KapG der KG Nienstedt | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Elze | Patrozinium: Paulus1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf ist urkundlich möglicherweise als Hönde im Jahr 1170 erstmals belegt.2 Auch Hutcinghese, wo das Hildesheimer Stift St. Moritz 1294 zwei Hufen Land besaß, bezieht sich vermutlich auf Hönze.3 1305 erscheint der Ort als Honesse, 1369 wieder als Hotcingessen.4 Das Dorf gehörte zur Niederen Börde im Amt Winzenburg des Hochstifts Hildesheim und fiel nach Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) an das welfische Teilfsm. Braunschweig-Wolfenbüttel. Nach den (teilweise später ergänzten) Angaben im Winzenburger Erbregister von 1578 war das Dorf Hönze einschließlich der niederen Gerichtsbarkeit lange Jahre im Besitz der Familie Friese (Friso, von Frese) gewesen; 1607 erwarb Jonas burgtorff diese Rechte: „Das dorff Hönße mit dem Unter Gerichte im Dorffe und 120 Werck schue daraußen, neben dem Dienste, Erb Ländereÿ, zinsen Rauch Hüneren, Bauwbeliebungen und aller Gerechtigkeit, wie die Freesen selbiges von Undencklichen Jahren beseßen, genutzet unf gebrauchet hat Jonas burgtorff in Anno 1607. vermöge aufgerichteten Kauff brieffes an sich und die seinen Erblichen gekaufft und zählt.“5 Darüber hinaus besaßen auch die Herren von Steinberg zu Bodenburg Höfe in Hönze, einschließlich der Gerichtsbarkeit über deren Bewohner (Hönze war bis ins 19. Jh. ein Gerichtsdorf der Herren von Steinberg).6 Mit der Restitution des Großen Stifts kehrte Hönze 1643 unter stiftshildesheimische Landesherrschaft zurück. Mit den übrigen Dörfern der Niederen Börde kam Hönze 1690 zum Amt Gronau. Nach den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel das Gebiet des Hochstifts an das Kgr. Preußen. In den Jahren des französischen Satellitenkgr. Westphalen (1807–1813) gehörte das Dorf zum Kanton Gronau im Distrikt Hildesheim des Departements Oker. Ab 1815 zählte Hönze wieder zum Amt Gronau, zunächst im Kgr. Hannover und nach der Annexion von 1866 im Kgr. Preußen. Bei der Einführung der Kreisverfassung kam das Dorf 1885 zum Kr. Gronau (1932 Kr. Alfeld, 1977 Lkr. Hildesheim). 1974 wurde der Ort nach Sibbesse eingemeindet. Die landwirtschaftlich geprägte Haufensiedlung entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zu einem Pendlerdorf. Um 1810 lebten in Hönze gut 170 Menschen, 1939 gut 150 und 2003 etwa 400.

