Zuge der Neuordnung des kirchlichen Lebens übereignete das Konsistorium in Wolfenbüttel 1582 auch das Vermögen des 1381 erstmals erwähnten Alfelder Kaland19, der in der Nordostecke der Nicolaikirche über eine eigene Kapelle verfügt hatte, an die Kirche.20 Im Dreißigjährigen Krieg wurde 1630 GSup. Johannes Brüning (amt. 1624–1648) durch die Katholiken vertrieben und nach der Besetzung der Stadt durch schwedische Truppen 1633 wieder zurückgeführt. 1641 wurde die Stadt, die u. a. durch den Hopfenanbau zu einer wirtschaftlichen Blüte gelangt war, durch kaiserliche Truppen geplündert. Die Rückkehr unter die Landeshoheit des Hildesheimer Bf. (1643) hatte keine nachhaltigen Auswirkungen auf den konfessionellen Status mehr. Die St.-Nicolai-Kirche blieb in den Händen der Lutheraner, die KG litt aber unter den Repressalien der bischöflichen Verwaltung. Eine Erleichterung trat mit dem vorübergehenden Übergang an das Kgr. Preußen durch den Reichsdeputationshauptschluss (1803) und unter französisch-westphälische Herrschaft (1807–1813) ein. Seit 1815 war Alfeld Teil des Kgr. Hannover.
Bedeutende Inhaber der ersten Pfarrstelle waren M. Andreas Leopoldi (amt. 1596–1599), vorher Sup. und Hofprediger in Herzberg, nachher Sup. und Hofprediger in Quedlinburg; Heinrich Martin Eccard (amt. 1665–1669), vorher Prof. der Philosophie und Mathematik an der Universität Rinteln; Johannes Lucas Pestorf (amt. 1670–1688), später Hofprediger am Braunschweiger Dom, Generalissimus und Abt von Riddagshausen; Johann Heinrich Wilhelm Eduard Twele (amt. 1850–1853), später GSup. in Hildesheim. Auf der zweiten Pfarrstelle ist Gustav Heinrich Sesser (amt. 1846–1851) zu erwähnen, später Oberschulrat in Hannover und Verfasser einer hebräischen Grammatik.
Auf Anregung von Sup. Twele und P. Nolte konstituierte sich 1852 ein kirchlicher Frauenverein, der der erste im Bereich der hannoverschen Landeskirche war.
Der Zahl der Gemeindeglieder war immer recht groß. Anfang der 1970er Jahre stieg sie auf über 11.000 an. Schon 1950 war eine dritte, 1968 eine vierte Pfarrstelle errichtet worden. Für das Gebiet westlich der Leine wurde 1965 ein zweites Gemeindezentrum errichtet, das 1988 verselbständigt wurde (Alfeld, Frieden). Die Nicolai-KG verfügt seither wieder über drei Pfarrstellen (Suptur.-Pfarre und zwei Pfarrbezirke). Seit dem 1. Mai 2009 ist die Nicolai-KG mit der St.-Petri-KG Röllinghausen pfarramtlich verbunden.21
Pfarrstellen
I: Vorref. – II: 1543. – III: 1. Juli 195022 (1. Juni 1988 an Alfeld, Frieden). – IV: 1. Januar 196823 (ab 1. Juni 1988: III).
Umfang
Die Stadt Alfeld mit dem Neuenkrug und dem Armenhaus. Für das Gebiet zwischen den Stadtteilen Limmer, Föhrste und Gerzen wurde zum 1. Juni 1988 ein eigener Pfarrsprengel (Alfeld, Frieden) gebildet.
