Sprengel Lüneburg, KK Walsrode | Patrozinium: Maria1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Der an der Aller im Südwesten des Heidekreises gelegene Ort ist der namengebende Teil der aus vier Gemeinden bestehenden Samtgemeinde, die an der Grenze zum Kr. Verden liegt. Im Jahr 1215 ist ein Konrad von Rethem urkundlich erwähnt, möglicherweise ein Dienstmann der Gf. von Wölpe auf der sogenannten „Alten Burg“ bei Rethem.2 Der Ort Rethem ist schriftlich in einer Urkunde aus dem Jahre 1239 erwähnt.3 1289 ist ein Robertus de Rettemo genannt, den Gf. Burchard von Wölpe († um 1290) aus der Leibeigenschaft entließ.4 Mit dem Aussterben der Wölper Grafen Anfang des 14. Jh. kam Rethem unter die Herrschaft der Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg.5 Diese ließen am Allerübergang die neue Burg errichteten (häufig verpfändet, u. a. an die Stadt Lüneburg).6 Seit 1561 war die Burg wieder in herzoglicher Hand und diente u. a. als Sitz des Amtes Rethem im Fsm. Lüneburg (1705 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover). im Jahr 1353 erhielt Rethem Stadtrechte (Braunschweiger Recht).7 Neben Burg und Stadt existierten zudem die Junkernvorburg, die dem Gericht in Kirchwahlingen unterstand, sowie die zum Amt Rethem gehörige Amtsvorburg.8 In französischer Zeit war Rethem Hauptort des gleichnamigen Kantons, der 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen zählte (Departement der Aller, Distrikt Nienburg) und dann bis 1813 zum Kaiserreich Frankreich (Departement der Wesermündung, Arrondissement Nienburg).9 Danach war die Stadt, nun im Kgr. Hannover, wieder Sitz des Amtes Rethem und gehörte nach dessen Auflösung 1859 zum Amt Ahlden. Mit Wirkung vom 21. März 1848 waren die bisher getrennten drei Gemeinwesen „Bürgerei“ (Stadt Rethem), Junkernvorburg und Amtsvorburg zu einer Kommune zusammengefasst worden.10 Die Burg Rethem hatte nach Auflösung des Amtes Baron von Behr (Hoya) erworben, sie brannte im Juni 1930 ab (Blitzeinschlag).11 Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Rethem 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte die Stadt zum Kr. Fallingbostel, der 1977 im neuen Großkreis Soltau-Fallingbostel aufging (2011: Heidekreis). 1974 wurde Rethem mit seinen Ortsteilen Rethem-Moor, Stöcken und Wohlendorf sowie den Gemeinden Böhme, Frankenfeld und Häuslingen Teil der neuen Samtgemeinde Rethem.12 Rethem lässt sich über die Jahrhunderte hinweg als kleine Ackerbürgerstadt charakterisieren.13 Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) lagen um 1650 von 121 früheren Hausstellen insgesamt 55 wüst.14 Zwei Stadtbrände, im Oktober 1704 und im Juni 1834, zerstörten jeweils einen Großteil der Stadt.15 Zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Stadt seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. trug u. a. die Gründung der Stadtsparkasse bei (1867, 1934 in Kreissparkasse eingegliedert), sowie die Eröffnung der Molkerei (1891, produzierte bis 1972) und der Anschluss an das Bahnnetz (Allertalbahn, 1903/04, Personenverkehr bis 1981, Güterverkehr bis 1994).16 Heute prägen überwiegend Klein- und Mittelbetriebe aus Handwerk und Dienstleistungen das wirtschaftliche Bild der Stadt. Um 1810 lebten gut 1.100 Menschen in Rethem, 1848 rund 1.030 und 2011 etwa 2.360 (kleinste Stadt des Heidekreises).