Altaraufsatz, 1935

Altaraufsatz, 1935

Hönze war ursprünglich, ebenso wie das benachbarte Möllensen, eine Tochtergemeinde von Eberholzen.7 Die Kapelle entstand in vorref. Zeit: Bei Sanierungsarbeiten in den 1980er Jahren fanden sich unter dem Putz im Innenraum zwei Weihekreuze und eine vermauerte Tür an der Südseite weist gotische Formen auf.8 Im Winzenburger Erbregister heißt es, die Kapelle sei mit Unterstützung der Familie Friese errichtet worden („die Freesen Capelle aber mit deren sonderbahren Hülffe erbauet“).9 Seit Ende der Hildesheimer Stiftsfehde erstreckte sich das Kirchspiel Eberholzen über zwei welfische Fsm.: Eberholzen gehörte als Enklave im Amt Winzenburg zum Fsm. Calenberg, Hönze und Möllensen zum Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel. Vermutlich wechselte Hönze zusammen mit der Muttergemeinde Eberholzen zur luth. Lehre, als Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen 1542 die Reformation einführte und die von Antonius Corvinus verfasste Kirchenordnung in Kraft setzte.10 Der erste luth. Prediger in Hönze war also vermutlich der Eberholzener P. Henrich Wyder. Auch das Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel übernahm 1542 die neue Lehre: Die Truppen des Schmalkaldischen Bundes hatten den kath. Hzg. Heinrich den Jüngeren vertrieben und die Statthalterregierung, eingesetzt von Lgf. Philipp von Hessen und Kfs. Johann Friedrich von Sachsen, ordnete die Einführung der Reformation an und verkündete 1543 die Christlike kerken-ordening im lande Brunschwig, Wulffenbüttels deles.11 1547 begannen in beiden Fsm. Bestrebungen zur Rekatholisierung: Hzg. Heinrich der Jüngere kehrte nach Braunschweig-Wolfenbüttel zurück und in Calenberg trat Hzg. Erich II., Elisabeths Sohn, zur kath. Kirche über. Die Calenbergischen Stände konnten 1553/56 jedoch die Beibehaltung der luth. Lehre durchsetzen. Da der Eberholzener P. Hermann Becker (amt. bis 1565) „der Religion wegen nicht hat über 20 Schritt aus dem Dorf gehen mögen“, konnte er die beiden Tochtergemeinden Hönze und Möllensen nicht mehr betreuen.12 Sie wurden abgetrennt und Hönze kam zum Kirchspiel Nienstedt, zu dem auch die KapG Eitzum gehörte.
Mitte des 18. Jh. ließ P. Karl Johann Konrad Groll (amt. 1731–1761) das Kapellengebäude erneuern; Fenster und Portal stammen vermutlich aus dieser Zeit. In der ersten Hälfte des 19. Jh. mussten zwei Strebepfeiler an der Ostwand errichtet werden. Mitte des 20. Jh. feierte die Gemeinde pro Jahr etwa acht Gottesdienste in der kleinen Kapelle, in den 1960er Jahren zehn bis zwölf.13 Bei der Visitation 1953 merkte der Elzer Sup. an, ein „wirklich kirchlicher Stamm“ finde sich im Kirchspiel Nienstedt eigentlich nur in Hönze.14 Umstrukturierungspläne der 1970er Jahre, die vorsahen, die KapG Hönze mit Möllensen und Eberholzen zu einer Kirchengemeinde zu vereinen, kamen nicht zur Verwirklichung.15
Als das Kapellengebäude Mitte der 1960er Jahre baufällig war, scheuten Gemeinde und Landeskirche die hohen Sanierungskosten. Der KV stimmte 1964 für den Abriss der alten Kapelle und den Bau eines neuen, multifunktionalen Gemeindehauses. Die politische Gemeinde schenkte einen Bauplatz und versprach, die Kapelle zu übernehmen und zu einem Feuerwehrgerätehaus umzubauen.16 Ende Oktober 1973 nahm die KapG Abschied von der alten Kapelle und weihte ihr neues Gemeindehaus ein, obwohl das Landeskirchenamt seit Anfang der 1970er Jahre eher die Sanierung der Kapelle favorisiert hatte. Später folgte der Bau eines freistehenden Glockenträgers. Die Umbaupläne jedoch wurden nicht verwirklicht und die alte Kapelle stand leer und ungenutzt. Der Architekt Wolfgang Dieckow vom landeskirchlichen Amt für Bau- und Kunstpflege überzeugte die Gemeinde schließlich, frühere Entscheidungen zu überdenken: „Dem Kirchenvorstand und sehr vielen anderen Menschen wurde langsam klar, dass das neue Gemeindehaus unsere alte Kapelle nicht ersetzen konnte und dass wir beinahe etwas vernichtet hätten, was seit Jahrhunderten der Mittelpunkt unseres Dorfes gewesen ist und niemals zu ersetzen gewesen wäre.“17 1978 begann die Gemeinde damit, das alte Kapellengebäude in Eigenleistung zu sanieren. Am Sonntag nach Weihnachten 1985 konnte sie den ersten Gottesdienst in der neuen alten Kapelle feiern.18 Die Einweihung folgte im August 1986 und die Glocke kehrte in den 1990er Jahren aus dem Glockenträger zurück in den Dachreiter der Kapelle.

Kirchenbau
Kapelle, Grundriss, vor 1939

Kapelle, Grundriss, vor 1939

Kleiner Rechteckbau, errichtet wohl im 15. Jh., später verändert. Satteldach, verputztes Bruchsteinmauerwerk mit verputzten Fachwerkgiebeln; Strebepfeiler an den Ostecken; Rechteckfenster, rechteckiges Portal in Westfassade, im Türsturz Inschrift: „1753 hat diese Capelle der Pastor Groll und die Altarleute Brunotte und Duvenkrop reparieren lassen“. Im Innern flachgewölbte Decke, West- und Ostempore (an Pfeiler auf Westempore Jahreszahl 1638). Erneuerung 1753 (Fenster, Tür; Eingang ursprünglich an Südseite). Ostwand 1830 mit Strebepfeilern gesichert und Giebelfeld erneuert. 1848 Dachreparatur. Renovierung 1953. Abrisspläne in den 1960er Jahren nicht verwirklicht. Seit 1978 Sanierung in Eigenleistung, Ende 1985 eingeweiht.

