KapG der KG Willershausen, Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Harzer Land | Patrozinium: Ulrich1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Schriftlich ist der Ort erstmals mit Conradus de Westerhove im Jahr 1190 belegt.2 Die gleichnamige Burg ist zuerst 1294 als castrum Westerhove nachgewiesen.3 Ursprünglich war die Burg vermutlich im Besitz der Gf. von Katlenburg, später besaß die Familie von Oldershausen einen Anteil an Burg und Grafschaft, ebenso wie die Grubenhagener Linie der welfischen Hzg. zu Braunschweig und Lüneburg. Schrittweise erwarben die Bf. von Hildesheim in der ersten Hälfte des 14. Jh. die Gft. Westerhof: um 1294/1306 von Hermann, Bertold und Heinrich von Oldershausen, 1323 von den Hzg. Ernst, Wilhelm und Johann zu Braunschweig-Grubenhagen.4 In der Folgezeit war Westerhof in der Regel verpfändet (ab 1341).5 Nach der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) fiel die Landesherrschaft über die Dörfer des nunmehrigen Amtes Westerhof (auch „Altes Amt“ genannt) an das Fsm. Braunschweig-Wolfenbüttel (Quedlinburger Rezess 1523). Zudem nahmen in der zweiten Hälfte des 16. Jh. die Grubenhagener Welfen Einfluss auf das Amt Westerhof, da Hzg. Heinrich der Jüngere die Hälfte des Amtes (nicht nach Orten geteilt) seiner Tochter Clara († 1595) als Mitgift übergeben hatte, als sie 1560 Hzg. Philipp II. von Grubenhagen († 1596) heiratete.6 1649/51 kam das Amt an das Fsm. Calenberg-Göttingen (1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover).7 Die älteste Ortsansicht stammt aus der Mitte des 17. Jh. (Matthäus Merian).8 In französischer Zeit war Westerhof von 1807 bis 1813/14 Sitz des gleichnamigen Kantons im Distrikt Einbeck des Leinedepartements im Kgr. Westphalen. Danach war Westerhof, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder Sitz des gleichnamigen Amtes, das 1859 im Amt Osterode aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Westerhof 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 zählte der Ort zum Kr. Osterode am Harz (seit 1939 Lkr.), seit 1977 zum Lkr. Northeim. 1974 wurde Westerhof nach Kalefeld eingemeindet. Zur Sozialstruktur des Dorfes schrieb der Ortspastor 1966: „In Westerhof sind hauptsächlich Landwirte und Waldarbeiter ansässig“.9 Um 1810 lebten gut 450 Menschen in Westerhof, 2021 etwa 470.