Aufsichtsbezirk
Ursprünglich Archidiakonat Freden, vor 1470 nach Alfeld verlegt. 1205 als Archidiakonat Alfeld nachweisbar. – In Fortführung des alten Archidiakonats wurde Alfeld 1542 Sitz der Suptur. der Insp. Alfeld, deren Amtsbereich die KG der Stadt Alfeld und der Gerichte Wickensen (Herrschaft Homburg), Winzenburg, Holzminden-Allersheim, Fürstenberg, die Stadt Lamspringe sowie die adeligen Dörfer dieser Gerichte, zusammen 43 Pfarren mit 23 Filialdörfern24, später die Ämter Winzenburg, Gronau, Poppenburg und Hunnesrück umfasste. Das Ephoralamt war mit der ersten Pfarrstelle verbunden. Suptur.-Sitz war von 1569 bis 1680 Wrisbergholzen, nachher wieder Alfeld. Der KK (seit 1924) wurde am 1. Januar 2011 mit dem KK Hildesheimer Land zum KK Hildesheimer Land-Alfeld (gegliedert in die Amtsbereiche Alfeld und Elze) vereinigt. – Mit dem Erlass der KO von 1569 durch Hzg. Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel wurde Alfeld 1569 auch Sitz einer GSuptur., deren Amtsbereich der der Suptur. von 1542 entsprach. Zugehörige Insp. (deren Zuschnitt häufiger wechselte) waren Halle, Holzminden, Wrisbergholzen/Alfeld und Lamspringe (mit Sitz in Groß Freden bis 1659). 1806 wurde die GSuptur. Alfeld mit der von Bockenem vereinigt. 1818 wurde die Zuständigkeit auf das gesamte ehemals stiftshildesheimische Gebiet ausgedehnt, 1833 der Sitz des GSuptur. von Alfeld nach Elze, 1853 nach Hildesheim verlegt.
Patronat
Das Patronat über die erste Pfarrstelle wurde 1353 von Bf. Heinrich III. dem Kloster Marienrode übertragen (Bestätigung der Inkorporierung durch den Kardinallegaten Pileus de Prata, 27. September 137925) und mit dem Hildesheimer Rezess vom 12. Mai 1570 an den Landesherrn abgetreten (bis 1871). Das Patronat über die zweite Pfarrstelle hatte die Stadt Alfeld (seit 1543), der es die von Wrisberg als frühere Inhaber des Patronats über den St.-Bartholomäus-Altar 1720/56 streitig machten. Die Stadt setzte sich in einem Rechtstreit letztlich mit ihren Ansprüchen durch. Das Patronat einschließlich des Präsentationsrechts für die zweite Pfarrstelle bestand fort. Die Rechtsbeziehungen zwischen Stadt und KG wurden durch ein Regulativ vom 25. April 1867 und Vereinbarung vom 30. Juni 1966 neu festgesetzt.26
Kirchenbau – St. Nicolai
Die ursprünglich romanische Basilika des 13. Jh. wurde ab dem 14. Jh. in eine spätgotische dreischiffige Hallenkirche zu sieben Jochen umgestaltet. Ausführung in rotem Röllinghäuser Sandstein auf grauen Fundamentquadern. Vom romanischen Bau sind Teile des Querhauses im mittleren Joch erhalten. Vor dem südlichen Zugang zum Querhaus wurde ab 1409 die Steinschergsche Kapelle mit gotischen Fenstern und Maßwerk angebaut (1423 vollendet). Eine Sakristei wird 1482 urkundlich erwähnt. 1746 erhielt die Kirche anstelle der bisherigen Quergiebel über den Seitenschiffen ein alle drei Schiffe überspannendes Satteldach mit barockem Dachreiter. – Im Innern wurde als Folge der Reformation 1574 der Lettner abgebrochen. 1888/92 erfolgte eine umfassende Renovierung unter der Leitung des Baumeisters Schwartz (Hildesheim), insbesondere die völlige Neugestaltung des Innenraums, bei der sämtliche Emporen bis auf die Orgelempore abgebrochen und die Epitaphe, Totenschilde sowie Grabmale entfernt wurden. Einige Grabplatten wurden den Außenwänden angebracht. Die Steinbergsche Kapelle, deren Obergeschoss zuletzt als Ratsprieche gedient hatte, wurde zum Innenraum verschlossen, die Grablege vermauert (blieb aber als solche erhalten). Der Chor wurde ebenfalls im späten 19. Jh. neu erbaut (ursprünglich wohl Rundapsis, die beim spätgotischen Umbau bis 1503 zu einem flachen Chorabschluss mit Maßwerkfenster umgestaltet wurde). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Steinbergsche Kapelle zur Gedenkstätte für die Opfer beider Kriege umgestaltet (Entwurf: Ernst Witt). – 1932, 1961 (Innenrenovierung), 1977/78 (Neugestaltung des Altarraums durch Siegfried Zimmermann) und 1990/2000 Renovierung der Kirche.
