Frühere Gemeinde | KapG der KG Plate | Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Laurentius1 | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Urkundlich ist das Rundlingsdorf nordwestlich von Lüchow im Jahr 1336 als dat dorp to Reytze genannt.2 Eine frühere Nennung – 1313 Recizze – mag sich auf Reitze beziehen vielleicht auch auf das südwestlich von Lüchow gelegene Reetze.3 Zwischen der Mitte des 14. und der Mitte des 15. Jh. erwarb die Familie von Plato die Grundherrschaft in Reitze; das Dorf gehörte zum später sogenannten Platenwerder.4 Reitze lag im Gebiet des Amtes Lüchow (vormals Gft. Lüchow, 1320 an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg gekommen), das zum welfischen Teilfsm. Lüneburg gehörte, seit 1591 zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)5, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). Die Gerichtsbarkeit in Reitze und dem Platenwerder stand der Familie von Plato zu (Patrimonialgericht Grabow, Ober- und Niedergericht).6 In französischer Zeit gehörte Reitze von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Lüchow im Distrikt Salzwedel des Departements Niederelbe, ab 1811 des Departements Elbe). Danach zählte Reitze, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Lüchow und das Patrimonialgericht wurde restituiert. Es wurde 1849 aufgehoben und Reitze kam 1852 zum kurzlebigen Amt Clenze zu Lüchow, das 1859 wieder im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Reitze 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1972 wurde das Dorf nach Küsten eingemeindet (1972 Samtgemeinde Lüchow, 2006 Samtgemeinde Lüchow (Wendland)). Um 1813 lebten knapp 75 Menschen in Reitze (neun Hofstellen)7, 1905 knapp 80, 1946 gut 130 und 2004 insgesamt 60.
Kirchlich gehört Reitze zur KG Plate. Eine eigene Kapelle lässt sich in der ersten Hälfte des 18. Jh. belegen: Am 10. August 1734 weihte der Plater P. Hermann Gregorius Zimmermann (amt. 1708–1755) die erneuerte Kapelle in Reitze für den Gottesdienst. Sie war von den Patronatsherren Otto Eberhard und Levin Christopher von Plate sowie anderen Gönnern restauriert worden.8 In der Karte der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1776 ist das Patrozinium Laurentius angegeben.
In der ersten Hälfte des 20. Jh. fanden jährlich vier Gottesdienste in der Kapelle statt: Einer am Laurentiustag bzw. am nachfolgenden Sonntag und die drei übrigen wurden „in gleichmässigem Abstand auf die Zeit von Ende März bis in die Adventszeit verteilt“.9 Kapelle und Kapellengrundstück waren Eigentum der Interessentengemeinschaft Reitze.10 Wegen Baufälligkeit war die Kapelle seit 1956 gesperrt, Ostern 1961 wurde sie abgebrochen. Die Ausstattungsstücke, einschließlich Stiftungstafel und Glocke, kamen ins Pfarramt Plate.11 Der geplante Neubau konnte nicht verwirklicht werden.
Zum 1. April 1970 hob das LKA Hannover die Kapellengemeinde Reitze auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Plate.12
Ehemaliger Kapellenbau
Die Kapelle war Eigentum der Interessentengemeinschaft Reitze.13 Kleiner Saalbau mit sechsseitigem Chorschluss, erneuert 1734 (Bauinschrift).14 Satteldach, über dem Chor abgewalmt. Fachwerk mit Ziegelausfachung. An den Längsseiten und am Chor jeweils zwei große, rechteckige Sprossenfenster. Rechteckportal an der Giebelseite. Im Innern flache Balkendecke, in Längsrichtung zentraler Unterzug mit Holzstützen. 1935 Instandsetzung. 1956 gesperrt. 1961 wegen Baufälligkeit abgerissen.15
Turm
Über dem Giebel offener Dachreiter mit Satteldach (quer zum Kapellendach).
Ausstattung
Hölzerner Altar mit seitlichen Schranken. – Stiftungstafel, Inschrift wohl: „Capellum hoc generossimorum dominorum patronorum Domini Ottonis Eberhardi de Plato consilarii provincialis et Domini Levini Christophori de Plato präfecti cohortis eorumque [?] ac aliorum fautorum liberalitate e pulvere est restauratum et cultu divini co[n]secratum ab H. G. Zimmermann past. Platens. d. 10. August 1734“ (etwa: Diese Kapelle ist von den Patronatsherren Otto Eberhard von Plate und Levin Christopher von Plate und anderen freigebigen Gönnern restauriert und vom Plater Pastor H. G. Zimmermann am 10. August 1734 dem göttlichen Dienst geweiht worden), bei Abriss der Kapelle ins Pfarramt Plate gebracht.16
Geläut
Eine Glocke im Dachreiter, bei Abriss der Kapelle ins Pfarramt Plate gebracht.17 – Früherer Bestand: Eine LG (Bronze), 1685 eingeschmolzen und mitverwendet beim Guss der neuen Glocke für die Kirche in Plate.18
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
S 11a Nr. 7109 I und II (Findbuch PfA).
Literatur
A: Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 288–289; Manecke, Beschreibungen II, S. 122; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 231; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 130; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 158.
B: Wolfgang Meibeyer: Dörfer und Grundherrschaften im Platenwerder. Der Platenwerder und die Herren von Plato, in: Hannoversches Wendland 15 (2001), S. 225–242.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur:
Kapelle.
Fußnoten
- Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 264. In den Unterlagen zur Visitation 1961 wird die Kapelle als „Bartholomäus-Kapelle“ bezeichnet, LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- Schmitz, Siedlungsnamen, S. 158.
- CDB B I 347, Nr. 434 [Digitalisat]. Nach Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 289: Reitze; nach Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg XII), Berlin 2018, S. 1781 [Digitalisat]: Reetze.
- Meibeyer, S. 227 f.
- Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
- Manecke, Beschreibungen II, S. 122; Meibeyer, S. 225. Das Gericht umfasste u. a. Plate, Lübeln, Reitze, Belitz, Beutow, Grabow, Lüsen und Gollau, nicht aber Müggenburg. Zu den einzelnen Dörfern vgl. Meibeyer, S. 227 ff.
- Manecke, Beschreibungen II, S. 122.
- LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1936.
- LkAH, B 2 G 10, Nr. 2363.
- LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- KABl. 1970, S. 4 f.
- LkAH, B 2 G 10, Nr. 2363.
- Bilder: Bildindex der Kunst & Architektur, Wendland-Archiv, 02.07.2024.
- LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- Text der Tafel nach LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- LkAH, L 5e, unverz., Plate, Visitation 1961.
- August Wörmer: Die Kirche zu Plate. In Anlass ihrer Restaurierung 1900, [um 1900], S. 15.