Turm

Hoher, verschieferter Dachreiter mit Zeltdach, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne, 1727 erbaut, 1950 erhöht und verstärkt.19 Rechteckige Schallfenster, Uhrziffernblätter nach Norden und Süden, Auslegestuhl für Uhrschlagglocke nach Norden. Turmuhr (Anfang 19. Jh.). Neue Turmuhr 1948 (J. F. Weule, Bockenem), 1979 repariert und neue SG.

Ausstattung

Sandsteinmensa (wohl 15. Jh.), Stipes 1985 neu gemauert. – Hölzernes Altarretabel (um 1650), architektonischer Aufbau, mit Schnitzwerk verziert; Mittelfeld mit Abendmahlsbild, flankiert von korinthischen Säulen; rechts und links kleinere Seitenfelder mit gemalten Blumenvasen; Giebelfeld fehlt (Altar 1985 restauriert). – Kanzel links im Altarraum (ursprünglich aus Heisede, seit 1985 in Hönze; vorherige Kanzel war oberhalb des Altars in Brüstung der Ostempore eingebaut, 1985 entfernt).20 – Taufstein (gestiftet 1963). Ehemalige Ausstattung: 1939 befanden sich auf Ostempore fünf Totentafeln bzw. -kästen mit Totenkronen (zweite Hälfte 19. Jh.).

Orgel

Zunächst Harmonium. 1960 Orgel von Gronauer Krankenhaus gekauft, Neubau 1959 von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 3 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1973 nach Eitzum abgegeben.21 Für Gemeindehaus 1973 elektronische Orgel erworben (Firma Ahlborn).

Geläut

Eine LG, d’’ (Bronze, Gj. 1947, F. Otto, Bremen-Hemelingen). Eine SG. – Früherer Bestand: Eine LG, verziert mit Eichenblattkranz (Bronze, Gj. 1844, Sebastian Lange, Hildesheim), geborsten und 1947 umgegossen zu heutiger LG.

Weitere kirchliche Gebäude

Gemeindehaus mit freistehendem, spitzpyramidenförmigem Glockenträger (Bj. 1973 bzw. 1976, Rechteckbau mit Satteldach).

Friedhof

Eigentum der politischen Gemeinde, in kirchlicher Verwaltung; FKap. (2002/03 vergrößert).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 8628 und 8639 (Pfarroffizialsachen); D 22b (EphA Elze); D 121b (KapA Hönze); S 11a Nr. 7617 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 151–153.

B: Sabine Hartmann: Die Samtgemeinde Sibbesse. Geschichten und Bilder von damals und heute, Sibbesse 2005, bes. S. 159–174; Joachim Klingebiel: Die Kapelle in Hönze, in: Hartmann (CD zum Buch).


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 121 (oder Maria).
  2. Leibniz/Scheidt, Origines Guelficae III, S. 510; Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 151.
  3. UB HS Hildesheim III, Nr. 1014; Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 151.
  4. UB HS Hildesheim III, Nr. 1222 und 1556; UB HS Hildesheim V, Nr. 1276.
  5. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 591 f. Jonas Burchtorf war 1592–1629 ev. Propst des Klosters Lamspringe (Dolle, Klosterbuch II, S. 908).
  6. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 592; NLA HA Hann. 72 Elze Nr. 315 und 316 (http://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2647553 und http://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2647554, 20.08.2018);
  7. Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 151.
  8. Klingebiel.
  9. Junker, Winzenburger Erbregister, S. 592.
  10. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 708 ff.; Butt, Herrschaft, S. 47 ff.
  11. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 4 und 22 ff.; Butt, Herrschaft, S. 42 ff.
  12. Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 225; Kayser, Kirchenvisitationen, S. 447, Anm. 925
  13. LkAH, L 5h, unverz., Nienstedt, Visitation 1946 und Visitation 1964.
  14. LkAH, L 5h, unverz., Nienstedt, Visitation 1953.
  15. LkAH, Best. B 2 K 1/Alfeld I, Bl. 46 f. (KKV Alfeld an LKA, 15.08.1973). Anlass war u. a. die politische Zugehörigkeit der drei Orte zur Samtgemeinde Sibbesse, während Nienstedt als Teil der Gemeinde Despetal zur Samtgemeinde Gronau gehörte.
  16. LkAH, L 5h, unverz., Nienstedt, Visitation 1964; ausführlich: Klingebiel.
  17. Klingebiel.
  18. Ausführlicher Bericht zur Sanierung bei Klingebiel, Abschnitt 3.
  19. Klingebiel.
  20. Jürgens u. a., KD Kr. Alfeld II, S. 152; Klingebiel.
  21. Klingebiel.