Sprengel Lüneburg, KK Hittfeld | Patrozinium: Kreuz (1999)1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Schriftlich ist der Ort erstmals in einer gefälschten und auf das Jahr 1105 datierten Urkunde belegt, in der Ebf. Ruthard von Mainz (amt. 1088–1109) angeblich den Grundbesitz des neu gegründeten Klosters Katlenburg bestätigte: Das Kloster besaß u. a. Land in Sproccincla (zwei Hufen).2 Die Fälschung stammt aus der Mitte des 12. Jh. Sprötze zählte zum Gogerichtsbezirk Hollenstedt in der Gft. Stade. Seit 1236 gehörten die Goe hetuelde et Holdenftede als Lehen der Bremer Erzbischöfe zum Herrschaftsgebiet der welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg und kamen bei der Besitzteilung 1267/69 zum Teilfsm. Lüneburg.3 Sprötze war Teil der Vogtei bzw. des Amtes Moisburg. 1560 kam dieses Amt zur teilsouveränen Herrschaft Harburg, die 1527 für eine welfische Nebenlinie errichtet worden war. 1642 fiel die Herrschaft wieder zurück an das Fsm. Lüneburg, das 1705 im Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) aufging. Von 1810 bis 1813 gehörte Sprötze zum Kaiserreich Frankreich (Kanton Tostedt, Arrondissement Lunebourg, Département des Bouches de l’Elbe). Danach zählte der Ort, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Moisburg, das 1859 im neuen Amt Tostedt aufging. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Sprötze 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam der Orte zum Lkr. Harburg. 1972 wurde Sprötze in die Stadt Buchholz in der Nordheide eingemeindet. Zur Sozialstruktur des Kirchspiels schrieb der Ortspfarrer 1957, Sprötze sei „bereits eine typische Gemeinde am Rande der Großstadt Hamburg. In allen Dörfern bestehen noch einige große Bauernhöfe, ferner einige Anbauernstellen […] Ein großer Teil der Bevölkerung ist bei der Bundesbahn beschäftigt. Ferner sehr viele Angestellte und Kaufleute in Hamburg. Außerdem Fabrikarbeiter bei Ritscher (Traktorenwerk) in Sprötze und in den Fabriken und Werften Hamburgs. Mehrere Prokuristen (bei Ritscher) und Großkaufleute aus Hamburg wohnen in der Kirchengemeinde, außerdem Beamte, Büroangestellte.“4 Um 1810 lebten gut 95 Menschen in Sprötze, 1909 insgesamt 195 und 2020 etwa 2.540.
Kirchlich gehörte Sprötze bis zur Mitte des 20. Jh. zum großen Kirchspiel Hollenstedt. Etwa 1913 gründete sich eine ev. Frauenhilfe in Sprötze und später hielten die Hollenstedter Pastoren regelmäßig Gottesdienste in der Sprötzer Schule (1930 etwa alle sechs Wochen).5 1944 richtete die KG Hollenstedt eine zweite Gemeindeschwesternstation ein; Diakonisse Ella Rogalla (Rotenburger Anstalten, amt. noch 1975) war u. a. für das Gebiet der späteren KG Sprötze zuständig.6
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm P. Gerhard Lührs (amt. 1947–1961) im Jahr 1946 die vakante Pfarrkollaboratur in Hollenstedt und ein Jahr später die neu errichtete zweite Pfarrstelle, die ihren Sitz in Sprötze erhielt. Im Frühjahr 1949 begann die Gemeinde mit dem Bau eines Pfarrhauses und einer kleinen Notkirche; sie hatte „1250 Plätze, ein Flachdach, einen Holzaltar, eine Holzkanzel und 15 Kirchenbänke“.7 Am dritten Advent 1949 (11. Dezember) weihte der ehemalige Lbf. August Marahrens (amt. 1925–1947) den Kirchensaal ein. Bereits zum 1. Oktober des Jahres hatte das Landeskirchenamt den Pfarrbezirk Sprötze von der KG Hollenstedt abgetrennt und die eigenständige „Ev.-luth. KG Sprötze“ errichtet.8
Zum Gemeindegebiet zählten neben Sprötze auch Brumhagen, Kakenstorf, Lohbergen, Suerhop, Trelde und Trelder Berg. Von ihrer Muttergemeinde übernahm die neue Kirchengemeinde die seit 1947 bestehende Pfarrstelle und die Schwesternstation. Der neu gegründete Kirchenchor trat Pfingsten 1950 erstmals auf.9 Einen Schwerpunkt der Gemeindearbeit bildeten die von P. Lührs eingeführten Dorfseminare.10 Nach der ersten Visitation der Gemeinde zog der Hittfelder Sup. 1951 ein positives Fazit: „Hier ist eine Gemeinde entstanden, die zu übersehen ist, und in der in kurzer Zeit ein lebendiges Gemeindeleben entstanden ist.“11 Sprötze zählte seinerzeit gut 2.175 Gemeindeglieder.