Kapelle, Ansicht von Nordwesten, 1950

Kapelle, Ansicht von Nordwesten, 1950

Kirchlich gehört das Dorf Westerhof zur KG Willershausen. Die Ulrichkapelle ließ Amtmann Johannes Balcke errichten: 1620 bat er beim Konsistorium in Osterode um die Genehmigung einer Kollekte für den Neubau, 1621 konnte die Gemeinde die neue Kapelle einweihen und 1622 stifteten Amtmann Balcke und seine Frau Magdalena Brackmann die bis heute erhaltene Kanzel.10 In der Kirchenrechnung 1648/49 findet sich ein Abschnitt „Westerhöfische Capell, s. Ulrici genandt“.11 Im Jahr 1666 schloss die Gemeinde Westerhof mit dem Willershäuser P. Andreas Justus Behrensbach (amt. 1666–1705) einen Vertrag über Rechte und Pflichten des Predigers: Er erhielt pro Jahr etwa 40 Taler und musste jeden Sonn- und Feiertag einen Vormittagsgottesdienst in der Ulrichkapelle halten, auf „eben die art und Wiese, wie bey der matre selbst“, also so, wie in der Willershäuser Kirche. Nachmittagsgottesdienste fanden allein in Willershausen statt.12 Die Zahl der jährlichen Gottesdienste war damit sehr hoch; in anderen KapG war eher ein vierteljährlicher Rhythmus üblich.
In der „Nachricht von den Corpore bonorum der Willershäusischen Kirche, und Westerhöffischen Capelle“, niedergeschrieben vermutlich 1734, heißt es über die Kapelle, sie sei „sonderlich vor die Mans-Personen nicht räuml[ich] genug“. Zum anderen seien „Dach und Boden dermaßen baufällig, daß man wol Ursach hätte, die höchst nöthige reparation davon ungesäumt vorzunehmen“.13 Der Dachreiter war schon abgenommen worden, die Glocke hing in einem Glockenstuhl auf dem Kirchhof. Eine Umgestaltung erfuhr die Kapelle im Jahr 1766.
Zur NS-Zeit schrieb der Ortspastor 1966 rückblickend: „Der Einfluß des 3. Reiches war in Westerhof besonders stark und wirkt noch heute nach“.14 Von etwa 500 im Jahr 1934 war die Zahl der Gemeindeglieder in Westerhof durch den Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf gut 670 im Jahr 1947 gestiegen. Als Gemeinderaum nutzte die KapG seit 1953 Räumlichkeiten in der 1862 neben der Kapelle errichteten Schule. Zusammen mit ihrer Muttergemeinde gehört Westerhof seit 2013 zum Pfarrverbund Düderode, Eboldshausen, Echte, Wiershausen und Willershausen in der Region Altes Amt des KK Osterode; Pfarrsitz ist Echte. Gemeinsam geben die Gemeinden des Alten Amtes das monatliche Gemeindeblatt „Kirchenbote“ heraus (erstmals 1919 bis 1937, wieder seit 1956).

Umfang

Westerhof.

Kirchenbau

Kleiner Saalbau mit dreiseitigem Ostschluss, ursprünglich erbaut 1620/21. Satteldach, im Osten abgewalmt. Steinsichtiges Bruchsteinmauerwerk, Westgiebel mit Schieferbehang. Große, rechteckige Sprossenfenster mit Sandsteineinfassung; kleine, vermauerte Rechteckfenster nach Norden, Süden und Osten. Rechteckportal nach Westen, oberhalb des Sturzes Dreiecksgiebel mit Relief (Agnus Dei, Blätter; 2003 neu angefertigt). Vermauerter Eingang nach Süden, im Sturz Inschrift „1766“. Im Innern flachgewölbte, holzverschalte Decke; Westempore. 1766 Umbau (u. a. Außenwände erhöht, größere Fenster gebrochen). 1878 Renovierung (u. a. Eingang nach Westen verlegt). 1963/64 und 1966 Instandsetzung. 2003 Sanierung.

Turm

Über dem Westgiebel achtseitiger Dachreiter mit geschwungener Haube, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne. An jeder Seite flachbogige Schallöffnung.

Ausstattung

Holzverkleideter Blockaltar mit hölzernem Retabel (17./18. Jh.), querovales Medaillon mit Abendmahlsgemälde, flankiert von zwei gewundenen Säulen, die Gebälk tragen; oberhalb der Säulen zwei Schnitzfiguren (Moses mit Gesetzestafeln, Johannes der Täufer mit Kreuz und Lamm), dazwischen Schnitzwerk; Altar 1964 restauriert (Kanzel ausgebaut). – Manieristisch verzierte Holzkanzel (1622), unterhalb der Brüstung Inschrift: „Iohannes Balcke Magdalena Brakmans Anno 1622“ (Buchstabe N jeweils seitenverkehrt); Kanzel war von 1766 bis 1964 in das Altarretabel eingebaut.15 – Achtseitige, pokalförmige Holztaufe (zweite Hälfte 20. Jh.).

Orgel

Orgelneu- oder -umbau um 1830/60, Firma Euler (Gottsbüren), 9 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1955/56 repariert und umdisponiert, E. Kemper & Sohn (Lübeck), 10 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1991 Restaurierung und Änderung der Disposition, Hermann Eule (Bautzen), 10 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Auf dem Prospekt zwei Putten mit arma Christi (Lanze, Hammer, Geißelsäule); bis 1964 Teil des Altars.

