Frühere Gemeinde | KapG der KG Schnega | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Urkundlich ist das frühere Rundlingsdorf erstmals 1112 erwähnt, als Bf. Reinhard von Halberstadt (amt. 1107–1123) die Besitzungen des Klosters Diesdorf bestätigte: Das Kloster besaß in Schepingen vier Hufen.2 Schäpingen gehörte zum Herrschaftsgebiet der Gf. von Warpke, die ihren Sitz etwa Mitte des 12. Jh. nach Lüchow verlegten und sich fortan Gf. von Lüchow nannten.3 Ende des 12. oder Anfang des 13. Jh. kamen Schloss und Vogtei Warpke an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg4, die 1320 auch die Gft. Lüchow erwarben; das Gebiet gehörte zum welfischen Teilfsm. Lüneburg. 1548 ging das Amt Warpke im Amt Lüchow auf. Seit 1591 zählte das Amt Lüchow zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)5, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). Die Niedergerichtsbarkeit in Schäpingen lag seit Anfang des 17. Jh. bei der Familie von Bodenteich zu Wrestedt.6 In französischer Zeit gehörte Schäpingen von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Bergen im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Lüchow (Niedergericht wieder beim Patrimonialgericht Wrestedt) und kam 1841 zum Amt Wustrow, das 1859 im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Schäpingen 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1972 wurde Schäpingen nach Schnega eingemeindet (Samtgemeinde Clenze, 2006 Samtgemeinde Lüchow (Wendland)). Um 1813 lebten knapp 70 Menschen in Schäpingen, 1905 insgesamt 90, 1946 etwa 140 und 2004 gut 55.
Ältestes Zeugnis der Kirchengeschichte Schäpingens ist das Kapellengebäude selbst, das vermutlich auf das Ende des 14. Jh. zurückgeht. Ein Deckenbalken konnte dendrochronologisch auf 1386 datiert werden.7 Die figürliche Ausmalung, u. a. mit einem Bilderzyklus zu Leben und Passion Christi, stammt etwa aus der Mitte des 15. Jh. Kirchlich gehört Schäpingen als filia (Tochtergemeinde) zum Kirchspiel Schnega.
Zusammen mit ihrer Muttergemeinde wechselte die filia Schäpingen zur luth. Lehre als Hzg. Ernst I. († 1546) ab 1527 die Reformation im Fsm. Lüneburg einführte.8 Im Lüneburger Pfründenregister von 1534 ist die Kapelle nicht verzeichnet, auch in den Protokollen der Kirchenvisitationen 1543 und 1568 bleibt sie unerwähnt.9
Anfang des 20. Jh. fand alle drei Wochen ein Nachmittagsgottesdienst in der Kapelle Schäpingen statt (1935 insgesamt 17 Gottesdienste).10 Ebenso wie in Thune und Müssingen war die Kapelle in Schäpingen noch 1964 Eigentum der „politischen Gemeinde, bzw. der Realgemeinde oder Interessentengemeinschaft“.11 Später kam sie in kirchlichen Besitz. Zum 1. Januar 2009 hob das LKA Hannover die KapG Schäpingen auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Schnega.12
Kapellenbau
Kleiner, rechteckiger Saalbau, errichtet wohl Ende des 14. Jh. (Dendrodatum Deckenbalken: 1386).13 Walmdach, nach Westen Krüppelwalm, nach Norden und Süden je eine Dachgaube mit Schallfenster. Feldsteinmauerwerk, geböschte Stützpfeiler an den Ostecken. Nach Süden zwei traufnahe, segmentbogige Sprossenfenster, nach Osten zwei kleine, traufnahe Segmentbogenfenster; etwa in der Mitte der Südseite spitzbogiges Portal; Fenster und Portal mit Backsteinrahmung.
Im Innern flache Balkendecke und Wandmalereien (Mitte 15. Jh.; 1972/73 freigelegt und restauriert, Restaurator Reinhard Meyer-Graft; 1993/94 konserviert): elf Weihekreuze, an der Nordwand zweireihiger, gerahmter Bilderzyklus mit 24 Szenen aus Leben und Passion Christi, an der Ostseite Rankenmalerei, an der Westseite Christus als Weltenrichter, an der Südseite Reste figürlicher Malereien.14 1971–73 Renovierung.
Turm
Ruine eines Westturms, errichtet vielleicht im 15. Jh.15 Feldsteinmauerwerk.