Da sich die Notkirche bald zu klein erwies, begann am 17. April 1956 der Bau einer Kirche. Nach den Entwürfen des Hamburger Kirchenbaurats Reinhard Vogt entstand an der Nordseite des bisherigen Kirchsaals ein Kirchturm mit Altarraum, an den sich im Westen das Kirchenschiff anschloss. Die Notkirche wurde zum Gemeindesaal umgebaut. Am zweiten Advent 1956 (9. Dezember) weihte die Gemeinde zusammen mit Lbf. Hanns Lilje (amt. 1947–1971) ihre neue Kirche ein.
Im Herbst 1970 eröffnete die KG Sprötze einen ev. Kinderspielkreis, für den sie 1972/73 einen Anbau am Gemeindehaus bauen ließ. Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1974 bei fast 3.000.12 In den 1980er Jahren wirkte ein evangelikal geprägter Geistlicher in Sprötze (Jugendkreis in Zusammenarbeit mit Jugendbund EC, Gebetsgemeinschaften, Glaubenszeugnisse im Gottesdienst). Da Spannungen und Spaltungen in der Gemeinde sich zunehmend verschärften, versetzte die Landeskirche den Pfarrer 1990 „mangels gedeihlichen Wirkens“ in den Wartestand.13
Die Pfarrstelle Sprötze umfasste von 1998 bis 2001 nur Dreiviertel des normalen Dienstumfangs.14 Am zweiten Advent 1999 erhielt die Sprötzer Kirche den Namen Kreuzkirche und die Gemeinde heißt seitdem „Ev.-luth. Kreuz-KG Sprötze“.15 Im Jahr 2002 gründete die Kreuzgemeinde den „Ev. Waldkindergarten Sprötze“.16 2011 zählte sie zu den Gründungsmitgliedern des „Verbandes ev.-luth. Kindertagesstätten im Kirchenkreis Hittfeld“, der die Trägerschaft des Waldkindergartens übernahm.17 Der Spielkreis der Gemeinde und der Waldkindergarten gingen 2019 in der neuen „Ev.-luth. Kindertagesstätte Sprötze“ auf, die einen Neubau östlich der Kirche bezog.
Umfang
Sprötze sowie Auf der Horst, Brumhagen, Kakenstorf, Klempner-Siedlung, Lohbergen, Trelde, Trelder Berg und Suerhop.
Aufsichtsbezirk
Mit Gründung der KG 1949 zum KK Hittfeld.
Kirchenbau
Rechteckbau, errichtet 1956 (Architekt: Kirchenbaurat Reinhard Vogt, Hamburg). Nach Süden schließt sich das Gemeindehaus an (im Kern ehemalige Notkirche, erbaut 1949). Satteldach. Ziegelmauerwerk. An den Längsseiten je sieben Rechteckfenster, drei Rechteckfenster im westlichen Giebeldreieck. An der Nordwestecke Vorbau mit flachbogigem Portal. Im Innern trapezförmige Decke, Westempore; an der Südseite des Altarraums Falttür zum Gemeindesaal. 1972 Gemeindesaal erweitert. 2024 Umbau und Erweiterung des Gemeindesaals.
Turm
Vierseitiger Ostturm, Verbindungsglied zwischen Kirche und Gemeindehaus. Turmhelm aus Pyramidenstumpf, vierseitigem Glockengeschoss mit Uhrziffernblättern vor den rechteckigen Schallfenstern und vierseitigem Pyramidendach, bekrönt mit Kreuz. Ziegelmauerwerk mit Ecklisenen, Glockengeschoss Fachwerk mit Ziegelausfachung. Nach Norden und Osten je acht Schartenfenster im Obergeschoss, im Erdgeschoss drei hohe Flachbogenfenster nach Norden (Altarraum).