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1971

Kirche, Blick zur Orgel, vor 1971

Das Christentum dürfte in der Gegend um Rethem mit der fränkischen Eroberung des Stammesgebietes der Sachsen um 800 n. Chr. Einzug gehalten haben, bei der das Gebiet zur Diözese Minden kam und den Archidiakonat Ahlden zugeordnet war.17 Kirchlich gehörte Rethem auch nach seiner Stadtwerdung 1353 zur Heilig-Kreuz-Kirche in Kirchwahlingen.18 Ein eigener Friedhof ist 1382 erwähnt.19 Im Jahr 1427 ist die kirchliche Zusammengehörigkeit von Rethem und Kirchwahlingen schriftlich belegt: Der Geistliche Theodericus Strudelf hatte sein Pfarramt an der vereinigten Pfarrkirche in Wallie et in Retheim aufgegeben und ein Johannes Steyerberg bemühte sich um die Nachfolge.20 Im Jahr 1437 ist in Rethem eine Kapelle der Jungfrau Maria belegt, gestiftet von den Burgmannen Klenke, von Behr und von Torney. Als Geistlicher wirkte Heinrich von Jübbe an der Kapelle; sie unterstand dem Pfarrer von Kirchwahlingen.21 1454 stifteten der Burgmann Werner von Behr und seine Ehefrau Sydeke mit Genehmigung des Bf. Albrecht von Minden (amt. 1436–1473) eine ständige Vikarie in Rethem. Das Stifterpaar erhielt anscheinend auch das Patronat über die Vikarie; ihr erster Inhaber war Conrad de Ryd.22 Erst während der Reformationszeit kam es zur Trennung von Kirchwahlingen und Rethem.
Die Einführung der Reformation erlebte Rethem wie so viele Dörfer und Städte im Fsm. Lüneburg als sogenannt „Reformation von oben“, d. h. auf Initiative des Landesherrn Hzg. Ernst I. († 1546).23 Nachdem er 1527 mit der Vorlage des sogenannten Artikelbuches erste Maßnahmen zur Neuordnung des kirchlichen Lebens im Sinne der Reformation angestoßen hatte, folgten im Zuge der Visitationen von 1529 eine Predigtinstruktion und schließlich als letzte Maßnahme zu Lebzeiten des Herzogs eine Ordnung betreffend die Einkommen der Pfarrer und zu Ehe- und Familiensachen.24 Zugleich sorgte der von Hzg. Ernst I. nach Celle geholte Reformator Urbanus Rhegius als GSup. (amt. 1531–1541) neben dem Aufbau kirchlicher Strukturen auch für eine inhaltliche Festigung der ev. Landeskirche u. a. durch seine Schrift „Wie man fürsichtiglich und ohne Ärgernis reden soll von den fürnemsten Artikeln christlicher Lehre“ (1536).25 Das Pfründenverzeichnis von 1534 für das Fsm. Lüneburg nennt in Rethem einen „Scholemester, de kynder tho lehrende, und prediceret dar banessen dath Evangelium Christi“. Zudem existierten hier drei Vikarien: „1 horet den Beheren, 2 den Torneigen, 3 Heinen Klengken“. Einleitend ist jedoch festgehalten: „Ist ein Capelle horeth tho walinge“.26 Erst um 1546 scheint es zur endgültigen Trennung der Rethemer Kapelle vom Kirchspiel Kirchwahlingen und damit zur Errichtung einer eigenen Pfarre in Rethem gekommen sein. Ihr Pfarrbezirk umfasste neben der Stadt auch die Amtsvorburg mit dem Schloss und den Vorwerken Alte Burk sowie Veltmerhöfe, die Junkervorburg mit Butentorscher Acht und Klotzeburg, Kreyershorst, Güstenstegel, Landwehr, Stöcken, Güntershorst, Altenteich, Wohlendorf und rethemsche Ziegelhütte.27 Als erster ev. Pastor in Rethem gilt P. Albertus Leffelmann (amt. nach 1543). Nach P. Daniel Funke (amt. 1583–1618) hatten zwei seiner Söhne ebenfalls das Rethmer Pfarramt inne: P. Daniel Funke II (amt. 1619–1621) sowie P. Erich Funke (amt. 1632–1636).28