Ausstattung
Gemauerter Blockaltar mit Mensa aus Sandstein. – Sechsseitige, hölzerne Kanzel, farbig gefasst (1622), ebenerdig aufgestellt; an den Wandungen Bogenfelder mit Gemälden: Moses und Gesetzestafeln, Gnadenstuhl, Abrahams Opfer (?), Taufe Christi und Abendmahl, ober- und unterhalb der Gemälde Inschriften (Bibelverse, deutsch und Latein); am Sockel Inschrift: „Herr [gib dein]em Knechte mit aller frewdigkeit zu reden dein wordt. Act 4“; unterhalb der Brüstung zwei Wappenschilde und Inschriftenrest: „Hans [v]on [Zest]erflet Anna Ma[ria Bothmer] fieri fecerunt 1622“; Kanzel stammt wohl aus der Kirche in Ahlden (1846 abgebrochen); seit 1995 in Schäpingen (Dauerleihgabe aus dem Fundus des AfBuK Hannover).16 – Taufständer (19. Jh.). – Außen: Ein Sandsteinepitaph.
Geläut
Eine LG, fis’’ (Bronze, Gj. 1714, Johann Christian Ziegner, Lüneburg), Inschrift: „Soli Deo Gloria“ (Allein Gott die Ehre) und „Iurgen Mvhl, Lvdolf Schvltz, Andreas Mvller, Iochim Gerke. Anno 1714 gos mich Iohan Christian Ziegner in Lvnebvrg“.
Friedhof
Kirchlicher Friedhof südlich von Schäpingen, angelegt 1936.17
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
D 79 (EphA Lüchow); S 11a Nr. 7657 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 34–37; Behn, Wendland, S. 144–145; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 1162; Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 253; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 346–347; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 36; Manecke, Beschreibungen II, S. 130; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 237; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 178; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 166; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 449; Wübbenhorst, Datierung, S. 104–105.
B: Wolfgang von Meltzing, Horst W. Rakow: Ev.-luth. St.-Michaelis-Kirche zu Schnega. Kirchenführer, Lüchow 2013; Horst W. Rakow: Scepingen 1112 – 2012 Schäpingen. 900 Jahre Bauerndorf und Kapellengemeinde (= Beiträge zur Geschichte und zur Beschreibung des Hannoverschen Wendlandes), Schnega 2012. bes. [S. 31–34]; Hans Wille: Die Kapelle in Schäpingen. Restauriert 1972–1973. Einweihung am 6. Mai 1973, Göttingen 1973.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kapelle und Wandmalereien; Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle, Kapellenanlage, Kirchhof.
GND
1214196152, Kapelle Schäpingen (Schnega).
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 272.
- CDB A XVI 392, Nr. 1 [Digitalisat]. Zum Ortsnamen und für weitere Beleg vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 166.
- Zu Gft. bzw. Vogtei Warpke vgl. Osten, Propstei Schnega, S. 16 ff.
- Osten, Propstei Schnega, S. 18 und. S. 23 f.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
- Rakow, [S. 17].
- Wübbenhorst, Datierung, S. 104. Das Alter der Kapelle wurde zuvor höher eingeschätzt (Bauzeit um 1150, vgl. etwa Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 347 und Behn, Wendland, S. 144.
- Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
- Salfeld, Pfründenregister; Kayser, Kirchenvisitation; Lange, General-Kirchenvisitation.
- Ahlers, Pfarrbuch 1909, S. 216; LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1935.
- LkAH, L 5e, unverz., Schnega, Visitation 1964.
- KABl. 2009, S. 46 f.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 104 und S. 111. Behn, Wendland, S. 144, gibt „um 1150“ als Bauzeit an, ebenso Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 347; Wille, [S. 3] „wahrscheinlich mittleres 13. Jahrhundert“. Rakow, [S. 31], bezeichnet die Kapelle Schäpingen zusammen mit der (alten) Kirche Schnega als ältesten Sakralbau der Swinmark: „Bauhistoriker beziffern ihre Bauzeit um das Jahr 1150. Ein noch früherer Baubeginn ist denkbar.“ (ebd.). Verlässlicher als diese Schätzungen erscheint die Dendrodatierung.
- Zum Bildprogramm: Grote/van der Ploeg/Kellner, Wandmalerei, Katalogband, Nr. 253; Wille [S. 5 f.]. Behn, Wendland, S. 145, nennt als Entstehungszeit das 13. Jh.
- Wübbenhorst, Datierung, S. 105.
- Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 449.
- Meltzing & Rakow, S. 3.