Ausstattung
Altar aus nach unten verjüngtem, gemauertem Stipes und auskragender Mensa. – Engelaltar (1956, Otto Flath, Bad Segeberg), drei geschnitzte Figurengruppen (Lindenholz) auf einem gestuften Podest vor der Altarwand: Mariä Verkündigung, Kreuzigung und Auferstehung. – Ebenerdige Kanzel, gemauerter Kanzelkorb, konisch nach unten verjüngt, Holzbrüstung, darunter umlaufendes Schriftband (Metall). – Gemauerte Taufe, konisch nach unten verjüngt.
Orgel
1958/59 Orgelneubau, ausgeführt von Paul Ott (Göttingen), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Instrument zunächst rechts des Altars aufgestellt, 1975 auf die Empore versetzt, Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen).
Geläut
Drei LG, I: f’, Gottesdienstglocke, Inschriften: „Dankt unserm Gott, lobsinget ihm, rühmt sein Nam’n mit lauter Stimm, lobsingt und danket allesamt, Gott loben, das ist unser Amt“ und „Gestiftet von der Gemeinde Sprötze“; II: g’, Sterbeglocke, Inschriften: „All die gefallen in Meer und Land, sind gefallen, Herr, in deine Hand“ und „Die Kirchengemeinde Sprötze ihren in den Kriegen 1914–1918 und 1939–1945 gefallenen Söhne“; III: b’, Sakramentsglocke, Inschrift: „Lasset euch versöhnen mit Gott“ (alle Stahl, Gj. 1956, Bochumer Verein), alle drei Glocken tragen zudem die Inschrift: „Gegossen im Baujahr der Kirche 1956“.
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1949, abgerissen). – Gemeindehaus (Bj. 1949, 1973 erweitert, 2024 erweitert).
Friedhof
Kommunaler Friedhof in Sprötze FKap (Bj. 1989); kommunaler Friedhof in Trelde (beide in Trägerschaft der Stadt Buchholz in der Nordheide).
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
B 2 G 9 Nr. 2823–2824 (Bauwesen und Baupflege); S 09 rep Nr. 2035 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 8091 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1947
Trauungen: ab 1947
Begräbnisse: ab 1947
Kommunikanten: ab 1946
Konfirmationen: ab 1947
Früher siehe Hollenstedt.
Literatur & Links
A: Manecke, Beschreibungen I, S. 206.
B: Uwe Derboven: „Spröttsche“ – Die Pflanze, die „Sprötze“ den Namen gab?, in: Buchholzer Jahrbuch 1978–82, S. 48–49; Enno Heyken: Zwei mittelalterliche Urkunden über den Dorfzehnten von Sprötze. Abschrift nach den Originalen und Drucken mit Übersetzungen und Erläuterungen, in: Buchholzer Jahrbuch 1975, S. 41–55; Wilhelm Marquardt: Sprötze. 1105–1976. Chronik eines Dorfes in der Nordheide des Kreises Harburg, Sprötze 1977, bes. S. 180–184; Annegret Schuur u. a.: 900 Jahre Sprötze. Geschichte und Geschichten. Geschichte und Geschichten zum 900-jährigen Jubiläum von Sprötze [Sprötze – Fortschreibung der Chronik von 1977], Sprötze 2005, bes. S. 183–185.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche.
GND
123958623X, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Sprötze.
Website der Kirchengemeinde (18.02.2024)
Fußnoten
- Schuur, S. 183.
- NLA HA Cal. Or. 100 Katlenburg Nr. 1. Text, Übersetzung, Kommentar und Abbildung in: Schuur, S. 14 ff. Siehe auch Marquardt, S. 100 ff.
- Sudendorf, UB I, Nr. 19; Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 39 ff.; Pischke, Landesteilungen, S. 35 ff.
- LkAH, L 5e, unverz., Hollenstedt, Visitationen 1957.
- Schuur, S. 185; Marquardt, S. 180; Ahlers, Pfarrbuch 1930, S. 266.
- Marquardt, S. 180; LkAH, L 5e, unverz., Hollenstedt, Visitationen 1946.
- Marquardt, S. 180.
- KABl. 1950, S. 6.
- Schuur, S. 185.
- Marquardt, S. 182; Schuur, S. 185.
- LkAH, L 5e, unverz., Sprötze, Visitation 1951.
- Marquardt, S. 184.
- Schuur, S. 180.
- KABl. 1998, S. 41; KABl. 2001, S. 178.
- Schuur, S. 183.
- Schuur, S. 185.
- KABl. 2011, S. 94 ff.