Fenster
Pfingstfenster im Chorraum; Tauffenster (beide von Heinz Lilienthal, 1969/70).
Turm
Spätgotischer Westriegel mit Doppelturmanlage, in der heutigen Form mit zwei achtseitigen Pyramidenhelmen oberhalb der Glockenstube vor 1488. Zum Bau der Türme übertrugen die Brüder Ernst und Hans von Wrisberg dem Rat der Stadt und der Pfarrkirche St. Nicolai 1486 ihren Sandsteinbruch in Röllinghausen. Die nördliche Turmhalle war früher St.-Bartholomäus-Kapelle, die südliche Turmhalle wohl Taufkapelle. Im nördlichen Turmhelm befand sich ehedem die Turmwächterstube.
Ausstattung
Ein Barockaltar von 1738 und die hölzerne Kanzel von 1669 wurden beim Umbau der Kirche 1888/92 entfernt und durch eine einheitliche neugotische Ausstattung ersetzt. Nach mehreren provisorischen Lösungen, besteht die jetzige liturgische Ausstattung des Altarraums aus einem Altaraufsatz, Hängekreuz und Osterkerzenleuchter des Bildhauers Siegfried Zimmermann aus Hannover-Marienwerder (1978). – Hölzerne Kanzel mit Darstellung der vier Evangelisten (Entwurf von Baumeister Schwartz, Hildesheim, 1888). – Gotischer Taufstein aus der Zeit um 1400, seit 1576 als Stiftung des Bürgermeisters Joachim Lindenberg in St. Nicolai (im Chor). Taufschale aus Kupfer mit Deckelgriffen aus Bergkristall von 1958. Ein weiterer Taufständer aus rot marmoriertem Sandstein, vielleicht aus der Werkstatt von Daniel Bartels (vor 1696), befindet sich jetzt in der Sakristei. – Spätromanisches Triumphkreuz (wohl um 1250). – An der Brüstung der Orgelempore Szenen aus dem Neuen Testament, von unbekanntem Meister nach Vorlagen von Mathäus Merian dem Älteren (wohl Ende 17. Jh.). – In der Turmhalle spätgotische Tabernakel aus weißem Sandstein, mit Resten roter Fassung und Vergoldung (Anfang 15. Jh.).27 – Kronleuchter, u. a. gestiftet von der Kramergilde (1711) und der Schuhmachergilde (1824). – Mehrere Epitaphe und Grabsteine, teilweise außen an der Kirche angebracht, darunter: Epitaphe der Catharine von Hanstein (1568) und der Margarethe von Veltem (1576) in der Steinbergschen Kapelle; Epitaph für den Landsknechtsführer Christoph von Wrisberg († 1580). Außen an der Kirche u. a. Grabmal des Braunschweig-Lüneburgischen Präfekten und Amtmanns Henricus Heinemeyer († 1567), des Konsistorialrats und GSup. Heinrich Ernst Owenus († 1758) und des Feldherrn Christoph von Wrisberg sowie von Marie Elisabeth Gfn. von Hoym, geb. Gfn. von Lasberg († 1784) und der Charlotte Gfn. von Hoym († 1799).