Die Rethemer Kapelle war zwischen 1571 und 1600 um einen Choranbau erweitert und zur Gemeindekirche umgebaut worden.29 Aufgrund der schwierigen Verhältnisse während und nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Kirchengebäude schließlich so baufällig, dass die Gemeinde trotz Reparatur der gröbsten Schäden 1671 einen Neubau ins Auge fasste. Nach mageren Kollekten inner- und außerhalb des Fsm. Lüneburg ließ sie den Plan wieder fallen.30 Den Stadtbrand von 1704 überstand die Kirche.31 Wegen drohender Einsturzgefahr der Kirche bereitete sich die Gemeinde im Jahre 1764 auf einen Abriss und Neubau vor, nahm Glocken und Uhr vom Turm, lagerte die Ausstattung aus und begann, den Gottesdienst in einem Privathaus zu feiern.32 Jedoch stieß das Vorhaben auf Widerspruch und unterblieb erneut. Es kam zu einer erneuten Restaurierung und 1779 zu weiteren Instandsetzungsmaßnahmen.33
Neben der christlichen Mehrheitsbevölkerung lassen sich seit 1716 Juden in Rethem nachweisen.34 1772 lebten fünf jüd. Familien in der Stadt, 1803 acht. 1850 erwarben vier Juden das Bürgerrecht und im gleichen Jahr richtete die Gemeinde eine Synagoge mit Mikwe (Ritualbad) sowie Lehrer- und Schächterwohnung ein. Nach einem Brand 1865 wurde die Synagoge durch einen Neubau ersetzt, der bis etwa 1900 genutzt wurde. Als die Zahl der Gemeindeglieder sich weiter verringerte, wurde das Gebäude 1905 verkauft. Bei der Machtübernahme der NSDAP 1933 lebte in Rethem nur noch eine jüd. Familie, die 1938/40 in die USA emigrierte.
1829 schließlich ließ die ev. Gemeinde ihre baufällige Kirche abbrechen, jedoch ohne Genehmigung der Oberbehörde, also des Konsistoriums.35 Am 5. Oktober 1829 legte der Rethmer Drost Carl von Düring († 1837) den Grundstein für ein neues Kirchengebäude. Geplant war zunächst eine Fachwerkkirche.36 Doch der kam aus verschiedenen Gründen nicht voran:37 Zum einen wegen der Armut des Städtchens, von dem es später im Vorbericht zur Endabrechnung des Kirchenbaus heißt: „Rethem ist das Irland des Königreichs Hannover“ (1843).38 Dann wegen der Brandkatastrophe vom 3. Juni 1834, der die alten Glocken in ihrem hölzernen Glockenstuhl sowie die ausgelagerte Orgel zum Opfer fielen. Dazu kamen die Auseinandersetzungen mit dem Hannoveraner Konsistorialbaumeister Friedrich August Ludwig Hellner (1791–1862), der eine Fachwerkkirche ablehnte und der 1834 einen eigenen Entwurf vorlegte. Nach Hellners Plänen konnte die neue Kirche schließlich in den Jahren 1837 bis 1839 zum Gesamtpreis von 15.244 Talern fertiggestellt werden. Am 3. Februar 1839 feierte die Gemeinde die Einweihung. Während der Bauzeit hatte die Gemeinde sich u. a. in der Zehntscheune zum Gottesdienst versammelt.39
Während der NS-Zeit hatte P. Heinrich Friedrich Wilhelm Mensching (amt. 1919–1957) das Pfarramt in Rethem inne. Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ schrieb er rückblickend, er sei kein Mitglied der NSDAP gewesen und habe kirchenpolitisch zur Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft gehört. Über die Neuwahl des Kirchenvorstands schrieb er: „1933 wurde der alte und bis heute sehr bewährte Kirchenvorstand trotz heftigster und unlauterster Gegenarbeit der Partei mit großer Majorität wiedergewählt und zwar ohne jegliche Veränderung.“40
Zum 1. Januar 1972 vergrößerte sich die KG Rethem: Die KG Kirchwahlingen wurde in die KG Rethem eingegliedert und gleichzeitig wurde Frankenfeld aus der KG Ahlden nach Rethem umgepfarrt. Die Kirchwahlinger Pfarrstelle wurde zweite Pfarrstelle der Gemeinde Rethem; das Patronat über diese Stelle blieb bestehen (dingliches Patronat, gebunden an den Besitz des Gutes Böhme).41 In den 1970er Jahren diskutierte die Gemeinde Rethem über den Neubau einer Kirche, da das KGb von 1839 Schäden wegen ungenügender Fundamentierung aufwies, entschied sich jedoch für eine Sanierung.42
Im Jahr 1995 eröffnete die KG den ev. Kindergarten „Rethemer Arche“, der sich seit 2012 in Trägerschaft des KK Walsrode befindet.