Geläut

Zwei LG, I: d’’ (Bronze, Gj. 1806, H. A. Bock, Einbeck); II: e’’ (Bronze, Gj. 1963, Firma Bachert, Karlsruhe), Inschrift: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort Jer 22,29. Ev. luth. Kapellengemeinde Westerhof“. – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze), um 1730 vorhanden.

Friedhof

Ursprünglich Friedhof bei der Kapelle. Kirchlicher Friedhof am südlichen Ortsrand. FKap (kommunal). Der Friedhof war von etwa 1930 bis hinein in die 1960er Jahre Eigentum der Kommune.16

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 45c (EphA Hohnstedt-Northeim); D 47 (EphA Osterode); S 09 rep Nr. 2264 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7573 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1347–1348; Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 405–406; Kämmerer/Kellmann/Lufen, Denkmaltopographie Lkr. Northeim, S. 630–634; Müller, Kalefeld, S. 71–77.
B: Fritz Söhlmann: Funde im Pfarrarchiv Willershausen. Kirche St. Alexander in Willershausen und Kapelle St. Ulrich in Westerhof, in: HbllHarzRd 18 (1965), S. 1–10; Dietrich Upmeyer: Die Herren von Oldershausen und die Herausbildung des Gerichts Westerhof, Hildesheim 1977.


Fußnoten

  1. Söhlmann, S. 3.
  2. UB HS Hildesheim I, Nr. 475. Vgl. für weitere Nachweise Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 405 ff.
  3. Nach: Casemir/Menzel/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Northeim, S. 405 ff. Zur Burg vgl. Upmeyer, Oldershausen, S. 67 ff.
  4. 1294/1306: Sudendorf, UB I, Nr. 168–170; UB HS Hildesheim III, Nr. 1367 und 1408; zur Datierung: Müller, in: Jäckel, Diesner & Hillebrecht, Willershausen, S. 129, Nr. 21 mit Anm. und ebd., S. 103 f. 1323: UB HS Hildesheim IV, Nr. 718; Müller, in: Jäckel, Diesner & Hillebrecht, Willershausen, S. 132, Nr. 36. Zur Gft. Westerhof: Max, Grubenhagen I, S. 41 ff.
  5. Upmeyer, Oldershausen, S. 83 ff.
  6. Max, Grubenhagen I, S. 387 und S. 390; Kayser, Kirchenvisitationen, S. 202 f., Anm. 389.
  7. Selchow, Magazin I, S. 66 und 93; Jäckel, Diesner & Hillebrecht, Willershausen, S. 451.
  8. Digitalisat: http://digital.slub-dresden.de/id404350887/541.
  9. LkAH, L 5c, unverz., Willershausen, Visitation 1966.
  10. Vgl. Müller, Kalefeld, S. 71 ff.
  11. Zit. bei Müller, Kalefeld, S. 72. Müller merkt ebd. an, die Bedeutung des „s.“ müsse offen bleiben. Den Namen Ulrichkapelle führt Müller auf Hzg. Friedrich Ulrich zu Braunschweig-Lüneburg († 1634) zurück, vgl. ebd., S. 71.
  12. LkAH, A 8, Nr. 483, Bl. 53.
  13. LkAH, A 8, Nr. 483, Bl 53.
  14. LkAH, L 5c, unverz., Willershausen, Visitation 1966.
  15. Abb.: Müller, Kalefeld, S. 74. Vgl. auch Lampe/Wulf, Inschriften Northeim, S. 352, Nr. 255.
  16. Vgl. LkAH, L 5c, unverz., Willershausen, Visitation 1966: „Der Friedhof steht – nunmehr auch grundbuchlich – im Eigentum der Kapellengemeinde“ und ebd., Visitation 1947: „Nach dem Auseinandersetzungsverfahren ist der neue Friedhof in das Eigentum der politischen Gemeinde übergegangen“.