Ein ehemaliger Alfelder Schnitzaltar (Marienaltar) von Conrad Borgentrik (Braunschweig, vor 1500), 1888 an den Frankfurter Dompfarrer Münzenberger verkauft, kam nach seiner Restaurierung in die Minoritenkirche in Köln. – Ein weiterer Schnitzaltar des sogenannten Urbanmeisters (um 1520) mit der Madonna auf der Mondsichel, Papst Urban und dem heiligen Mauritius, auf den Rückseiten die Heiligen Katharina und Lucia, wurde 1861/63 an das Welfenmuseum abgegeben und 1955 vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover erworben (Inven-Nr.: WM XXIII, 125a).
Orgel
Die Alfelder Kirche verfügte offenbar schon im Spätmittelalter über eine Orgel. Ein Organist wird 1526 erstmals erwähnt. 1574 nahm „Meister Hans“ aus Braunschweig einen Neubau des Instruments vor (23 II/P), der in seiner Grundsubstanz wohl bis in die zweite Hälfte des 19. Jh. erhalten blieb. 1672/74 wurde es durch einen unbekannten Orgelbauer umgebaut zu 21 II/P (HW, RP), Springladen. Eine Reparatur mit weiterem Umbau, bei dem die Springladen durch Schleifladen ersetzt wurden, dürfte 1783 durch Carl und Ludwig Benteroth (Seesen) vorgenommen worden sein. 1862/73 wurde die Orgel unter Beibehaltung alter Register durch Heinrich und August Schaper (Hildesheim) mit neugotischem Prospekt erneuert, 31 III/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. Vor 1955 Änderung der Disposition und Erweiterung zu 32 III/P. 1957/62 Umbau (Änderung der Disposition, Neubau der Mechanik, des Rückpositivs und des Spieltischs) sowie Erweiterung zu 37 III/P durch Friedrich Weißenborn (Braunschweig). 1969 Renovierung und Ergänzung um ein Rückpositiv durch Firma Emil Hammer Orgelbau (Arnum). Der 2010 gegründete Orgelbauverein St. Nicolai ermöglichte 2013–15 die Restaurierung und weitgehende Wiederherstellung des romantischen Klangbilds durch Jörg Bente (Helsinghausen). Das dritte Manual wurde unter Verwendung von altem Schaperschen Pfeifenmaterial als Echowerk neu aufgebaut. – Truhenorgel, erbaut 1996 von Emil Hammer (Hannover), 4 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1985), Instrument aufgestellt im Chor.28
Geläut
Fünf LG, I: f’ (sogenannte Nikolaus-Glocke, Bronze, Gj. 1468)29; II: b’ (Bronze, Gj. 1965, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg, Stiftung von Karl-Hermann Heise aus Anlass des 75jährigen Bestehens der Alfelder Eisenwerke30); III: (Bronze, Gj. 2010, Firma Bachert, Karlsruhe); IV: (Bronze, Gj. 2010, Firma Bachert, Karlsruhe). – Drei SG: I: Stundenschlagglocke (Bronze, Gj. 1681, Johann Barward Becker, Hildesheim); II: Viertelstundenschlagglocke in as’’ (Bronze, wohl aus der Erbauungszeit des Kirchturms, 14. Jh., im Dachreiter); III: (Bronze, 16. Jh.). – Früherer Bestand: Eine 1624 von Joachim Schrader (Hannover) gegossene Glocke in fis’’ wurde 1918 zu Kriegszwecken abgeliefert und 1929 durch einen Neuguss ersetzt; letztere 1941 gemeinsam mit der großen Glocke von 1750 (von Christian Ludwig Meier, Braunschweig; Umguss der 1699 gesprungenen Toten- und Armesünderglocke des Stückgießers Cordt Pagel, 1673)31 im Zweiten Weltkrieg ebenfalls zu Kriegszwecken beschlagnahmt. 1948 erfolgte die Beschaffung von zwei Klanggussglocken in d’ und g’ bei Firma Weule (Bockenem), die 2010 durch die beiden neuen Glocken ersetzt wurden; eine Stahlglocke jetzt vor der Kirche aufgestellt.