Pfarrstellen

I: vorref. (1454 als ständige Vikarie an der Kapelle zu Rethem gestiftet, um 1546 selbständige Pfarrstelle an der Rethemer Kirche). 2012 aufgehoben. – II: 1972 (bei Eingliederung der KG Kirchwahlingen übernommen).43 Seit 2012 einzige Pfarrstelle.

Umfang

Rethem und Stöcken. Seit 1972 auch Frankenfeld (vorher KG Ahlden) sowie Altenwahlingen, Böhme, Groß Häuslingen, Kirchwahlingen und teilweise Klein Häuslingen (vorher KG Kirchwahlingen).44 2004 Grenzänderung zwischen KG Wittlohe und KG Rethem (Wohnplatz Schacht des Ortsteils Klein Häuslingen gehört seitdem ganz zur KG Rethem).45

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Ahlden der Diözese Minden.46 – Nach der Einführung der Reformation unterstand Rethem dem GSup. in Celle (1531), seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. Insp. mit wechselnden Superintendentursitzen: Gilten, Ahlden, Düshorn und Walsrode. Seit 1815 Insp. Schwarmstedt, 1882 umbenannt in Insp. Ahlden (1924: KK), 1929 aufgegangen in KK Walsrode.47

Patronat

Anscheinend die Familie von Behr, später der Landesherr (bis 1871).48 Die seit 1972 zur KG Rethem gehörende Heilig-Kreuz-Kirche in Kirchwahlingen und die Pfarrstelle II (seit 2012 einzige Pfarrstelle) stehen unter dem Patronat der Besitzer des Gutes Böhme, gegenwärtig Familie von Hodenberg.

Kirchenbau

Fünfachsiger, klassizistischer Saalbau mit einachsigem Querbau im Westen, erbaut 1836–39 (Architekt: Friedrich August Ludwig Hellner, Hannover).49 Satteldach, im Osten abgewalmt. Ziegelmauerwerk. An den Längsseiten hohe, rundbogige Sprossenfenster. Ostwand mit leicht vorspringenden Eckrisaliten und zweigeschossiger Gliederung, im Erdgeschoss Rechteckportal und zwei Rundbogenfenster, oben fünf Rundbogenfenster. Westwand mit Mittelrisalit, im Erdgeschoss rechteckiges Hauptportal mit Halbkreisfenster, darüber im Glockengeschoss zwei rundbogige Schallfenster, an der nördlichen und südlichen Stirnseite des Querbaus je Geschoss ein rundbogiges Sprossenfenster, darüber im Glockengeschoss je zwei rundbogige Schallfenster. Im Innern flache Decke mit Vouten; dreischiffige Gliederung durch umlaufende, bis in den Chor reichende Emporen, getragen von dorischen Säulen, im Westen raumhoch. 1976–80 Sanierung (u. a. statische Sicherung der östlichen Bauteile wegen mangelnder Fundamentierung beim Bau der Kirche, Innenraum nach Osten um eine Achse verkürzt, um „im ehemaligen Sakristeibereich einen Gemeinderaum einrichten zu können. Die Proportionen des Innenraumes haben dadurch nicht gelitten“).50

Turm

Über dem westlichen Querbau vierseitiger, verschieferter Dachreiter, in Fachwerkbauweise errichtet. Schieferhelm mit vierseitigem Ansatz und achteckiger Spitze, bekrönt mit Kugel, Wetterfahne und Kreuz, nach Westen Auslegestuhl für Uhrschlagglocke. Nach Westen Uhrziffernblatt, statt Ziffern mit der Inschrift „Zeit ist Gnade“.

Vorgängerbau

Erbaut wohl im 14. Jh., zunächst als Kapelle.51 In einer Beschreibung von 1669 heißt es: „das Kirchengebäu an sich ist nur klein, in alten Jahren und dem Pabstthumb alter Leute Bericht nach eine Kapelle gewesen, worin ein Pfaffe, der alhie gewohnet, Messe gelesen. […] nach der Hand hat ein Herzog von Lüneburg sie mit Anbauung des Chores vergrößern lassen, ist von Steinen gebauet, mit einem platten hölzernen Altar“.52 Die Kirche war wohl 65 Fuß lang, 35 breit und hatte eine Traufhöhe von 19 Fuß.53 Über dem Westgiebel befand sich ein achteckiger Turm. 1671 Instandsetzung. Zweite Hälfte 18. Jh. Instandsetzungen. 1829 Abriss.

Ausstattung

Tempelartige Ostwand als Kanzelaltarwand gestaltet (1839); moderner, schlichter Altartisch (um 1980), flankiert von zwei Durchgängen; polygoner Kanzelkorb eingelassen in die Brüstung der Ostempore, flankiert von zwei kannelierten, korinthischen Säulen, die bis zur Decke reichen; unterhalb der Kanzel modernes, querrechteckiges Gemälde mit Auferstehungsszene (1980, Siegfried Stege, Schwarmstedt). – Taufe aus Sandstein (1961), rundliche Form, Relief einer Taube und Relief eines Fisches, Inschrift: „Vertrau auf Gott und lass ihn walten, er wird dich wunderbar erhalten“ sowie „Ostern 1961“.54 – Schlichter, hölzerner Taufständer (1977), achtseitig. – Flügelaltar (wohl 17./18. Jh., 1570/80), im Mittelfeld Gemälde mit Kreuzigungsszene, in der linken Ecke Wappen der Familie von Behr; im linken Flügel zwei kleinere Gemälde: Taufe Christi und Abendmahl, im rechten Flügel zwei kleinere Gemälde: Auferstehung und Pfingstszene; auf den Außenseiten der Flügel vier Gemälde: Verkündigung, Geburt Christi, Beschneidung Christi, Verklärung.55 – Gemälde „Beweinung Christi“ (1832, vielleicht auch 1892, Öl auf Leinwand), nach Fra Bartolomeo. – Gemälde einer Nonne (18. Jh.). – Gemälde eines Heiligen (18. Jh.). – Gemälde eines betenden Mannes (19. Jh.?). – Geschnitzte Madonna (20. Jh., Kopie nach mittelalterlichem Vorbild), Holz. – Frühere Ausstattung: Kastenförmiger Altar mit seitlichen Schranken (1839).

Orgel, nach 1971

Orgel, nach 1971

Orgel

An der Wende zum 17. Jh. besaß die Kirche wohl an der Westseite „eine Orgelempore für eine zehnstimmige Orgel mit 599 Metallpfeifen, 43 Tasten, einem Tremulant und zwei Blasebälgen.“56 Für die im Jahr 1839 eingeweihte Kirche lieferte die Firma Allendorf und Bergmann (Hannover) eine Orgel; zinnerne Prospektpfeifen im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben.57 1920 Orgelneubau, ausgeführt von P. Furtwängler & Hammer (Hannover), 24 II/P, pneumatische Traktur, Taschenladen (Opus 868).58 1971 übernahm die Gemeinde die Orgel aus der Kirche zu Kirchwahlingen für die Kirche in Rethem, erbaut 1869 von Folkert Becker (Hannover), 16 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1987 repariert und überarbeitet von Firma Schmidt & Mappes (Hannover).