Kapellenbau – St. Elisabeth
Kapelle St. Elisabeth. Kleiner Rechteckbau, errichtet 1668, erneuert 1850, an den heutigen Standort versetzt 1982, ausgerichtet nach Norden. Satteldach. Fachwerk, Gefache verputzt und weiß gefasst, Nordseite mit Ziegelbehang. An den Längsseiten je zwei rechteckige Sprossenfenster. Rechteckportal nach Süden, darüber rechteckiges Sprossenfenster; am Türsturz Inschriftenbrett: „Gott segne Eingang und Ausgang“. Im Innern bemalte Balkendecke.
Fenster
Nach Süden Buntglasfenster (17. Jh.), Stadtwappen und Zunftzeichen von sieben Gilden.
Turm
Über dem Südgiebel verschieferter, vierseitiger Dachreiter mit vierseitigem Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne. An jeder Seite ein kleines, rechteckiges Schallfenster.
Ausstattung
Einachsiger, hölzerner Kanzelaltar, farbig gefasst; zwischen gedrehten Säulen polygonaler Kanzelkorb mit Schalldeckel, an den Wandungen Gemälde; Gebälk verziert mit Putten; kastenförmiger Altar mit seitlichen Schranken. – Hölzerner Taufständer, farbig gefasst; flaches achtseitiges Becken, kreuzförmiger Fuß.
Orgel
Truhenorgel, erbaut 1983 von Emil Hammer (Hannover), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1847).32
Geläut
Eine LG, b’’ (Bronze, Gj. 1705), Inschrift: „Iobst Hinrich König. Ioachim Weishof Vorstehere. 1705“.
Weitere kirchliche Gebäude
Suptur. und Pfarrhaus I, an der Wallstraße. An gleicher Stelle befand sich in vorref. Zeit der Sitz des Marienroder Abts (sogenannter Mönchehof), der 1570 vom Rat der Stadt erworben wurde. 1612/13 Bau des jetzigen Pfarrhauses. Das neben dem Seminar gelegene zweite Pfarrhaus wurde 1884 für eine Erweiterung des Seminargebäudes abgebrochen. 1874 Ankauf des Hauses Klinsberg 8, 1926 des Reicheschen Haues in der Holzerstraße 16 als zweites Pfarrhaus. Pfarrhaus III (Bj. 1962). Pfarrhaus IV (Bj. 1953). – 1692 wird ein Sup.-Witwenhaus erwähnt. Ein Pfarrwitwenhaus neben dem Suptur.-Gebäude wurde um 1730 erworben (1848 durch Brand zerstört und nicht wieder aufgebaut, das Grundstück später verkauft). – Lutherhaus (Gemeindehaus I) in der Kalandstraße (Bj. 1950/51) – Kalandhaus, Am Mönchehof 2 (Bj. 1982). – Jugendheim (Bj. 1959). – KiGa (Bj. 1974). – Verwaltungsgebäude St. Elisabeth (Kirchenkreisamt, Bj. 1827, 1982 an den heutigen Standort versetzt).
Friedhof
Beisetzungen fanden ursprünglich auf dem Kirchhof statt, der nach der Pestepidemie von 1598 nicht mehr ausreichte. Nach 1609 wurde vor dem Holzertor ein neuer Friedhof angelegt und 1616 eingeweiht. Für Bestattungen von vermögenden Gemeindegliedern wurde der Kirchhof allerdings noch weiter genutzt. 1880 wurde der Friedhof vor dem Holzertor noch einmal vergrößert, nach 1890 geschlossen. 1892 ließ der Magistrat an der Hildesheimer Straße einen kommunalen Friedhof anlegen. Eigene Begräbnisplätze hatten das Hospital St. Elisabeth, unmittelbar bei der Kapelle (bis 1883 genutzt), und das Hospital St. Spiritus (ab 1522: St. Pauli) mit einem Friedhof vor dem Leinetor (sogenannter Wasserkirchhof), auf dem u. a. die Selbstmörder und Verunglückten ihre letzte Ruhestätte fanden. Er wurde 1880 geschlossen.