Geläut

Zwei LG, I: es’ (Bronze, Gj. 1960, Firma Rincker, Sinn), Inschrift: „Ja, ich komme bald. Ja, komm Herr Jesu. Amen“; II: g’ (Bronze, Gj. 1923, Firma Radler, Hildesheim), Inschrift: „1923 in Deutschlands dunkelster Zeit. – Im Kampfe läut uns Frieden, läut uns zur Arbeit Mut, läut Kraft den Wegmüden“. Eine SG, es’’ (Bronze, Gj. 1977, Firma Rincker, Sinn). – Früherer Bestand: Eine große LG (Bronze), bei Sturm 1703 beschädigt und umgegossen zu einer neuen LG (Bronze, Gj. 1703, Hannover).59 Die drei Glocken der alten Kirche wurden beim Stadtbrand von 1834 zerstört, aus ihren Überresten Guss eines neuen dreiteiligen Geläuts (Bronze, Gj. 1839, Ludwig Kovatsay, Walsrode).60 Im Ersten Weltkrieg große LG zu Rüstungszwecken abgegeben (1917), Geläut nach Ende des Krieges vervollständigt.61 Im Zweiten Weltkrieg Abgabe der beiden großen LG zu Rüstungszwecken.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1837, ehemaliges Pfarrwitwenhaus). – Gemeindehaus (Bj. 1837, ehemaliges Organistenhaus). – Kindergarten „Rethemer Arche“ (Bj. 1963, ehemaliges Fabrikgebäude, im Besitz der Kommune).

Friedhof

Ursprünglich kirchlicher Friedhof um die Kirche.62 Ab 1620 Friedhof „Auf der Worth“, 1792 vergrößert. 1825 Friedhof auf der Neustadt angelegt, 1896 Bau einer FKap. an der Langen Straße, Neubau 1971. Friedhof seit Februar 1971 Eigentum der Stadt (vorher kirchlich).

Liste der Pastoren (bis 1940)

Nach 1543 Albertus Leffelmann. – 1568 Gerhard Bruno. – 1571–15.. Joachim Maior. – 1583–1618 Daniel Funke. 1619–1621 Daniel Funke II. – 1623–1631 Heinrich Bock. – 1631–1632 Heinrich Dornemann. – 1632–1636 Erich Funke. – 1636–1661 Johann Buchholz. – 1662–1703 Conrad Wiggers. – 1699–1705 Hermann Knigge. – 1705–1710 Christoph Conrad Schnobel (Schnabel). – 1710–1723 Caspar Nicolaus Overbeck. – 1723–1724 Otto Christoph Dietrich Fischer. – 1724–1725 Johann Friedrich Eichfeld. – 1726–1745 Wilhelm Ernst Rehburg. – 1745–1756 Johann Gottlieb Dankwerts. – 1756–1762 Johann Friedrich Mauch. – 1763–1774 Georg Ludwig Wolkenhaar. – 1774–1789 Julius Dietrich Schröter. – 1789–1798 Johann Christian Brügmann. – 1798–1809 Heinrich Wilhelm Müller. – 1809–1822 Daniel Gottlieb Overbeck. – 1822–1824 Wilhelm Georg August Grethe. – 1824–1833 Karl Rudolf Wagemann. – 1833–1844 Franz Friedrich Karl Wooge. – 1844–1855 Johann Friedrich Karl Tohte. – 1855–1873 Johann Theodor Kulle. – 1873–1878 Georg Heinrich Schröder. – 1879–1910 Theodor Ernst Julius Fabricius. – 1910–1919 Erich Heinrich Georg Meyer. 1919–1957 Heinrich Friedrich Wilhelm Mensching.

Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 299–300 und III, S. 36, mit Ergänzungen nach Mittelhäußer, S. 90, S. 98 f. und S. 193.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 9397–9422 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 6959–6969 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1899Digitalisat, 1900Digitalisat, 1901Digitalisat (Visitationen); D 99 (EphA Walsrode); S 09 rep Nr. 1987 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7859 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1700
Trauungen: ab 1700
Begräbnisse: ab 1700
Kommunikanten: ab 1824
Konfirmationen: ab 1799

Literatur & Links

A: Hahn, Heidekirchen, S. 98–99; Holscher, Bisthum Minden, S. 272–273; Kayser, Kirchenvisitationen, S. 470–471; Manecke, Beschreibungen II, S. 390–392 und S. 401–402; Mewes, Kirchenbau, S. 187 f.; Meyer, Pastoren II, S. 299–300; Müller, Kirchenbauten, S. 99–101; Obenaus, Handbuch II, S. 1303–1308; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 264–272; Salfeld, Pfründenregister, S. 98; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 144–147.
B: 650 Jahre Stadt Rethem (Aller). 1353–2003, hrsg. von der Stadt Rethem, Rethem/Aller 2003; Joh. Bartsch & H. Lehmann: Die Rethemer Kirche. Zum 150. Geburtstag ihrer Einweihung. 3. Februar 1839 – 3. Februar 1989, Rethem 1989 [online]; Ernst Bertheau: Die Geschichte der Kirchengemeinde Kirchwahlingen und Urkundenbuch von Kirchwahlingen, Walsrode 1901; Hans-Peter Ehlers: Rethem im Wandel der Zeiten. Aus der Geschichte einer kleinen Stadt, Rethem/Aller 2012; Richard Max Mittelhäußer: Geschichte der Stadt Rethem an der Aller, Rethem/Aller 1941; Ursula Thalacker: Geschichte des Kirchspiels Kirchboitzen 1203–1900, Kirchboitzen 2011; Ernst Wolters (Hg.): 600 Jahre. 1353–1953. Stadt Rethem/Aller, Rethem/Aller 1953.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 197, und ebd. II, S. 100.
  2. Mittelhäußer, S. 21 f.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 264. Siehe auch EBIDAT, 03.08.2022.
  3. Lüneburger UB XV, Walsrode, Nr. 28; Mittelhäußer, S. 26. Er bietet auch den Text der Urkunde samt deutscher Übersetzung auf S. 293.
  4. So bei Mittelhäußer, S. 26.
  5. Vgl. Mittelhäußer, S. 26 und 29.
  6. Ehlers, S. 9 und S. 16; Mittelhäußer, S. 25. Siehe auch EBIDAT, 03.08.2022: „Für eine vorangegangene Rolle als Burg der Grafen von Wölpe existieren keine Indizien.“ Zu Archäologie und Geschichte der Burg siehe zudem: 650 Jahre, S. 72 ff.; Mittelhäußer, S. 235 ff.; Ehlers, S. 16 ff.; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 145 f.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 264 ff.
  7. Eine Originalurkunde ist nicht mehr vorhanden, und es gibt nur spätere Abschriften. Vgl. Ehlers, S. 10 ff.; Mittelhäußer, S. 42 ff.
  8. Vgl. Ehlers, S. 11.
  9. Siehe Mittelhäußer, S. 176 f.; Ehlers, S. 19 f.
  10. Wolters, S. 18 f.; Ehlers, S. 20.
  11. Ende des 20. Jh. begannen Planungen, die Überreste der alten Burg- und Schlossanlagen in ein neues Bürger- und Kulturzentrum zu integrieren, das nach umfangreichen archäologischen Untersuchungen im Dezember 2005 als „Burghof“ der Stadt Rethem übergeben wurde, vgl. Ehlers, S. 104 f.
  12. Siehe dazu 650 Jahre, S. 82 ff.; Ehlers, S.36 f.
  13. Vgl. Ehlers, S. 58 f.
  14. Mittelhäußer, S. 106.
  15. Mittelhäußer, S. 140 f. und S. 271 ff., Ehlers, S. 73.
  16. Siehe Wolters, S. 28 ff., S. 40 f. und S. 45 ff. Ehlers, S. 66 ff. und S. 68 f.
  17. Krumwiede, Kirchengeschichte I, S. 24 ff.; Hölscher, Bisthum Minden, S. 272.
  18. Mittelhäußer, S. 46.
  19. Bartsch & Lehmann, S. 7 (ohne Beleg).
  20. „Johannes Steyerberg (Steyrberg, Steyceberg, Steygherbergh, Stederberch) cler. Minden. prov. de par. eccl. unitis in Wallie et in Retheim Minden. dioc. vac. p. res. Theoderici Strudelf“, RG Online, RG IV 09382, http://rg-online.dhi-roma.it/RG/4/9382, 03.08.2022.