Liste der Pastoren (bis 1947)
Erste Pfarrstelle (Die Inhaber der ersten Pfarrstelle waren Superintendenten der zeitweise großen lnspektion Alfeld, 1569–1833 auch Generalsuperintendenten.): 1542–1547 Heinrich Vogelmann. – 1569–1574 Magister Nicolaus Erben. – 1574–1581 Esajas Krüger. – 1581–1596 Magister Nicolaus Groscurdt (Großkurdt). – 1596–1599 Magister Andreas Leopold(i). – 1599–1623 Magister Bartholomeus Sengebähr. – 1624–1648 Magister Johannes Brüning. – 1648–1664 Dr. Achatius Mylius. – 1665–1669 Dr. Heinrich Martin Eccard. – 1670–88 Johannes Lucas Pestorf. – 1689–1718 Magister Johann Sebastian Leopold(i). – 1718–1727 Johann Justus –Berkelmann. – 1728–1733 Magister Johannes Konrad Stephan Hölling. – 1733–1758 Dr. Heinrich Ernst Owen. – 1758–1778 Friedrich Andreas Crome. – 1779–1800 Christian Josua Leopold Illing. – 1800–1828 Dr. August Friedrich Brackmann. – 1828–1833 Dr. Joachim Friedrich Christoph Brandis. – 1833–1838 Dr. Johann Ernst Wilhelm Gerike. – 1838–1850 Friedrich Wilhelm Theodor Meyer. – 1850–1853 Dr. Johann Heinrich Wilhelm Eduard Twele. – 1853–1859 Hermann Küster. – 1859–1866 Karl August Theodor Erck. – 1866–1875 Karl Philipp Ferdinand Meyer. – 1876–1890 August Friedrich Theodor Vahlbruch. – 1891–1913 Karl Friedrich Rudolf Krüger. – 1913–1925 Gustav Wilhelm August Otto Grünewald. – 1926–1930 Heinrich Friedrich Karl Brandt. –1930–1947 Ludwig Theodor Emil Otto Heinrich Kuhlgatz.
Zweite Pfarrstelle: 1542–1547 Heinrich Eyken. – Bis 1569 Hermann Rottrink (Rettering). – 1569–1598 Konrad Peine. – 1598–1627 Jakob Caspari. – 1627–1629 Paul Wiese (Weise). – 1629–1632 Johann Gutjahr. – 1630–16.. Bernhard Tidovius. – 1629–1630,1633–1634 Heinrich Bode. – 1634–nach 1656 Heinrich Beza (Bette, Betzen). – 1656–1685 Magister Jacob Heinrich Strube. – 1685–1710 Magister Kaspar Friedrich Martini. – 1710–1720 Johannes Justus Haas. – 1721–1733 Daniel Fahrenholz. – 1734–1756 Johann August Heinrich Reiche. – 1756–1779 Nicolaus Christoph Witting. – 1779–1831 Johann Konrad Müller. – 1832–1845 Georg Ludwig Wilhelm Ferdinand Schütze. – 1846–1851 Dr. phil. Gustav Heinrich Seffer. – 1852–1860 Karl August Rotte. – 1861–1867 Christian August Naumann. –1867–1872 Ludwig Ernst Friedrich Grütter. –1872–1873 Johann Christian Wilhelm Brügmann. – 1873–1891 Georg Julius Friedrich Ferdinand Baring. –1891–1920 Karl Johann Ludwig Ahrens. – 1920–1947 Friedrich August Heinrich Krüger.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 11–13
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 1 Nr. 141–167 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 108–142 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31 (Visitationen); D 43 (EphA Alfeld).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1571 (Lücken: Ende Jan. 1625–1633; unvollständig: 1801–1815)
Trauungen: ab 1672
Begräbnisse: ab1571 (Lücken: Ende Jan. 1625–1633, 1797–1802)
Kommunikanten: ab 1758 (Lücken: 1772–1778, 1815–1827)
Konfirmationen: 1836
Literatur & Links
A: Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 56, Nr. 6; Kiecker/Graff, KD Kr. Alfeld, S. 23–57; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 115–118; Gmelin, Tafelmalerei, Kat.-Nr. 123 [Marienaltar]; Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 609–618; Heinze, Geschichte Alfeld; Pape, Schaper, S. 122–131.