  21. Bartsch & Lehmann, S. 7; Mittelhäußer, S. 55 ff.; Bertheau, S. 40.
  22. Mittelhäußer, S. 59.
  23. Zum Ganzen siehe Busch, Anfänge, S. 30 ff.; Krumwiede, Kirchengeschichte I, S. 130 ff.; Otte, Einführung Reformation, S. 8–27, besonders S. 11–16.
  24. Siehe dazu Bock, Lasst aber alles, S. 60–75.
  25. Bock, Lasst aber alles, S. 62 f.
  26. Salfeld, Pfründenregister, S. 98; Mittelhäußer, S. 60.
  27. Mittelhäußer, S. 60; siehe auch Kayser, Kirchenvisitationen, S. 471, Anm. 996.
  28. Meyer, Pastoren II, S. 299; Mittelhäußer, S. 90, S. 98 f. und S. 193.
  29. Vgl. Bartsch & Lehmann, S. 8; Mittelhäußer, S. 55 ff. und S. 87 ff.
  30. Vgl. Mittelhäußer, S. 115.
  31. Vgl. Mittelhäußer, S. 115.
  32. Siehe Mittelhäußer, S. 167 f.
  33. Mittelhäußer, S. 168; Ehlers, S. 109 f
  34. Zum Ganzen siehe Ehlers, S. 78 f.; Asaria, Juden, S. 173; Thalacker, S. 33 f.; Obenaus, Handbuch II, S. 1303 ff.; Heinemann, Leben, S. 30.
  35. Müller, Kirchenbauten, S. 99; Mewes, Kirchenbau, S. 187 f. nennt dagegen für den Abriss das Jahr 1828.
  36. Müller, Kirchenbauten, S. 99; Mittelhäußer, S. 179 f.; Ehlers, S. 110.
  37. Siehe zum Ganzen Wolters, S. 11 ff.; Mittelhäußer, S. 179 ff.; Müller, Kirchenbauten, S. 99 ff.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 270.
  38. Zit. bei Wolters, S. 11.
  39. Bartsch & Lehmann, S. 14.
  40. LkAH, S 1 H III Nr. 518, Bl. 20. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  41. KABl. 1972, S. 4; 650 Jahre, S. 131; Ehlers, S. 110.
  42. Bartsch & Lehmann, S. 17 f. U. a. hatte sich der Landeskonservator gegen einen Abbruch ausgesprochen.
  43. KABl. 1972, S. 4; 650 Jahre, S. 131.
  44. KABl. 1972, S. 4.
  45. KABl. 2003, S. 191.
  46. Holscher, Bisthum Minden, S. 272 f.
  47. KABl. 1929, S. 1.
  48. Meyer, Pastoren II, S. 299.
  49. Zum Folgenden vgl. Müller, Kirchenbauten, S. 100 f.; Pantel, Denkmaltopographie Lkr. Soltau-Fallingbostel, S. 270; Hahn, Heidekirchen, S. 98 f.
  50. Müller, Kirchenbauten, S. 100.
  51. Vgl. dazu Mittelhäußer, S. 55 ff.
  52. Brünecke/Gerhardt/Richter, Erbregister Rethem. Auch zit. bei Mittelhäußer, S. 55 f.
  53. Rekonstruktionszeichnung bei Bartsch & Lehmann, S. 27.
  54. Bartsch & Lehmann, S. 23: Den Taufstein „schuf ein junger Steinmetz in der Meisterschule Königslutter als Meisterstück“.
  55. Vgl. dazu Bartsch & Lehmann, S. 20: „Die Bilder des Flügelaltars (16.–17. Jahrhundert) hatte Amtshauptmann Jordan für Reichsmark 9,- vom Bierder Kirchenvorstand im Jahre 1856 gekauft und später, als er nach Rethem zog, der Kirche geschenkt. Man hängte die Bilder im Altarraum auf. Später verwahrte man sie auf dem Dachboden der Kirche. Pastor [Albrecht] Walsemann [amt. 1957–1961] holte sie dann wieder hervor und ließ sie in Hannover für DM 5.000,- restaurieren, den Flügelaltar dazu entwerfen und mit Bildern fertigstellen.“
  56. Mittelhäußer, S. 89.
  57. Mittelhäußer, S. 180; Bartsch & Lehmann, S. 20.
  58. Pape/Schloetmann, Hammer, S. 130.
  59. Bartsch & Lehmann, S. 10.
  60. Vgl. Mittelhäußer, S. 179 f. Bei Bartsch & Lehmann, S. 24, ist als Glockengießer irrtümlich „Krawatsai“ angegeben.
  61. Bartsch & Lehmann, S. 24.
  62. Zum Folgenden: Bartsch & Lehmann, S. 23.