B: Die Restaurierung der Schaper-Orgel in Alfeld, hrsg. von der Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Nicolai Alfeld, [Alfeld 2015]; Kirchlicher Wegweiser für die ev.-luth. Kirchen-Gemeinde St. Nicolai in Alfeld (Leine), Alfeld 1929; Gerhard Kraus/Rosemarie Gonschorek: Kleine Alfelder Kulturgeschichte, Alfeld [2002]; Hasso von Poser und Gross-Naedlitz: St. Nicolai in Alfeld, München/Zürich 1986; Martha Scale: Geschichte der Stadt Alfeld (Leine) in neuer Sicht, Alfeld (Leine) [1973]; Rudolf Steinmetz: Die GSup. von Hildesheim I, in: ZGNK 43 (1938), S. 117–189.
Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche St. Nicolai, Kapelle St. Elisabeth, Superintendentur.
Website der Kirchengemeinde (01.11.2024)
Fußnoten
- UB HS Hildesheim I, Nr. 63.
- UB HS Hildesheim I, Nr. 631.
- Graff, Geschichte Kr. Alfeld, S. 375.
- Cal. UB IV, Marienrode, Nr. 341.
- Hartmann, Regesten I, Nr. 15.
- Hartmann, Regesten I, Nr. 10.
- Theele, Urkundenbuch, S. 13.
- Theele, Urkundenbuch, S. 13.
- Theele, Urkundenbuch, S. 22 f.
- Theele, Urkundenbuch, S. 40–46.
- Heinze, Geschichte Alfeld, S. 301.
- Sudendorf, UB I, Nr. 17; UB HS Hildesheim II, Nr. 445.
- UB S Hildesheim I, Nr. 214.
- UB S Hildesheim I, Nr. 933; ebd. II Nr. 18 und 26.
- Theele, Urkundenbuch, S. 13.
- Hartmann, Regesten II, Nr. 23.
- Kayser, Kirchenvisitationen, S. 90, Anm. 143.
- Kayser, Kirchenvisitationen, S. 89, Anm. 141.
- Theele, Urkundenbuch, S. 12.
- Die 1981 gegründete Alfelder Kalandsfamilie, die sich als Bindeglied zwischen Kirche, Handel und Handwerk sieht, knüpft an die Tradition des mittelalterlichen Kalands an.
- KABl. 2009, S. 80 f.
- KABl. 1950, S. 37.
- KABl. 1968, S. 12.
- Reller, Kirchenverfassung, S. 112.
- Schwarz, Papsturkunden, Nr. 1064.
- LKA, G 15/Alfeld, Nicolai.
- Müller, Sakramentsnischen, S. 95.
- Pape/Schloetmann, Hammer, S. 200.
- Drömann, Glocken Lkr. Hildesheim, S. 49 f.
- LkAH, L 5h, unverz., Alfeld, Nicolai, Visitation.
- Heinze, Geschichte Alfeld, S. 332.
- Pape/Schloetmann, Hammer, S. 190.